Schlagwort-Archive: Apple

7.Mai – Wahres Leben – Odyssee 2023

Es passierte gestern. Kumpel F. und ich hatten uns zur medialen Aufgeregtheit in Sachen Stuckrad-Barre ausgetauscht. Treffender und nüchterner als ich, ordnete er den derzeitigen Tumult ein, was mir doppelt guttat.

Zum Einen zeigte es mir die Tatsache auf,

dass meine Übersicht des deutschsprachigen Literaturmarktes nach wie vor unverändert, mit einer derart rudimentären Ungepflegtheit daherkommt, was mich zugegebenermaßen dennoch wenig einlädt etwas dagegen zu unternehmen,

sondern im Gegenteil,

das Ergebnis multifunktionaler Langeweile und tiefverwurzelter Ablehnung gegenüber Mainstream bleibt, ohne genau festzulegen was genau ich mit Mainstream meine, was F. selbstverständlich weiß, aber nonchalant wie immer gekonnt übergeht und höflich, diskret und nüchtern wie er ist, weder

kommentiert noch interpretiert

ins kosmische Klassenbuch der Zeit eintrug, so wie man Bekannte, Familienmitglieder, Freunde, oder auch unbekannte Menschen Dank Kinderstube, Höflichkeit und Achtsamkeit, nicht auf den Popel im Nasenloch, die Laufmasche in der Nylonstrumpfhose, den offenen Hosenschlitz,

den ungeplanten Rülpser und Furz,

oder die beharrlich insistierende jugendliche Akne hinweist. Auch heißt es mitnichten, das mein lieber Kumpel F. an Mainstream interessiert ist, sondern das seine Übersicht und sein Horizont zu dieser Thematik besser entwickelt sind, als die Meinigen, was ich nur schwerlich aufholen dürfte.

Und zum Anderen,

wie schnell ich mich von alltäglichem Lärm ablenken lasse. So erkannte ich, dass es bei aller Disziplin und Arbeit am geschriebenen Wort, natürlich nahezu überlebenswichtig für die eigene Kreativität und Inspiration ist, regelmäßig auf Abstand zu gehen,

ich nenne es, ‘ne Runde fliegen gehen,

um sich von Medien-Tsunamis nicht vereinnahmen, runterziehen, ja gänzlich metaphorisch gesprochen, nicht unterdukern zu lassen. Ganz besonders, wenn man genug zu tun hat. Zu schnell verlaufe ich mich in meinem Gedächtnispalast, wo dann

sämtliche Türen und dunkle Schächte auffliegen,

je nachdem wo ich langlaufe, bis ich betrunken vor Rennerei, Erinnerungen und Eindrücken, die Orientierung verliere und mich von meiner Aufgabe entferne, nicht selten ablenken lass, bis ich weinselig im Bett liege. Auf diesem Erlebnis kaute ich rum.

Heute morgen dann – Heureka – die Befreiung.

Wie ein Phönix aus der Asche. Neun Stunden schlief ich tief und fest. Ich träumte üppig, intensiv und bunt, welch ein Geschenk. Beim Wachwerden fuhr mir ein Geistesblitz, ein Gedanke in die Glieder, den ich sofort raus ließ:

„Bleibt mir vom Leib,

mit Kriegen, Mord und Totschlag; verschont mich mit dem Neusten von Emmanuel, Olaf, Christine, Robert, Uschi, Wladimir, Elon, Julie, Wim, Mathias, Hillary, Bastian, Julian, Alice, Klima und dem Wäldersterben;

bleibt mir gestohlen,

mit eurer Aufgeregtheit, eurer falschen Empörung, die uns alle nur ablenkt, wo wir doch genug mit uns selbst zu tun haben, noch dazu gibt‘s so unendlich viel Unbekanntes, was wir nicht wissen, gekostet und ausprobiert haben, und sei es,

ein Tag Müßiggang,

um ungeplant, ohne gnadenlos effizienten Plan in den Tag zu leben. Genau das und ein wenig mehr nahm ich mir vor. Gemütlich Kaffee trinken, Zeitung lesen, aus’m Fenster schauen, Nelken-Wasser nippend, meine Lilien bewundernd.

„Welch Luxus!“,

dachte ich, als ich um 10 wach wurde, mir ’ne kleine Poesie-Sammlung von Konstantinos Kavafis griff, um darin zu schmökern. Ich nahm mir vor „Ewigkeit“ in Griechisch auf Papier zu schreiben, aus Freude und Hingabe für

schöne Worte und berührende Sprache.

