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Ostern – Odyssee 2024

Endlich hatten sie mich zu fassen … frisch, fromm, fröhlich, frei gingen sie an’s Werk … ohne lange rum zu fackeln schlugen sie mich ans Kreuz, dabei hatte ich doch nur … Russen reingelassen … aber auf Sinnloses mit Sinnreichem zu antworten, blieb auch im jetzt …

So wie heute …

Ja wie eigentlich? … Am Wickel hatten sie mich … nicht so zum Spaß, nein … diesmal wollten sie mir den Garaus machen … meine Freunde gingen mir an die Wäsche … Patrioten, allesamt … keine Ahnung, ob es ein Defekt ist … bei mir, oder denen … ist halt so …

„Glaube ich nicht!“

War noch die harmloseste Reaktion … schnell einigten wir uns darauf, dass wir uns nicht einig sind … immer noch Freunde, innig in Freundschaft verbunden, aber uneinig im Umgang mit Krieg, AfD, Trumpel, Verteidigung und vor Allem … Umgang mit Patriotismus …

„Überhaupt, blickt euch mal um …

Schaut wo wir leben!“ … so fing ich an … „und wie wir … jetzt geht‘s uns Europäern an den Kragen, noch dazu selbst verursacht, wie ich finde“ … da gingen unsere Wahrnehmungen auseinander, dabei ist Ursache & Wirkung auch heute gültig … dachte ich …

Quantenphysik und so …

Zu fortgeschrittener Stunde wechselten wir zu Politik und Wirtschaft … das war nicht so gut, wie wir bald merkten … überhaupt, lagen wir richtig fett überkreuz … als es aber um Wirtschaftswachstum und Verteilung von Glück, Gewinn & Reichtum ging ….

Holla die Waldfee !!!

Überhaupt, einander verstehen … einander zuhören … schwierig, in heutigen Zeiten … viele können keine 5min stillsitzen, ohne auf‘s Smartphone zu sehen … ist ihnen unmöglich … und es hat nicht mal was mit Muttersprache zu tun, im Gegenteil …

Sprachen helfen Null …

um einander zu verstehen! … Meine neue Homepage zum Beispiel … seit einem Jahr entwickelt die Firma dran … sicher, Menschen werden krank …machen Urlaub, haben anderes zu tun … natürlich, so wie ich … seit Monaten wiederhole ich ein Detail …

In meiner Muttersprache …

Schriftlich, wirklich, ich gab mir Mühe … blieb höflich und konstruktiv, obgleich ich innerlich am Ausflippen … sämtliche Lunten längst abgebrannt … mehrmals hintereinander … doch nichts … es war immer das gleiche … wie früher in der Schule …

Vor 40 Jahren …

Man lächelte, aber verstand mich nicht … keine Ahnung warum … genau wie heute … egal wo, im Broterwerb, oder in der Freizeit … es ist, als wenn ich in den Grand Canyon rufe und darauf hoffe, dass er antwortet …

anscheinend ist da niemand …

Zugegeben, manchmal verdrehe ich Worte … betone nicht immer akkurat, sicher, was auch immer das bedeuten mag … ein Beispiel … gestern im Restaurant … ich weiß, es ist banal, aber für mich nicht … es ist der Kern aller Problem …

York New …

„Was bitte? … Ach, sie verstehen mich nicht? … Warten Sie … Tango, Don … Auto das … oder noch besser … ich liebe dich … oder … dich liebe ich … oder wie wäre es hiermit … Balearische Inseln … Îles Baléares“

Sicher folgt ihr mir …

Oder doch nicht? … Ja? Oder ja? … St. Germain ist ein französischer Holunderblüten Likör … also ein St.Germain-Spritz ist, so finde ich, leckerer, als Aperol-Spritz … doch auf die Bestellung „St.Germain-Spritz“ konnte der Kellner nicht wechseln, nicht reagieren …

