Archiv für den Monat: Juni 2020

Mallorca und Interview Teil! – Odyssee 2020 CW26

28.Juni – schon seit Mittwoch befand sich D auf seiner Heimatsinsel. Nach Vielem hin und her, hatte ihn eine Maschine von Eurowings dort hingebracht, was ihn immer noch in Erstaunen versetzte, wenn er an sein halbes Dutzend Flüge dachte, die er in den letzten vier Monaten gekauft und allesamt, wie sie da waren, storniert bekam. Doch was jetzt? D verstand schnell, dass die Stille auf der Insel nur die Ruhe vor dem Sturm sein konnte, oder nach den Worten einiger Freunde, sein musste.

Zu sehr hatte der Lockdown die Geldbörsen aller Bürger und Bewohner geschädigt; zu viele Existenzen standen auf dem Spiel, als das man einfach so, zur Tagespolitik übergehen konnte; oder wie D es nannte, nachdem er es genauer betrachtete, gab es sie überhaupt nicht mehr.

Das schlafende Europa hatte sich in ein Ansammlung völlig fragmentierter Einzelstaaten verwandelt, die diese Fragmentierung innerhalb der eigenen Grenzen weiter fortführten – das große Ganze, erfüllt von Solidarität, Einigkeit und Brüderlichkeit gab es nicht mehr – stattdessen herrschten von Egoismus und Machthunger getriebene Lokalfürsten, die lediglich von zentralen Spitzenämtern in ihrem reaktiven Treiben überboten wurden.

D dachte viel darüber nach, als er in seiner Kammer saß und schwer gepeinigt von der Suche nach der verloren gegangenen Solidarität erkannte, dass jetzt alles auf die Aufwachgeschwindigkeit aller Bürger Europas ankam; wenn Regierungen im Stande waren, ohne Rücksicht auf Verluste, für einen unermesslich hohen Preis, mit Verzweiflungstaten wie Confinement, Ausgangssperren und anderen Mandatsüberschreitungen ihre Daseinsberechtigung zurückzukaufen versuchten, konnte sich jeder Einzelne ausmalen, welchen Mehrwert diese Administrationen boten.

Längst hatte D genug in den Spiegel geschaut, um zu erkennen, was zu tun war – er musste bei sich anfangen, um Zeit vernünftig zu verwenden. Doch wie sollte das aussehen? Was war ihm wichtig, was die Dinge im Leben, für die er brannte, die es Wert zu sein schienen, ganz oben auf der Liste zu stehen?

Ein paar kannte D, doch wie konnte er sich sicher sein, dass er nichts vergaß? D ließ die Frage offen stehen, setzte sich auf die Terrasse und wählte die Nummer der Journalistin, um mit ihr über das Interview zu reden; man musste ja irgendwo anfangen.

Knacken in der Leitung, ein langanhaltendes Tuten, abgelöst von einigen Wiederholungen, angerufene: Frau Dr. Claudia Meyer-Paradiso)

Angerufene: Meyer?

DT: Sie melden sich ja gar nicht mit vollem Namen, wie soll man bei vielen Meyers wissen, wen man am Rohr hat?

CMP: Hallo Herr Tango, waren wir nicht längst beim DU?

DT: Stimmt – Claudia, nicht wahr?

CMP: Richtig – ich freue mich, dass du so schnell zurückrufst, wie kommt es dazu?

DT: Lass uns mal über den Inhalt des Interview reden……

CMP: Na, du kommst ja auf den Punkt, okay, keine Umschweife heute….

DT: Hast du bestimmte Themen im Kopf?

CMP: Natürlich, ich hatte dir die Themen sogar schon genannt, falls du dich erinnerst; lass uns einen Termin vereinbaren, wann passt es dir?

DT: Hattest du? Stimmt, jetzt erinnere ich mich – okay, dann lass uns doch einfach……

CMP: Wie wär es, wenn wir es in viele kleine Gespräche aufteilen?

DT: Warum nicht?

CMP: Wie wär es, wenn wir einfach anfangen?

DT: Wie meinst du das?

CMP: Na ich meine jetzt?

