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Verzaubert? Verflucht? – Odyssee 2024

Anlass waren diese zwei Artikel in der Wochen-Taz … Sie erinnerten mich an einen Auftritt von Georg Schramm vor 10 Jahren … als ich den ersten Artikel fertig gelesen hatte, es ging darin um den Bundes-Haushalt 2025, auf den sich die Koalition anscheinend geeinigt hat …

Bis morgens um fünf …

sollen die Verhandlungen gegangen sein … vielleicht hätte man’s besser für sich behalten, zeigt es doch, dass man entweder keine Probleme hat, sich auszubeuten … weswegen man davon ausgehen darf, dass man Gleiches vom Umfeld erwartet … oder, gelinde gesagt …

nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.

Einigung durch Ermüdung, fabelhaft … wie Politiker ihre Arbeit machen, ist vermutlich wenig beeinflussbar … als ich jedoch was von verschärften Sanktionen für Bürgergeldempfänger las, dachte ich mich verlesen zu haben … Sanktionen verhängen wir doch …

Putin und seinem Kreml …

Jetzt etwa auch den eigenen Bürgern? … Wir sanktionieren jene, die es sowieso schon schwieriger haben? … Nachdem ich den zweiten Artikel durch hatte … In Bremen verbietet man neuerdings „Aktives Betteln“ … da musste ich erst mal schlucken und durchatmen …

Was ist los mit den Menschen?

Was ist das für eine martialische Führer-Sprache? … Viel schlimmer, was ist das für ein herabwürdigendes Verhalten … Wie sprechen wir, Wie gehen wir mit Menschen um, die oft jahrelang Steuern zahlten, deren Eltern und Großeltern vielleicht in WW2 fielen?

Was passiert da vor unser aller Augen?

Man kann Journalisten und Redakteuren vorwerfen Feuer, Angst und Wut zu schüren … Vor allem muss man jeden Politiker ins Gewissen reden, aus dem Verkehr ziehen, oder zumindest abwählen, der sich von Macht und Einfluss hat so sehr …

Verzaubern lassen …

dass er seinen Mitmenschen jetzt wie ein verfluchter Verführter im Nacken sitzt … Wir sollten aufhören woanders hinzuschauen … Gibt genug vor der Haustür … Was für eine bodenlose Frechheit jenen Steine in den Weg legen, hat man doch eh schon ein eben solches …

… ein schweres Leben.

Irgendwas läuft gewaltig schief … Es ist nicht nur das Sprachregister … es ist noch dazu mangelnde Empathie … Politiker und Medien, die werbewirksam feuerschürende Phrasen und Artikel dreschen und letztlich die Spaltung der Gesellschaft verantworten.

Warum tun sie das? Wem nützt das?

Als wenn es nicht schon genug globale, europäische und nationale Baustellen gibt … Lehrmeister Deutschland … Herrschaftssprache und Führergehabe, wohin man auch sieht … Was treibt uns an, so zu sein? … Nach unten treten, nach oben Kadavergehorsam …

Moralischer Fortschritt …

In dunklen Zeiten … schönes Buch, lieber Markus Gabriel … in unserer alltäglichen Wirklichkeit scheinen wir an manchen Stellen Rückschritte zu machen … Ganz abgesehen, von dem empathischen Bankrott, der sich vor unser aller Augen vollzieht …

Uns scheint alles egal zu sein …

Es kümmert uns nicht, wie‘s anderen geht … Hauptsache wir Grillen und haben genug Bier … Zwar haben wir fließend Wasser, Strom … noch dazu Aldi und Lidl an jeder Ecke, aber auch das, scheint uns Wurscht zu sein … ohne Feindbilder gehen wir nicht zu Bett …

Nun jagen wir Arme vor uns her …

Wir haben nicht nur den Bezug zur Natur und damit den Bezug zu unserem Selbst verloren, wir haben offensichtlich jede Form von Mitgefühl für unsere Mitmenschen verloren … Barmherzigkeit, Hilfsbereitschaft und Nachsicht scheinen keinen wirtschaftlichen Mehrwert …

in Jahres-Bilanzen zu haben …

Wie konnte es soweit kommen? … Mehr noch, eine Frage treibt mich zurzeit am Meisten um: Gibt es noch andere, die ähnlich denken, empfinden und ähnliche Beobachtungen machen wie ich, oder bin ich damit alleine auf weiter Flur …

Mehr oder weniger?