Es ist wie mit der AfD …

Oder mit Insektenvernichtungsmittel … mein Lieblingsbeispiel … die Ausbeutung der Erde, was ein herrliches Paradox für viele ist … das geht nämlich so … „Wenn wir die Erde weiter ausbeuten, wird irgendwann die Erde ausgebeutet sein“ …

Für Materialisten eine Herausforderung …

Für Sprach-Jongleure wie Diedrich Diederichsen und Rainald Goetz täglich Brot … nur was machen die tagsüber? Brüten die täglich über irgendwleche Texte? … Oder unterrichten sie diejenigen, die anspruchsvoll schreiben, sich ebenso verständlich machen wollen?

Steht nach Baracke …

noch ein Stein auf dem Anderen? … Geht das überhaupt? … Oder hat jeder und alles einfach nur fertig? … Hauptsache Smartphone, Tinder, ficken und saufen? … Nach ‘ner Weile machte es Klick beim Ober … er lächelte … „Ah, oui, Spritz-St.Germain“ … ich lächelte zurück …

“Mais oui, comme Apéro-Spritz / Spritz-Apéro …

nur eben mit St.Germain“ … „Was bitte?“ … Nee, ist egal jetzt … trans-nationaler Humor ist schwierig, zuweilen gefährlich … das französische „démerdez-vous“ im Deutschen anzuwenden haut auch nicht Ainz-zu-Ainz hin …

„entscheißen-sie-sich-selbst“ …

Versteht kein Schwein … dafür aber … Jeanne D’Arc! … erst Arsch aufreißen für den zukünftigen König … der Hundertjährige geht dann doch in die Grütze, man nimmt dich fest und … fackelt dich mit 19 (1431) auf dem Scheiterhaufen ab …

Noch Fragen?

Nein? Die Klasse? Ach ja, hinterher hat die Kurie sie … Märtyrerin und so, versteht sich, oder? … Bis Pius der Zehnte sie selig und Benediktus der Fünfzehnte heiligsprach (1920) … schaut mal, manches braucht Zeit …

fast 500 Jahre, immerhin …

wenn dann Dozenten auf dem Digitalen Scheiterhaufen dranglauben … weil sie die Unverfrorenheit besitzen …  es gibt nur männlich & weiblich … Bei Mutter (She/her) Natur gibt … dann wird es wirklich Zeit, sich zu besinnen …

dass ein deutscher Schlager …

noch keine Nationalhymne ist … jedenfalls nicht automatisch … wer den Link zum Russen, der an meiner fiktiven Tür klopfte … sowie zur zweiten Sprachverwirrung … zu Milram-Frühlings-Quark und Holsten knallt am Dollsten …

nicht herstellen kann …

warum Tsatsiki das Leben von Jeanne D’Arc gerettet hätte-hätte-hätte … wer all diese Dinge nicht miteinander verbinden will … es vielleicht gar nicht kann … dem kann weder Bata Illic, noch das Kreuz‘ Jesus helfen … für den ist Persil zu teuer und Fisherman’s Friend zu stark …

Guten Abend …

Heiligabend – Odyssee 2023

Frau Müller kam zu spät zu Famila. Grund war eine Laufmasche. Zuerst haderte sie mit sich, „Kann ich so raus? Wirklich? Geht das? Ja, nein oder doch?“ Als Ehemann Christoph laut zu denken begann, „So kannst du unmöglich vor die Tür!“, nahm der Tag Fahrt auf.

„Mist!“, stöhnte sie,

als ihr die gähnende Leere ihres Kleiderschranks ins Gesicht schrie, nachdem sie sich ein weiteres Mal hat breitschlagen lassen. „Alles in der Wäsche!“ Sie ärgerte sich, dass sie wieder nicht auf ihre eigene Intuition hörte, weswegen sie sich

zangenschnell für Hose umentschied!

