Schlagwort-Archive: Zeus

2.Juli – Helgoland – Odyssee 2023

Ist ewig her, dass ich hier war … keine Auto’s … kein Krach … nicht mal Fahrräder gibt’s … Gegenteil zur Großstadt … du siehst aufs Meer, riechst die Luft … Wind pfeift dir um die Ohren … nicht zu knapp … gibt nicht viel hier … und doch alles was man braucht.

Downsizing … weniger geht immer.

Alles, was du in Hamburg vermisst findest du hier … während moderne City’s stylisch, chic und hip sein wollen … Wellness, Boutiquen, Stau’s, Lärm und SUV’s … will man hier, nichts … während Städte sicher, hygienisch, vegetarisch, vegan, Fahrrad.- und Investorenfreundlich sein wollen …

will man hier up de Lun … nichts.

Während Stadtmenschen gestresst auf’s Handy sehen … von Termin zu Termin hetzen … vor Überangebot nicht wählen können … beschweren, wenn Kleinigkeiten fehlen, natürlich höflich, freundlich und diskret … sich tief drin darüber grämen … bestimmen hier Wind und Meer.

Städte sind wie trockengelegte Moore.

Sie brennen schnell … frei von wahrem … Leben … nur in buntdurchmischten Vierteln findest du‘s … Monokulturen sterben … Natur setzt sich durch … immer … während man in der Stadt alles auf einmal, heute … sofort … haben ist besser als brauchen … will man hier … nach Jahrhunderten,

… nichts.

Natürlich gib’s Restaurants, Kneipen … Dutyfreeshops … Herrman Marwede … Baufirmen für Offshorewindparks … Munitionsräumdienst … WW2 lässt grüßen … Bundeswehr-Hubschraubär … Lummenfelsen … frei lebende Schafe … *nen Hafen und Flugplatz …

aber sonst wirklich … nichts.

Hier leben besondere Menschen … Künstler, Aussteiger, Menschenscheue … alles ein und das Selbe … du siehst auf’s Meer … denkst alles und nichts … wie es sich kräuselt … wirft, glättet, spannt … zornt und wütet … friedlich döst … sanfte Pastellfarben … und zorniges flüssiges Metall …

Poseidon

Mittag in der bunten Kuh … draußen herrscht Stille … eine große Blonde wischt Tische … tschuldigung, habt ihr heute auf … Nee, wir putzen hier zum Spaß … merkst es selbst, oder? … setz dich wo du willst … Norddeutschland ist auf Helgoland nordischer als der

ganze Rest … zusammen.

Zweiter Tag … Flaneur passt hier nicht … zu elegant … und doch ist’s jeder … man kleidet sich praktisch … duzt jeden … legt wenig Wert auf Etikette … modische Akzente … redet wenig … wenn mit Wucht … immer wieder Meer … Leuchtturmfeuer des Nachts …

weißer Fächer der Dunkelheit.

Jeder macht was er will … ohne groß davon zu erzählen … imponieren … wer hier ist, braucht keine anderen … du hast das Meer … ständig … es ruft sehnsüchtig … wie der Tod … Seeleute wissen das … können über ihre Liebschaft nicht reden … sie wissen es …

Irgendwann speisen alle an Poseidon’s Tafel.

Bis dahin … Blick auf’s Meer … Melancholie … trockenes Schlucken … sich Abwenden … und doch …  gleich wieder hinsehen … dazu der Wind … ewiger Gegner … nicht nur für Hamburger P-Liner … er scheucht Poseidon vor sich her … nimmer müde … selten seicht

… meistens zornig.

Täglich ruft das Meer … schlendere gemütlich durch den Hafen … Helgoländer lieben ihre Insel … sie gibt ihnen Schutz und Heimat … nicht selten Zuflucht … verbrannt von Städten und Leben … zu viel ist zu viel … wer hier bleibt wählt Stille und Bescheidenheit … wo gibt‘s sie noch …

frag Louis den 14.

Helgoländer Pannfisch oder Matjeshering Hausfrauenart … mit frisch gezapftem Jever … und dir fehlt nichts … dazwischen Möwen, Meer, Wind und Leuchtturmschwert … die Insel hält dir ‘nen Spiegel vor … nicht jeder hält stand … Mutige werden produktiv … alle forschen … dichten …

Schriftsteller des Lebens.

