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Heiligabend – Odyssee 2023

Frau Müller kam zu spät zu Famila. Grund war eine Laufmasche. Zuerst haderte sie mit sich, „Kann ich so raus? Wirklich? Geht das? Ja, nein oder doch?“ Als Ehemann Christoph laut zu denken begann, „So kannst du unmöglich vor die Tür!“, nahm der Tag Fahrt auf.

„Mist!“, stöhnte sie,

als ihr die gähnende Leere ihres Kleiderschranks ins Gesicht schrie, nachdem sie sich ein weiteres Mal hat breitschlagen lassen. „Alles in der Wäsche!“ Sie ärgerte sich, dass sie wieder nicht auf ihre eigene Intuition hörte, weswegen sie sich

zangenschnell für Hose umentschied!

Zugegeben, es könnte Zeitknappheit gewesen sein, oder ein anderer Gedanke, der sie anspornte, schnell, effizient, praktisch, eine gute Hausfrau, Mutter und Ehefrau zu sein. Als sie sich mit entschlossenen kräftigen Bewegungen die Nylonstrumpfhose von der Hüfte riss,

geschah es!

Ihr angebrochener Fingernagel des kleinen Fingers riss schmerzhaft ab, laut schrie sie auf! „Scheiße! Verdammt noch Mal!“ Kaum hatte sie zu Ende geflucht, verhedderte sie sich mit ihrer Gazellenkeule und blieb wirkungsvoll zwischen Knie.- und Hüft-Teil der Strumpfhose stecken.

Mehrmals hüpfte sie herum,

bis sie das Gleichgewicht verlor und am Ende wie ein gefällter Baum lang hinschlug. Doch damit nicht genug. Sohn Jakop hatte kurz zuvor im elterlichen Schlafzimmer gespielt, als er einen plötzlichen, aber nicht unbekannten

Reiz im Unterleib verspürte,

der ihn daran erinnerte, dass er seit Neuestem dafür zur Toilette ging. Vorbei die Zeiten, wo er auf dem Frühstück saß, bis es kalt in der Windel wurde. Mutterseelenallein träumte der Lego-Technik-LKW in der Nähe des Kleiderschranks.

Während Frau Müller mit der Nylonstrumpfhose

herumtanzte trat sie zuerst auf einen der kleinen Legosteine, die als bevorzugtes Ladegut beim euphorischen Hineinschütten von Sohnemann danebengegangen waren und unverdächtig auf dem Boden schlummerten.

„Ahhhh! Aua! Aua! Fuck! Fuck!“

Mit Nachdruck bohrte sich der kantige Plastikstein in ihren empfindlichen, sonst so sorgfältig gepflegten zarten Fuß. Außer sich vor Zorn sprang sie rum, bis sie auf dem kleinen Bettvorleger trat, der auf dem frisch gebohnerten Holzfußboden zum fliegenden Teppich mutierte,

dass Frau Müller zu Boden ging

und mit dem Gesicht voran, munter, frisch fromm fröhlich und frei, in die geparkte Ladefläche des Lego-Lasters hineindonnerte! Krachend brach der LKW unter der Wucht des 1,72m großen Vorzeige-Zebras entzwei.

Zuerst sah Bambi Müller Sterne.

Dann spürte sie, wie ihr Gesicht anschwoll. Ihr blutender Finger mit dem abgerissenen Nagel hatte auf ihren Oberschenkeln beeindruckende Blutspuren hinterlassen, dass jede Schlachterei vor Neid erblassen ließ. Stöhnend kam sie auf die Knie und sah in den

Spiegel der Kleiderschranktür,

mit dessen Hilfe sie sich kurze Alltagsfreuden verschaffte, wenn es mal wieder drängte. Doch anders als sonst, wenn sie sich um den Süden ihres Körper kümmerte, leuchtete jetzt ein quadratischer blutunterlaufender

Abdruck in ihrem Gesicht,

als wäre sie ungebremst mit einem Mülleimer, Briefkasten oder einer mittelgroßen Tupperdose zusammengeprallt. Schon liefen Tränen des Zorns. Wütend stolperte sie aus dem Haus, wobei sie fast die Treppe runtergefallen wäre, donnerte mit letzter Kraft die Haustür zu,

rannte zum Auto,

startete wild entschlossen den Kombi aus Ingolstadt und brauste mit leicht durchdrehenden Winterreifen zum nahen Famila-Markt, dass die vielen Warnlampen der elektronischen Helferchen ihr Cockpit

wie ein Christbaum leuchten ließen!

