Archiv für den Monat: November 2022

27.Novem-bär – La putain russe – Odyssee 2022

Heute morgen hatte ich ‘ne Eingebung. Ging dabei um Nationen und so. Beim Drübernachdenken fiel mir auf, dass Nationalstolz im Grunde nur für Politiker und Regierungen und so – genau. Wenn man Deutsche und Franzosen fragen würde, was ihnen wirklich wichtig ist, dann vermutlich, dass alles bleibt wie es ist.

Stellen wir uns vor, wir können weiterleben wie wir‘s gewohnt sind,

müsste es uns dann nicht egal sein, zu welchem Land, zu welcher Nation wir gehören? Wenn Sprache, Umgebung alles bleibt wie’s ist, also wirklich alles, dann könnten wir morgen alle Russen sein, ohne dass man einen Unterschied merkte. In Frankreich würde sich lediglich die Reihenfolge der Tricolore ändern.

Selbst die Farben blieben gleich, was will man mehr.

Mit dem GröFaZ hatte man ja schon Erfahrungen gesammelt, wie man nahezu ohne Beschädigungen Paris einnehmen ließ. Lasst Lebenskultur statt Waffen sprechen, wer sagt bei Champagner, gutem Essen und Wein schon nein, noch dazu, wenn Frauen und Musik dich begleiten. Damals hatten die Franzosen den Dreh raus.

Und heute?

Heute würde ich wetten – auch. Man bräuchte seine Armee lediglich in nachlässig-elegante Kleidung mit Schal stecken, ein paar französische Redewendungen und Verhaltensweisen lernen lassen, wie z.Bsp. Rotwein geschickt im Sonnenlicht wälzen und um 12:30 jeden Napf in Frankreich besetzen, schon wäre ganz Frankreich besetzt.

Moment mal, ganz Frankreich?

Ja, ganz genau – ganz Frankreich! Wenn man dann nämlich um 13:00 zuschlägt, ist La France am Futtern und wird sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, bis nicht in aller Ruhe Nachtisch, Käse und Digestif sorgfältig verzehrt und verarbeitet wurden.

Wenn dann Wladimir im Elysee-Palast

eine erste Radio & TV-Ansprache halten könnte, wo er sich Arm in Arm mit Emmanuel zeigt und beide bekanntgeben, dass man sich erfolgreich in Russland integriert hat, weil die Russen im Gegenzug die französische Kultur annehmen, dann könnte man das doch eine gelungene Fusion nennen, oder nicht?

Deutschland würde sich wie von selbst anschließen,

bei der Aussicht, diesen Riesenladen durchoptimieren und organisieren zu dürfen. Allen wäre geholfen. Keine Toten, kein Theater, nur zufriedene satte Gesichter. Die Deutschen würden 100 Jahre brauchen, wenn sie’s überhaupt schaffen, weil die Franzosen mit ihrer Lässigkeit und gutem Wein und Essen den arbeitswütigen Deutschen allen Wind aus den Segeln nähmen.

Welch‘ Traumland wäre dies neue Russland.

Vielleicht könnten wir uns dann durch die Hintertür mit den Ukrainern einigen, dass ganz Europa und Asien halt „Ukrasien“ heißt. Nie wieder Probleme mit Ressourcen und Kultur, geschweige Krieg. Vorausgesetzt, Politiker machen Politik für Menschen und nicht für’s eigene Portemonnaie oder um das Ego zu befriedigen.

Okay – klingt utopisch.

Aber warum nicht, dachte ich mir beim zweiten Café? Na gut, mir ist klar, so einfach wird das vermutlich nicht. In la Trance, pardon – La France – spielen die Elite-Unis eine traditionell große Rolle. Zum Beispiel die École Polytechnique. Deren Motto lautet, Achtung bitte festhalten, jetzt geht sie nämlich los, die wilde Fahrt in die Vergangenheit:

Pour la Patrie, les Sciences, la Gloire

Kann man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Für’s Vaterland, die Wissenschaften und den Ruhm. Na wenn das nichts ist. Da steht nichts von wie zum Beispiel „für die Menschlichkeit, Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit“ Deserteure wurden hüben wie drüben standrechtlich erschossen. Man war Vaterlandsverräter, hat Opa erzählt.

Wen verriet man da eigentlich genau?

Sollte das nicht alles freiwillig sein? Sollte man sich das Land, zu dem man sich hingezogen fühlt nicht freiwillig auswählen können und dürfen? Macht man ja auch beim Partner. Zumindest bei einer Vielzahl von Nationen macht man das noch so. Wenn einer „nein“ sagt, dann eben nicht. Soll er halt weg.- wonaders hin gehen, oder nicht?

