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11.Juni – Französische Gartenzwerge – Odyssee 2023

Ich hänge an französischen Chansons … wer mag nicht Jaques Brel’s „Ne me quitter pas“ … eben … oder der unvergessene Serge Gainsbourg … einfach fabelhaft, nein mehr noch …. magnificke … oder Boris Vian … für Feinschmecker … einfach großartig … Franzosen geht‘s mit diesen Musikern ähnlich.

Mit deutschen Liedgut nicht vergleichbar.

Warum eigentlich nicht? Hätten diese Songs in Deutschland funktioniert, wenn Roland, Marius, Herbert und Konsorten sie erfunden, gar zuerst gesungen … wenn sie zum Kanon Deutschen Liedguts gezählt hätten? Könnte ich heute … rein theoretisch … genauso an ihnen hängen, wie an den französischen Versionen, als nicht Franzose,

als nicht Mutter.- und Vatersprachler?

Ein Vergleich muss her … Beilstein an der Mosel finde ich hübsch … nein mehr noch …  regelrecht kitschig schön ist’s hier … ich kenne reihenweise schöne Orte in Allemagne … meine Theorie lautet, dass wir fremde Kulturen und Sprachen … wegen der Neugier … großartiger finden, als die eigene,

vielleicht ist‘s auch nur meine Eigenart.

Nicht Weniges in Deutschland finde ich peinlich … und das nicht erst, seit ich mehr Zeit in La France verbringe … was nicht heißt, dass es nicht ähnliche Mengen von Grässlichkeiten auch bei den Galliern gibt … ich glaube nämlich ganz und gar nicht daran, dass irgendeine Kultur oder Sprache

anderen überlegen ist,

im Gegenteil … alle sind gleich aufregend … weil sie unterschiedlich sind … ganz nach dem Motto … die Wiese der Anderen ist nicht grüner … nur anders … bin mehr und mehr davon überzeugt, dass wir unsere eigenen Kulturen erst zu schätzen wissen, wenn wir

andere kennengelernt haben.

Sonst laufen wir Gefahr unsere eigene über die andern zu stellen … was bekanntermaßen … Blicke in die Vergangenheit genügen … immer in die Hose ging … nach zwölf … andere knappe 1000 Jahre … früher oder später geht‘s bergab … spätestens wenn wir konservieren und selbstverherrlichen.

Glücklicherweise ist diese Gefahr gebannt,

dank unserer bescheidenen Art … unserer Aufgeklärtheit … und dank unserer Fähigkeit zur Selbstkritik, gepaart mit Geduld und Freude am Andersartigen … endlich haben wir zum Glück aus Vergangenem gelernt … nicht auszudenken wo wir hinkämen wenn wir nach aber-tausenden Wiederholungen

einfach weitermachten wie bisher.

Übrigens hat jedes Dorf in Frankreich eigenen Käse … Rocamadour beispielsweise ist eines von vielen Dörfern, dessen gleichnamigen Käse ich im Supermarkt kauf … sehr lecker … R. zählt auch zu den schönsten Dörfern Frankreichs … man weiß das, weil man in LA FRANCE eine Liste von Dörfern hat,

die zum kleinen elitären Kreis zählen.

Bestimmt hat man ein Gremium, dass sich kümmert … man muss sicher sein, dass wirklich nur die Hübschesten die stolzen Abzeichen tragen … in der Tat … die meisten sind wirklich schön anzusehen … an diesem Wochenende besuchten meine Freundin und ich Najac.

Bildhübsch, wirklich.

Alles ist märchenhaft schön … ständig sah ich mich nach Kameras um … auch ich habe ein Faible für Schönheit, für Ästhetik … außer Frage … langstielige weiße Lilien finde ich hübscher als ein Strauß Stinkmorchel … was nicht heißt, dass die Pilze nicht auch hervorragende Qualitäten haben …

Erscheinung und Duft sind schlicht … anders.