DT: Jetzt? Wow, das ist ja mal….warum eigentlich nicht….?

CMP: Super! Lass uns mit einer Frage beginnen…..

DT: Müssen wir uns im Interview wieder Siezen….?

CMP: Formal wäre das korrekter und daher besser, einverstanden?

DT: Okay! Welche Frage brennt dir unter den Nägeln?

CMP: Wir fangen dann jetzt einfach an, okay?

DT: Okay!

CMP: Herr Tango, wie geht es Ihnen?

DT: Ganz okay, glaube ich……und Ihnen?

CMP: Es geht mir gut, danke der Nachfrage; Herr Tango, woher nehmen Sie Ihre Inspiration, oder anders formuliert: Warum schreiben Sie?

DT: Weil Schreiben das wahre Leben ist!

CMP: Was genau meinen Sie, mit wahrem Leben? Sprechen sie von Wirklichkeit und Realität?

DT: Exakt!

CMP: Moment: Sie meinen, nicht das Leben ist die wahre Wirklichkeit, sondern das Schreiben?

DT: Korrekt!

CMP: Hätten Sie die Güte, das etwas genauer zu beschreiben?

DT: Können wir einen Deal vereinbaren, um die Zeit dieses ersten Interviews festzulegen?

CMP: Natürlich!

DT: Sehr gut; ich gebe Ihnen in wenigen Sekunden eine Antwort; sollten Sie damit nicht zufrieden sein und weitere Fragen haben, setzen wir das Gespräch ein anderes Mal fort, einverstanden?

CMP: Okay! Legen Sie los….übrigens…….wiessen Sie, dass Marcel Proust der gleichen Ansicht war wie Sie?

DT: Nein, wusste ich nicht; ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass Proust seine letzten Jahre im Bett verbrachte, aber nicht, dass er ähnlicher Ansicht war…….

CMP: Doch, war er, deswegen möchte ich auch unbedingt Ihre Begründung wissen!

DT: Okay! Aber nicht vergessen….

CMP: Was?

DT; Unsere Abmachung…..

CMP: Ja-ja, natürlich – Deal ist Deal!

DT: Okay, also: Wenn Sie ihr Leben leben, Frau Valpariso, dann tun Sie das Meiste unbewusst; Tag für Tag tröpfelt es so vor sich hin; Sie arbeiten, kaufen ein, essen zu Abend, putzen sich die Zähne und gehen schlafen, zwischendurch von Kurzweiligkeit unterbrochen, sei es Kinder, Putzen, Aufstehen, Sex, Drugs, Rock-n-Roll, Urlaub und ein paar Büchern – Leben eben, sie verstehen?

CMP: Natürlich, wenngleich es irgendwie melancholisch und trist klingt, so wie sie es sagen……

DT: Wenn Sie mittendrin einen Apfel essen, wird ihnen weder bewusst sein, was sie in dem Moment alles Denken, oder gedacht, obwohl all diese Gedanken Teil Ihres Lebens sind, noch ihn bewusst gegessen und genossen haben, weil Sie dann entweder ihre Gedanken wüssten, oder den Apfel bewusst essen; beides zur gleichen Zeit ist Ihnen unmöglich, jedenfalls im klassisch-physischen hier und Jetzt – nur in der Quantenphysik ist die Dritte Variante existent, oder eben in der Literatur! Lesen Sie mal über Schrödingers Katze, das Experiment beschreibt ziemlich gut das Paradoxon der Quantenphysik.

CMP: Von Schrödingers Katze habe ich schon mal gehört; warum aber in der Literatur?

DT: Weil ich nur durch sie, einen unendlich kleinen Moment, erlebt oder nicht, zur gleichen Zeit unendlich groß machen kann – ich kann mir Zugang zu Allem verschaffen, was mir beim Apfelessen durch den Kopf ging und / oder was alles nicht – ich kann die Zeit anhalten und mit jedem Wort, einen tieferen Stollen graben, bis ich vor Monsieur Thalamus stehe.

CMP: Sie meinen, wenn Sie Erlebtes oder Nicht-Erlebtes beschreiben, können Sie….?

DT: Sehen Sie?

CMP: Was?