Mit „Chers compatriotes……“

Beginnen alle Ansprachen von Manu Macron. Klingt vielleicht irgendwie militärisch, heißt aber, wenn ich mich richtig erinnere, „liebe Landsleute…“. Wen meint er? Alle Franzosen? Vermutlich. Dann meint er mich damit nicht. Ich bin also seiner Ansprache zur Folge, ausgeschlossen, vermutlich so auch einige andere hunderttausende. Warum sagt er nicht „Liebe Bürger und Bewohner von Frankreich…“

Ginge das nicht – auch?

Wählen darf ich auch nicht, egal ob mit oder ohne geänderte Ansprache. Darf man nur als Franzos‘, also mit Pass und so. Dafür muss man aber einen Test machen. Dort wird geprüft, wie gut ich Sprache und Kultur kenne. Was bedeutet, dass, wenn ich sie eben nicht gut genug kenne – im Test durchfalle.

Kommt für mich also nicht in Frage.

Solange man meint, etwas an mir „abprüfen“ zu müssen, wird das nix. Bin lieber ein guter Europäer, als ein guter Franzos‘, was auch immer in diesem Zusammenhang „gut“ bedeutet. Zumindest fühle ich mich eher als Europäer, als irgendetwas anderes, und das nicht nur weil Εὐρώπη im Altgriechischen „Vielfalt“ heißt.

Wie komm‘ ich jetzt vom schweren Thema weg?

Nichts leichter als das. Als guter Franzos‘ der ich angeblich geworden bin, dreht sich alles um Essen und Trinken. Politik, Wirtschaft, Menschenrechte und so stören da nur. Hauptsache lecker futtern und gud‘n Wein. Dann klappt’s irgendwann auch mit umweltfreundlicher Atomkraft, Mülltrennen und menschenfreundlicherer Ansprache.

Bis dahin, vive l’Europe, vive les fêmmes…

20.November – Put(a)in de Toulouse – Odyssee 2022

Seit ein paar Tagen bin ich zurück; iss zwar nich‘ g‘rade Mutter’s Bauch, aber schön ist‘s schon. Wärmer und vor Allem, weniger hektisch; im Norden hört man immer jemanden in die Stille schreien; weil aber die zwei Christoph‘s nicht mehr sind, fahre ich dann immer erschrocken zusammen, wie meine Großmütter, wenn sie russisch hörten.

Wo wir gerade dabei sind,

irgendwie ist jetzt ein guter Moment um David’s „Unendlichen Spaß“ zu lesen; verschiedene Wissenschaftler rackern sich nämlich an den Parallelen zur jetzigen Zeit ab; aus vielen Gründen mache ich nicht mit; Wiederholungen habe ich nicht so gerne, was nur einer ist; nicht mal Bud- Spencer-Filme und Miami Vice klappen,

das ist wirklich das Ende.

Überraschung, aktuell knöpft man sich die Kubakrise vor; wer das Buch „Trauma einer Weltmacht“ von Robert Mc-Namara gelesen hat, könnte sich den Artikel schenken, wenn er keine Vorliebe für russische Kultur hat; bin beim Lesen immer hin-und-hergerissen; schreien, weinen oder lachen; vielleicht alles hintereinander weg.

Schlimm, unser Talent zur Ausblendung.

Klar ist das peinlich, wenn man im Nachhinein drüber nachdenkt, wie viele Deutsche „Jaa“ geschrien haben, als der GröFaZ den „Totalen Krieg“ vorschlug; ist so gewesen; der Vater eines Freundes ist angetrunken in Holzbotten auf die Leiter geklettert, um einen Ast abzuschneiden; hat sich den Hals gebrochen; was schreibt man auf den Grabstein?

Er machte Fehler?

Machen wir doch alle; man stelle sich eine Grundschulklasse vor und teile sie in zwei Gruppen, eine Seite steht für „tödliche Fehler“ und die andere, für „übliche Fehler“; mein Vater hat im strömenden Regen Rasen gemäht, ist ähnlich wie der Rasenmähermann der Siedlung, nur in „Hardcore“, Wahnsinn für Fortgeschnittene.

Was dachte seine Gattin? Sein Sohn..?

Man stelle sich das mal vor; das Telefon klingelt; draußen hört man in Entfernung den Mäher im strömenden Regen stottern; alle 5 Meter muss sich ein Alltags-Held bücken und die Verstopfung beheben und aufpassen, dass seine Finge dran bleiben; die Ehefrau geht ran. „Ja-ha?“, wer kann das Samstag 11:15 wohl sein, denkt sie.