Zugegeben, es könnte Zeitknappheit gewesen sein, oder ein anderer Gedanke, der sie anspornte, schnell, effizient, praktisch, eine gute Hausfrau, Mutter und Ehefrau zu sein. Als sie sich mit entschlossenen kräftigen Bewegungen die Nylonstrumpfhose von der Hüfte riss,

geschah es!

Ihr angebrochener Fingernagel des kleinen Fingers riss schmerzhaft ab, laut schrie sie auf! „Scheiße! Verdammt noch Mal!“ Kaum hatte sie zu Ende geflucht, verhedderte sie sich mit ihrer Gazellenkeule und blieb wirkungsvoll zwischen Knie.- und Hüft-Teil der Strumpfhose stecken.

Mehrmals hüpfte sie herum,

bis sie das Gleichgewicht verlor und am Ende wie ein gefällter Baum lang hinschlug. Doch damit nicht genug. Sohn Jakop hatte kurz zuvor im elterlichen Schlafzimmer gespielt, als er einen plötzlichen, aber nicht unbekannten

Reiz im Unterleib verspürte,

der ihn daran erinnerte, dass er seit Neuestem dafür zur Toilette ging. Vorbei die Zeiten, wo er auf dem Frühstück saß, bis es kalt in der Windel wurde. Mutterseelenallein träumte der Lego-Technik-LKW in der Nähe des Kleiderschranks.

Während Frau Müller mit der Nylonstrumpfhose

herumtanzte trat sie zuerst auf einen der kleinen Legosteine, die als bevorzugtes Ladegut beim euphorischen Hineinschütten von Sohnemann danebengegangen waren und unverdächtig auf dem Boden schlummerten.

„Ahhhh! Aua! Aua! Fuck! Fuck!“

Mit Nachdruck bohrte sich der kantige Plastikstein in ihren empfindlichen, sonst so sorgfältig gepflegten zarten Fuß. Außer sich vor Zorn sprang sie rum, bis sie auf dem kleinen Bettvorleger trat, der auf dem frisch gebohnerten Holzfußboden zum fliegenden Teppich mutierte,

dass Frau Müller zu Boden ging

und mit dem Gesicht voran, munter, frisch fromm fröhlich und frei, in die geparkte Ladefläche des Lego-Lasters hineindonnerte! Krachend brach der LKW unter der Wucht des 1,72m großen Vorzeige-Zebras entzwei.

Zuerst sah Bambi Müller Sterne.

Dann spürte sie, wie ihr Gesicht anschwoll. Ihr blutender Finger mit dem abgerissenen Nagel hatte auf ihren Oberschenkeln beeindruckende Blutspuren hinterlassen, dass jede Schlachterei vor Neid erblassen ließ. Stöhnend kam sie auf die Knie und sah in den

Spiegel der Kleiderschranktür,

mit dessen Hilfe sie sich kurze Alltagsfreuden verschaffte, wenn es mal wieder drängte. Doch anders als sonst, wenn sie sich um den Süden ihres Körper kümmerte, leuchtete jetzt ein quadratischer blutunterlaufender

Abdruck in ihrem Gesicht,

als wäre sie ungebremst mit einem Mülleimer, Briefkasten oder einer mittelgroßen Tupperdose zusammengeprallt. Schon liefen Tränen des Zorns. Wütend stolperte sie aus dem Haus, wobei sie fast die Treppe runtergefallen wäre, donnerte mit letzter Kraft die Haustür zu,

rannte zum Auto,

startete wild entschlossen den Kombi aus Ingolstadt und brauste mit leicht durchdrehenden Winterreifen zum nahen Famila-Markt, dass die vielen Warnlampen der elektronischen Helferchen ihr Cockpit

wie ein Christbaum leuchten ließen!

Nur kurz blendete die ultragrelle Weihnachtsdekoration der Nachbarn, die durchaus Las Vegas Hotelbeleuchtungen Konkurrenz hätte machen können, jedoch lang genug, um ihre Augen

eine kurze Zeit

unscharf sehen zu lassen, dass sie mit dem rechten Vorderrad den Kantstein so stark rammte, dass ihre Lenkung von da an leicht vibrierte, was bei zunehmender Geschwindigkeit schlimmer und schlimmer wurde.