Zeit vergeht langsam … heute am zweiten Tag … welcher ist heute … keine Ahnung … nicht wichtig … man könnte so viel tun … wo will man anfangen … nie wird man fertig … warum also anfangen … hier reduziert sich alles auf … essen, trinken, schlafen … auf’s Wasser schauen …

seufzen …

01.Januar – Odyssee 2023

Ein Restaurant, irgendwo an einer Klippe, oder Steilküste. Vielleicht Getaria, Estellencs oder Kyparissia. Sonne scheint, kräftige Böen zerzausen Sonnenschirme und Frisuren. Direkt hinter der Terrasse geht es steil abwärts. Kein Geländer, keine Absicherung.

Ein Fehltritt und wir fallen in die Tiefe.

Unsere Gesellschaft scheint sich mit traumwandlerischer Sicherheit an die Gefahr gewöhnt zu haben. Es gibt nur einen Tisch, Tafel trifft es besser. Blick auf die See. Meine Freundin schaukelt den Kinderwagen und lacht seine Bewohner*in an. Lautes Lachen, Gläser klirren, wir prosten uns zu. Durcheinanderreden, ich verstehe alles und nichts.

Es ist mir zu viel und doch liebe ich es.

Was reden wir da, und in welcher Sprache. Gebannt lausche ich. Da dröhnt Spanisch, nicht sicher welcher Akzent, Englisch umschifft Unverständnis als letztes Werkzeug, Französisch lädt zum Federball ein, Deutsch zur Wanderslust und Griechisch für Philosophie und abendländische Kultur.

Fühle mich benommen, ein wenig angetrunken.

Ständig lachen wir, immer bin ich in Bewegung, mal hier, mal dort. Jeder hat eine Anekdote parat. Alle scheinen ein wenig Rumgekommen zu sein. Hin und wieder kommt der aufgeregte Wirt und zu mir und mahnt unsere Gesellschaft zur Mäßigung, wir sollten uns zivilisierter verhalten.

Und endlich den Elephant im Raum auflösen.

Fühle mich ausgezehrt, aber glücklich. Meine Haut brennt. Innerlich friere ich. Alles gleichzeitig. Ich gelobe dem Wirt Besserung, obwohl ich es besser weiß. Optimisten versprechen ständig zu viel, furchtbar. Ein weiteres Mal stoßen wir an. Rosé-Champagner. Wie edel. Plötzlich frischt Wind auf. Graue Wolken verdunkeln die Sonne.

In der Ferne sehe ich Poseidons Dreizack.

Alter Weltenzerstörer, warst der eigentliche Chef der zwölf. Hast Zeus gewinnen lassen. Verstehe dich. Freiwillig Zweiter sein zeigt wahre Weisheit. Wir ziehen leichte Jacken über. Es pustet mächtig. Wellenberge rollen heran. Mindestens zehn Meter hoch. Donnernd brechen sie sich am Fuß der Küste.

Gläser klirren, Terrasse und Haus erzittern.

Gedrückte Stille, nur hin und wieder murmelt jemand was. Ergriffen sehen wir in die hungrigen Wellentäler, die sich höher und höher aufbäumen. Bin in Hochstimmung. Ich mag Sturm und donnernde Brandung wenn Poseidon mit den Muskeln spielt, wir unseren wahren Platz zugewiesen bekommen.

Furcht auf vereinzelten Gesichtern.

Schwefel hängt in der Luft, als wär‘s Lava und kein Wasser. Hin und wieder kommt Gischt zu uns heraufpustet. Wir kreischen und Fluchen. Ergeben uns dem Schicksal. Mit teuflischem Blick kommt der Wirt erneut auf mich zu. In seinen Augen lodert Feuer. Er packt mich am Arm, zeigt auf eine Geheimtür, versteckte Rutsche die Klippe hinunter.

Rein in Poseidons hungrigen Rachen.

Wer könnte die freiwillig benutzen. Wir gehen wieder zurück. Seine Augen lodern immer noch. Erwarte eine weitere Ermahnung, doch stattdessen zischt er höhnisch, „wird so schlimm nicht sein“. Kann mir keinen Reim drauf machen und kann es in Wahrheit doch. Meine Freundin schaukelt immer noch den Kinderwagen.

Hin und wieder sieht sie mich mysteriös an.

Plötzlich springt einer auf, rennt zur Geheimtür und springt wortlos hinein. Außer mir schein niemand es bemerkt zu haben. Neugierig blicke ich mich um. Fehlt jemand, wer ist der rätselhafte Poseidon-Freund, der seine kalten Arme unserer Gesellschaft vorzieht.

Eine hellenische Frage.