„Hallo meine Liebe, wie geht es dir?“, Freundin Gisela.

Kurze Stille, man hört tiefes Atmen, „ach, ganz gut soweit…“ befangene Stille, „bist du noch dran…?“ Nachschlag Stille „Ja, ja….es ist nur….“, wieder tiefes Atmen, „bist du sicher, bei dir ist alles in Ordnung?“, jetzt ändert sich der Ton, man meint einen breiten Mund sprechen zu hören, lächelt etwa jemand, „bei mir schon….nur bei…“, wird sie sagen was sie denkt, gar fühlt.

In der Küche köchelt Wasser im Kessel.

„weißt du…“, jetzt steht’s auf der Kippe, weinen, oder lachen, die Freundin hilft, „ich weiß, ich weiß, bin eben bei euch vorbeigefahren, du meine Güte hat das gegossen, bin höchstens zwanzig gefahren; euer Garten ist zwar dicht bewachsen, aber ich hab‘ ihn gesehen; diese Öljacken sind schon sehr gelb, auch die Gummistiefel“, höfliches lächeln.

„Ja, schweren Stiefel von der Baustelle…“

Endlich lachen beide, eine von beiden lauter als die andere; „Was macht er draußen, bei so einem Wetter?“, wie umschifft man unangenehme Teile; „Rasen mähen…“ wieder Stille, dann hastet man weiter, „und bei euch so? Wann kommt ihr heute Abend?“

„Wir sind zum Aperitif bei euch….ja, verstehe einer unsere Männer…“

Liebesdienste unter Frauen; Männer gehen in Kneipen und blasen sich die Lichter aus; oder versteinern und verwandeln sich in mechanisch-funktionierende Maschinen, die nach ca. 18min nach dem nächtlichen Auf-die-seite drehen, in ihre Richtung furzt.

War eben auf dem Markt.

Gewusel, Gewusel und erste rote Köpfe; 13:00 Uhr ist zu spät für frischen Salat; gab keine Auswahl mehr, also spanisches Massenprodukt; ein paar Tomaten, schau, die sehen toll aus, brauche Salatgurken; endlich wieder frisches Tzatziki; ist Koriander und Petersilie da; tatsächlich, super; schau mal, frischer Spinat; was meinst du,

fällt dir was dazu ein?

Dann Trampelpfad, Place de la Trinité, ab zum Carrefour Express, Eier, Milch,  Rohrzucker; dann trifft mich der Schlag; der Supermarkt will fünf Euro für zwölf kleine, in Plastik eingeschweißte Madeleines; bin ich nicht eben an einem Laden vorbeigegangen, wo man frische macht; na los, hin da; gleicher Preis für sechs doppelt so große ohne Plastik,

alles klar, Herr Kommissar.

Auf dem Rückweg kurzer Stopp beim Blumenladen, brauche frische große langstielige Lilien; gähnend leer hier, kein Wunder, alle am Napf; die Blumenfrau ist höchstens 30; einen Meter fünfundsechzig, bunte Strähnen im Haar, Sommersprossen, kräftige Oberlippe, fast vulgär, macht bestimmt ‘ne gute Bouillabaisse.

Schnell kommt’s zum Plausch.

Wir sprechen über Großeltern die im Garten wühlen, von Tomaten, die nach solchen duften, von Salat, grünen Bohnen, Kräutern, Spargel, Austern, wann beste Saison ist; überhaupt Saisongemüse, Saisonwaren, Saisonleben, lokal leben & essen, wann bogen wir falsch ab; seh sie im geistigen Auge Spargel stechen, bestimmt packt sie fest zu.

Einen schönen Tag noch.

Brimm-Brimm, ich stehe draußen, Heimweg; links und rechts läuft Hundepisse aus den Ecken; beschlagene Scheiben in Restaurants, alles krachend voll; habe einen riesen Strauß Blumen im Arm; Männer und Frauen lächeln, wir wünschen uns schöne Wochenenden; sogar der Postbote war schon da.

Klemme mir die Zeitung untern Arm,

fummle den Haustürschlüssel raus, Sonne scheint, Lilien duften, ein Rucksack voller Lebensmittel; Einkaufen ist Flanieren, purer Müßiggang, nie weiß ich, mit was ich nachhause komme; gibt immer Männer die bei Regen Rasen mähen und rote Knöpfe drücken,

ist halt so, wie die Gezeiten.

Wie Flut und Ebbe; hab‘ dann ‘ne taktische Genussbombe für ena Atomo (ένά Άτομo) gezündet; blanchierter Blattspinat, in Butter angeschwitzter Kochschinken, Knoblauch, Frühlingszwibeln, dazu einen weißen Côte du Duràs, vom Pflaumenheini – wunderbar.