Nur kurz blendete die ultragrelle Weihnachtsdekoration der Nachbarn, die durchaus Las Vegas Hotelbeleuchtungen Konkurrenz hätte machen können, jedoch lang genug, um ihre Augen

eine kurze Zeit

unscharf sehen zu lassen, dass sie mit dem rechten Vorderrad den Kantstein so stark rammte, dass ihre Lenkung von da an leicht vibrierte, was bei zunehmender Geschwindigkeit schlimmer und schlimmer wurde.

„Arghhhhh!“,

schrie sie aus Leibeskräften! Fast hätte sie die rote Ampel, samt Fußgänger übersehen. Nur wenige Meter vor dem Zebrastreifen kam sie zum Stehen. Als sie aufsah, blickte sie in ernste Gesichter, deren Träger den Vorwurf samt Köpfe schüttelten.

Längst leuchtete es wieder grün,

was sie am Hupkonzert hinter sich bemerkte. Wie eine Hafenbarkasse schlingerte ihr Auto durch den Ort. Ständig kämpfte sie mit Tränen, besonders dann, wenn sie im Spiegel den purpurfarbenen Abdruck bestaunte, der wie ihre Stimmung stetig dunkler wurde.

14:40

Aufgelöst humpelte sie über den Parkplatz. Schneeregen peitschte sie durch. Fast wäre sie gegen die langsam öffnende Glastür gelaufen, um zielstrebig zum kleinen Postladen im Famila-Markt abzubiegen, als die Dame hinterm Tresen das Schild „Geschlossen!“ aufstellte.

„Was? Nein! Nicht wirklich, oder?“

„Samstags bis 14:30“, lächelte die aschblonde Lady hinterm Tresen, deren Extensions genauso farblich perfekt abgestimmt leuchteten, wie der frisch geschnittene Pony, der an den Vokuhila-Haarschnitt von Klaus Augenthaler und Rudi Völler aus den 80igern erinnerte.

Da begannen Frau Müllers Mundwinkel zu zucken.

Nach wenigen Sekunden gesellten sich ihre Beine dazu. Lautlos schreiend drehte sie auf der Hacke um, rannte zum rettenden Wagen, preschte mit Rallye-Tempo nachhause, stürmte das Haus, zerrte eine Flasche Becherovka aus der Bar,

rannte zum Kühlschrank,

riss Eiswürfel aus der schlafenden Plastikverpackung, goss Tonic hinzu, leerte das große Cocktailglas in einem Zug, unter den staunenden, größer werdenden Augen des Gatten, der in der Küche still und zufrieden in seiner Zeitung schmökerte,

machte sich sofort

daran ein Zweites zu mischen, hörte im Hintergrund die weihnachtlichen Kirchenglocken, holte tief Luft und tat, was ihr lange überfällig erschien, den Ehemann liebevoll zusammenzuschreien, bevor er wieder ungefragte Tipps und Kommentare zum Besten gab:

„Halt’s Maul!“

15.Jänner – Apokalyptik 23 – Odyssee 2023

Mein Waschmittel war alle und wollt‘ mir die Beine vertreten. „Ewige Sitzerei, einfach Furchtbar…“, grummelte ich, wissentlich, dass niemand darauf antworten dürfte, außer den griechischen Göttern, die mir, aus reiner Bosheit und zur Erinnerung meiner Nichtigkeit, Regen vom Himmel oder Hundescheiße am Schuh bescherten.

Doch sie schienen zu schlafen.

Nichts dergleichen geschah. Ich schwang mein‘ Rucksack auf den Rücken und sprang ins Freie. Es schien geregnet zu haben. Ein feuchter grauer Himmel überzog Netzhaut und Horizont. „Auf geht’s“, motivierte ich mich, bei diesen Grautönen, wär ich am liebsten umgekehrt.

„Disziplin!“, schrie mein mein Selbst an.

Wenn ich mich nicht hin und wieder ins Achtung stelle, bückse ich aus wo ich kann. Nicht mehr so penetrant wie früher, aber immerhin. Glücklicherweise hatte ich Lilien gekauft. Sie zeigen im Zeitraffer, wie Leben funktioniert. Längst konnt‘ ich beobachten, wie ich Seife aus Massalia sparsamer anwende, als wär’s Lebenszeit.

Hatte ich etwa Angst?