„Arghhhhh!“,

schrie sie aus Leibeskräften! Fast hätte sie die rote Ampel, samt Fußgänger übersehen. Nur wenige Meter vor dem Zebrastreifen kam sie zum Stehen. Als sie aufsah, blickte sie in ernste Gesichter, deren Träger den Vorwurf samt Köpfe schüttelten.

Längst leuchtete es wieder grün,

was sie am Hupkonzert hinter sich bemerkte. Wie eine Hafenbarkasse schlingerte ihr Auto durch den Ort. Ständig kämpfte sie mit Tränen, besonders dann, wenn sie im Spiegel den purpurfarbenen Abdruck bestaunte, der wie ihre Stimmung stetig dunkler wurde.

14:40

Aufgelöst humpelte sie über den Parkplatz. Schneeregen peitschte sie durch. Fast wäre sie gegen die langsam öffnende Glastür gelaufen, um zielstrebig zum kleinen Postladen im Famila-Markt abzubiegen, als die Dame hinterm Tresen das Schild „Geschlossen!“ aufstellte.

„Was? Nein! Nicht wirklich, oder?“

„Samstags bis 14:30“, lächelte die aschblonde Lady hinterm Tresen, deren Extensions genauso farblich perfekt abgestimmt leuchteten, wie der frisch geschnittene Pony, der an den Vokuhila-Haarschnitt von Klaus Augenthaler und Rudi Völler aus den 80igern erinnerte.

Da begannen Frau Müllers Mundwinkel zu zucken.

Nach wenigen Sekunden gesellten sich ihre Beine dazu. Lautlos schreiend drehte sie auf der Hacke um, rannte zum rettenden Wagen, preschte mit Rallye-Tempo nachhause, stürmte das Haus, zerrte eine Flasche Becherovka aus der Bar,

rannte zum Kühlschrank,

riss Eiswürfel aus der schlafenden Plastikverpackung, goss Tonic hinzu, leerte das große Cocktailglas in einem Zug, unter den staunenden, größer werdenden Augen des Gatten, der in der Küche still und zufrieden in seiner Zeitung schmökerte,

machte sich sofort

daran ein Zweites zu mischen, hörte im Hintergrund die weihnachtlichen Kirchenglocken, holte tief Luft und tat, was ihr lange überfällig erschien, den Ehemann liebevoll zusammenzuschreien, bevor er wieder ungefragte Tipps und Kommentare zum Besten gab:

„Halt’s Maul!“

12.Juli – Amor und Psyche – Odyssee 2023

Liebe ist eine merkwürdige Sache. Alle reden davon, als wären sie Experten. Einzig lebender Dandy ist Julio, alle anderen sind Amateure. Freund von Descartes bin ich weiß Gott nicht, im Gegenteil, die Trennung von Seele-Geist und Körper ist für mein Dafürhalten eine der großen Dummheiten der Menschheit, doch mal ehrlich gesagt:

Was fühlt man bei – Liebe?

Und vor allem, wo? Ist es so ein Glaubensding, man folgt zu Anfang bestimmten Riten, glaubt dann zuallererst immer mehr an sie und dann fühlt man – Liebe? Aber für wen? Für alle, so wie Jesus? Ist‘s demnach also erlaubt alle Menschen zu lieben, alle gleichzeitig, oder aus praktischen Gründen – nacheinander?

Irgendwie schwierig.

Ältere Generationen hatten dagegen eh andere Sorgen, Hunger und Überleben zum Beispiel. Vermutlich gab‘s in Deutschland zwischen 1939 und 1959 so wenig Neurosen und Depressionen wie selten zuvor oder danach, höchstens unterboten von der liebenswürdigen Zeit von 1914 bis 1918.

Liebe? Alles Quatsch sage ich euch.