Sparta liegt in Trümmern.

Worauf warten wir? Muss alles Mal eine Ende finden, warum nicht jetzt, so schön auf dem Gipfel der menschlichen Existenz? Wollt ihr nicht? Nicht jetzt? Elende Nihilisten, nie seid ihr zufrieden; dann kocht euch halt was Leckeres; make food, not war; alles klar, noch Fragen, Herr Bundeskanzler? Na, dann ist ja gut.

Mal sehen ob im Februar russische Pilze wachsen.

Sollen ‘ne ganz eigene Schönheit haben, im Geschmack ganz anders; macht man Borschtsch nicht mit Rote Beete; dachte ich mir; hat Gründe warum sich Hamburger so sehr in die russische Seele hineinfühlen können; jahrzehntelanges Labskaustraining; Helbing Kümmel ist kein Wodka; die Ahr nicht die Rhône – und doch,

wir werden sehen, sagte der Weise

und schaute seinen Bud-Spencer & Terrence Hill Lieblings-Film auf Französisch; Aquarium mit Musik, Nerven schonen, um a) den Segen, nuklearer Errungenschaften auszubalancieren, vielleicht b) jegliche Verantwortung von sich zu schieben, warum nicht c) mit der geballten Kraft von Bud Spencer, Balou dem Bären & Slavoy ‘ne kleine Unwucht herzustellen.

Gibt bestimmt noch d), sowie e) etc…

13.Novem-bär – Druiden Mission – Odyssee 2022

Viele sagen, ich bin‘ Optimist; meine Fröhlichkeit würd‘s verraten; immer könne ich positiv denken; ein Beispiel; vor ein paar Tagen in der Siedlung, ein Nachbar paar Häuser weiter, der Erste in der Einbahnstraße neben dem Kinderspielplatz, mit den feuerverzinkten Stahlspielsachen, deren Fundamente tief in die Erde gelassen sind,

wie die geschändeten Frauenleichen in Ciudad Juarez;

ich kam gegen 11:32 vom Laufen zurück, als er mit Gartenschlauch bewaffnet im Schatten seiner Birken nassen Rasen wässerte; nie würde ich denken, dass er seine Frau über Nacht fachmännisch zerlegt hat und seelenruhig – wie Mr.Wulf in Pulp Fiction – letztes Blut vom Rassen schwämmt; stattdessen meinte ich Reste von Blumentopferde gesehen zu haben.

Vermutlich pflanzte er Yucapalmen um, oder andere Gewächse.

Bestimmt wollte er nur seine gleichmäßige Grünfläche wiederhaben; wäre sonst ja ‘ne Grünbraunfläche und das sieht ja nicht aus; muss ja alles seine Ordnung haben; man kann da nicht einfach so hopp-hopp – das geht doch nicht.

Aber Mord, hier in der Siedlung?

Natürlich ist er seit Jahren auffällig; vielleicht ein wenig verrückt, aber – alltagstauglich; wie sonst nennt man Menschen, die sich freiwillig mit hochwertigen Luxus-Gartenzäunen aus latexbeschichtetem Stahlgittern und Edelstahlschrauben Marke V4A einsperren, das man an Gefängnisse denkt.

Raussehen kann er aber noch.

Ein paar Straßen weiter hat‘n Anderer ’ne pechschwarze 3m Holzwand hingezimmert; von seiner Terrasse hat er vielleicht 4 bis 5 Meter Abstand zur neuen Grenzmauer, zwischen Nachbar Ost, West, Süd und Fußgängerweg; verrückt sicherlich, auch er, aber eben – alltagstauglich.

Natürlich sind‘s keine Mörder wie in der mexikanischen NAFTA-Stadt.

Schön sind auch die Porzellan-Dalmatiner in der Einfahrt des zweiten Nachbarn Richtung Norden; ham‘ sich ‘ne ganze Familie Keramik-Wauzis in die Auffahrt gestellt, die Freunde, Postboten und Fußgänger willkommen heißen;

Mein Kumpel F. sagt,

letztendlich ist‘s egal, ob‘s Gartenzwerge, Dalmatiner, Terrakottavasen oder fancy-aussehende Vintagedesign-Holzdekorationen sind; von schlecht bezahlten Kinderhänden zusammennagelte Holzprodukte, die Surfwellen oder hauseigene Barbecue-Regeln verkünden.

Alles irgendwie schräg, vielleicht verrückt.