DT: Sie sind nicht zufrieden und haben weitere Fragen…….

CMP: Stimmt! Sogar viele…….wir pausieren hier?

DT: Deal ist deal?

CMP: Sie haben Recht……..

DT: Hat mich gefreut, Frau Valparaiso…..

CMP: Ich heiße Meyer-Paradiso, Herr Tango, haben Sie das vergessen?

DT: Stimmt, Sie haben Recht – entschuldigen Sie bitte.

CMP: Schon gut, kein Problem. Hat mich ebenfalls gefreut, Herr Tango; wann setzen wir das Interview fort?

DT: Ich melde mich und wir vereinbaren einen Termin, Frau Meypalariso?

CMP: Einverstanden! Meyer-Paradiso, wenn es Ihnen nichts ausmacht…..

DT: Entschuldigen Sie vielmals – mit Namen tue ich mich sehr schwer…

CMP: Nichts für ungut; ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag, Herr Tango und viel Erfolg beim Schreiben…..

DT: Vielen Dank! Bis bald…..adios

CMP: Auf Wiedersehen….

Klacken in der Leitung. D geht runter an seinen Tisch und schenkt sich ein Glas Rotwein ein und beginnt weiterzuschreiben……

 

 

 

 

Gentechnik und Geographie – Odyssee 2020 CW25

Sonntag der 21.Juni – Spanien hob seinen Alarmzustand auf und öffnete die Grenzen zu den Nachbarn – wie schnell drei Monate vergingen. Gerade trank D seinen ersten Café, als Volotea seinen vierten Flug nach Mallorca stornierte und ihn in einer von Trauer umflorten Email darüber informierte, ohne das D’s Herz beim Lesen auch nur einmal Gefahr lief höheren Puls zu bekommen.

Das lag zum Einen daran, dass D mittlerweile alles als eine Art Wette auf die Zukunft ansah, mochten es Aktien, Flüge, Eier, Wein, oder sonst welche Produkte sein und zum Anderen daran, weil er beim rhythmischen studieren der Flugangebote bemerkt hatte, dass Südfrankreich zwar rein geographisch direkt an Spanien grenzte, was jedoch gegen die leidenschaftliche Liebe der Norddeutschen offenkundig nicht ausreichend punktete, weil man seit dem 15.Juni wieder mehrmals täglich Hamburg – Mallorca fliegen konnte.

Was war geschehen? Hatten die Franzosen Nähe und Liebe zu ihren okzitanischen und aragonischen Brüdern und Schwestern verlernt, gar über COVID-19 vergessen? War es möglich, dass normannische Willensstärke und teutonische Planungsleidenschaft sich gegen physische Nähe und mediterrane Kulturen durchgesetzt hatte? D wusste es nicht – aber war klar, dass er es bald herausfinden musste – er ahnte noch nicht, wie schnell und wie bald!

Alles fing damit an, dass Emmanuel der Erste, König vom Frankenreich, zum Krieg gegen die Coronen ausrief, welcher mit einer leidenschaftlichen Rede am 16.März im Jahre Null, v.Corona. nicht nur begann, sondern zum ersten Mal alle Landsleute mobilisierte und selbst oben, in der weit entfernten Bretagne, das letzte gallische Dorf, mitriss. Überall im Königreich krempelte man Ärmel hoch, was man daran merkte, wie pflichtbewusst die Franken in ihren Häusern blieben, um dieser modernen Pest, um jeden Preis den Nährboden zu entziehen.

Rückwirkend betrachtet konnten sich Wissenschaftler auf drei Monate einigen, was die Geschichtsbücher später bestätigten. Mögliche Erklärung für D war, dass Emmanuel der Erste und seine Getreuen nach dem gewonnen Krieg offensichtlich so viel mit sich selbst zu tun und so viele Apéros nachzuholen hatten, dass man Lichtjahre davon entfernt war, alte und neue Nachbarn wahrzunehmen, oder gar mit Besuchen zu wertschätzen.