Beim gestrigen Spazierengehen fiel es uns wieder auf … wir hatten zwei Wege zur Auswahl .. einer schön und repräsentativ, der im Dorfplatz mündete … der andere verlief parallel hinter den Häusern und ihren schönen Fassaden … da quollen Mülleimer über … struppige Katzen rannten herum … beeindruckende Fauchkonzerte,

wieder ging es um Leben und Tod.

Wie zu erwarten … meine Deern wählte Schönheit … und ich wieder … natürlich … fand es spannend den schönen Fassaden auf den ungeputzten Arsch zu schauen … wir einigten uns beide anzusehen … erst rustikale Hinterhöfe … dann Belle Fassade.

Keine Ahnung ob‘s ein Defekt ist,

schon immer wähle ich gerne Schmuddel-Ecken … nicht aus Passion, Pathologie, gar automatische Rebellion, wie mir manche unterstellen … habe eher den Eindruck, dass ich Harmonie suche  … wenn ich sieben Tage Sterneküche genieße, kann man sicher sein,

dass ich danach Ravioli aus der Dose löffle.

Was nicht heißt, dass ich gutes Essen und guten Wein nicht wichtig finde… gar Schönheit ablehne … im Gegenteil … irgendwie habe ich dies In-Maßen-Gen aus unserer Familie … so kommt‘s mir manchmal vor … ich suche die harmonische Mitte.

Geschmacklosigkeit finde ich furchtbar,

genauso wie Kitsch … beispielsweise herrschaftliche Schlösser … wenn man mit Franzosen über Versaille redet bekommen sie glänzende Augen … ich stattdessen denke an „mir-san-mir“ … und an Schlachtrufe wie „vive La France, vive La Republique“ … das man dort 20.000 Menschen verheizte interessiert heute nur am Rande,

denn schön ist es schon … gell, Ludwig?

Auch die Akropolis hat man vermutlich ohne 35h Verträge gebaut … so fürchte ich … Sklaven und Leibeigene waren ja lange Zeit normal … ob Franzosen die eigene Kultur herausragend finden weiß ich nicht … mindest bewahrenswert … Académie Francaise, ich zitiere Wiki,

„Vereinheitlichung und Pflege der französischen Sprache“,

so steht‘s da geschrieben … bestimmt gibt es ein Ministerium, dass sich um die Schönheit Frankreichs kümmert … vielleicht müssen alle Schönsten-Dörfer sich einmal im Jahr rausputzen … quasi auf den Laufsteg … man schaut, ob noch alles fest und in Form ist … immerhin ist Frankreich eine Dame

Bei Deutschland bin ich mir nicht sicher …

https://www.les-plus-beaux-villages-de-france.org/fr/

04.Juni – Poulouse – Odyssee 2023

Bin seit einer Woche wieder in Toulouse … richtig angekommen bin ich allerdings immer noch nicht … klar, man macht das Übliche … schauen ob was in der Post ist … einkaufen, auf den Markt gehen … Wäsche waschen … Bude durchwischen … irgendwann ist man durch.

Abends Apéro mit Freunden,

noch dazu mit zwei Geburtstagskindern … reinfeiern war angesagt … mit anschließendem Ausklang in’nem Musikschuppen um die Ecke … da merkte ich mein frühes Aufstehen … ich kam ja am gleichen Tag morgens um 11:00 angeflogen.

Wecker 4:30

Taxi um 6:00 Uhr … Abflug 8:45 … Apéro und Dinner waren super … irgendwann nach Mitternacht ging mir das Licht aus … fand’s nicht verwunderlich … wenngleich es mir unangenehm war … immerhin hatten wir unser Geburtstagskind mit dabei … und er war noch gut in Feierlaune … wollte zum Abschluss ins „Breughel l’ancien“,

eine Bierbar mit lauter Musik.

Grundsätzlich mag ich nicht gerne ungastlich sein … also folgte ich Gruppen-Gravitation und demokratischer Entscheidung … gleich nach dem Betreten ersoff ich im Lärm … schnell ging ich auf dem Zahnfleisch … biss mich aber durch … ich dachte mir, „Hey, nun stell dich mal nicht an, immerhin ist heute sein Geburtstag!“

Das Gedränge vorm Tresen war enorm.