Für mich sind‘s eindeutige Zeichen für Geschmack und Wohlstand; so wie die vielen Hundewarnschildern, Alarmanlagen, Radaranlagen-Attrappen und insel-mainau-mäßig-gepflegten Gärten, mit herrschaftlichen Auffahrten, die frei von jeglichem Grashalm sind und mit derartig akkuraten und hohen

Pflegestufe vorfahren, dass man andächtig – schweigt.

Oder schwelgt; doch all das will ich nich‘ erwähnen, darüber kann man Roman-Serien schreiben; aber Mord? Hier bei uns in der Siedlung? Schwer vorstellbar. Ist man heutzutage Optimist, wenn man sich für die Mitmenschen mitfreut, nur weil die‘s sich mit Kolonialwaren gutgehen lassen?

Finde ich nicht.

Interessanterweise erlebe ich mich selber als rückständig, wenn ich mich in der Nachbarschaft umsehe; da werden Beleuchtungen über Smartphone-Apps gedimmt; sogar die Farben kann man über solche „Apps“ ändern; haben Glühbirnen heutzutage etwa verschiedenfarbige Wolframwendel, die man über Funk ansteuert?

Wie krass ist das denn!

Oder Überwachungskameras, die man – natürlich auch über ‘ne App – ansteuert und jederzeit sieht, wer sich seinem Besitz nähert; Bewegungsmelder, die stadion-mäßisch ausleuchten, auch wenn’s Nachbarkatzen, oder Zweige sind, die sich sanft im mittlerweile fast klimaneutralen

lauwarmen Schleswig-Holsteinischen Wind wiegen.

In unserem Pueblo auf Mallorca geht‘s zurzeit auch hoch her; dort ist man ‘nen Schritt weiter; der positive Einfluss der deutschsprachigen Langzeit-Touristen macht sich wohltuend bemerkbar; längst gibt‘s dort Max-Bahr-Baumärkte, sowie Husquarna und Stiehl-Niederlassungen, damit auch Inselfincas mit Hand und Fuß,

biodynamisch bewirtschaftet werden.

Vor kurzem hat unser Dorf-Druide sich zu ’nem innovativen Projekt überreden lassen; hat ‘ne Mission für Ägypten angenommen; sein Wissen, noch dazu seine 7 Sprachen, die er verhandlungssicher spricht sind – man höre & staune – weltweit bekannt. Ob es Chemtrails, oder drohende Weltwirtschaftskrisen sind – überall ist er mit dabei,

und zwar an vorderster Front.

Seine neuste Mission wird ihn mit führenden ägyptischen Industriellen, sowie dem mexikanischen Außenminister auf ‘nem Klima.- und Energiegipfel zusammenbringen; ich freue mich riesig für ihn, dass er endlich die Anerkennung bekommt, die er schon seit Jahrzehnten verdient.

Man wird ihm dort die Pläne von Mexicos Präsident AMLO vorstellen.

Übersetzer und Projekt-Partner sind nur die Spitze seines Eisbergs; sein Wissen ist so allumfassend, dass ich ihn oft auch respektvoll – den Alchimisten – nenne; dass ich mich geehrt fühle, solch ein Super-Talent zum Kumpel zu haben, versteht sich von selbst.

Hab ihm angeboten einzuhüten,

bis er von seiner geopolitischen Mission mit sei’m Partner zurückkommt; gehört sich so unter Freunden; vielleicht erlebt man mich deswegen als Optimist; solche Menschen haben positiven Einfluss; und natürlich find ich‘s großartig dass er Wissen und Erfahrung einbringt; solche Talente muss man unterstützen.

Wir haben viel zu wenige davon!

Angeblich wird er als heißer Kandidat für die anstehenden Verhandlungen zwischen Putin und der Ukraine gehandelt; würde mich nicht wundern, wenn er von Kairo direkt weiter nach Moskau fliegt, bevor er sich dann – endlich – mit seinem Kumpel AMLO in Mexico trifft.

In der Zwischenzeit überwachen wir unsere Siedlung,

damit die vielen grimmig-aussehenden Gestalten keinerlei Unfug treiben, weder mit fremdem Besitz, noch auf unseren Straßen, die wir mit unserem Geld bezahlen; unserem Geld, dass wir im Schweiße unseres Angesichts – jawohl, dass sage ich in aller Deutlichkeit – verdient haben!

Jetzt hau ich mir ers’mal’n Steak auf den Grill…

6.Novem-bär – Kampf dem Krieg – Odyssee 2022

Mein ältester Kumpel wurde 50; nie macht er Wind um sich; so war uns klar, dass wir was im Hintergrund organisieren mussten; so geschah es; Frau und Freunde machten sich Mühe, was mit ‘ner gelungenen Überraschungsparty gekrönt wurde und ‘nen glücklichen Abschluss für Jubilar und Gäste fand; glänzende Augen und Umarmungen sprachen für sich.