„Glück muss nicht groß sein“, dachte ich, wenngleich das hier erwähnte für ungezählt viele Menschen unerreichbar im Leben blieb. „Ich weiß“, seufzte ich andächtig, schwieg, stand auf, machte mir Kaffee und tat, wie mich mein Geist bereits anwies.

Drei Stunden lang – herrlich.

Um 13 Uhr erinnerte mich die Schließung unseres Marktes in Les Carmes daran, dass es eben doch Dinge gibt, wo wir abhängig sind, wie zum Beispiel Öffnungszeiten, Flüge, Versicherungen, Beerdigungen und andere Dinge, die zum grauen Alltag zählen.

„Für frisches Gemüse musst du dich bewegen!“,

sprach ich, sprang in meine Schuhe, schwang mir Rucksack und Jacke über und schlenderte rüber. MÄRKTE – das wirklich wahre unverfälschte Leben. Hier sind wir alle gleich. „Schau nur die leidenschaftlichen Marktbeschicker,

ihre großen Herzen und leeren Bäuche“,

seufzte ich, beim Bestaunen der vielen bunten Stände, hier Fische, Oktopusse, aufgeschnittene Thunfische, eisgekühlte Austern, orange leuchtende Gambas, dort bordeauxrot gereiftes Rindfleisch, Berge von Würsten, Töpfe voller Rillette, Foie Gras, und Pasteten, nebenan mein Gemüse-Mann, dahinter der sprachlos machende Käsestand, wunderschöne Reizüberflutung.

„Hier zählen keine Diplome“,

oder anderer Unfug, hinter denen wir uns verstecken, in der Hoffnung von ihnen aufgewertet zu werden, dass unser Selbstbewusstsein daran wächst, wie eine Weinrebe, sich stetig an Allem entlang, möglichst hochrankend, immer höher, noch höher, bis wir glauben den Göttern nahe,

für Besseres, für Höheres geboren worden zu sein.

Dabei sitzen wir auf der gleichen Toilette. Hose runter, „ist genug Papier da?“, ach-ja, das ist schön, alle Formen von Hosen in Knien oder Knöcheln, mit und ohne Bier und Zeitschrift, Hauptsache wohlfühlen; Märkte, Klo’s und Motorräder machen Menschen gleich, brüderlich und ebenbürtig.

Dazwischen Heulen und Zähneklappern,

bis das der Tot uns scheidet. Nicht heute, oder morgen, aber dennoch ganz bald, wirklich, ganz bestimmt. Was fangen wir solange an? WAS? Aufregen über Nachbarn, weil sein Apfelbaum über’n Zaun wächst? Weil wir früher in der Schule verprügelt, im Sport als Letzter gewählt wurden? Weil schräge Vögel bleiben was sie immer waren,

nämlich schräge und komisch?

Oder doch lieber alles im Hier und Jetzt abstreifen, erkennend, „wir sind immer noch da, halbwegs bei Sinnen, mit Resten von Verstand, könn‘ alleine auf Klo gehen, kochen was wir wollen, tolle Weine nachschenken, Männern und Frauen staunend hinterhersehen,

ich muss nicht zum Mars…

09.April – Brief an’s Smartphone – Odyssee 2023

Du hast mich verändert. Ewig bist du präsent. Ständig bekommst du Nachrichten. Hier ein Foto von Freunden, dort Sprachnachricht, ein paar Worte, „komme später“. Deine ewigen Updates gehen mir auf die Nerven. Sicherheit ist dir wichtig, dabei gibt‘s nur wenige Stunden ohne dich.

Selbst still stört mich deine Präsenz.

Schon vor langer Zeit verordnete ich dir Geräuschlosigkeit. Seitdem sehe ich ständig zu dir hin. Hab ich dich vergessen, zucke ich zusammen, erschrecke bitterlich. Man möchte meinen, du bist ein Freund, wenn man diese Zeilen liest, doch bist du nur ein lebloses Gerät, um das es geht.

Wie konnte es soweit kommen,

frag‘ ich mich und kenn‘ die Antwort. Im Spiegel find‘ ich sie. Vorbei beim Warten der stille Müßiggang, unterbrechende Mitmenschen mit lautem Telefonat, oder Youtube-Videos. Unsere aller Stille – längst zu Grabe getragen, Dank deiner Geburt.