Weil die Normannen, Preußen und Teutonen schon seit langer Zeit keinen König mehr hatten, fiel somit mehr Macht auf die einzelnen 16 Stämme und Herzogtümer, die deswegen schneller und zielgerichteter reagierten, während König Emmanuel der Erste noch seine Hafenrundfahrt unternahm, um Getreue und Volk auf seine Linie einzuschwören., was darin mündete, dass manche Fluglinie Emmanuel und sein Frankenreich als geringere Gewinnopportunität ansah, als zum Beispiel Normannen, Teutonen und Preußen.

Doch war dies erst der Anfang – bald schon fiel es D wie Schuppen von den Augen, warum das ganze Frankenland in einer Art glückseligen Dornröschenschlaf fiel, Benommen vor Selbstliebe, als er versuchte sich seine morgendlichen Eier zu machen, die er nur mit Mühe alleine gehoben und durch die Tür getragen bekam, was an den gewaltigen Fortschritten fränkischer Gentechnologie lag, die es Emmanuels Hühnern erlaubten, Eier auszubrüten, die an Gewicht und Größe ihr Selbst überstiegen.

Und – auch diese Erkenntnis, ließ D’s Hand mit lautem Klatschen an seine Stirn schlagen, als er einen weiteren Erfolg fränkischer Zauberkraft überblickte, die sich vor seinen Augen ausbreiteten und in den letzten drei Monaten stattgefunden hatten – was D als wahren und richtigen Schritt in eine geeinigte EU wahrnahm, woraufhin D sofort zum Apéro griff, um auf Europa anzustoßen.

Was war passiert!

Erst nur aus dem Augenwinkel, bald schon für einen ersten konfrontierenden Blick zurecht gedreht, breitete sich D’s Irritation über das Pentagramm in Schockwellen aus, dass König Emmanuel der Erste und Seine Getreuen als fränkisches Gütesiegel auf Produkte und Verpackungen imprägnierten.

Dazu mussten Emmanuel der Erste und seine Getreuen es in nur drei Monaten hinbekommen haben, dass sich die Pyrenäen um mehrere hundert Kilometer vergrößert hatten, oder, wenn sie an Größe und Ort die gleichen geblieben sein sollten, sein Frankenland, durch gewaltige Sandaufschüttungen vergrößert haben, dass sich das bekannte Hexagramm in nur drei Monaten in ein magisch-großes Pentagramm verwandelte.

Auch nach dem hastigen Genuss, mehrerer Gläser Roséweins, änderte sich für D nicht das Geringste, dass er schlussendlich, die griechischen Götter sein Dank, die einzig richtigen Schlüsse zog: Entweder mussten König Emmanuel der Erste und seine Getreuen eine eingeschworene Familie einflussreicher Druiden sein, die über magische Kräfte verfügten, dass ihnen quasi alles gelang, wenn sie nur wollten, was sich durch Foie Gras sehr schön wissenschaftlich bestätigte, dass sie machen konnten, dass Tiere, allen voran Enten und Gäse, mehr fraßen, als sie natürlicherweise bevorzugten.

Oder aber, fränkische Eier Produzenten hatten so niedrige Schulbildung, dass sie nicht bis sechs zählen konnten und sich deswegen tragischerweise zu sehr auf Marketing, statt auf Weiterbildung und Qualität ihrer Produkte konzentrierten und daher unwissend in Kauf nahmen, zuerst eine fränkische, dann eine europäische Revolution dadurch auslösend, weil man mindestens zweimal auf Ursprung und Ort seiner Produkte hinwies, ohne sich der Ungenauigkeit bewusst zu sein, welche verheerende Wirkung ein Pentagramm bei König Emmanuel dem Ersten und seinen Getreuen auslöste.

Glücklicherweise lebte D bereits lang genug in König Emmanuel Frankenland, um gut einschätzen zu können, dass man es hier mit vielen Dingen nicht so genau nahm, was er schon bei den im Freien stehenden Traktoren von Jay-Bee bemerkte, die dort munter vor sich hinrosteten, was mitnichten eine herausragende Gelassenheit Jay-Bees, dafür umso mehr eine grundsätzliche Verhaltensweise aller Winzer aus Bordeaux zu sein schien.