An zwei weiße Männer über 60 denke ich zurzeit oft … Stéphane Hessel, dessen Essay „Empört Euch!“ mich 2010 tief bewegte … und Georg Schramm, der viele Jahre versuchte aufzuzeigen, warum der Krieg „Reich gegen Arm“ uns ins Fegefeuer der Hölle bringt …

Wenn wir nichts dagegen tun.

Bleibt die Frage offen: Hat sich in den letzten 10-14 Jahren was verändert? … Haben wir Fehlentwicklungen erkannt? Oder haben sie sich verschärft? … Um von zwei natürlichen Extremen auszugehen? … Jene zwei Taz-Artikel lassen Letzteres befürchten …

Viel schlimmer ist …

Wir haben genügend große Themen, dass diese Selbstverständlichkeiten gefährlicher Weise ins Hintertreffen geraten können, bis wir sie akzeptieren, wie Starkregen und Wetterphänomene, obwohl wir selber dafür verantwortlich sind …

Empört bin ich schon lange …

Schon mein ganzes Leben erscheint mir unser vorherrschendes Wirtschaftssystem zutiefst unklug, noch dazu unmenschlich … Ohne größeren Schaden ein Leben lang hindurch zu navigieren, gelingt immer schlechter … sehen tun es viele … dagegen agieren …

Bleibt als einziges übriges …

Putlos & Arno – Odyssee 2024

Es regnete immer noch an der Ostsee … Im Seeschlösschen mampfte man sich die Hucke voll … am Kurtaxenstrand marschierten grauhaarige Zivilsoldaten in Stechschritt und Gummistiefeln … Elektrofahrräder patrouillieren ungebrochen …

dem Horizont entgegen …

und im Klabautermann, am anderen Ende der Hohwachter Bucht, in Lippe /Behrensdorf servieren die Damen des Hauses zum Mittagessen Sauerfleisch und Flensburger … zum Nachtisch gibt‘s ‘ne Linie Aquavit … Alpha und Omega, was sonst …

Nachmittags besuche ich Putlos …

Genauer gesagt, fahr ich dran vorbei … auf Militärischen Truppenübungsplätzen kann man selten spazieren gehen … diverse Male trieb man uns dort beim Wehrdienst zusammen, um Krieg zu spielen … „Hat noch niemandem geschadet!“ … die ehrbaren Worte des Vaters …

Er täuschte sich …

hatte er doch selber nie gedient … herausfinden durfte ich‘s also selber … Verzweiflung lässt junge Menschen da hingehen … Verzweiflung und Ideenlosigkeit … es hinterließ bleibende Schäden, wie man heute sieht … bin seitdem noch unfähiger Befehle zu empfangen …

die Spitze des Eisbergs …

Ganze Arbeit ha‘m sie da geleistet … „Stillgestanden! Augen geradeaus .. im Gleichschritt, Marsch … links-zwo-drei-vier … na los, reißen Sie sich zusammen … Gleichschritt, habe ich gesagt, wir sind hier nicht auf ‘nem Tuntenball …!“

Si vis pacem, para bellum …

Zucht und Ordnung, Vaterlandsliebe, Blut.- und Erbfeind … welch Schlamassel sie angerichtet haben … Wortregister für Herrschaft und Krieg … Menschen.- gar Nächstenliebe? Nee, lass mal, ist bestimmt ansteckend oder so … Hauptsache ich-ich-und-ich …

Ha’m wir in Teutonia immer so gehalten …

Von Krieg schwärmen nur jene, die ihn nicht kennen … deshalb gab‘s damals die Wehrpflicht, Verteidigung und so, nun ja, die Zeit vergeht, der Mensch ebenfalls … mittlerweile gibt’s sie nicht mehr, stattdessen ha’m wer Krieg vor Europas Tür … alles richtig gemacht …