Meine Mutter ist 1944 geboren. Ja ich weiß was das bedeutet. Hat die je „Sohn, ich liebe dich!“ gesagt? Gott sei Dank nicht. Schwer irritiert hätte es mich, sogar richtig belastet. Spätestens, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, was sie damit meint. Hat es in Wahrheit überhaupt schon mal jemand zu irgend jemandem gesagt?

Ja, ich.

Hinterher war ich mir aber nicht mehr sicher, ob‘s nicht andere Dinge waren, die ich gefühlt, oder erlebt hatte. Vor allem, wie will man es wissen? Kommt Liebe etwa von außen angeflogen? So wie Vögel, oder Schmetterlinge? Oder wie Vogelscheiße, die auf die Jacke klatscht?

Leidenschaftslos abgelassen, nur von Wind und Wetter begleitet? Oder ist‘s doch anders, eher wie eine Eigenschaft, oder ‘ne Kraft von innen heraus? Aus mir unbekannten Gründen verhalten sich merkwürdigerweise alle als wären sie Profis.

Aber sind sie‘s auch?

Wenn man Platon’s Symposium liest bekommt man Einblicke in die chaotische Realität. Ist Liebe nun etwas wahrhaftig eindeutiges, oder versuchen wir uns lediglich ihr anzunähern, ohne zu wissen, wo sie und was sie ist?

Tatsächlich geht es mir mit Vielem so.

Nahezu alles bekommt man von anderen erzählt. Oder haben wir Dinge selbst herausgefunden? Ich jedenfalls nur wenige. Zum Beispiel, dass ich mit Erfolg nichts anfangen kann, ja mehr noch, er stößt mich ab. Erfolg heißt, etwas abzuschließen.

Als Athen‘s Akropolis fertig war, begann der Peleponnesische Krieg.

Wir manifestieren, um nach Fertigstellung dem Niedergang zuzusehen. Deswegen mag ich auch keine Museen, außer, ich kann Sachen an Fundorten bestaunen, wo man sie gefunden hat, wie zum Beispiel archäologische Funde.

Daher ist Phaistos authentischer und schöner als Knossos.

Immer diese menschliche Manie, allem möglichen einen „Touch“, eine widerwärtige Ergänzung zu verpassen, um Dinge vollständiger, vermeintlich SCHÖNER zu machen, furchtbar. Vor Allem, schöner für wen? Wir müssen eh alles umkrempeln, um zu erkennen wer wir sind.

Schlägt man Steine auf, sind sie im Innern auch – trocken.

Wir müssen rein in die Büchse der Pandora, nicht raus. Liebe! Zu was, für wen und zu wem eigentlich? Ist Manches nicht erhabener, glückseliger machend, wenn man es lebt, statt ausspricht? Manifestiere ich sonst nicht ähnlich wie die Akropolis, während wir zu zweit zuschauen, wie sie eingeht und – verschwindet?

Was lässt mich mehr schmachten?

Die Suche nach ihr, oder die Furcht sie zu verlieren? Welche Rolle spielt Eros? Vermutlich dreht sich alles um Verewigung, um unsere Unsterblichkeit. Ruhm, moralische Vortrefflichkeit, oder schlichte Zeugung, Reproduktion.

Immer landen wir beim Ursprung.

Jedoch nie am Selben. Immer ist er anders, nicht selten ähnlich, aber doch verschieden. Was also lieben wir? Gegensätzliches oder Ähnliches? Kennt irgend jemand die vermaledeite Antwort?

Wer weiß es….?

11.Dezember – 3.Advent – Odyssee 2022

Bin heut‘ Morgen mit Kopfschmerzen wachgeworden…viele Male hab ich mich rumgewälzt, bis ich dann hoch bin…hab Wasser getrunken, aus dem Fenster geschaut und geseufzt…erste Gedanken begannen herum zu sausen, als ich anfing mir einen griechischen Kaffee zu machen.

Kühle Temperaturen sind in Toulouse angekommen.