Dem sparsamen Verbrauch der Plastikflasche nach zu urteilen, ja. Oder drohte das Leben mir letztendlich, wie allen anderen Wirbeltieren auch, irgendwann ein wenig Weisheit in Geist und Körper zu pflanzen? Wie immer hatte ich keine Ahnung, davon aber, ebenfalls wie immer, reichlich.

Rucksack und ich schlichen die Rue Bouquières hoch.

Meine Eingeweide sagten schon mir länger, dass 2023 das Jahr der Offenbahrung ist. Da keine runden Geburtstage anstehen und ich sonst nichts Wichtiges zu tun habe, außer leben eben, gefiel mir der Gedanke. Es fing schon mit mei’m Blog an. 10 Jahre gibt’s ihn.

Dabei sieht er wie dreiundzwanzig aus.

Da passt ’ne neue moderne Homepage doch prächtig mit 60 Jahr-Jubiläum des Èlysée-Vertrags, sowie dem 80igsten Geburtstag von Julio Iglesias zusammen. Welch Vorstellung, endlich in Augenhöhe mit den Großen der Welt, wahre Bedeutung, Ruhm, kreischende Fan’s, meistens Frauen.

Einst rang ich mich selber nieder,

und zog mich selbst aus dem Schlamassel; Ware Wahrheit, verhältst dich doch am Ende umgekehrt proportional zur verzweifelten menschlichen Suche nach Erkenntnis und Naturfindung durch Religion und Götzenanbetung; oder in Bert’s Worten, „Erst das Fressen, dann die Moral“, oder in südlicher Eleganz, von Freund Julio, „Je n’ai pas changé“.

Sollen die Weisen mir den Puckel runterrutschen.

Hauptsache es wird geschrien und gesoffen. Wein, Weib und Gesang; alles bleibt nämlich überhaupt nicht wie es ist; hast Recht, mein lieber Heraklit; beim Carrefour Express gab’s neue Flaschenseife, sowie andere Kleinigkeiten. Muskatnuss fand ich wieder nicht. Louis de Funes hat sie erfolgreich aus den Regalen geschrien.

Warum es neun Monate

brauchte, bis ich ’ne Agentur fand, die mir‘ ne neue Internetseite baut, bleibt mir genauso verborgen, wie der physisch-chemisch-kosmische Prozess einer Sternengeburt und seiner etwas später folgenden Abdankung, der Supernova.

Wo ich gerade bei Super bin.

Eine Frage an Super-Olaf – allen besser bekannt als „G20-Hamburg-jetzt-greifen-wir-aber-mal-richtig-durch-Scholz““ – kennst du den Inhalt des „Èlysée-Vertrags“? Ich meine, als gelernter Anwalt? Falls ja, schau ruhig mal wieder rein, es lohnt sich. Vielleicht stellt ihr im Kanzleramt eine brasilianische Transe als deine persönliche Assistentin ein,

damit du lockerer und menschlicher wirst,

wär das nichts? Denk mal drüber nach. Die Quelle allen Übels finden wir im Spiegel. „Erkenne dich selbst“, so steht’s schon seit über 2500 Jahren im Tempel von Delphi. Hilft wahrscheinlich auch heute, in Zeiten, wo alle gleich gut und gleich schlecht sind.

Ich sag nur, „Muskatnuss, Herr Müller…“

Santé…

11.Dezember – 3.Advent – Odyssee 2022

Bin heut‘ Morgen mit Kopfschmerzen wachgeworden…viele Male hab ich mich rumgewälzt, bis ich dann hoch bin…hab Wasser getrunken, aus dem Fenster geschaut und geseufzt…erste Gedanken begannen herum zu sausen, als ich anfing mir einen griechischen Kaffee zu machen.

Kühle Temperaturen sind in Toulouse angekommen.

Weihnachtsdekoration in Fenstern und Straßen, Menschen mit Tüten, Wolken beim Ausatmen…Winter…geschmückte Tannenbäume in Wohnzimmern…Kinder und Menschen mit leuchtenden Augen…2022, bist ein krasses Jahr…wenn ich überlege, was alles…Wahnsinn…

und nicht nur das…

hab mich entschlossen, aufs Ganze zu gehen…wer vom Schreiben leben will, muss zuerst seinen Lebensstandard runtersetzen…muss in 2023 weiterkommen…andere Dinge ausprobieren, warum nicht in Frankreich, einen anderen Markt angehen…

Wenn Sisyphos jeden Tag seinen Stein…

genau dann kann ich…richtig, kannst du, nein musst du…ha‘m heut‘ den dritten Advent…hab mich mit meiner Freundin über Xmas unterhalten…in Frankreich läuft’s ein wenig anders, aber das Prinzip ist ähnlich…..hab ihr erzählt, wie ich Weihnachtsmann gespielt hab‘…..ein einziges Mal…