Ein paar Typen schrien irgendetwas … keine Ahnung, ob es meine Freunde, oder ob es die dutzenden betrunkenen Studentinnen und Studenten waren … meine Ohren piepten jedenfalls … meinem Kumpel konnte ich’s vom Mund ablesen … ja, gerne ein kleines IPA für mich … zurück kam ein Großes.

Kommunikation ist was Großartiges.

Seit Thomas‘ Beerdigung hängt der Haussegen schief … Erbgeschichten sind immer furchtbar … schlimmer als Lärm … wie die Geier stürzen wir uns … die ach so lieben Familienmitglieder … auf den Nachlass … Urne quasi noch warm … wir Menschen reißen alles an uns, was nicht

niet.- und nagelfest ist.

Angeblich kommunizieren wir maximal 75% von dem was wir denken … Wissenschaftlern zufolge kommt im Durchschnitt 10 bis 30% davon beim Empfänger an … in der Kneipe hatten wir also einen erstaunlich guten Wert … wahrscheinlich hat der Barkeeper das Wort „klein“ nicht verstanden,

weswegen es drei „Große IPA“ gab.

Bei Erbgeschichten halte ich mich grundsätzlich raus .. überhaupt … wenn ich nix verstehe, oder verstehen will … schalte ich ab … ich werde still, wortkarg … sparsam im Wahrnehmen … im reagieren … nenne das Kommunikations-Zen … weniger ist mehr … meine Freundin kennt das … meine Freunde auch,

vorausgesetzt sie bleiben nüchtern.

Im „Breughel“ ist es wie bei Familien … alles redet durcheinander … niemand versteht sich selbst, geschweige die Anderen … dazu der Krach des Lebens … fertig … beste Grundlage für Zwistigkeiten … Kriege … bei Letzterem mache ich jedoch nicht mehr mit.

Finde Krieg doof … Kleine, wie Große.

Hab oft drüber nachgedacht … was würde ich machen, wenn ich ’nen unangenehmen Nachbar hätte … umziehen vermutlich … nicht unmöglich, wie wir am Beispiel Israel sehen, aber ziemlich schwierig … wenn es sich um ganze Nationen handelt.

Hab da keine Antwort drauf.

Ist so ’ne Frage wie … ob man an Gott glaubt … man kann nicht drauf antworten … im Breughel fand ich dann irgendwann eine … ich ging an die frische Luft … so zog meine Implosion keinen runter … bei gleichzeitiger Reduzierung von Kopfschmerzen … ein guter Kompromiss,

quasi … win-win-win-win.

Bei der Erbgeschichte in unserer Familie sind wir nicht soweit … im Gegenteil … da verhärten sich Fronten … wie im Osten … als ich Nachbar von Günni war … der die Hecke abbrannte … und überraschend Kosten teilen wollte … bemerkte ich,

wie meine Freundin das Messer zückte.

War es Ungeduld … verletztes Ego … ich weiß es nicht mehr … mir jedenfalls waren Sache und Summe zu klein … als dass ich zu den Waffen gerufen hätte … allerdings kostete es mich einige … nennen wir es mal … Überzeugungsarbeit

bis sich meine Freundin und Günni wieder Hände gaben.

Draußen an der frischen Luft konnte ich endlich pinkeln … in der Bar vor den Toiletten war Gedränge … man hatte sie zweckentfremdete … unter Sternenhimmel ist sowieso viel schöner … ich stellte mir in der Mitternachtsluft einige Fragen.

War es Müdigkeit?

Oder hast du grundsätzlich kein Bock mehr auf solche Läden … bist nicht mehr allzu gruppentauglich … ich befand dann, dass Alles eine Sache der Stimmung ist … mit Austern ist’s genauso … mal habe ich Lust darauf … manchmal nicht … da denke ich mir,

wie eklig!

Meinen Lieblingswein will ich auch nicht ständig trinken … also, ich jedenfalls nicht … ich habe ein paar Freunde, die an festen Tagen in der Woche Abends essen gehen … finde das toll … ich freue mich für sie.