Kurz & nüchtern beschrieben, ist die Geschichte hier zu Ende.

Wer sich beim gemütlichen Schmökern meines Blogs entspannen will, hört an dieser Stelle bitte auf; wer hier auf Zerstreuung und Wohlfühlerlebnisse hofft, der schaltet besser den Fernseher ein und schaut was mit Kai, Jörg, Richard und Markus, für die Mädchen, oder, Barbara, Julia, Bärbel und Florian für die Jungs; halt was Vorhersehbares, dass den Wohlfühlknorpel streichelt

und NICHT belastet.

Wer nach dem Trinken eigener Tränen neugierig geblieben ist, der sei herzlich willkommen, der hat sich alleine dafür schon meine Hochachtung verdient; doch Neugier ist‘n launisches Tier; wenn ich‘n Photo meiner Zahnbürste für den Titel wähle, schlafen Allen die Füße ein; wenn ich stattdessen ‘ne blutige Rasierklinge wähl, sieht die Sache – leider – anders aus.

Ab hier also für Neugierige, Welten-Zerstörer, Mütter & Väter.

Was wär, wenn der Rasenmähermann nebst Gattin – ihr erinnert euch, letzte Woche? – Gast auf der 50-Jahr-Party war? Was, wenn mein „Kurzen-Rasen-und-Fußball-liebender-Nachbar“ nicht der einzige seiner Gattung in der Siedlung ist?

Was wär,

wenn von 50 Gästen, die meisten Männer ähnlich sozial verträgliche Leidenschaften ihr Eigen nennen? Was, wenn Freundinnen und Frauen dieser Inseltalente sich ALLE durch Selbstzündung erleuchten müssen – was dann?

Könnte ein Vierzeiler dem Ganzen gerecht werden?

Als mein Kumpel und ich, wie mit‘m geheimem Festtagsgremium verabredet, gegen 18:00 eintreffen, haben sich fünfzig Freunde und Nachbarn versammelt; üblich an Samstagen in Schleswig-Holstein um die Zeit – man hat’n paar Gläser intus, und somit Vorsprung. Nüchtern ist man in SH schon ausgelassen; wie sind die alkoholisiert?

Einfach – unbeschreiblich.

18:30 – erst einmal Lage peilen: Laute Musik, viel Speis und Trank und Gewissheit zu den TOP 10% in Sachen Einkommen zu zählen; läuft doch, oder; noch dazu physisch wie psychisch gesund, was will man mehr; wie wär‘s mit sozialen Kontakten? Geht man in der Woche noch mal flott abends weg? Zum Beispiel auf‘n schnelles Bier mit Kumpels, oder auf‘n Weißwein mit den Mädels?

Keine Ahnung – vermutlich selten.

Der Hamburger Speckgürtel mit Vierteln wie der Siedlung, kann man auch „bewohnte Friedhöfe“ nennen, auf denen wir unsere alarmgeschützte Existenz mit Alkohol, Netflix und Amazon Prime ersaufen; mentale Hygiene und Erleichterung? Bekommen wir nur auf Fußballplätzen und im Urlaub – oder eben – auf Geburtstagparties.

An jenem Abend trug ich schwarz – auch vom Verhalten.

Beichten gab‘s zwar keine, aber die vielen Geschichten, die ’nen Garten voller Kuriositäten erschaffen, reichlich gewässert von Schnäpsen, Grölereien und Schulterklopfen, wirken wie ein Ventil. 19:00 Uhr, erhitzte Gemüter wetzen Messer.

Themen – Politik und Wirtschaft, gewürzt mit Religion.

Fabelhafter Cocktail, denke ich, hatte ich doch selber schon ein paar Gläser Wein drin und schien nicht mehr völlig nüchtern zu sein, wie ich mir ehrlicherweise gestehen muss, dafür aber mit gehöriger Portion Respekt und Selbstkontrolle bewaffnet. Schnell gab‘s Schuldige.

Südeuropa, wer sonst, all‘n voran Fronkreisch.

Parolen wie „diese faulen Schwaine, die sich‘s mit Teutschlands wirtschaftlicher Hängematte gutgehen lassen…“, gehören zu den harmloseren Faktenchecks; man kannte sich aus; ich war umgeben von Experten; man wisse doch wie‘s laufe; auf Chemtrails wartete ich heute vergeblich; überhaupt der Süden, da hat man ein bequemes Leben und streikt dann noch die

Überreste seiner marodierenden Wirtschaft kaputt.