Ich stehe auf, nehme mein Glas, gehe wieder herum. Sehe mir unsere Gesellschaft an. Langsam kommt die Sonne wieder raus. Ich nippe am Rosé. Manche Entscheidungen fallen schwer. Treffen wir sie wirklich selbst? Oder tut es jemand für uns? Ich sehe aufs Meer. In weiter Entfernung sehe ich Poseidon zwinkern.

Plötzlich erschrecke ich.

Der Wirt steht neben mir. „Wer bist du?“. Verschmitzt lächelt er aufs Meer hinaus. „Du weißt es…“, er hat Recht. Bin nicht erschrocken, eher still, ein wenig friedlich. „Was machst du hier?“, die Frage eines alten Kindes. Er packt mich an der Schulter, sieht mich an. „Könnte ich dir nicht die Gleiche stellen? Kennst du deine Antwort?“

Ergriffen schüttele ich den Kopf.

Er lacht auf, freut sich diebisch. „Auch das ist eine Antwort; so musst du wohl noch bleiben. Kopf hoch, ist halb so wild. Wir sehen uns später…“ und geht ins Restaurant. Wenige Minuten später kommt er mit einem Tablett heraus. Mehrere Krüge schweren Rotweins darauf.

Unser Symposium ging weiter…

Prometheus und die wilde 10, oder war es die 4? – Odyssee 2021 CW35

05.September – Und mein Ende kam! Nicht das Endgültige, aber meine Zeit in Hellas. Eigentlich war ich ganz froh, wenn ich ehrlich bin, denn wenn ich länger als 10 Tage bleib – zehn ist die magische Grenze – werde ich abhängig; dann muss ich bleiben und das hätte eine Menge Änderungen bedeutet.

So flog ich Montag zurück nach Toulouse. Meine Rückfahrt von Kyparissia nach Athen verlief sonnig und ohne große Störungen; selbst das Athener Stadtzentrum zeigte sich von seiner Sonnenseite, so wie mein Kumpel Savvas, der mir mit seiner Firma-  www.motorent.gr – wie immer ein perfektes Moped zur Verfügung stellte – eine brandneue Buzuki V650.

So landete ich – ebenfalls ohne Zwischenfälle – im sonnig-blümeranten Toulouse, wo ich auf meinen Honda-Rappen sprang und nach Hause galoppierte, um mich schnell im Bett einzurollen und auf Morpheus zu warten; und so geschah es; nur wenige Minuten später kam er im Sauseschritt und nahm mich mit, auf seinen Himmelsritt.

Dienstag wurschtelte ich mich so durch.

Und wieder einmal kam ich mir nicht nur vor, wie König Sisyphos sondern ich fand auch einen Stein in meiner Tasche, den ich – offensichtlich – von Hellas mit nach Frankeich brachte; du meine Güte – dachte ich. Jetzt verschlagert sich wie von selbst, sogar mein unproduktiver Müßiggang, wer hätte das gedacht; über mehr als ein paar Notizen kam ich nicht hinaus, und selbst die, machten nicht viel her; es blieb dabei: mein Dienstag hinterließ keine Spuren, weder im Kosmos, bei mir, oder in meinem nächsten Buch.

Mein Leben blieb absurd.

Schon drohte der nächste Tag. Kurzfristig lud man mich zu einem zwei Tage dauernden Workshop ein; es ging um die Zukunft des Buches, der Kultur im Allgemeinen; eine kleine Gruppe Verleger hatte sich zusammengefunden. Aus mir unbegreiflichen Gründen kamen sie ausgerechnet auf mich, um Autoren-Repräsentant zu sein; ich hatte nichts dagegen, war aber ehrlichgesagt auch nicht besonders erfreut, weil ich geistig noch in Hellas steckte. Doch der Workshop sollte sich als mentales Sprungbrett vom Zehner herausstellen.

Ein Bus brachte uns ans Mittelmeer auf Chateau de Lastaours.

Und dort ging buchstäblich die Post ab; denn der Grund des Workshops war eine Initiative, die ich während der ersten Arbeitssitzung mit dem Namen „Kultur4.0“ versah; Kern des Ganzen war der Schutz des gedruckten Buches, bei gleichzeitiger Förderung von Schriftstellern und Autoren – und spannende Kernfrage – die nach nur wenigen Minuten im Raume stand, blieb folgende:

Wie richtet sich der Literaturbetriebes in Zeiten von Digitalisierung und der Nutzung der bekannten Elemente, bei gleichzeitigem Schutz des gedruckten Kulturgutes aus?

Klang seriös und ernst.