Wird dauern …

bis Gewalt aus unserer DNA verschwindet … sorry für den Zeigefinger, kann manchmal nicht anders, es muss einfach raus … so war es schon früher … Neugier, Dinge ausprobieren, auf’s Maul fallen und wieder aufstehen … ewiger Zyklus … Im Invalidendom können wir

Supergrobi bestaunen …

Hochglanzmuseum der ersten französischen Republik … dem Herr, sowie den Päpsten in Avignon und Rom sei’s gedankt … Supergrobi wird noch heute wie Zeus verehrt, dabei bleibt zu bedenken, dass unter den 60. Schlachten und Kriegen, die er führte …

3,5 Millionen Menschen starben …

Welch Preis, um glorreich zu sein und einen prunkvollen Dom als letzte Ruhestätte zu genießen … auch Austerlitz kann daran nichts ändern … wo wir bei Krieg und Frieden sind … am Abend ging‘s zur Flakabwehr, ins Genueser Schiff, Kumpel K empfahl mich dorthin …

Früher Haus der Wehrmacht …

heute Haus des Wohlbefindens … manchmal komme ich mir wie ein Heini der Restaurantkritik vor, hoffentlich setzt sich der Gedanke nicht fest … die Herzkammer des Ladens erinnert an die Traube in Hamburg, noch so ein Glanzstück nordeuropäischer Gastlichkeit …

wie krieg ich jetzt die Kurve …

von der Ostsee zu Arno … vielleicht mit Pazifismus und … ach so, jetzt habe ich es … während ich noch stramm, zäh, flink und hart aufgezogen worden bin … stellte ich mir damals die Frage, während der schulische Rohrstock mir regelmäßig auf den Arsch niedersauste …

ob‘s nicht auch anders geht …

Ideen gibt‘s ja genug … zumindest kamen mir einige von ihnen wieder hoch, als ich in Putlos vorbeifuhr und an den 23.Juni 2024 dachte … dem 100.Geburtstag von Arno Stern … er fand einen alternativen Weg, damit sich Kinder freier entwickeln … keine Kopien werden …

Schöne Alternative …

Auch auf die Gefahr hin, dass sich der alte Fritz, Hindenbrug, der GröFaZ und viele aber Tausende Helden, Alphatiere und nach Ruhm gierende Arschgeigen im Grab umdrehen: Bestimmt gibt‘s nach über 10.000 Jahren eine Zeit …

Wo wir den Weg der Zerstörung verlassen …

Und Konstruktiveres ausprobieren … wo menschliches, geistiges und intellektuelles Wachstum möglich ist, wo wir uns nicht gegenseitig bekämpfen und töten … sorry für meine heutige Melancholie … Rechtspopulisten, Faschisten und Nazis …

sorgen bei mir …

nicht gerade für Stimmung und gute Laune … daher mögt ihr mir heute hoffentlich meine Bergpredigt verzeihen und stattdessen, genauso … wie ich es gleich tun werde … eine Flasche Champagner, in gutem alten französischem Stil …

mit der Guilloutine köpfen …

um an dieser Stelle mein Glas zu erheben, auf Kermit den Superfrosch, sowie alle Super-Könige und Super-Söhne, die ihre Super-Familien zu Ruhm verhelfen … aber vielmehr noch, alle Ironie mit der Wucht der Biskaya hinwegwischend …

Auf Arne Stern’s 100.Geburtstag anstoßen …

Der nun über 70 Jahre lang seine Vision verfolgt, was ein „klein“ wenig länger ist, als hochbezahlte Top-Manager, die irre Summen kassieren und statt Wertschöpfung, gefährliche, wenn nicht manchmal tödliche Produkte zulassen, die hin und wieder …

vom Himmel fallen …

darauf nun also Santé / Prost / Salut / Geia mas / Gönn dir und Vieles mehr … aufdass es weiter spannend bleibt, in diesem Zoo, den wir alle gleichberechtigt bewohnen … und unsere Erde nennen, wo wir nicht mal ‘ne Besitzurkunde haben … und immer noch so tun …

als lebten wir ewig …

Anm.d.n.v.Redaktion: Es sei an dieser Stelle vorab vermerkt, dass es sich um einen einmaligen Ausrutscher unseres Autors handelt, den wir, aus vielerlei Gründen, dennoch zulassen wollten…..wir bitten daher um Ihr / euer Verständnis.

