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Heiligabend – Odyssee 2023

Frau Müller kam zu spät zu Famila. Grund war eine Laufmasche. Zuerst haderte sie mit sich, „Kann ich so raus? Wirklich? Geht das? Ja, nein oder doch?“ Als Ehemann Christoph laut zu denken begann, „So kannst du unmöglich vor die Tür!“, nahm der Tag Fahrt auf.

„Mist!“, stöhnte sie,

als ihr die gähnende Leere ihres Kleiderschranks ins Gesicht schrie, nachdem sie sich ein weiteres Mal hat breitschlagen lassen. „Alles in der Wäsche!“ Sie ärgerte sich, dass sie wieder nicht auf ihre eigene Intuition hörte, weswegen sie sich

zangenschnell für Hose umentschied!

Zugegeben, es könnte Zeitknappheit gewesen sein, oder ein anderer Gedanke, der sie anspornte, schnell, effizient, praktisch, eine gute Hausfrau, Mutter und Ehefrau zu sein. Als sie sich mit entschlossenen kräftigen Bewegungen die Nylonstrumpfhose von der Hüfte riss,

geschah es!

Ihr angebrochener Fingernagel des kleinen Fingers riss schmerzhaft ab, laut schrie sie auf! „Scheiße! Verdammt noch Mal!“ Kaum hatte sie zu Ende geflucht, verhedderte sie sich mit ihrer Gazellenkeule und blieb wirkungsvoll zwischen Knie.- und Hüft-Teil der Strumpfhose stecken.

Mehrmals hüpfte sie herum,

bis sie das Gleichgewicht verlor und am Ende wie ein gefällter Baum lang hinschlug. Doch damit nicht genug. Sohn Jakop hatte kurz zuvor im elterlichen Schlafzimmer gespielt, als er einen plötzlichen, aber nicht unbekannten

Reiz im Unterleib verspürte,

der ihn daran erinnerte, dass er seit Neuestem dafür zur Toilette ging. Vorbei die Zeiten, wo er auf dem Frühstück saß, bis es kalt in der Windel wurde. Mutterseelenallein träumte der Lego-Technik-LKW in der Nähe des Kleiderschranks.

Während Frau Müller mit der Nylonstrumpfhose

herumtanzte trat sie zuerst auf einen der kleinen Legosteine, die als bevorzugtes Ladegut beim euphorischen Hineinschütten von Sohnemann danebengegangen waren und unverdächtig auf dem Boden schlummerten.

„Ahhhh! Aua! Aua! Fuck! Fuck!“

Mit Nachdruck bohrte sich der kantige Plastikstein in ihren empfindlichen, sonst so sorgfältig gepflegten zarten Fuß. Außer sich vor Zorn sprang sie rum, bis sie auf dem kleinen Bettvorleger trat, der auf dem frisch gebohnerten Holzfußboden zum fliegenden Teppich mutierte,

dass Frau Müller zu Boden ging

und mit dem Gesicht voran, munter, frisch fromm fröhlich und frei, in die geparkte Ladefläche des Lego-Lasters hineindonnerte! Krachend brach der LKW unter der Wucht des 1,72m großen Vorzeige-Zebras entzwei.

Zuerst sah Bambi Müller Sterne.

Dann spürte sie, wie ihr Gesicht anschwoll. Ihr blutender Finger mit dem abgerissenen Nagel hatte auf ihren Oberschenkeln beeindruckende Blutspuren hinterlassen, dass jede Schlachterei vor Neid erblassen ließ. Stöhnend kam sie auf die Knie und sah in den

Spiegel der Kleiderschranktür,

mit dessen Hilfe sie sich kurze Alltagsfreuden verschaffte, wenn es mal wieder drängte. Doch anders als sonst, wenn sie sich um den Süden ihres Körper kümmerte, leuchtete jetzt ein quadratischer blutunterlaufender

Abdruck in ihrem Gesicht,

als wäre sie ungebremst mit einem Mülleimer, Briefkasten oder einer mittelgroßen Tupperdose zusammengeprallt. Schon liefen Tränen des Zorns. Wütend stolperte sie aus dem Haus, wobei sie fast die Treppe runtergefallen wäre, donnerte mit letzter Kraft die Haustür zu,

rannte zum Auto,

startete wild entschlossen den Kombi aus Ingolstadt und brauste mit leicht durchdrehenden Winterreifen zum nahen Famila-Markt, dass die vielen Warnlampen der elektronischen Helferchen ihr Cockpit

wie ein Christbaum leuchten ließen!