Spanier, Franzosen und Deutsche dachten kollektiv darüber nach, wie man sich für die Zukunft aufstellen muss, um digitale Medien, sowie alle Auswirkungen – ich dachte sofort an e-books, e-reader und all die vielen gestohlenen gratis herunterladbaren PDF-Files, mit denen man Verlage und Schreiberlinge bankrott macht – nutzte, statt sie zu bekämpfen, ohne dabei Buchdruckereien arbeitslos, sondern im Gegenteil mehr Arbeit zu geben, sowie Verlage und Autoren und deren Urheberrecht zu schützen und stärken.

Klang nach Quadratur des Eies.

Überraschenderweise, wie immer im Leben, zeigte sich die Sache weniger komplex, als ursprünglich geahnt, denn letztendlich fanden wir heraus, dass der ganze Literaturbetrieb vom eigenen Hochkultur-Standesdünkel seit langer Zeit in den Abgrund gezogen wird, mit dem man bis vor der Digitalisierung gut herumdünkeln und ausgrenzen konnte.

Doch diese Zeit war längst vorbei – nun galt es, elitäre Bildungs-Attitüden und deren teils unbewusst / bewusst ausgeübte subkutane Machtausübungen zu unterminieren, sowie Solidarität unter den Ausgregrenzten neu aufzubauen. Man könnte auch sagen:

Der Literaturbetrieb ist tot – hoch lebe Kultur 4.0

Schnell stellten wir fest, dass es Partner und Investoren benötigt, um das Neue aufzubauen. Ich schlug vor, dass wir uns als zahlenmäßig deutlich unterlegene Spartaner sehen müssen, um gegen die herrschenden Perser siegen zu wollen; wir müssen lediglich ein wachsendes Konzept aufbauen, dass sich – passenderweise – wie ein Virus ausbreitet und seine Energie von der Selbstherrlichkeit des herrschenden Systems bezieht. Wenn man uns dazu noch hoffnungslos unterschätzte, konnte es nur – Sieg- heißen!

Und so geschah es.

Fluchs hatten wir Arbeitsgruppen aufgestellt, die sich um all die verschiedenen Themenfelder kümmern; nach vielen Jahren war ich endlich mal wieder bis in die Haarspitzen motiviert; selbst Freitag hielt es noch an, wenngleich auf etwas niedrigerer Hitze geköchelt, jedoch mit gleicher Intensität.

Und die griechischen Götter sahen, dass es gut werden würde, allen voran Prometheus, der wie keiner von ihnen sonst, den Menschen in ihrer Hintertriebenheit und Vermaledeitheit glich – und so geschah das Wunder:

Es brannte Feuer…

Stille – Odyssee 2020 CW45

08.November – Geburtstage und vieles Mehr ließen D. nach Norddeutschland fliegen. Dort traf er, nach all dem Drunter und Drüber nicht nur Freunde und Familie, sondern auch eine alte Bekannte, die er schon länger nicht mehr gesehen und erlebt hatte; Zu viel meinen wir Menschen tun zu müssen, um unsere bekannten und unbekannten Listen zu füttern, um unserem Leben Sinn und Inhalt zu geben.

Denn was wäre sonst zu tun, wenn man nicht irgendetwas zu erledigen, oder zu beschaffen hätte. Schon sein ganzes Leben vertraute D seinem Bauch; nur er wusste, was wirklich wichtig zu sein schien – und so geschah es: D hörte Monsieur Thalamus und dem Gedächtnispalast zu und griff zum Stift, um ihr und dem Müßiggang ein paar Zeilen zu widmen.

Stille,

wann zuletzt spürte, hörte und fühlte ich dich,

jene unbekannte Schwester der Pallas Athene;

wenn sie sich erst vorsichtig, dann immer schneller,

weiter ausbreitet, bis du mein ganzes Selbst ausfüllt;

wenn für jenen kurzen Moment all mein Sein und Ego

sich unsichtbar machen, ergeben der Unbekannten lauschend;

wenn sich mein kleines Menschendasein mit dem Kosmos,

verbindet, für jenen seltenen Moment der Balance;

zwischen wollen, brauchen und müssen – meiner Ruhelosigkeit,

die sich bis zur völligen Betäubung Beschäftigung erwünscht;

bis ich unter den Trümmern gebildeter Zivilisationen begraben liege,

von der eigenen Zufriedenheit überwältigt und bis ins Mark erschüttert;

wenn ich für jenen kurzen Moment alles weiß und verstehe,

bis mich meine weltliche Ruhelosigkeit wieder hinfortreißt;

um wieder Teil des weltlichen Dröhnens zu werden,

bis ich mich wieder zurückziehe, um erneut

den Sternen zu lauschen…….