Jahre später hatten die Kinder noch Angst vorm Fest…

hab damals für eine Firma gejobbt, die Wohnmobile baut….der Chef suchte ‘nen W-Mann und dachte ich wär ‘ne gute Wahl…hat hinterher seine Meinung grundlegend geändert…ich hätte furchteinflößend gewirkt, selbst für ihn und seine Frau…

quasi so, als würde Arthur Fleck die Rolle übernehmen…

hatte ihn gewarnt, erinnere es, als wär’s gestern, „Kommst du kurz in mein Büro?“, wer sagt schon nein, wenn Cheffe d‘rum bittet, „na, klar…“ ich bearbeitete noch eine Küchenschublade zu Ende und ging in sein hell erleuchtetes Büro, dass mit Pflanzen und frischen Blumen gemütlich wirkte…

„Was machst du Heiligabend…?“

Immer schnell zur Sache, so war er… will er das ich arbeite, oder was… „Na, das Übliche halt, Familie eben, Christbaum, zu viel essen und trinken…und Sie?“ damals war siezen angesagt, „Gar nicht unähnlich, nur das meine Kinder…“, schon konnte ich’s riechen und kürzte das Gerede ab: zwar mochte ich ihn, aber wenn er was wollte, blieb er unausstehlich….seine übertriebene Freundlichkeit, wie vieles an ihm……gekünzelt…

„Glauben ihre beiden Zwerge an den Weihnachtsmann…?“

Schon begannen seine Augen zu leuchten, er musste nicht länger hinterm Berg halten, „Genau darum geht’s…“, ich spielte den Überraschten, „Wieso kommen Sie damit zu mir? Schauen Sie mich an, ich bin lang und dünn, eher das Gegenteil von…“, er klatschte erfreut in die Hände, als hätte er einen Witz gemacht den ich nicht verstand…

„Wir woll’n einen drahtigen lustigen Weihnachtsmann,

keinen dicken, gemütlichen, der mit so ‘nem altbackenem „Ho-ho-ho an der Tür steht“, mein Einsatz nahte, wenn ich ihm jetzt nicht reinen Wein einschenkte, wann dann, „Zu Ihrer Erinnerung, ich bin kein Stück witzig und lustig, fragen Sie die anderen…“

„Papperlapp, nun sei nicht so schüchtern….

ist’ne 1L Flasche Gin als Lohn in Ordnung?“ Zuhören war nicht seine Stärke, noch dazu hatt‘ ich keine Lust, vor dem verwöhnten Puttengesicht und Ex-Handballtrainer, seiner schwangeren Frau mit den strahlend blonden Ausstellungskindern den Hampelmann zu spielen, drei Mercedese haben die inner Garage, Bonzen sind das, nein Danke…

„Weihnachtsmänner sind klein und dick, nie finden Sie Klamotten, die…“

Er ließ sich nicht beirren, er war fest entschlossen, dass er meine höflichen Ausreden bewusst oder unbewusst überhörte, mit denen ich versuchte zu sagen, dass ich mich nicht geeignet fand; doch es half nichts. „Mach dir keine Gedanken wegen Kleidung, die gibt’s in allen Größen, besorg ich dir alles…ist 17:00 Uhr okay für dich?“

Nun hatte ich den Salat.

Schon nahte der große Moment. Ich zog meine schweren Springerstiefel von der Bundeswehr an, Weihnachtsmänner staksen durch Schnee und fahren mit Renntieren rum, da sind Flipflops kaum angesagt; meine schwarze Jeans ging in Ordnung, beim Chef bekam ich dann den Weihnachtsmann-Mantel, sowie Bart und Mütze und eine ansehnliche – Rute!

Was erwarteten die, sollte ich die Bagage durchmöbeln?

Durch die Hintertür kam ich rein…mein Chef freute sich riesig…schon schlüpfte ich in die Klamotten, griff nach dem gewaltigen Sack und zog ihn über den Boden schleifend, wie ein frisch erlegtes Bambi hinter mir her, während ich mit der andern Hand den schlagbereiten Knüppel hielt.