Wieder einmal fühlte D sich bestätigt, alles als eine Wette anzusehen, weswegen er alles mit Wahrscheinlichkeiten abwog, was das Herz und die wahre Natur der fränkischen Freiheitsmethodik zu sein schien – vive la France, vive l’Europe!

 

Heimatflüge und Interviews – Odyssee 2020 CW24

Achter Juni, ein vermeintlich normaler Montag. Gerade hatte D seinen morgendlichen Café zubereitet, es sich damit an seinem kleinen Tisch vorm Fenster gemütlich gemacht, als er die Nachrichten seines Smartphones durchsah und feststellte, dass man seinen Flug am 12.Juni storniert hatte – nicht erlaubte Einreise von Ausländern, thanks to COVID-19 – lautete die nüchterne Begründung. D sah verärgert aus dem Fenster und suchte sofort nach einem Alternativflug und fand einen, drei Wochen später, für den 3.Juli.

D ließ noch einmal die nüchternen Eckdaten der C-Sache – mittlerweile konnte er das C-Wort genauso wenig aussprechen, wie den Namen des 45.Präsidenten der USA – Revue passieren. Was war eigentlich geschehen? D fühlte sich immer noch überrollt und benommen von den Ereignissen, denn was bis Anfang März Normalität zu sein schien, nämlich dass man gehen, fahren und fliegen konnte, wann und wohin man wollte, hatten die eigenen europäischen Staaten und ihre nationalen Parlamente in wenigen Tagen pulverisiert.

Und weil offensichtlich die Mehrheit aller europäischen Politiker und deren Bürger ein gerüttet Maß vorauseilenden Gehorsam in sich tragen – meist treibt dieser unbewusst sein Unwesen, was dem Ergebnis jedoch gänzlich schnurzpiepenegal ist – sprachen Medien und Menschen bereits von der sogenannten neuen Normalität. D‘s Misere verkleinerte sich in keinster Weise, lehnte er doch schon Großteile der alten Normalität ab; mit der Neuen, stand er nun vollständig auf Kriegsfuß, was man am ungezügelten Wachsen seiner Kratzbürstigkeit und Widerspenstigkeit bemerkte.

Beeinträchtigte der Shutdown seine Schreibarbeiten nicht im Geringsten, mussten Interviews jedoch vollständig remote stattfinden, wenngleich es sowieso nur wenige gab, was D’s Undergroundstatus und generalle Unbekanntheit bestätigte, sowie sein geringes Interesse, etwas daran zu ändern. Seinen Bekanntheitsgrad zu verbessern, war so ziemlich das schlechteste Argument aus D’s Sicht, obwohl die Marketingchefin seines Verlages durchaus passable Erklärungen parat hatte.

Nach langer Überzeugungsarbeit gab er nach und stimmte einem Interview zu – hier ein paar Auszüge. (Das Magazin hat darum gebeten, seinen Namen nicht anzugeben, um Anspruch zur Erstveröffentlichung gültig zu machen, wir haben daher den Namen verändert)

Kalligraphi-Magazin: Hallo Herr Tango, wie geht es Ihnen?

DT: Hallo Frau Meyer-Paradiso, heißen Sie wirklich so? Ist ihr Mann aus Spanien, oder Lateinamerika?

KM: Ich heiße wirklich so, mein Mann kommt aus……..

DT: Sagen Sie nichts, ich wette Spanien…..

KM: Gerade wollte ich es sagen, Gallizien; Sie haben mir aber noch nicht gesagt, wie es ihnen…..

DT: Haben Sie ihn dort während eines Urlaubs oder bei Ihnen in Deutschland kennengelernt? Sind Sie schon lange verheiratet…?

KM: Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne unser Interview beginnen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, einverstanden…?

DT: Es macht mir etwas aus, weil von einem Interview überhaupt nicht die Rede war, Frau Meyer-Valparaiso, verstehen Sie?“

KM: Moment mal, Her Tango…..

DT: Lassen Sie das mit dem Herrn, nennen Sie mich Don, so wie alle anderen….

KM: Okay, einverstanden, trotzdem bin ich etwas irritiert, weil mir ihr Verlag zusagte, dass…..

DT: Warten Sie, Frau Meyer-Valparaiso, hier liegt glaube ich ein Missverständnis vor…..