Nur kurz blendete die ultragrelle Weihnachtsdekoration der Nachbarn, die durchaus Las Vegas Hotelbeleuchtungen Konkurrenz hätte machen können, jedoch lang genug, um ihre Augen

eine kurze Zeit

unscharf sehen zu lassen, dass sie mit dem rechten Vorderrad den Kantstein so stark rammte, dass ihre Lenkung von da an leicht vibrierte, was bei zunehmender Geschwindigkeit schlimmer und schlimmer wurde.

„Arghhhhh!“,

schrie sie aus Leibeskräften! Fast hätte sie die rote Ampel, samt Fußgänger übersehen. Nur wenige Meter vor dem Zebrastreifen kam sie zum Stehen. Als sie aufsah, blickte sie in ernste Gesichter, deren Träger den Vorwurf samt Köpfe schüttelten.

Längst leuchtete es wieder grün,

was sie am Hupkonzert hinter sich bemerkte. Wie eine Hafenbarkasse schlingerte ihr Auto durch den Ort. Ständig kämpfte sie mit Tränen, besonders dann, wenn sie im Spiegel den purpurfarbenen Abdruck bestaunte, der wie ihre Stimmung stetig dunkler wurde.

14:40

Aufgelöst humpelte sie über den Parkplatz. Schneeregen peitschte sie durch. Fast wäre sie gegen die langsam öffnende Glastür gelaufen, um zielstrebig zum kleinen Postladen im Famila-Markt abzubiegen, als die Dame hinterm Tresen das Schild „Geschlossen!“ aufstellte.

„Was? Nein! Nicht wirklich, oder?“

„Samstags bis 14:30“, lächelte die aschblonde Lady hinterm Tresen, deren Extensions genauso farblich perfekt abgestimmt leuchteten, wie der frisch geschnittene Pony, der an den Vokuhila-Haarschnitt von Klaus Augenthaler und Rudi Völler aus den 80igern erinnerte.

Da begannen Frau Müllers Mundwinkel zu zucken.

Nach wenigen Sekunden gesellten sich ihre Beine dazu. Lautlos schreiend drehte sie auf der Hacke um, rannte zum rettenden Wagen, preschte mit Rallye-Tempo nachhause, stürmte das Haus, zerrte eine Flasche Becherovka aus der Bar,

rannte zum Kühlschrank,

riss Eiswürfel aus der schlafenden Plastikverpackung, goss Tonic hinzu, leerte das große Cocktailglas in einem Zug, unter den staunenden, größer werdenden Augen des Gatten, der in der Küche still und zufrieden in seiner Zeitung schmökerte,

machte sich sofort

daran ein Zweites zu mischen, hörte im Hintergrund die weihnachtlichen Kirchenglocken, holte tief Luft und tat, was ihr lange überfällig erschien, den Ehemann liebevoll zusammenzuschreien, bevor er wieder ungefragte Tipps und Kommentare zum Besten gab:

„Halt’s Maul!“

12.Juli – Amor und Psyche – Odyssee 2023

Liebe ist eine merkwürdige Sache. Alle reden davon, als wären sie Experten. Einzig lebender Dandy ist Julio, alle anderen sind Amateure. Freund von Descartes bin ich weiß Gott nicht, im Gegenteil, die Trennung von Seele-Geist und Körper ist für mein Dafürhalten eine der großen Dummheiten der Menschheit, doch mal ehrlich gesagt:

Was fühlt man bei – Liebe?

Und vor allem, wo? Ist es so ein Glaubensding, man folgt zu Anfang bestimmten Riten, glaubt dann zuallererst immer mehr an sie und dann fühlt man – Liebe? Aber für wen? Für alle, so wie Jesus? Ist‘s demnach also erlaubt alle Menschen zu lieben, alle gleichzeitig, oder aus praktischen Gründen – nacheinander?

Irgendwie schwierig.

Ältere Generationen hatten dagegen eh andere Sorgen, Hunger und Überleben zum Beispiel. Vermutlich gab‘s in Deutschland zwischen 1939 und 1959 so wenig Neurosen und Depressionen wie selten zuvor oder danach, höchstens unterboten von der liebenswürdigen Zeit von 1914 bis 1918.