Und das Gegenteil….

Mesolonghi – Odyssee 2024

Delphi setzte mir zu … all die Touristen, die nach Sonnencreme, Giorgio Armani und Chanel No.5 riechen … mit ihren Smartphones die Welt digitalisieren … sich von ChatGPT Gratulationskarten für Geburtstage und Hochzeiten schreiben lassen …

Bin vielleicht altmodisch …

Oder schleichend, über die Jahre, ein wenig depressiv geworden … am nächsten Morgen breche ich meine Zelte ab, ich verlasse Homer … mein nächstes Ziel heißt Mesolonghi … Heimat der hellenischen Revolution, heilige Stadt darf sie sich nennen …

imposant, wie ich finde …

Also rauf auf meinen schwarzen Drahtesel und los geht’s … mein Maultier und ich fahren am antiken Krissa vorbei, meiner kleinen BMW wohnt zwar keine tierische Lebendigkeit inne, aber ich gebe ihr leichten Herzens den Namen Platero …

Wir reiten runter zum Wasser …

Zum Golf von Itea … es ist warm, die Sonne scheint, bestimmt 30 Grad … einfach herrlich, wir traben gemütlich mit 50km/h Richtung Westen, schlängeln uns an der Küste entlang … LKW’s, Auto’s und Busse …

alle lass ich vorbei …

habe keine Lust zu hetzen … außerdem werden mir die Helden von Mesolonghi nicht wegrennen … drei Stunden knattern wir am Wasser entlang, ständig an dicht bewachsenen Bergen vorbei … gegen 14 Uhr erreichen wir die Lagunen-Stadt …

Krampfadern gleich ist sie durchzogen von Kanälen …

umgeben von Sumpflandschaft und Schilf … hab Geruch von Seetang in der Nase … merkwürdig still der Ort … vielleicht liegt‘s an der Zeit, sitzen wahrscheinlich alle am Napf … endlich finde ich das grüne Haus … Konstantinos könnte den Paten spielen …

Spricht nur griechisch …

Braun gebrannt … mit einem vollbärtigen Sekretär … vielleicht 40 … sein Haus ist immer offen, nie schließt man hier ab, erklärt er mir … er zeigt mir mein Zimmer … alles vom Feinsten, Jalousien, Bad, Küche, Bett, alles drin was man zum Leben braucht …

reicht mir die Schlüssel …

sowie einen Teller griechischen Salat … und empfiehlt sich … meine Tür zum Zimmer ist schwer wie von Fort Knox, ebenso der Schlüssel dazu, mit seinen 1000 Schließmechanismen … sein Haus glänzt in Grüntönen … Konstantinos strahlt Macht und Erhabenheit aus …

Vielleicht war er früher Politiker …

Oder hat sein Glück im Geschäftemachen gefunden, was auch immer das heißt … sein Sekretär entpuppt sich als Sohn, der mit Frau und Töchtern im Haus wohnt … ich spring in Shorts, Leinenhemd und mache mich auf die Suche …

Des Ortes Schambein …

Schnell begreift man, Mesolonghi ist nicht Athen … alles ist klein und kompakt, ein wenig provinziell, dafür sympathisch und völlig unaufgeregt, kein Vergleich zur pulsierenden Megacity an der Ägäis … nach wenigen Minuten bin ich im Zentrum …