Böse kann ich dir nicht sein, und doch…

Gestern Abend im Restaurant, am Tisch nebenan, mallorcinische Eltern, Vater, Mutter, zwei Kinder, Bube sechs, Mädchen acht, schweigend kaut sich die Famile in digitale Isolation. Spiele, Fotos, Aktienkurs, Fußball, alles finden wir bei dir. „Vier einsame Inseln“ dachte ich und spürte Melancholie.

Wie konnte es soweit kommen,

frag‘ ich mich und ärgere mich. Vorm Spiegel steht sie, widerwillig, bockig, besserwisserisch. Digitaler Drogenjunkie der ich geworden. Sinkt deine Energie zu weit, suche ich Steckdosen, ständig Ladegerät dabei, gleich 4711 meiner Großmutter. Immer erreichbar, effiziente Verwalterin meiner Lebenszeit.

Schnell und direkt, alles ist praktisch an dir.

Bist Religion, Sekte, Weltanschauung, wie Porsche, Harley und Champagner. Hast mein Leben fest im Griff, nach den Gesetzen des Kapitalismus. Nichts zählt, nur noch du und die Zeit. Dabei wollte ich anfangs nur mobil telefonieren. Heute schaue ich auf dein Cockpit mit 1000 Knöpfen. Wetter, Gesundheit, Termine, Flüge, nichts geht ohne dich.

Wie ging es vorher?

Dank dir bin ich überall und nirgendwo, alles zugleich und gleichzeitig. Will ich das? Ich kenne die Antwort und ändere – nichts. Abhängige bleiben stehen, verändern nicht. Bin selber schuld daran. Deine Funktionen verändern alles, „schicken Sie ’ne E-Mail, keine Post!“, höre ich mich rufen, reden, schreiben, braver Wüterich.

Ist praktisch wirklich praktisch?

Ich kenne die Antwort und ändere hoffentlich – alles. Wenn Effizienz mein Leben diktiert, wo ich suche Müßiggang, erklärt Faulheit, Komfort vieles? Kannte die Antwort und änderte alles. Warum solltest du mich aufhalten?

„Werd‘ dich Morgen links liegen lassen. Wirst sehen!“

Digitale Hygiene, ich weiß, warum alles so kam. Ich erkannte die Zeichen und habe die Wahl. Was bleibt vom Tage übrig? Kommst zurück in die Werkzeugkiste, wohin du gehörst, umgeben von Schraubendrehern und Kneifzangen.

Immer muss es soweit kommen.

Was ich dir empfehle? Mach dich weniger wichtig. Höre zu, um zu verstehen, nicht um zu antworten. Sei geduldig, dräng dich nicht auf. Sei höflich und diskret. Erzeuge Musik und Sprache, keinen Lärm. Dein GPS lasse ich verstauben, direkte Wege interessieren mich nicht,

genauso wie Ankommen, Gewinnen und Erfolg…

Investment der freien Bürger – Odyssee 2020 CW48

29.November – bereits seit über 10 Tagen war D wieder in Toulouse und erfreute sich an dem heimischen französischen Knoblauch, der nicht nur qualitativ Lichtjahre weiter war, als sein in Deutschland überall anzutreffender chinesischer Bruder, dem man im Land von Volkswagen, Mercedes, BMW und Porsche, ganz offensichtlich den Vorzug gegenüber den eigenen südeuropäischen Geschwistern gab.

Es irritierte D nicht nur alleine die blanke Vorstellung der bunt bemalten Container, die man vom fernen China ins dunkeleuropäische Land der Germanen brachte, um seinen mediterranen Geschmack (Lag Mediterranien nicht in Südeuropa?) auch in der Umgebung von Nord und Ostsee nicht vermissen zu müssen, sondern vielmehr die Tatsache, dass es auch eine unbeschreibliche Vielzahl von anderen Produkten gab, die man von weit her importierte.

Angeblich waren die Allemannen Export-Weltmeister – vielleicht transformierte sich Deutschland mittlerweile zum Import-Weltmeister, wo jetzt so viele lebensnotwenige Dinge fehlten, deren Herstellung man schon vor Jahren in Billiiglohnländer verlegt hatte. Glücklicherweise, konnte man bei den Lebensmitteln die Herkunft relativ leicht ermitteln, wo sie doch meist direkt neben dem Preis fand.

Denn ganz anders als in den Medien zwangsverordnet, hatte D nicht nur schon vor langer Zeit angefangen jegliche Informationen sorgfältig auszuwählen, die er zu sich nahm, sondern auch Nahrungsmittel.