KM: Ein Missverständnis, wie meinen Sie das? Sind Sie etwa dagegen, interviewt zu werden?

DT: Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie……

KM: Moment, bitte beantworten Sie meine Frage, wir brauchen gar nicht weitermachen, wenn Sie….

DT: Natürlich, liebe Frau Meyer-Valparaiso, wie lautet Ihre Frage…?

KM: Ein Interview, sind Sie dafür oder dagegen…?

DT: Aber gute Frau Meyal-Paraiso…..

KM: Lassen Sie das, nennen Sie mich Claudia…….

DT: Okay, gerne, also liebe Claudia…….

KM: Dafür oder dagegen….?

DT: Na, sie kommen aber auch, Entschuldigung, DU kommst aber auch mit der Tür ins Haus…..

KM: Warum denn das, ich habe nur meine Frage gestellt?

DT: Über die Macht der deutschen Sprache sollten wir ein anderes Mal reden, sie und ihre, verdammt nochmal, du und deine Effizienz seid wahrscheinlich einverstanden, wenn wir das hier abkürzen…..

KM: Sehr gerne, also, zurück zu meiner Frage…..

DT: Selbstverständlich, liebe Claudia – schau, ich bin natürlich FÜR ein Interview, doch das müssen wir doch zusammen vorbereiten, oder etwa nicht? Und hierin liegt auch das Missverständnis, von dem ich eben gesprochen habe – dieses Telefonat dient unserer Abstimmung, worüber du mit mir reden, mich interviewen möchtest, es ist also nicht das Interview selbst, verstehst du was ich meine?

KM: Ach-so, okay! Aber stand das so nicht in meiner Videokonferenz-Einladung? Egal…..

DT: Genau, lass uns anfangen…..

KM: Könntest du trotzdem so nett sein, meine erste Frage zu beantworten, die du, ich bin mir ganz sicher, nicht vergessen hast? Ich will dir auf die Sprünge helfen, ich fragte, wie es dir geht!

DT: Habe ich nichts dazu gesagt? Wie unaufmerksam von mir; im Großen und Ganzen okay; diese C-Sache ist zwar eine Katastrophe, aber das sollten wir ebenfalls ein anderes Mal besprechen, weil ich sonst schlechte Laune bekomme.

KM: Kein Problem, also zu den Themen und dem Interview, ich schlage 30min vor, weil ich dich zu dir und deiner Person befragen möchte, wie du zum Schreiben gekommen bist und vor Allem, was Schreiben für dich bedeutet. Länger als 30min machen wir auf keinen Fall, es sei denn, es entwicklet sich in eine leichte Plauderei, der man leicht folgen kann; hast du von deiner Seite irgendwelche Fragen?

DT: Wo wollt ihr das ausstrahlen, Radio, TV oder Internet?

KM: Dazu haben wir uns noch nicht festgelegt, wir binden dich und deinen Verlag aber gerne ein, einverstanden?

DT: Klasse, vielen Dank Claudia…..

KM: Bleibt nur noch die Abstimmung der Zeit……

DT: Nächste Woche ist gut, Mittwoch-Nachmittag ist okay? Können wir die Zeit noch offen lassen, so wie es reinpasst?

KM: Eher ungern, ich muss meinen Tag auch planen, sagen wir Mittwoch 15:00 ?

DT: Verstehe ich, na gut einverstanden, hat mich dennoch gefreut……

KM: Mich auch, bis Mittwoch……

 

Solidarität, Eine Europa-Fraktur – Osyssee 2020 CW23

Ein vermeintlich ganz normaler Sonntag. Seit Tagen versuchte D herauszufinden, ob er wie geplant, am 12.Juni nach Mallorca, zurück in die Heimat fliegen konnte. Was anfänglich, also nach dem zweiten Weltkrieg und bis kurz vor der C-Krise, eine ganz alltägliche Selbstverständlichkeit schien, nämlich ein Flugticket zu kaufen und am besagten Tag einfach loszufliegen, entpuppte sich als Spießroutenlauf durch europäische Bürokratien, was D daran erinnerte, dass er offensichtlich zu einer Minderheit, einer Art Randgruppe zählte, die in der Vergangenheit kräftig aus der Pulle der individuellen Freiheit getrunken hatte.