Was für ein Chaos, herrlich …

Staunend bleibe ich an der Kreuzung stehen, an allen Ecken Coffee-Shops … alt und jung knattern mit ihren Scootern rum … alle in Flipflops, Shorts, T-Shirts und Sonnenbrillen und natürlich ohne Helm und Handschuhe …

Ich enter eines der Café’s …

Bestelle einen Espresso freddo, mettrio sacharie … Busse kommen und gehen, zischend öffnen ihre Türen … Ampeln such ich vergeblich … ich lehne mich an einen Stützpfeiler, während ein mächtig dicker Mann um die sechzig auf mich einredet …

Mit Armen und Beinen gestikuliert …

Wir lachen und nicken einander an … keine Ahnung was er sagt, aber wir verstehen uns blendend … wahrscheinlich hat er Mitleid mit einem armen Barbaren … zwei Frauen setzen sich zu uns in den Schatten, auf mitgebrachte Klappstühle …

Ich bestelle einen zweiten Espresso freddo …

Latsche damit gemütlich zurück, klemme den Pappbecher zwischen die Armaturen von Platero und springe, so wie ich bin, im Greek-Style auf seinen Rücken … zum ersten Mal ohne Helm, dafür in kurzer Boller-Bücks und Flatterhemd zum Meer …

Was für ein Feeling!

Entlang auf einer schmalen Straße, die mich, sie ist wirklich kilometerlang, in die Weiten des Golf von Patras bringt … am Ende gibt es ein paar kleine Anleger, zwei Bars, ein Salzmuseum und sehr viel Meer … alleine mach ich es mir auf einer Bank bequem …

Direkt am Wasser …

Keine Menschenseele außer mir, was ein Wahnsinn denke ich mir und schlürfe meinen Espresso Freddo durch Strohhalm, wie es sich gehört … keine Ahnung wie lange ich bleibe, sind bestimmt Sunden … wieviel Zeit man plötzlich hat, wenn man nichts macht …

Gegen Abend suche ich was zu essen …

Und werde in einer Bar am Hafen fündig … ebenfalls völlig leer, nur der junge Inhaber wischt gerade Tische ab … ich bestelle ein Glas Weißwein, sehe mich ein wenig um … herrlich ist es hier, nur Einheimische … merkwürdig …

Wir kommen ins Gespräch …

„Ich heiße Paolo … meiner Familie gehört das Lokal …ja, so leer ist es oft … ein paar Touristen mehr könnten wir schon gebrauchen!“ … für die einen der Segen, für die anderen ein Fluch … er macht noch nebenbei in Honig und handelt mit Lebensmitteln …

Ständig klingelt sein Smartphone …

Ich mach es mir gemütlich und schmöker ein wenig in der Geschichte von Mesolonghi … mein liebes Bisschen! … Vor 200 Jahren ging hier schwer die Post ab … haben ihren Widersachern ordentlich einheizt, vor Allem den Türken …

Krieg und Frieden …

Ewiges pulsieren … hin und her, wie ein Pendel … später reden Paolo und ich noch über KI und deren Auswirkungen … Paolo ist 32, er hat zwei Kinder 2 und 4 … er sieht, wie immer weniger Menschen im Garten arbeiten … wie alte Handwerke aussterben …

Jeder will heute Influencer sein …

Maurer, Imker, Alten.- und Krankenpfleger, Erzieher, Gärtner, Gas-Wasser-Scheiße, oder gar Bauer will heute niemand mehr werden … alles will chic aussehen und in der Lounge mit Cocktails abhängen … Paolo geht mit seinen Mitmenschen hart ins Gericht …

„Heute will jeder studieren!“

Es gebe kaum noch Nachwuchs, um die notwendigsten Arbeiten zu verrichten, weiß Paolo mir seine Beobachtungen mitzuteilen … „Wer geht heute freiwillig zur Mülle?“ … wir sind zwar einige Jahre auseinander, aber ziemlich einer Meinung …

Gegen zehn gehe ich heim …

Rolle mich weinselig ein und warte auf Morpheus … meine Birne ist voller Bilder und bunter Schnipsel … mühselig wälze ich mich rum … draußen knallt die Schweinesonne … Vollmond, auch das noch … innerlich fluche ich noch ein wenig …