So kam ich in‘s warm und weich

ausgeleuchtete 80 Quadratmeter Wohnzimmer, das einen gewaltigen Weihnachtsbaum neben dem marmornen Kamin stehen hatte…reiche Leute, macht einen auf sozial und scheint doch mit dem Laden deutlich besser abzusahnen, als er zeigt…ein Schlitzohr…schau mal Sohnemann mit Schlips und seine engelsgleiche Schwester mit Rock und Lackschuhen…ich flipp aus…

Achterbahngleich ratterten Gedanken durch mein‘ Kopf.

„Nun, ihr zwei kleinen Menschenkinder…?“, mein Stimme erinnerte an Hannibal Lecter, „wahrt ihr auch schön brav…?“, stummes ängstliches Nicken, selbst Chef-Gattin Susanne rieb sich erschrocken den wachsenden Bauch, in dem Leibesfrucht Nummer drei reifte.

„Warum solltet ihr jetzt all diese Geschenke bekommen…?“

Weit entfernt vom Weinen war das kleine Mädchen nicht; ich sah wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, sie hatte einen anderen Weihnachtsmann erwartet, sie klammerte sich an die kleine Hand ihres Bruders…bist wieder übers Ziel hinausgeschossen….

„habt ihr noch was anderes vorzuweisen, als eure Geburt…?“

das war alles zuviel…schnell fing ich an, die Stimmung einzufangen….noch dazu mit den festlich angezogenen Eltern…ich änderte meine Stimme, sie klang wärmer, versuchte herzlich zu lächeln, räusperte sich, ich kniete nieder und öffnete feierlich den Sack…

„Lasst uns mal schauen, was ich alles für euch habe..:“

Zum Glück blieb Kinderneugier größer, als die Angst vor Unbekanntem; mit leuchtenden Augen kamen sie gerannt, ich überließ ihnen den Sack, trat andächtig zurück und spürte, wie mich mein Chef beiseite zog; fast hektisch drückte er mir die Flasche in die Hand, sein Gesicht war gezeichnet von Schrecken und Freude,

„Danke, so einen Weihnachtsmann gibt’s kein zweites Mal“,

war‘n seine mehrdeutigen Worte und schob mich mit ‘nem Ausdruck größter Erleichterung aus dem Hintereingang, durch den er mich vor wenigen Minuten reingelassen hatte. Noch Jahre später, kam er darauf zurück…

Gegen Weihnachten hab ich nichts…

Es scheint lediglich eine tiefe Abneigung gegen Luxus, Komfort und jede Form von Dekadenz in mir zu wohnen, die sich nahezu reflektorisch gegen alles stemmt, dass unnatürlich, unanständig und falsch daherkommt…

Irgendetwas brennt doch ständig in uns…

27.Novem-bär – La putain russe – Odyssee 2022

Heute morgen hatte ich ‘ne Eingebung. Ging dabei um Nationen und so. Beim Drübernachdenken fiel mir auf, dass Nationalstolz im Grunde nur für Politiker und Regierungen und so – genau. Wenn man Deutsche und Franzosen fragen würde, was ihnen wirklich wichtig ist, dann vermutlich, dass alles bleibt wie es ist.

Stellen wir uns vor, wir können weiterleben wie wir‘s gewohnt sind,

müsste es uns dann nicht egal sein, zu welchem Land, zu welcher Nation wir gehören? Wenn Sprache, Umgebung alles bleibt wie’s ist, also wirklich alles, dann könnten wir morgen alle Russen sein, ohne dass man einen Unterschied merkte. In Frankreich würde sich lediglich die Reihenfolge der Tricolore ändern.

Selbst die Farben blieben gleich, was will man mehr.

Mit dem GröFaZ hatte man ja schon Erfahrungen gesammelt, wie man nahezu ohne Beschädigungen Paris einnehmen ließ. Lasst Lebenskultur statt Waffen sprechen, wer sagt bei Champagner, gutem Essen und Wein schon nein, noch dazu, wenn Frauen und Musik dich begleiten. Damals hatten die Franzosen den Dreh raus.

Und heute?

Heute würde ich wetten – auch. Man bräuchte seine Armee lediglich in nachlässig-elegante Kleidung mit Schal stecken, ein paar französische Redewendungen und Verhaltensweisen lernen lassen, wie z.Bsp. Rotwein geschickt im Sonnenlicht wälzen und um 12:30 jeden Napf in Frankreich besetzen, schon wäre ganz Frankreich besetzt.

Moment mal, ganz Frankreich?

Ja, ganz genau – ganz Frankreich! Wenn man dann nämlich um 13:00 zuschlägt, ist La France am Futtern und wird sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, bis nicht in aller Ruhe Nachtisch, Käse und Digestif sorgfältig verzehrt und verarbeitet wurden.