Denn während die deutsche BaFin den deutschen Bürger vor modernen Krypto-Währungen wie OneCoin bewahrte, was ihr bei zweifelhaften Firmen wie Wirecard offenkundig nicht so gut gelang, wenn man Jan Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 27.November glauben schenken wollte, erkannte D, welch unglaubliche Macht vom täglichen Investment der freien Bürger ausging!

Das freie Geldanlage und Konsum nicht schon längst verboten waren!

Man stelle sich mal vor, wenn auf einmal alle Bürger nachdachten, wofür sie Geld ausgaben – nicht auszudenken! Wenn alle anfingen darüber nachzudenken, was sie bewirken könnten, wenn sie plötzlich bestimmte Marken, Firmen und deren Produkte konsequent meiden würden, was wäre dann?

Dabei ging es D nicht um das Ächten von schweren und stark motorisierten SUV’s, die mittlerweile auch die enge Toulouser Innestadt-Silloutte verschönerten, oder dem großzügigen Wohnraum, den man als Single im teuren Stadtzentrum bewohnte, mitnichten – es ging ihm um das tägliche Investment bei Lebensmitteln, Kleidung und Freizeitgestaltung.

Wenn der gutinformierte freie Bürger erkannte, wem er sein Geld gab und wie dieser es weiterinvestierte; wenn er sein Geld wirklich lokal investierte und Ethik und Moral in seine Handlungen einfließen lassen würde.

Könnte er dann noch Ralph-Lauren Polo-Shirts kaufen, wenn er dafür 75€ zahlt und sich daran erinnert, dass es in der Herstellung nur wenige Dutzend Cent kostet, weil man es weit weg von Kindern zusammennähen ließ?

Konnte man Knoblauch aus China kaufen, während es Italien, Griechenland und Spanien wirtschaftlich schlecht ging, wo die doch ebenfalls die leckere Knolle bei sich wachsen ließen, noch dazu von besserer Qualität?

Konnte man Wegwerfmöbel à la Ikea noch kaufen? Oder weiterhin Autos von Volkswagen kaufen, wo man vom CEO persönlich vom Kunden Dritter Klasse abgestempelt worden war, während man Amerikanern beim Dieselskandal durchaus Schadenersatz zahlte?

Ist es überhaupt möglich, dass man bei Konzernen Kraftsoff kaufte, die Fracking betreiben, sprich Chemie in die Erde pumpen, um einen Rohstoff zu gewinnen, den wir versuchen möglichst bald überflüssig zu machen?

Können Bauern ihre Felder weiter mit Insektenvernichtungsmittel spritzen, bis auch die letzte Biene Maja vernichtet ist, während sie dabei noch das Grundwasser immer weiter und weiterveredeln, dass ihre Kinder und Enkelkinder sich bedanken, dass sie kein Trinkwasser mehr haben?

D sah das Ganze dennoch mit Humor.

Man konnte heute halt alles überall wissen, was einem schlussendlich nichts nützte, wenn man das Wissen nicht gebrauchte. D’s Überzeugung nach, verkam das Wissen somit zum Entertainment, so wie die Wissenschaft selbst; doch wie was ändern, was so vertrackt schwierig war, wie über das eigene Geld zu bestimmen?

Wie, fragte sich D sich. Natürlich war das Haben besser als das Brauchen. Doch wie unterschied man voneinander?

D surfte ein wenig im Netz.

Nach einer Weile hatte er genügend Torten und andersgeformte Statistiken gesehen, dass er einen Eindruck vom Konsumverhalten hatte. Demnach gaben Deutsche 34% ihres Geldes für Wohnung, Instandhaltung und Energie aus.

Weitere 14% für Verkehr; 13% fielen auf Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren; interessante 11% investierte man für Freizeit, Unterhaltung und Kultur; 5% für Bekleidung und Schuhe und eine große Ansammlung von „Allem anderen“, worin auch Urlaub und Geldanlagen verortet wurden.

Doch was sollte das D sagen?

Dass etwa Jeder selber sehen mussten, wo sein Geld hinwanderte? Und was war mit dem Gegenwert? Hatte alles hohen Wert, wenn man sich Vieles kaufen und anschaffen konnte?

Was, wenn es mit Konsum und Besitz ähnlich, wie mit Leben und Tod ist? Es kann nur erfreuen, wenn man dafür arbeitet, so wie das Leben nur Wert hat, weil es den Tod gibt?

Verliert dann alles an Wert und Bedeutung, wenn man bedingungslose Grundeinkommen oder Renten und Pensionen bekam?