Für mich wär das nichts.

Ich weiß halt Tage vorher nicht, wonach mir an diesem und jenen Tag … wie ist … ich weiß … klingt kompliziert … mag sein … für mich alles eine Sache der Stimmung … in Kommunikation ist es ähnlich … da gibt es auch viele Einflüsse die beeinflussen.

Neulich las ich einen Bericht über Löwen.

Tierärzte wiederholen regelmäßig, wie gefährlich Raubtiere sind … dass Großkatzen … Wildkatzen … beispielsweise Löwen … nie ganz zivilisiert werden … selbst dann, wenn sie im Zoo … in Gefangenschaft geboren werden … immer bleibt Restunsicherheit.

Aber Restunsicherheit … bezogen auf … was?

Das man nicht 100% kalkulierbar … vorhersehbar handelt … nennen wir uns aus diesen Gründen „zivilisiert“ … weil wir … vorhersehbar … konform … achtsam miteinander umgehen? Habe eher den Eindruck, dass wir Werte und Verhaltensweisen mit individuellem Bedarf nach Freiheit … durcheinander bringen.

100%ige Sicherheit gibt’s selbst in der Ehe nicht.

Hab darüber mal was gelesen … im Gegenteil … Restrisiken bleiben immer … da sind wir den Löwen nicht unähnlich … wenngleich die Auswirkungen weniger tödlich … wobei, da müssten wir Statistiken wälzen … Leben ohne Gefahr ist vermutlich schwierig,

vielleicht … wenig lebenswert …

19.Juni – Tor zu den Göttern – Odyssee 2022

Nach dem Bad des Hades, welches sorgfältig in den Kammern von Pierre-André versteckt war, folgte nun, wie konnte es anders sein – das Heilige Land. Heilig, halig oder heligo – wenn man tiefer gräbt findet man ungeahnte und ungezählte weitere Formen; egal wo ihr sucht, ihr findet immer mehr Varianten – gleich dem Apfelmännchen – ganz besonders vor Ort.

Ich rede von Helgoland.

Bis vor wenigen Stunden befand ich mich auf diesem magischen Flecken Erde. Gleich der Büchse der Pandora selbst, oder einem kosmischen Pfau, der ihr entsprang, der Vergangenheit und Zukunft auf seinem Kleid trägt, spreizt dies kleine Eiland seine Federn. Mögen Erde und Milchstraße uns mit ihrer Gewaltigkeit noch so erschlagen, verweigern wir auch noch länger das Verstehen, was sie für uns vorbereiteten,

so findet sich dennoch hier im Kleinen,

hochverdichtet, vergraben und verschanzt, in alle Ritzen der Vergangenheit gepresst, gleich einem klitzekleinen schwarzen Loch, das mit seiner unfassbaren Dichte alles an sich zieht, jeden Meter zum Marathon, jedes Licht zum Prisma, jede Welle zum Tsunami im Sonnensystem aufbläst, weil Götter auf dieser Nadelspitze ihre Alchimistenküche bauten.

Wen Neugier und Fragen quälen, findet hier sein Nirvana.

Wer feine Antennen hat, spürt, wie einen hier das Sonnensystem attackiert; keine Sekunde vergeht, ohne dass es an dir zieht; gebt fein Acht, auf was ihr Menschen euch einlasst; überlegt euch genau was ihr anderen und euch antut; nutzt eure Sinne; nicht jeder ist bereit für diese Erfahrung; alles präsentiert sich in Wahrheit klarer Form und Absicht – UND –

du kannst nicht vor dir selbst fliehen.

Alles hat stattgefunden und findet doch immer noch statt; den Hellenen gleiches Schicksal teilen sie; jeder wollte das Heilige Land; Mächtige, selbst die Kirchen, einfach alle; und war es nicht möglich, wollte man es zerstören. Hass oder Liebe, Freund oder Feind, gut oder böse, schwarz oder weiß – nirgendwo liegen Nerven, Wahrheit und Geschichte so offen, so blank vor einem, wie in dieser kleinen Streichholzschachtel,

inmitten der rauen Nordsee.