Oft denk ich an diesem Abend ans „Günther-Phänomen“, an die quietschenden Reifen des Notarztes, an feuchtes Gras, an Wohnmobile und Elektro-SUV’s und verstopfte Rasenmäher, Dachrinnen und Toiletten; viel lerne ich über meine Mitmenschen; welch Inspiration; was gibt’s Schöneres, als gemeinsam an der seelischen Pissrinne zu stehen.

Einfach – wundervoll.

20:00 Uhr; ein schriller Schrei nach Rotwein ruft mich auf‘n Plan; als geleaster Franzose befinden weibliche Gäste, dass ich mich auszukennen habe; los Mundschenk – bringe er Rotwein, aber flott-flott; fix ‘nen Strauß Flaschen aufgezogen, um gierige Mäuler zu tränken; der Rote von Kumpel Jean-Marc verdunstet förmlich in den Gläsern.

21:00 – Männerhände klatschen auf Frauenärsche.

20:25 Glas geht zu Bruch; Musik wird lauter und schneller; man ist bei Elektro angekommen; auch der letzte Mann wechselt auf Havanna-Club-Cola und Gin-Tonic; Frauen beharren auf Wein, neuerdings Roten; Gespräche über Firmen, Menschen, Arbeit und Exfrauen.

Unmöglicher Balance-Akt des Lebens.

Quadratur-des-Kreises; ‘ne Scheißhausmischung von Surrealität und Paradoxien wie Holzeisenbahn, Gesundheitsversorgung, Zwangsverstaatlichung und Bananenbieger. 22:00 – man lacht lauter und rauer.

Ne zweite Buffet-Welle lässt Berge entstehen,

dass der schiefe Turm von Pisa dagegen verblasst; ich denk‘ an Reinhards Song „Schlacht am kalten Büffet“; haben die schon wieder Hunger? Offensichtlich. 22:30 – vorm Klo stehen Frauen Wache, obwohl drinnen ein Schlüssel steckt; 23:00 man schafft Platz, räumt Tische und Bänke weg; Menschen tanzen.

23:30 – muss sitzen, denk ich, also raus auf ‘ne Holzbank.

Endlich weniger Krach; ich schenke Wein nach; Jean-Marc ist ausgetrunken; ein Italiener blendet mich erfolgreich; gerade nipp‘ ich am Glas und denk‘ an Apulien, wo der Tropfen herkommen soll, obwohl er nach

Ahr und Spülmittel schmeckt

als Xerxes und Leonidas mir gegenüber Platz nehmen; ernst und gründlich, spült Leonidas sein‘ Rachen und futtert Salzstangen, um den Itakker gebührend zu kosten. 23:32 – Xerxes lacht schallend laut.

„Völlig sinnlos, außer Don schmeckt hier niemand mehr was…“

Sofort denk ich ans schwarze Loch von Sparta, in den Leonidas im Film „300“ den persischen Kurier hineinbittet; wie‘s heute wohl ausgeht; Xerxes hat‘n ansehnliches Alkohol-Level erreicht, zum Rasenmähermann-Club gehört er nicht.

Leonidas fühlt sich gut,

will / kann aber den ausgeteilten Schwinger an alle nicht stehenlassen; „Du meinst also, dass ich keine Ahnung von…“, Xerxes unterbricht feudal, „Hör doch auf mit dem Scheiß; gar nix schmeckst du; wir können Weine mischen und du würdest nix merken; wir sind alle besoffen…“

Fehdehandschuhe in frisch gemähtem Rasen.

Frieden ist ‘ne komische Sache, so wie Neugier und Gesundheit; man vermisst sie, wenn sie nicht da sind; ich höre Leonidas‘ kämpferische Natur schon zum Angriff schreien „DAS ist Sparta!“ Er wechselt das Wortregister; „Lass uns das beenden und einen schönen Abend haben…“, Xerxes ganz angestachelt, „Was redest du fürn Scheiß? Willst du mich hier etwa als den Bösen….“, Kriege beginnen mit Halbsätzen, denke ich.

23:45 – ziehe mir das Kettenhemd an.

Leonidas rasselt mit dem Schwert; „Langsam gehst du mir auf den Wecker; bis eben war der Abend nett und jetzt wirst du echt….“, Öl löscht am Besten das Feuer, denkt Xerxes „Willst du mich dafür verantwortlich machen? Hör mal wie du mit mir redest…“, Siedepunkt erreicht; bin gespannt, ob Leonidas sich beherrscht, oder sein Schwert für Nichtigkeiten einsetzt.