Liebe? Alles Quatsch sage ich euch.

Meine Mutter ist 1944 geboren. Ja ich weiß was das bedeutet. Hat die je „Sohn, ich liebe dich!“ gesagt? Gott sei Dank nicht. Schwer irritiert hätte es mich, sogar richtig belastet. Spätestens, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, was sie damit meint. Hat es in Wahrheit überhaupt schon mal jemand zu irgend jemandem gesagt?

Ja, ich.

Hinterher war ich mir aber nicht mehr sicher, ob‘s nicht andere Dinge waren, die ich gefühlt, oder erlebt hatte. Vor allem, wie will man es wissen? Kommt Liebe etwa von außen angeflogen? So wie Vögel, oder Schmetterlinge? Oder wie Vogelscheiße, die auf die Jacke klatscht?

Leidenschaftslos abgelassen, nur von Wind und Wetter begleitet? Oder ist‘s doch anders, eher wie eine Eigenschaft, oder ‘ne Kraft von innen heraus? Aus mir unbekannten Gründen verhalten sich merkwürdigerweise alle als wären sie Profis.

Aber sind sie‘s auch?

Wenn man Platon’s Symposium liest bekommt man Einblicke in die chaotische Realität. Ist Liebe nun etwas wahrhaftig eindeutiges, oder versuchen wir uns lediglich ihr anzunähern, ohne zu wissen, wo sie und was sie ist?

Tatsächlich geht es mir mit Vielem so.

Nahezu alles bekommt man von anderen erzählt. Oder haben wir Dinge selbst herausgefunden? Ich jedenfalls nur wenige. Zum Beispiel, dass ich mit Erfolg nichts anfangen kann, ja mehr noch, er stößt mich ab. Erfolg heißt, etwas abzuschließen.

Als Athen‘s Akropolis fertig war, begann der Peleponnesische Krieg.

Wir manifestieren, um nach Fertigstellung dem Niedergang zuzusehen. Deswegen mag ich auch keine Museen, außer, ich kann Sachen an Fundorten bestaunen, wo man sie gefunden hat, wie zum Beispiel archäologische Funde.

Daher ist Phaistos authentischer und schöner als Knossos.

Immer diese menschliche Manie, allem möglichen einen „Touch“, eine widerwärtige Ergänzung zu verpassen, um Dinge vollständiger, vermeintlich SCHÖNER zu machen, furchtbar. Vor Allem, schöner für wen? Wir müssen eh alles umkrempeln, um zu erkennen wer wir sind.

Schlägt man Steine auf, sind sie im Innern auch – trocken.

Wir müssen rein in die Büchse der Pandora, nicht raus. Liebe! Zu was, für wen und zu wem eigentlich? Ist Manches nicht erhabener, glückseliger machend, wenn man es lebt, statt ausspricht? Manifestiere ich sonst nicht ähnlich wie die Akropolis, während wir zu zweit zuschauen, wie sie eingeht und – verschwindet?

Was lässt mich mehr schmachten?

Die Suche nach ihr, oder die Furcht sie zu verlieren? Welche Rolle spielt Eros? Vermutlich dreht sich alles um Verewigung, um unsere Unsterblichkeit. Ruhm, moralische Vortrefflichkeit, oder schlichte Zeugung, Reproduktion.

Immer landen wir beim Ursprung.

Jedoch nie am Selben. Immer ist er anders, nicht selten ähnlich, aber doch verschieden. Was also lieben wir? Gegensätzliches oder Ähnliches? Kennt irgend jemand die vermaledeite Antwort?

Wer weiß es….?

11.Dezember – 3.Advent – Odyssee 2022

Bin heut‘ Morgen mit Kopfschmerzen wachgeworden…viele Male hab ich mich rumgewälzt, bis ich dann hoch bin…hab Wasser getrunken, aus dem Fenster geschaut und geseufzt…erste Gedanken begannen herum zu sausen, als ich anfing mir einen griechischen Kaffee zu machen.

Kühle Temperaturen sind in Toulouse angekommen.