Nichts schien mehr wie zuvor – doch der Reihe nach.

Alles fing damit an, dass D sich zu fragen begann, warum er als Mallorquiner, oder besser gesagt, als Europäer, mit Wohnsitz auf Mallorca, nicht einfach ein Ticket kaufte und hinflog, um die üblichen Gartenarbeiten des Frühlings zu verrichten. Einmal lag es daran, dass es in April und Mai keine Tickets gab, wenngleich D ein paar günstige für Freitag den 29.Mai erblickte, die man jedoch nach wenigen Tagen wie von Geisterhand, durch ein Bataillon von Ersatzflügen, ab dem 12.06. ersetzte. Hatte D ursprünglich begründete Zweifel, dass die Flüge real existierten, ließ er sich dennoch nach mehreren Tagen eines Besseren belehren, frohen Mutes buchte D einen Flug in die Heimat.

Doch damit begann eine Odyssee der Bürokratie, wie D sie sich selbst nach dem hastigen Genuss einer Flasche von Jay-Bees vorzüglichen biodynamischen Rotweins nicht vorstellen konnte.

Zuerst las er im Internet, welche Bestimmungen galten, musste aber schnell einsehen, dass alles Lesbare letztendlich nur Empfehlungen schienen, die immer im Gleichen Tonus mündeten, nämlich, dass man auf jeden Fall in eine zweiwöchentliche Quarantäne gehen müsse, wenn man seinen ersten Wohnsitz nicht auf M hatte. D hatte den Eindruck, dass er mit jeder Frage, mehr Fragezeichen erntete. Anstatt klarer Regeln, überhäufte man ihn mit einer Flut von Informationen, die ihn letztendlich nicht schlauer, sondern nur resignierter werden ließen.

Also schrieb er dem Deutschen Konsulat in Palma di Mallorca, eine prompte Antwort ließ ihn hoffen. In hunderten Textzeilen, inklusive Links, auf spanische Amts-Kanäle, stand dort, O-Ton, dass man nur einreisen dürfe, wenn man seinen ersten Wohnsitz auf Mallorca hätte. Sollte man jedoch trotzdem einreisen, müsse man in eine 14-Tägige Quarantäne. Was denn nun, einreisen oder nicht und wie war es mit der Arbeit, fragte sich D?

Während man in Frankreich ein Selbst-Zertifikat ausstellen konnte, in dem man bekundete, dass man aus Arbeitsgründen reiste, schien Vergleichbares in Spanien nicht vorgesehen. Doch wie funktionierte das, fragte sich D – mussten die nicht auch arbeiten, um Miete und Lebensmittel zu bezahlen? Wer hatte denn genug Geld, um bis ans Lebensende, vom Ersparten zu leben? D bekam keine Antwort, stattdessen, bestätigten seine Freunde auf der Insel seinen Unmut, dass die Zentralregierung offensichtlich wenig über die Bevölkerung und der wirtschaftlichen Konsequenzen nachdachte.

Nach mehrmaligem Hin-und-her, bekam D vom deutschen Konsulat eine Adresse der Balearen-Regierung, die für COVID-!9 eine Hotline installiert hatte, um die zahlreichen Anfragen zu verwalten und leider nicht, wie D hoffte, zu beantworten.

Auch dort das Gleiche, mehrzeilige Antwort, mit diversen Verlinkungen zu amtlichen Bekanntmachungen, die genauso aussagekräftig und verlässlich schien, wie Politikermeinungen; man empfahl nicht einzureisen, wenn man kein abgestempeltes Residenz-Schreiben der Gemeindeverwaltung hatte, sollte man dennoch kommen, müsse man sich in eine 14-Tägige Quarantäne begeben – doch bevor sich D mit der besagten Quarantäne auseinandersetzen wollte, folgte er dem Rat einer griechischen Freundin, die wie D der Meinung war, dass das spanische Konsulat in Toulouse praktische Tipps haben musste.

Gesagt getan, schnell stellte D fest, dass es nur 500m um die Ecke lag, wie praktisch.