Doch niemand zu verstehen vermag,, wovon ich spreche; nur jene die dort wahren; so überlasse ich es der Verantwortung eines Jeden, kleines, großes, alles und selbiges herauszufinden und zu erleben. Ausguck der Welt, Schambein des Nordens, Glaskugel der Weisen, frisch begrünt und bis auf die Knochen kurzgeschoren; zerzaust von Wind, Wasser und Erde; gehegt, gepflegt, verbrannt, gerodet, zerstört und wiederaufgebaut,

ewiger Phönix aus der Asche.

Beim Entern des Oberlandes fing mich die Wirklichkeit ein. Zu lange flog ich am Himmelszelt herum; dem Ikarus gleich verbrannte ich beim Betrachten des Horizontes und landete mit versengten Flügeln auf den heiligen Schenkeln von Helgoland.

Was ich sah haute mich aus den Schuhen.

Nur langsam begriff ich. 30 gewaltige Containerschiffe dümpelten vor sich hin, bis zur Halskrause mit Ware beladen. What the fuck! dachte ich. Was läuft hier schief? Natürlich informiere ich mich – hatte ich eventuell was in der Zeitung überlesen? Mir war nicht entgangen, dass die wachsende Automatisierung Arbeitsplätze vernichtet.

Haben wir nicht seit Jahren Container-Terminals automatisiert?

Angeblich arbeiten kaum noch Menschen bei Be.- und Entladung; wenn aber keine Hundertschaften mehr Kaffeesäcke schleppen, wie vor hundert Jahren, dachte ich so bei mir, wo klemmt es dann? Fehlen uns LKW-Fahrer? Oder gar Container? Wieso kommt die Ware nicht mehr zum Kunden?

Was fehlt?

Während ich mit dem Eiland Kontakt aufnahm und seine schönen Hügel bestieg, schien mir der Blick zum Horizont was sagen zu wollen; was, habe ich noch nicht herausgefunden; das eine stetig ansteigende Waren-Verknappung zu beobachten ist, scheint niemanden entgangen zu sein – nicht mal mir. Ob sie das Ergebnis von vielen Verkettungen und Umständen ist, oder bewusst herbeigeführt ist?

Keine Ahnung!

Es hat mich nicht abgehalten, schöne Sonnenuntergänge zu erleben; auch habe ich bestes Wetter gehabt, speiste wie ein König und Trank Weine, die auch erfahrene Sommeliers zufrieden gestellt hätten; ich atmete unglaublich saubere Luft, schlief wie ein griechischer Gott, träumte wie Morpheus und schrieb viel; was auch immer die 30 Stahlriesen geladen haben, es mussten weniger wichtige Waren sein.

Zeit meinen Konsum zu überdenken…

02.April – Odyssee 2022

Vom Herzen her bin ich Müßiggänger. Schon als Kind habe ich es geliebt, mich in Gedanken zu verlieren, ohne dabei durch Nichtstun aufzufallen. Später ließ sich die Wahrheit nicht mehr länger verschweigen. Scharf wie ein Damaszener-Schwert kam jene simple, alles zum Schweigen bringende Diagnose daher:

Faulheit!

War das ansteckend? Gar gefährlich? Erwachsene hatten Probleme damit. Auch meine Eltern. Es war wie bei der Pest. Quasi über Nacht wurde man ausgestoßen. „Was, du willst nicht arbeiten? Nichts schaffen und erreichen? Dann bist du nichts wert….!“, genauso, oder so ähnlich lautete der Befund. Über die Medikation schien man sich noch nicht einig. Noch dazu schienen in den

80igern Konzentrationslager aus der Mode gekommen zu sein.