Bis mich der Schlaf übermannt …

Patriot – Odyssee 2024

Scheiße! Ein Wadenkrampf! … Mitten in der Nacht … wie von der Tarantel gestochen schieß ich hoch … aufstampfen wie bekloppt, er will einfach nicht weggehen … so ein verdammtes Arschloch! … Verzweifelt wie ich um 4 Uhr morgens nun mal bin … mit dabei …

die üblichen Weinreste im Kopf …

noch dazu stockdunkel … versuche ich mich zu dehnen … muss den Mist loszuwerden, na los doch … Beine gerade, auf geht’s! … Fingerspitzen auf den Boden … im Gleichschritt, der ganze Zug, Marsch-Marsch … beim Bücken, genauer gesagt … beim Vornüberbeugen …

ging‘s gleich los …

ich stoß mir den Kopf … schön knackig an der Bettkante … erschrocken fahre ich hoch, treffe gleich noch mal … benommen taumele ich umher … sind das etwa Sterne? Jetzt bloß keine Scheiße bauen … denke ich mir … denn genau vor einem Jahr …

ist mein Kumpel Thomas …

in genau so einem jämmerlichen Zustand die Treppe runtergefallen … und zwei Wochen später ließen wir seine Urne zur Erde … aus panischem Reflex, werfe ich mich aufs Bett … bloß nicht bewegen … lass den bescheuerten Krampf ruhig wüten …

er geht wieder weg …

Irgendwann … Ganz bestimmt! … Aua! Dieses verdammte Aas … Ich befasse Hinterkopf und Stirn … Anständige Hörner beginnen zu wachsen … Fange an zu lachen … Immer lauter und lauter … Was für ein Schwachsinn … Langt‘s dir immer noch nicht …

da oben?

Drohend wedele ich mit meiner Faust Richtung Holzdecke … Doch schnell ist mir klar, Gott hört mich wieder nicht … ohne Pause wütet der Krampf in der rechten Wade … plötzlich springt auch die linke an … Was soll das denn! … Boah! Wie krass …

Scheiße! Mann! …

als wenn einer an mei‘m Beinen sägt … sie beide langsam amputiert … Nein! Du bleibst liegen … du gehst nicht deine steile Fuck-Treppe runter … auf keinen Fall machst du den Fehler … Hörst du? … Ja!-Ja! … manchmal müssen wir uns im Leben zusammennehmen …

kann‘st nicht immer wie‘n König rumstolzieren …

Man wirkt schnell albern … Besonders wenn man ergraut … Sollte man dann nicht wenigstens mit Weisheit und weniger Dummheit glänzen? … Eben! … Gestern ging‘s wieder hoch her … Eines der großen Themen unserer Zeit …

Europa rüstet auf …

Aber richtig! … In jeder Zeitung … Kein Magazin ohne Berichte über … Bunker, Putin und Bomben … Total verrückt, als wenn‘s nichts Schöneres gibt … Hab längst das Militär-Handtuch geschmissen … Sollen sich die sogenannten „Fachleute“ dazu …

die Köpfe einschlagen …

ob biologische Waffen in bestimmten Grenzsituationen angebracht … atomare hingegen immer zu ächten sind … ob Drohnen nicht irgendwie doch ein wenig mehr humanistischer … als bemannte Flugkörper sind …

wieso eigentlich nicht „befraute“?

geht aus meiner Sicht alles am Thema vorbei … daher halte ich mich raus … hab ja keine Ahnung … die hat man nur mit Waffenzertifikat, Uniform … Wasserspritzpistole, oder als Politiker … als kleiner Bürger eine eigene Meinung haben?