Weihnachtsdekoration in Fenstern und Straßen, Menschen mit Tüten, Wolken beim Ausatmen…Winter…geschmückte Tannenbäume in Wohnzimmern…Kinder und Menschen mit leuchtenden Augen…2022, bist ein krasses Jahr…wenn ich überlege, was alles…Wahnsinn…

und nicht nur das…

hab mich entschlossen, aufs Ganze zu gehen…wer vom Schreiben leben will, muss zuerst seinen Lebensstandard runtersetzen…muss in 2023 weiterkommen…andere Dinge ausprobieren, warum nicht in Frankreich, einen anderen Markt angehen…

Wenn Sisyphos jeden Tag seinen Stein…

genau dann kann ich…richtig, kannst du, nein musst du…ha‘m heut‘ den dritten Advent…hab mich mit meiner Freundin über Xmas unterhalten…in Frankreich läuft’s ein wenig anders, aber das Prinzip ist ähnlich…..hab ihr erzählt, wie ich Weihnachtsmann gespielt hab‘…..ein einziges Mal…

Jahre später hatten die Kinder noch Angst vorm Fest…

hab damals für eine Firma gejobbt, die Wohnmobile baut….der Chef suchte ‘nen W-Mann und dachte ich wär ‘ne gute Wahl…hat hinterher seine Meinung grundlegend geändert…ich hätte furchteinflößend gewirkt, selbst für ihn und seine Frau…

quasi so, als würde Arthur Fleck die Rolle übernehmen…

hatte ihn gewarnt, erinnere es, als wär’s gestern, „Kommst du kurz in mein Büro?“, wer sagt schon nein, wenn Cheffe d‘rum bittet, „na, klar…“ ich bearbeitete noch eine Küchenschublade zu Ende und ging in sein hell erleuchtetes Büro, dass mit Pflanzen und frischen Blumen gemütlich wirkte…

„Was machst du Heiligabend…?“

Immer schnell zur Sache, so war er… will er das ich arbeite, oder was… „Na, das Übliche halt, Familie eben, Christbaum, zu viel essen und trinken…und Sie?“ damals war siezen angesagt, „Gar nicht unähnlich, nur das meine Kinder…“, schon konnte ich’s riechen und kürzte das Gerede ab: zwar mochte ich ihn, aber wenn er was wollte, blieb er unausstehlich….seine übertriebene Freundlichkeit, wie vieles an ihm……gekünzelt…

„Glauben ihre beiden Zwerge an den Weihnachtsmann…?“

Schon begannen seine Augen zu leuchten, er musste nicht länger hinterm Berg halten, „Genau darum geht’s…“, ich spielte den Überraschten, „Wieso kommen Sie damit zu mir? Schauen Sie mich an, ich bin lang und dünn, eher das Gegenteil von…“, er klatschte erfreut in die Hände, als hätte er einen Witz gemacht den ich nicht verstand…

„Wir woll’n einen drahtigen lustigen Weihnachtsmann,

keinen dicken, gemütlichen, der mit so ‘nem altbackenem „Ho-ho-ho an der Tür steht“, mein Einsatz nahte, wenn ich ihm jetzt nicht reinen Wein einschenkte, wann dann, „Zu Ihrer Erinnerung, ich bin kein Stück witzig und lustig, fragen Sie die anderen…“

„Papperlapp, nun sei nicht so schüchtern….

ist’ne 1L Flasche Gin als Lohn in Ordnung?“ Zuhören war nicht seine Stärke, noch dazu hatt‘ ich keine Lust, vor dem verwöhnten Puttengesicht und Ex-Handballtrainer, seiner schwangeren Frau mit den strahlend blonden Ausstellungskindern den Hampelmann zu spielen, drei Mercedese haben die inner Garage, Bonzen sind das, nein Danke…

„Weihnachtsmänner sind klein und dick, nie finden Sie Klamotten, die…“

Er ließ sich nicht beirren, er war fest entschlossen, dass er meine höflichen Ausreden bewusst oder unbewusst überhörte, mit denen ich versuchte zu sagen, dass ich mich nicht geeignet fand; doch es half nichts. „Mach dir keine Gedanken wegen Kleidung, die gibt’s in allen Größen, besorg ich dir alles…ist 17:00 Uhr okay für dich?“

Nun hatte ich den Salat.