Doch änderte es nichts daran, dass tägliche Disziplinarmaßnahmen nicht locker ließen. Hausaufgaben vorzeigen; vorlesen; zäh wie Leder, flink wie Wiesel und schlau wie Füchse sein, lautete das Erbe, dass die DNA einträufelte. Sportlich und pünktlich sein, sowie andere Drangsalierungen setzte die Gau-Leitung der Grundschule ein, um aus unschuldigen friedlich lebenden Kindern, angepasste, funktionierende Bürger von drei

verschiedenen Gruppen zu bauen.

Einmal war da jenes handwerkende Volk. Man hoffte, dass die Volksschule – später nannte man sie Hauptschule – genügend Nachschub produzierte, um ausreichend Müllwerker, Tischler, Gärtner, Zerspanungsmechaniker, Maurer und Forstarbeiter für das junge Deutschland zu erschaffen. Irgendwie musste man ja die Nation am Laufen halten, oder nicht?

Dumm, wetterfest und stark,

lautete die interne Beschreibung der wichtigsten Eigenschaften der Forstwirte in Schleswig-Holstein. Denken stand nicht zur Debatte. Das war nichts wert. So etwas Weltfremdes stand nur den obersten Chargen zu. Man hatte zu funktionieren und musste abliefern. Produktiv sein blieb oberste Divise im jungen Teutschland. Für Tagträumer gab’s keinen Platz.

Müßiggänger als Beruf gab‘s beim Arbeitsamt nicht.

Was also tun? Ich musste mich durchschummeln. Also blieb ich faul in der Schule, um meinem Prinzip als Müßiggänger gerecht zu werden, aber nur so viel, dass ich es in die nächsthöhere Klasse schaffte. Heute beschäftigt mich diese Sache gewaltig. Wenn ich mich jetzt umsehe hat der Kapitalismus gewonnen. Alle treiben es mit allen. Jeder mit Jedem.

Sogar Russen und Chinesen.

Frieden haben wir deswegen noch lange nicht. Denn weil jeder „mehr“ braucht, hat längst „jeder“ gemerkt, dass die Ressourcen des Planeten nicht langen, um alle gleich glücklich zu machen. Deswgen haben wir’nen Weltwirstchaftskrieg, in dem wir das Spiel „Alle gegen Alle“ ausleben, schön vorgesungen

von der Gruppe Laibach.

Daher wird es ab sofort nicht nur häufiger Beiträge von mir geben, sondern es werden die folgenden Themen-Gruppen abgeackert, bis euch die Zunge aus dem Halse hängt, oder euch das Licht ausgeht. Zurzeit gibt es folgende Hauptgruppen:

1)-Knappheit der Woche

2)-Wenn der Russe kommt…

3)-Strahlenschutz am Beispiel Mehl und Öl…

4)-Du bist nichts wert…….und andere Antimotivationen…

5)-Ratschläge für Existenzgründung…

6)-Für was es sich lohnt zu denunzieren…

7)-Ich. das Kaiserreich und das Bruttosozialprodukt…

8)-Anti-Nationalismus…..oder Völker, die man nicht braucht…

9)-Ziele, die ihr euch für morgen vornehmen solltet…

So, jetzt wisst ihr’s. Ich sag’s ja, es gibt so viel nicht zu tun, man muss sofort anfangen; lasst alles stehen und liegen; hört auf mit der Arbeiterei; bleibt im Bett liegen; trinkt einen Schluck Rotwein, oder zwei;  lest Bücher; macht was Schönes, aber hört mit der Arbeiterei auf – sofort!

Habt ihr kapiert?

Ihr füttert die böse Hure Kapitalismus. Sie wird euch durchvögeln, nach Strich und Faden, bis von euch nichts mehr übrig bleibt, außer ausgefranstem Führerschein und Personalausweis.

Wollt ihr das?

Ich nicht. Mich interessiert Nichtstun, Muße haben und Müßiggang, sonst nichts. Denkt drüber nach. Wer zweifelt kann sich bei mir melden und bekommt ein „Müßiggang-Paket“ für Anfänger. Eine Art „Müßiggang-Survival-Kit“ zur mentalen Gesundung.

Und wer nicht, der kann ja das Hamsterrad weiterdrehen…auf geht’s….

Schneller, höher, weiter…