Weihnachtsdekoration in Fenstern und Straßen, Menschen mit Tüten, Wolken beim Ausatmen…Winter…geschmückte Tannenbäume in Wohnzimmern…Kinder und Menschen mit leuchtenden Augen…2022, bist ein krasses Jahr…wenn ich überlege, was alles…Wahnsinn…

und nicht nur das…

hab mich entschlossen, aufs Ganze zu gehen…wer vom Schreiben leben will, muss zuerst seinen Lebensstandard runtersetzen…muss in 2023 weiterkommen…andere Dinge ausprobieren, warum nicht in Frankreich, einen anderen Markt angehen…

Wenn Sisyphos jeden Tag seinen Stein…

genau dann kann ich…richtig, kannst du, nein musst du…ha‘m heut‘ den dritten Advent…hab mich mit meiner Freundin über Xmas unterhalten…in Frankreich läuft’s ein wenig anders, aber das Prinzip ist ähnlich…..hab ihr erzählt, wie ich Weihnachtsmann gespielt hab‘…..ein einziges Mal…

Jahre später hatten die Kinder noch Angst vorm Fest…

hab damals für eine Firma gejobbt, die Wohnmobile baut….der Chef suchte ‘nen W-Mann und dachte ich wär ‘ne gute Wahl…hat hinterher seine Meinung grundlegend geändert…ich hätte furchteinflößend gewirkt, selbst für ihn und seine Frau…

quasi so, als würde Arthur Fleck die Rolle übernehmen…

hatte ihn gewarnt, erinnere es, als wär’s gestern, „Kommst du kurz in mein Büro?“, wer sagt schon nein, wenn Cheffe d‘rum bittet, „na, klar…“ ich bearbeitete noch eine Küchenschublade zu Ende und ging in sein hell erleuchtetes Büro, dass mit Pflanzen und frischen Blumen gemütlich wirkte…

„Was machst du Heiligabend…?“

Immer schnell zur Sache, so war er… will er das ich arbeite, oder was… „Na, das Übliche halt, Familie eben, Christbaum, zu viel essen und trinken…und Sie?“ damals war siezen angesagt, „Gar nicht unähnlich, nur das meine Kinder…“, schon konnte ich’s riechen und kürzte das Gerede ab: zwar mochte ich ihn, aber wenn er was wollte, blieb er unausstehlich….seine übertriebene Freundlichkeit, wie vieles an ihm……gekünzelt…

„Glauben ihre beiden Zwerge an den Weihnachtsmann…?“

Schon begannen seine Augen zu leuchten, er musste nicht länger hinterm Berg halten, „Genau darum geht’s…“, ich spielte den Überraschten, „Wieso kommen Sie damit zu mir? Schauen Sie mich an, ich bin lang und dünn, eher das Gegenteil von…“, er klatschte erfreut in die Hände, als hätte er einen Witz gemacht den ich nicht verstand…

„Wir woll’n einen drahtigen lustigen Weihnachtsmann,

keinen dicken, gemütlichen, der mit so ‘nem altbackenem „Ho-ho-ho an der Tür steht“, mein Einsatz nahte, wenn ich ihm jetzt nicht reinen Wein einschenkte, wann dann, „Zu Ihrer Erinnerung, ich bin kein Stück witzig und lustig, fragen Sie die anderen…“

„Papperlapp, nun sei nicht so schüchtern….

ist’ne 1L Flasche Gin als Lohn in Ordnung?“ Zuhören war nicht seine Stärke, noch dazu hatt‘ ich keine Lust, vor dem verwöhnten Puttengesicht und Ex-Handballtrainer, seiner schwangeren Frau mit den strahlend blonden Ausstellungskindern den Hampelmann zu spielen, drei Mercedese haben die inner Garage, Bonzen sind das, nein Danke…

„Weihnachtsmänner sind klein und dick, nie finden Sie Klamotten, die…“

Er ließ sich nicht beirren, er war fest entschlossen, dass er meine höflichen Ausreden bewusst oder unbewusst überhörte, mit denen ich versuchte zu sagen, dass ich mich nicht geeignet fand; doch es half nichts. „Mach dir keine Gedanken wegen Kleidung, die gibt’s in allen Größen, besorg ich dir alles…ist 17:00 Uhr okay für dich?“

Nun hatte ich den Salat.