Schon nahte der große Moment. Ich zog meine schweren Springerstiefel von der Bundeswehr an, Weihnachtsmänner staksen durch Schnee und fahren mit Renntieren rum, da sind Flipflops kaum angesagt; meine schwarze Jeans ging in Ordnung, beim Chef bekam ich dann den Weihnachtsmann-Mantel, sowie Bart und Mütze und eine ansehnliche – Rute!

Was erwarteten die, sollte ich die Bagage durchmöbeln?

Durch die Hintertür kam ich rein…mein Chef freute sich riesig…schon schlüpfte ich in die Klamotten, griff nach dem gewaltigen Sack und zog ihn über den Boden schleifend, wie ein frisch erlegtes Bambi hinter mir her, während ich mit der andern Hand den schlagbereiten Knüppel hielt.

So kam ich in‘s warm und weich

ausgeleuchtete 80 Quadratmeter Wohnzimmer, das einen gewaltigen Weihnachtsbaum neben dem marmornen Kamin stehen hatte…reiche Leute, macht einen auf sozial und scheint doch mit dem Laden deutlich besser abzusahnen, als er zeigt…ein Schlitzohr…schau mal Sohnemann mit Schlips und seine engelsgleiche Schwester mit Rock und Lackschuhen…ich flipp aus…

Achterbahngleich ratterten Gedanken durch mein‘ Kopf.

„Nun, ihr zwei kleinen Menschenkinder…?“, mein Stimme erinnerte an Hannibal Lecter, „wahrt ihr auch schön brav…?“, stummes ängstliches Nicken, selbst Chef-Gattin Susanne rieb sich erschrocken den wachsenden Bauch, in dem Leibesfrucht Nummer drei reifte.

„Warum solltet ihr jetzt all diese Geschenke bekommen…?“

Weit entfernt vom Weinen war das kleine Mädchen nicht; ich sah wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, sie hatte einen anderen Weihnachtsmann erwartet, sie klammerte sich an die kleine Hand ihres Bruders…bist wieder übers Ziel hinausgeschossen….

„habt ihr noch was anderes vorzuweisen, als eure Geburt…?“

das war alles zuviel…schnell fing ich an, die Stimmung einzufangen….noch dazu mit den festlich angezogenen Eltern…ich änderte meine Stimme, sie klang wärmer, versuchte herzlich zu lächeln, räusperte sich, ich kniete nieder und öffnete feierlich den Sack…

„Lasst uns mal schauen, was ich alles für euch habe..:“

Zum Glück blieb Kinderneugier größer, als die Angst vor Unbekanntem; mit leuchtenden Augen kamen sie gerannt, ich überließ ihnen den Sack, trat andächtig zurück und spürte, wie mich mein Chef beiseite zog; fast hektisch drückte er mir die Flasche in die Hand, sein Gesicht war gezeichnet von Schrecken und Freude,

„Danke, so einen Weihnachtsmann gibt’s kein zweites Mal“,

war‘n seine mehrdeutigen Worte und schob mich mit ‘nem Ausdruck größter Erleichterung aus dem Hintereingang, durch den er mich vor wenigen Minuten reingelassen hatte. Noch Jahre später, kam er darauf zurück…

Gegen Weihnachten hab ich nichts…

Es scheint lediglich eine tiefe Abneigung gegen Luxus, Komfort und jede Form von Dekadenz in mir zu wohnen, die sich nahezu reflektorisch gegen alles stemmt, dass unnatürlich, unanständig und falsch daherkommt…

Irgendetwas brennt doch ständig in uns…

9.Oktobrr – Heil mein Föhrer! – Odyssee 2022

Heimat.- Vaterland, Nationalstolz sind große Worte; dafür / darauf stolz sein, gar in den Krieg ziehen ist für viele nicht abwegig; sein Land gegen Angreifer und so zu verteidigen, vielleicht sein Leben dafür zu riskieren hat im Osten Europas g’rade Hochkonjunktur; hab mich lange damit auseinandergesetzt.

Auf biden Seiten.

Auch kapier ich, dass Menschen auf biden Seiten wütend werden; wenn ich mir vorstelle, mein damaliger Nachbar Günther hätte nicht nur unsere Grenzhecke niedergebrannt, sondern sich beim Pflanzen der Neuen ganz bewusst ein großes Stück von MEINEM Land unter den Nagel gerissen – es einfach so annektiert,

ich hätte ihn gewähren lassen – im Ernst!