Wenn dann Wladimir im Elysee-Palast

eine erste Radio & TV-Ansprache halten könnte, wo er sich Arm in Arm mit Emmanuel zeigt und beide bekanntgeben, dass man sich erfolgreich in Russland integriert hat, weil die Russen im Gegenzug die französische Kultur annehmen, dann könnte man das doch eine gelungene Fusion nennen, oder nicht?

Deutschland würde sich wie von selbst anschließen,

bei der Aussicht, diesen Riesenladen durchoptimieren und organisieren zu dürfen. Allen wäre geholfen. Keine Toten, kein Theater, nur zufriedene satte Gesichter. Die Deutschen würden 100 Jahre brauchen, wenn sie’s überhaupt schaffen, weil die Franzosen mit ihrer Lässigkeit und gutem Wein und Essen den arbeitswütigen Deutschen allen Wind aus den Segeln nähmen.

Welch‘ Traumland wäre dies neue Russland.

Vielleicht könnten wir uns dann durch die Hintertür mit den Ukrainern einigen, dass ganz Europa und Asien halt „Ukrasien“ heißt. Nie wieder Probleme mit Ressourcen und Kultur, geschweige Krieg. Vorausgesetzt, Politiker machen Politik für Menschen und nicht für’s eigene Portemonnaie oder um das Ego zu befriedigen.

Okay – klingt utopisch.

Aber warum nicht, dachte ich mir beim zweiten Café? Na gut, mir ist klar, so einfach wird das vermutlich nicht. In la Trance, pardon – La France – spielen die Elite-Unis eine traditionell große Rolle. Zum Beispiel die École Polytechnique. Deren Motto lautet, Achtung bitte festhalten, jetzt geht sie nämlich los, die wilde Fahrt in die Vergangenheit:

Pour la Patrie, les Sciences, la Gloire

Kann man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Für’s Vaterland, die Wissenschaften und den Ruhm. Na wenn das nichts ist. Da steht nichts von wie zum Beispiel „für die Menschlichkeit, Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit“ Deserteure wurden hüben wie drüben standrechtlich erschossen. Man war Vaterlandsverräter, hat Opa erzählt.

Wen verriet man da eigentlich genau?

Sollte das nicht alles freiwillig sein? Sollte man sich das Land, zu dem man sich hingezogen fühlt nicht freiwillig auswählen können und dürfen? Macht man ja auch beim Partner. Zumindest bei einer Vielzahl von Nationen macht man das noch so. Wenn einer „nein“ sagt, dann eben nicht. Soll er halt weg.- wonaders hin gehen, oder nicht?

Mit „Chers compatriotes……“

Beginnen alle Ansprachen von Manu Macron. Klingt vielleicht irgendwie militärisch, heißt aber, wenn ich mich richtig erinnere, „liebe Landsleute…“. Wen meint er? Alle Franzosen? Vermutlich. Dann meint er mich damit nicht. Ich bin also seiner Ansprache zur Folge, ausgeschlossen, vermutlich so auch einige andere hunderttausende. Warum sagt er nicht „Liebe Bürger und Bewohner von Frankreich…“

Ginge das nicht – auch?

Wählen darf ich auch nicht, egal ob mit oder ohne geänderte Ansprache. Darf man nur als Franzos‘, also mit Pass und so. Dafür muss man aber einen Test machen. Dort wird geprüft, wie gut ich Sprache und Kultur kenne. Was bedeutet, dass, wenn ich sie eben nicht gut genug kenne – im Test durchfalle.

Kommt für mich also nicht in Frage.

Solange man meint, etwas an mir „abprüfen“ zu müssen, wird das nix. Bin lieber ein guter Europäer, als ein guter Franzos‘, was auch immer in diesem Zusammenhang „gut“ bedeutet. Zumindest fühle ich mich eher als Europäer, als irgendetwas anderes, und das nicht nur weil Εὐρώπη im Altgriechischen „Vielfalt“ heißt.

Wie komm‘ ich jetzt vom schweren Thema weg?

Nichts leichter als das. Als guter Franzos‘ der ich angeblich geworden bin, dreht sich alles um Essen und Trinken. Politik, Wirtschaft, Menschenrechte und so stören da nur. Hauptsache lecker futtern und gud‘n Wein. Dann klappt’s irgendwann auch mit umweltfreundlicher Atomkraft, Mülltrennen und menschenfreundlicherer Ansprache.

Bis dahin, vive l’Europe, vive les fêmmes…