Schon nahte der große Moment. Ich zog meine schweren Springerstiefel von der Bundeswehr an, Weihnachtsmänner staksen durch Schnee und fahren mit Renntieren rum, da sind Flipflops kaum angesagt; meine schwarze Jeans ging in Ordnung, beim Chef bekam ich dann den Weihnachtsmann-Mantel, sowie Bart und Mütze und eine ansehnliche – Rute!

Was erwarteten die, sollte ich die Bagage durchmöbeln?

Durch die Hintertür kam ich rein…mein Chef freute sich riesig…schon schlüpfte ich in die Klamotten, griff nach dem gewaltigen Sack und zog ihn über den Boden schleifend, wie ein frisch erlegtes Bambi hinter mir her, während ich mit der andern Hand den schlagbereiten Knüppel hielt.

So kam ich in‘s warm und weich

ausgeleuchtete 80 Quadratmeter Wohnzimmer, das einen gewaltigen Weihnachtsbaum neben dem marmornen Kamin stehen hatte…reiche Leute, macht einen auf sozial und scheint doch mit dem Laden deutlich besser abzusahnen, als er zeigt…ein Schlitzohr…schau mal Sohnemann mit Schlips und seine engelsgleiche Schwester mit Rock und Lackschuhen…ich flipp aus…

Achterbahngleich ratterten Gedanken durch mein‘ Kopf.

„Nun, ihr zwei kleinen Menschenkinder…?“, mein Stimme erinnerte an Hannibal Lecter, „wahrt ihr auch schön brav…?“, stummes ängstliches Nicken, selbst Chef-Gattin Susanne rieb sich erschrocken den wachsenden Bauch, in dem Leibesfrucht Nummer drei reifte.

„Warum solltet ihr jetzt all diese Geschenke bekommen…?“

Weit entfernt vom Weinen war das kleine Mädchen nicht; ich sah wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, sie hatte einen anderen Weihnachtsmann erwartet, sie klammerte sich an die kleine Hand ihres Bruders…bist wieder übers Ziel hinausgeschossen….

„habt ihr noch was anderes vorzuweisen, als eure Geburt…?“

das war alles zuviel…schnell fing ich an, die Stimmung einzufangen….noch dazu mit den festlich angezogenen Eltern…ich änderte meine Stimme, sie klang wärmer, versuchte herzlich zu lächeln, räusperte sich, ich kniete nieder und öffnete feierlich den Sack…

„Lasst uns mal schauen, was ich alles für euch habe..:“

Zum Glück blieb Kinderneugier größer, als die Angst vor Unbekanntem; mit leuchtenden Augen kamen sie gerannt, ich überließ ihnen den Sack, trat andächtig zurück und spürte, wie mich mein Chef beiseite zog; fast hektisch drückte er mir die Flasche in die Hand, sein Gesicht war gezeichnet von Schrecken und Freude,

„Danke, so einen Weihnachtsmann gibt’s kein zweites Mal“,

war‘n seine mehrdeutigen Worte und schob mich mit ‘nem Ausdruck größter Erleichterung aus dem Hintereingang, durch den er mich vor wenigen Minuten reingelassen hatte. Noch Jahre später, kam er darauf zurück…

Gegen Weihnachten hab ich nichts…

Es scheint lediglich eine tiefe Abneigung gegen Luxus, Komfort und jede Form von Dekadenz in mir zu wohnen, die sich nahezu reflektorisch gegen alles stemmt, dass unnatürlich, unanständig und falsch daherkommt…

Irgendetwas brennt doch ständig in uns…