D wusste es nicht – jedoch um besser und kultivierter darüber nachgrübeln zu können, schenkte er sich ein Glas Rotwein ein, was für ihn, auch oder gerade jetzt erst Recht, in Zeiten von Corona, für D ein Zeichen von Kultur blieb.

Denn diesen Wein hatte D bei seinem Freund Jean-Marc Maugey bei Bordeaux gekauft, der so ähnlich wie viele andere kleine Winzer sein Leben für den guten Tropfen hingab.

Was blieb D also anderes übrig, als seinen Werten zu folgen und sein Geld in nachhaltige und biologisch saubere Produkte zu investieren, noch dazu, wenn sie Freunde machten und seine kleine Duplex-Wohnung vom gepflegten in einen kultivierten Haushalt verwandelten?

Eben, rein gar nichts – und so kam es – alles wurde gut.

Und für D im Besonderen war es gut genug…

 

Lazarus

Ölig-zäh wie trauriger Harz liefst du mir den Rücken herunter; zogst mir Haut in feinen Streifen ab, liefst erst hinauf, dann niederträchtig meinen gebeugten Rücken hinunter, der langsam, ganz langsam ganz krumm geworden vom weg-schauen, als hättest du alle Weltenzeit;

dein schmieriger Glanz, der durchdringen will jede Ritze, jede Kammer, verspeisen jede Pore; dein Hunger, gewaltig wie die Unendlichkeit der Nacht, die uns überzieht des Abends, schwer, erdrückend, alles Lebendige aus uns herausquetschend, bis wir leer und matt vorm Trog der Schöpfung liegen.

Giftige Anmaßung, ja die deinige, die mich betäubt, meine Gebeine lähmt, will zersetzen mein Fleisch, meinen Geist, will verspeisen meine Seele, weil nicht kaufen du sie kannst;

kalt dein Strahlen, verlockend weit es scheint, weil gebaut du hast dich selbst, höher, immer höher, das weit wir sehen dein Licht, das verschlingen will alles, wahrlich alles;

verlockend du verdrehst unseren Kopf, rufst am Anfang leise, näher wir dir gekommen, immer lauter, bis wir kaum noch hören, das Rauschen des Wassers, die singenden Vögel, den brausenden Wind, der Bäume schüttelnd die Welt regiert;

Alles du ziehst in deinen Bann; alle blind dir folgen, sie gerufen du hast in all den Jahren, die glücklich sich fühlen in deiner Versklavung; blind wie du, am Ende sich selbst verschlingende, wenn gefressen wurde alles mit Haut und Haaren, jeder Stein, jeder Baum, wenn gefällt du hast alles, weil deine Gier nach dir uns blind macht Herz und Seele;

wenn wir verlassen unser Selbst, alles, bis wir sitzen alleine auf goldenem Gestühl, das uns zu hoffen glaubt, angekommen am Ziel, was niemals wir gesucht, erkennend, wir dich gewähren ließen, den Unhold, der zertrampelte unsere zarten Pflanzen im Garten unseres kleinen Lebens;

gebleckte Zähne wir zeigen, wenn wir sitzen auf dir; argwöhnisch hockend, wie ein verschlagendes Tier, wie ein Monster aus der Unterwelt, das verspeisen will alles Lebendige, das nicht merkt, das befallen es ist vom schaurigsten Leiden;

wenn gewandelt sich hat unser Selbst, wenn beschützen wir wollen, was uns nie gehörte, erschwindelt, erlogen, zusammengegaunert auf dem Rücken der Leidenden, die gearbeitet im Schweiße ihres Angesichts, bis gezahlt wir sie haben, schäbig und billig, wie wir nun mal sind;

wenn wir glauben Gnade walten zu lassen, als wären wir selbst das Licht; wenn wir erkennen, doch meist zu spät, dass abkehren wir uns müssen, von dir, das alles Überstrahlende, weil sehen wir nur können im Schatten, verstehen das Vergangene, wenn erkennen wir uns selber, dass wir den warmen Glanz, du nur den Kalten in dir trägst;

wenn gemacht du hast alles aus Gold, Silber und Platin; wenn Seide, Feingewebtes uns umspannt, uns glauben lässt, das schöne Kleider, goldene Paläste, uns zu Leuten, Bürgern, gar Menschen werden lassen, merkt auch der Letzte, das verkauft wir haben unser Leben;