23:50 – für Sekunden sehen sich die Kontrahenten in die Augen,

sogar auf der Holzbank rutscht man auf Abstand; schlechtes Zeichen; bin sprungbereit, um auf Abstand zu gehen; außer Plastikgabel und Worte trage ich keine Waffen; Leonidas richtet sich feierlich auf; „Sorry, ich gehe; sonst haue ich den Penner hier um…!“, ausgesprochene Drohung, aber er hat die Vernunft siegen lassen – Hut ab.

23:55 – Leonidas ist weg.

Jetzt knöpft der gute Xerxes mich vor; streue verloren aussehende Argumente zur Verschönerung; Xerxes ist nur noch im Sendemodus; gibt noch erstaunlich fiel Unausgesprochenes zu reden; hinter uns beginnt die Nebelmaschine ihr Werk; ein Dutzend Menschen hotten zu Techno ab.

Xerxes lässt nicht locker.

Wortgewaltig donnert er vom Thron herab; „Scheiße, macht ihr mich hier jetzt zum Buhmann? Kann’s nicht glauben, was für‘ne Frechheit; soll dieser Leonidas ruhig wiederkommen, dann kriegt er eine Abreibung, wie er sie noch nie im Leben….“, ich wechsle das Thema, mal schauen, ob das klappt, „Unabhängig von Vielfalt und Allem, schmeckt dir der Wein…?“

Stille – Xerxes grübelt.

Gebannt warte ich auf ‘ne Reaktion, als plötzlich seine Königin am Horizont erscheint und ihn am Schlafittchen packt; wortlos erhebt er sich; feuert ein paar donnernde Blicke auf mich ab; „darüber reden wir noch; ist ne Schweinerei, mich als Bösen abzubügeln!“ Denke wieder an nassen Rasen, der den Nachbarn nicht abhielt, zu tun, was unbedingt zu tun war, obwohl die Natur mit Zaunpfählen winkte.

00:30 – Gäste machen‘s Xerxes und seiner Königin gleich.

Man verabschiedet sich; 6,5h können lang sein, wenn man schnell trinkt und isst; unendliche Weiten können‘s werden, wenn man vom Haben, statt vom Sein redet; avoir et être; zwei Wochen brauche ich um die Party zu verdauen; natürlich kann ich‘n Buch darüber schreiben.

Aber über was denn noch alles?

Antworten habe ich doch auch keine, stattdessen Fragen & Hoffnung, sowie den unbeugsamen Willen NICHT, NIEMALS auf keinen Fall aufzugeben, was auch immer passiert; wir sollten öfter zusammenkommen, vor allen mit Menschen die anders sind als wir selbst; gibt sonst zu wenig Impulse und Inspiration.

Ob ich was vermisse in Frankreich, fragte Xerxes.

Hamburger Kneipen zum Beispiel; in Frankreich gibt’s dafür Bars und Bistros; natürlich ist das Nachtleben anders, aber deswegen bin ich ja da; die Siedlung braucht dringend eins von Beidem; zuhause sitzen macht einsam und unglücklich; manchmal sogar traurig und depressiv, wie Ronja von Rönne und Kurt Krömer schreiben.

Ellenbogenmenschen finde ich anstrengend.

Egal in welchem Land, egal in welcher Sprache; Gemeinsinn scheint heute schwierig, Solidarität auch; Neugier zu kultivieren und pflegen genauso; ich glaube Krieg trägt man vor Allem in sich; kommt er jemals von außen; keine Ahnung; natürlich hat man ’ne Wahl, abgesehen von Angegriffenen; das antike Sparta hielt es mit der Weisheit

„Willst du Frieden, sei bereit für Krieg!“

Seit 2500 Jahren gibt‘s das antike Sparta nicht mehr; Kriege schon; Leonidas hatte die Wahl und zog sich zurück; ein Grund zur Hoffnung, wie ich finde; liegt vielleicht am Charakter und Umgang mit Reichtum; je mehr man besitzt, desto mehr muss man schützen; Menschen zählen nicht dazu; man besitzt sie nicht, auch wenn Manche anderer Ansicht sind.

Menschen gehören ausschließlich und exklusiv nur sich selbst.

„Was ist dir das Wichtigste im Leben?“, fragt Leonidas; ich antworte, „Lebenszeit! Je weniger Eigentum & Besitz ich habe, desto weniger Gedanken mache ich mir dann darüber und desto mehr Zeit ist für Menschen da, mich selbst eingeschlossen“ Kneipen & Bistros sind in Zentraleuropa zwar keine Kirchen,

aber je länger ich drüber nachdenke – eigentlich doch!