Freitag 10:20 stand D auf der Matte und sang seinen Song: Deutscher Autor, der in Toulouse lebt, muss dringend nach Mallorca, um dort weiterzuarbeiten und seiner Familie zu helfen. Nachdem sich herausstellte, dass die Chefin des Konsulats im gleichen Dorf aufgewachsen zu sein schien, gab es zwar reichlich Freudentränen, aber wenig Neues. Man empfahl, bis zum 21.Juni zu warten, weil ab dann der Alarmzustand beendet war, weswegen man offenkundig grundsätzlich wieder von außerhalb einreisen konnte, was zwar die erste konkrete Aussage schien, aber D nicht weiterhalf, weil er a) nicht von außerhalb war und b) nicht am 21. sondern am 12.Juni, arbeitsbedingt nach Hause musste.

Mittlerweile hatte diese verworrene Situation D müde gemacht. Bevor er das spanische Konsulat verließ, gab ihm die Chefin eine Adresse vom Arbeitsministerium, wo man ihm weiterhelfen müsste, immerhin etwas. Doch wieso, fragte sich D, hatten die europäischen Länder innerhalb Europas, die Grenzen untereinander geschlossen? Waren sie nicht mehr solidarisch miteinander? Mit dem Schließen, beschleunigte jeder seine Pleite – und noch viel mehr als das.

Es zeigte aus D’s Sicht, dass die Regierungen, ihr Mandat überschritten hatten, denn Regierungen, die im Namen von Gesundheit und Sicherheit, ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Auswirkungen, das Leben zum Erliegen brachten, zeigten, dass sie ihrer Verantwortung nicht nachkamen, ein stabiles modernes Gesundheitssystem sicherzustellen, dass Luft nach oben hatte – was war wichtiger, als die Gesundheit der Bürger, die man repräsentierte, die einen auch bezahlten – was also war D‘s Quintessenz?

Man hätte keine mediale hysterische COVID-19 Informations-Walze über die Länder schicken dürfen, dass alleine hätte Menschenleben gerettet– wer es nicht glaubt, sollte sich mit den positiven und negativen Auswirkungen des Placebo-Effekts auseinandersetzen; diskrete, rein informative und nicht reißerische Vorkehrungen wären das richtige Gebot der Stunde gewesen – da so etwas ohne Zensur nur geht, wenn jeder Journalist, Verleger, Poster, Blogger und Social-Media-Verschwörungstheorethiker sich seiner Verantwortung bewusst ist, lohnt es sich, wenn man in den Spiegel schaut, Politiker eingeschlossen.

Und zu guter Letzt – Europa gelingt nur mit Solidarität – besonders in schlechten Zeiten.

In Guten kann jeder Held spielen. In Schlechten Zeiten lernt man, wer loyal und solidarisch ist. Dann lernt man, wer einem hilft und wer für einen da ist. Um das zu ermöglichen MÜSSEN die innereuropäischen Grenzen IMMER geöffnet sein, mögen Viren oder Pleite-Welle auch zu Dutzenden durch unsere Gassen donnern. Auch müssen staatliche und nicht staatliche Administrationen mitschrumpfen, wenn ein geändertes Konsumverhalten der Bürger, dass man ausgelöst hat, das Bruttosozialprodukt dahinschmelzen lassen. Haben die Bürger weniger Geld, geben daher weniger aus, muss auch der Staatsapparat schrumpfen, sonst verkommt er zum Selbstzweck.

Und D? Was machte all das mit ihm? Er wusste es nicht, noch nicht – aber er scheint weiterhin bereit zu sein, alles Menschenmögliche zu tun, um am 12.Juni nach Mallorca zu fliegen – wir werden verfolgen, ob man ihn ohne Auflagen einreisen lässt, oder ihn in einer Art „Flughafen-Gefängnis“ verwahrt, um den schnellstmöglichen Rückflug anzutreten, oder seine staatlich-verordnete Quarantäne Zuhause aussitzen darf; was dass alles mit Freiheit zu tun hatte, blieb abzuwarten – es bedarf genügend Europäer, die sie vermissen………