verstanden die Armen haben die Gesetze der Menschlichkeit; wenn unsere Körper sich regen, wenn aufmachen wir uns müssen, um auszuwechseln unser Selbst, wenn wir suchen den Einen, den alle brauchen, wenn wir sind gleich, still, ruhig und bei uns, alleine, ohne Maske, wenn unser Körper spricht und wir lauschen, was uns sonst nur vergönnt am Anfang vom Jetzt und Wiedergeburt, dann wir für kurze Zeit ihn in uns tragen den Schlüssel zum Allverständnis, bis wir unbemerkt von unserem Selbst bemerken, das weggehängt wir ihn haben;

werde weiter dich meiden, mehr als je zuvor; Acht geben, das draußen du bleibst, sei ich auch der letzte Idealist, bevor du klopfst an meiner Tür mit glitzerndem Geschenk, das entpuppen sich wird, als Rettungsring aus purem Gold, der schnell mich sinken lässt, in deinen kalten Schoß, dessen Wellen über mir zusammenschlagen, klatschende Hände, von geifernden Jüngern blind geschwungen;

derweilen wir warten auf Unsrigen, warten auf deinen Untergang, wenn zerstört du hast dich selbst zum ungezählten Male, wenn jeder sich umsieht, überrascht davon, dass wieder mitgerissen du hast alle, die an deinen Röcken hingen, wenn ihr gemeinsam mit wehenden Fahnen vom Erdboden verschwindet, verschlungen von den Gezeiten des Daseins, bis nichts mehr von euch übriggeblieben, nichts als eine dumpfe Erinnerung, gleich einem Schmerz der nie war;

geblendete Augen die nicht sehen, nicht erkennen wollen die alten Mechanismen; einfallslos wie du bist, du, der nichts neben sich ertragen kann, der sich selbst als einzigartig umschreibt, sich selbst mit sich erklärt, weil hohl dein Haus, leer von Liebe, frei von Glück, dafür voll von Zwietracht, Gier und Neid, deine alles verschlingenden Leibesfrüchte, die so gerne wären wie du;

Wenn wir traurig lächeln, wenn all unsere Brüder und Schwestern an uns vorbeihetzen, um zu dir zu gelangen, alles aufs Spiel setzen, alles hinter sich lassend, als wäre das Verderben eine Urlaubsinsel, und alles ohne dich ein großes Nichts, nicht erkennend, dass es umgedreht ist, weil gestellt du uns hast vor unserem Ebenbild, vor unser Selbst, die wir nicht ertragen können die Wahrheit, weswegen die Antwort auf alles wir suchen in dir;

wie immer ist alles ganz anders, erkennen wir tun dies im Antlitz von Gedeih und Verderb, nur dann wir geloben Änderung, dann wir wollen von dir abschwören, ganz bestimmt, versprochen, wirklich für alle Zeiten, bitte so glaubt uns doch, wenn wir wieder mal Glück gehabt, davon gekommen und nach wenigen Wochen von Neuem gefangen im alten Trott, wieder deinen goldenen Thron jagend, als wäre unser Leid zuvor nur ein böser Traum;

dann wir werden warten auf den Moment, wenn wieder die große Verwirrung kommt, dein Zusammenbruch, den wir dir wahrlich nicht gewünscht, wissen wir doch, das wir es selber sind, die dich füttern, zu der dicken Hure haben gemacht, die mehr und mehr braucht, die wächst und schwitzt bis sie platzt;

wir werden dich überleben, wie alle vor dir, wir werden deine Reste und Überbleibsel zusammenfegen, wenn gegangen du bist, werden andächtig schweigen, doch nicht ernst, da der größte Witz und Unfug du bist selbst, den es je im Kosmos gab;

ein Irrtum, eine Laune der menschlichen Unnatur, die sarkastischste Form von Langeweile und jeder Arme erkennt, dass er reicher ist, als die Reichsten je waren;

gehab dich wohl, wir müssen jetzt gehen, nein, wir werden nicht länger bleiben; deine Lieder sind öde und trist, deine Klänge schrill, deine Umarmung kalt; nichts ist dir heilig, uns dafür viel; alles du tust nur für dich, wir stattdessen für die anderen; dich interessiert metallischer Glanz, uns Weisheit und Transzendenz; du verehrst und bezahlst Kriege, antwortest mit Vergeltung, wir wenden uns ab, gehen, ohne Zorn.

Ja, anders dein Weg wohl ist, doch verschieden nur die Richtung:

Du gingst fort, hast dich verloren, dem Glanze folgend;

wir kehrten um, unser Selbst zu finden.