Bin überzeugter Pazifist und Anti-Kapitalist geworden, mit allen Nebenwirkungen. Sparta zu Zeiten von Leonidas (480v.Chr.) find ich toll, aber in 2022 nicht zeitgemäß. Zuerst würde ich schauen, wie schmerzhaft der Landverlust ist – UND – vor Allem, wie sich Landsleute und Bewohner damit anfreunden; wenn‘s für alle okay ist, dann soll es halt so sein; im Fall meines Nachbar hätte ich’s so gemacht.

Besitz und Eigentum.

Wenn uns was gehört, beeinflusst es uns; mir gehört etwas, nun muss ich es schützen, bewahren; selbst wenn du‘s geschenkt bekommst, es klebt an dir, wie Pech und Schwefel; neulich beim Dinner, „Darf ich dir MEINE Frau vorstellen?“ Ich dachte „Nein“ und sagte „JA“. DEINE Frau. Gehört sie dir, wie deine Scholle, dein Vaterland?

Schon komisch – finde ich.

Meine Nachbarn im Pueblo auf Mallorca haben fast alle Flaggen auf ihren Schollen. Wenn ich mir vorstelle, wie ich mir in Norddeutschland ‘ne große „Schwarz-Rot-Gold“-Fahne in den Garten hänge, fände ich das irritierend; Mallorca den Mallorcinern ist verstörend, wie unsinnig; alle Nationen existieren – WEGEN – Durchmischung.

Deutschland den Franzosen!

Italien den Tschechen, Polen den Spaniern, Türkei den Griechen; anti-national essen; nationale Rituale sabotieren; (die Bahn muss es nicht g‘rad sein, noch dazu Kabel durchtrennen, also wirklich; die hat schon genug zu leiden); bei der WM für‘n Gegner; als Deutscher unpünktlich, als Südländer pünktlich sein; schlecht fürs Land wählen, solange es nicht Friedrich Merz sein muss.

Alles hat Grenzen, finde ich.

Schlimm sind ja auch nicht die vielen schrägen Typen wie Merz, Johnson, Trump, Erdogan und Putain, sondern die, die sie gut finden; da komm ich nicht mit; dass sich so viele Menschen ihrer Freiheiten berauben lassen, weil faschistische Verhaltensgestörte uns geisterhafte Feinde vorgaukeln,

DAS – ist die wahre Tragödie.

Wenn die neue Premier-Ministerin in UK von einem 79 Jahre altem Ökonomie-Professor beraten wird, der schon Maggi Thatcher beriet, dann bekomm ich Gänsehaut von innen und außen! Noch dazu, weil der Heini den gleichen Mist empfiehlt wie Ende der 70iger.

Ja geht’s noch?

Quasi ein britisches Merz-Spezialdragee. Wachstum, Wachstum; ist das Gleiche, wie wenn man BMW und Renault fragt, wie die Fortbewegung der Zukunft aussieht. Die Antwort sieht – überraschenderweise – wie‘n Auto aus. Dabei erleben wir täglich viel brutalere Konflikte.  

REICH gegen ARM – der wahre Krieg unserer Zeit!

Aber das alles wollen wir nicht wissen. Einfach weitermachen wie bisher; auf geht’s; Wirtschaftswachstum um jeden Preis; bis auch die letzten Sozial-Leistungen à la USA gestrichen sind; wieder in den Wilden Westen; erst schießen, dann fragen; Revolver-Mentalität, warum nicht; Frauen kümmern sich wieder um Kinder / Kacke / Küche,

welch Traum – endlich wieder alles wie früher!

Diese ganze Gender-Kacke müssen wir abschaffen; gleiche Rechte für Frauen, ist doch absurd; iss doch‘n ganz anderes Wesen; hat ‘ne ganz andere Rolle in‘ner Natur; denken mit‘m Bauch und nich‘ mit‘m Kopf. Patriarchat – heißt die Zukunft.

Oder etwa nicht?

Man muss im Leben nicht alles so ernst nehmen, finde ich. Humor gehört auch dazu, so wie Müllwerker, Krankenpfleger, Briefträger, Handwerker, Bauern, Fremde und Einwanderer von oben herab zu behandeln. Man ist besser als wie jemand – alles mit Humor nehmen.

Ist nur eine weitere Irritation der Menschen-Geschichte…..