Warum eigentlich nicht …

Ganz genau! … Also, ich bin dagegen! … Ich bin gegen Krieg! … Bin gegen Aufrüstung! … Klar ziehe ich meinen Hut bei Nationalfeiertagen, auch in meiner Familie sind zu viele im zweiten Weltkrieg geblieben … Ob man deswegen so weitermacht? …

Hab da meine Bedenken …

Ging daher gestern Abend um Patriotismus … ein aus meiner Sicht zu heißes Thema … erst recht als Frugalist … meine Freunde waren dabei mich argumentativ in die nächste Ecke zu stellen … mit Mühe arbeitete ich mich aus ihr heraus …

ob ich nicht auch patriotisch …

mein Vaterland verteidigen … und so alles … ich gab zu bedenken, dass La France ja eher ein Mutterland ist … und Europa ja sowieso … hat die Gute sich nicht von Göttervater Zeus … nach Kreta bringen … und dann bestäuben lassen? … Okay, er hat sie vergewaltigt …

Aber Obacht!

War Europa nicht die Tochter von Agenor … der meinen Lieblings-Olivenbaum auf Mallorca vor 3500 Jahren pflanzte? … Verrückt, wie die Dinge zusammenhängen … Nicht wahr? … Nach weiteren Gläsern Wein hatten sie mich erneut zu fassen …

was ich tun würde …

wenn der Russe an meiner Tür klingelt … mein Argument, dass ich keine Klingel habe und dass man, bevor man vor meiner Tür steht, in meiner Wohnanlage ein gutes Dutzend anderer erreichen und mit günstigen Deliveroo-Gutscheinen bekehren könnte …

Ließen sie nicht gelten …

Sie waren auf Tumult aus … sie wollten die Unverfrorenheit von mir endlich hören … „Nee! Jetzt wird nicht ausgebüchst … los doch … was würdest du tun? Du jetzt, als waschechter Patriot? Was? Los, hau raus jetzt!“ … alle rethorischen Waffen waren abgefeuert …

Jetzt galt’s …

„Nun …“  … Totenstille … „Jahaa?“ … niemand atmete … „Also“ … „Wir hören!“ … Großartig, wie auf der Anklagebank … mal schauen, ob ich heil rauskomme … „Zuerst muss ich ja sagen, dass ich eher Frugalist, als Patriot bin“ … „Was bitte? Frugalist?“ …

„Mit wenig viel erreichen und so ähnlich …

glaube ich … natürlich ist mir nichts egal, im Gegenteil! Wie sollte auch! Wenn der Russe bei mir zuhause vor der Tür steht … mit Sturmgewehr und Stalingrad-Dolch … wenn meine Wahl heißt, tot oder Russe werden“ … „Jaha? Dann … ?“

Wir kamen der Sache näher …

„Ja, dann … muss ich gestehen … als echter Patralist“ … „Was bitte, jetzt? Erst Patriot, dann Frugalist?“ … „Ist eine Mischung aus Beidem“ … „Was genau heißt das?“ … „Mit wenig Aufwand so viel Erdverbundenheit erreichen wie möglich!“

„Übersetzt heißt das, was?“

„Ich bitte den Russen freundlich rein, biete ihm einen Stuhl an … schenke französischen Wein für uns beide ein, stelle ein paar griechische Oliven auf den Tisch … lege meinen deutschen Pass auf den Tisch … und schreibe mit meinem deutschen Füller …

In hellenischer Schrift …

Giamas! … Nehme ganz friedlich die russische Staatsbürgerschaft an, wenn ich dadurch mein Leben behalten kann … abgesehen davon, dass ich ja nichts im Haus habe, womit ich ihn bedrohen könnte, außer mit meinen frischen weißen Lilien …

Warum also mein Leben opfern …

In einer unfairen Situation … und werde, ab meinem ersten Tag meiner russischen Staatsbürgerschaft … frische Blumen auf alle französischen, griechischen und deutschen Kriegsgräber legen … Aus größtem Respekt …

als Anerkennung …

für die geschützte Freiheit … deren Preis … aus meiner Sicht … unfassbar, unbezahlbar hoch bleibt … und arbeite … hoffentlich nicht 400 Jahre lang … wie die armen Hellenen … An einer friedlichen Befreiung von Europa!“ …

was dann geschah, erzähl ich ein andermal …