Schlagwort-Archive: Dildo

Heiligabend – Odyssee 2023

Frau Müller kam zu spät zu Famila. Grund war eine Laufmasche. Zuerst haderte sie mit sich, „Kann ich so raus? Wirklich? Geht das? Ja, nein oder doch?“ Als Ehemann Christoph laut zu denken begann, „So kannst du unmöglich vor die Tür!“, nahm der Tag Fahrt auf.

„Mist!“, stöhnte sie,

als ihr die gähnende Leere ihres Kleiderschranks ins Gesicht schrie, nachdem sie sich ein weiteres Mal hat breitschlagen lassen. „Alles in der Wäsche!“ Sie ärgerte sich, dass sie wieder nicht auf ihre eigene Intuition hörte, weswegen sie sich

zangenschnell für Hose umentschied!

Zugegeben, es könnte Zeitknappheit gewesen sein, oder ein anderer Gedanke, der sie anspornte, schnell, effizient, praktisch, eine gute Hausfrau, Mutter und Ehefrau zu sein. Als sie sich mit entschlossenen kräftigen Bewegungen die Nylonstrumpfhose von der Hüfte riss,

geschah es!

Ihr angebrochener Fingernagel des kleinen Fingers riss schmerzhaft ab, laut schrie sie auf! „Scheiße! Verdammt noch Mal!“ Kaum hatte sie zu Ende geflucht, verhedderte sie sich mit ihrer Gazellenkeule und blieb wirkungsvoll zwischen Knie.- und Hüft-Teil der Strumpfhose stecken.

Mehrmals hüpfte sie herum,

bis sie das Gleichgewicht verlor und am Ende wie ein gefällter Baum lang hinschlug. Doch damit nicht genug. Sohn Jakop hatte kurz zuvor im elterlichen Schlafzimmer gespielt, als er einen plötzlichen, aber nicht unbekannten

Reiz im Unterleib verspürte,

der ihn daran erinnerte, dass er seit Neuestem dafür zur Toilette ging. Vorbei die Zeiten, wo er auf dem Frühstück saß, bis es kalt in der Windel wurde. Mutterseelenallein träumte der Lego-Technik-LKW in der Nähe des Kleiderschranks.

Während Frau Müller mit der Nylonstrumpfhose

herumtanzte trat sie zuerst auf einen der kleinen Legosteine, die als bevorzugtes Ladegut beim euphorischen Hineinschütten von Sohnemann danebengegangen waren und unverdächtig auf dem Boden schlummerten.

„Ahhhh! Aua! Aua! Fuck! Fuck!“

Mit Nachdruck bohrte sich der kantige Plastikstein in ihren empfindlichen, sonst so sorgfältig gepflegten zarten Fuß. Außer sich vor Zorn sprang sie rum, bis sie auf dem kleinen Bettvorleger trat, der auf dem frisch gebohnerten Holzfußboden zum fliegenden Teppich mutierte,

dass Frau Müller zu Boden ging

und mit dem Gesicht voran, munter, frisch fromm fröhlich und frei, in die geparkte Ladefläche des Lego-Lasters hineindonnerte! Krachend brach der LKW unter der Wucht des 1,72m großen Vorzeige-Zebras entzwei.

Zuerst sah Bambi Müller Sterne.

Dann spürte sie, wie ihr Gesicht anschwoll. Ihr blutender Finger mit dem abgerissenen Nagel hatte auf ihren Oberschenkeln beeindruckende Blutspuren hinterlassen, dass jede Schlachterei vor Neid erblassen ließ. Stöhnend kam sie auf die Knie und sah in den

Spiegel der Kleiderschranktür,

mit dessen Hilfe sie sich kurze Alltagsfreuden verschaffte, wenn es mal wieder drängte. Doch anders als sonst, wenn sie sich um den Süden ihres Körper kümmerte, leuchtete jetzt ein quadratischer blutunterlaufender

Abdruck in ihrem Gesicht,

als wäre sie ungebremst mit einem Mülleimer, Briefkasten oder einer mittelgroßen Tupperdose zusammengeprallt. Schon liefen Tränen des Zorns. Wütend stolperte sie aus dem Haus, wobei sie fast die Treppe runtergefallen wäre, donnerte mit letzter Kraft die Haustür zu,

rannte zum Auto,

startete wild entschlossen den Kombi aus Ingolstadt und brauste mit leicht durchdrehenden Winterreifen zum nahen Famila-Markt, dass die vielen Warnlampen der elektronischen Helferchen ihr Cockpit

wie ein Christbaum leuchten ließen!

Nur kurz blendete die ultragrelle Weihnachtsdekoration der Nachbarn, die durchaus Las Vegas Hotelbeleuchtungen Konkurrenz hätte machen können, jedoch lang genug, um ihre Augen

eine kurze Zeit

unscharf sehen zu lassen, dass sie mit dem rechten Vorderrad den Kantstein so stark rammte, dass ihre Lenkung von da an leicht vibrierte, was bei zunehmender Geschwindigkeit schlimmer und schlimmer wurde.

„Arghhhhh!“,

schrie sie aus Leibeskräften! Fast hätte sie die rote Ampel, samt Fußgänger übersehen. Nur wenige Meter vor dem Zebrastreifen kam sie zum Stehen. Als sie aufsah, blickte sie in ernste Gesichter, deren Träger den Vorwurf samt Köpfe schüttelten.

Längst leuchtete es wieder grün,

was sie am Hupkonzert hinter sich bemerkte. Wie eine Hafenbarkasse schlingerte ihr Auto durch den Ort. Ständig kämpfte sie mit Tränen, besonders dann, wenn sie im Spiegel den purpurfarbenen Abdruck bestaunte, der wie ihre Stimmung stetig dunkler wurde.

14:40

Aufgelöst humpelte sie über den Parkplatz. Schneeregen peitschte sie durch. Fast wäre sie gegen die langsam öffnende Glastür gelaufen, um zielstrebig zum kleinen Postladen im Famila-Markt abzubiegen, als die Dame hinterm Tresen das Schild „Geschlossen!“ aufstellte.

„Was? Nein! Nicht wirklich, oder?“

„Samstags bis 14:30“, lächelte die aschblonde Lady hinterm Tresen, deren Extensions genauso farblich perfekt abgestimmt leuchteten, wie der frisch geschnittene Pony, der an den Vokuhila-Haarschnitt von Klaus Augenthaler und Rudi Völler aus den 80igern erinnerte.

Da begannen Frau Müllers Mundwinkel zu zucken.

Nach wenigen Sekunden gesellten sich ihre Beine dazu. Lautlos schreiend drehte sie auf der Hacke um, rannte zum rettenden Wagen, preschte mit Rallye-Tempo nachhause, stürmte das Haus, zerrte eine Flasche Becherovka aus der Bar,

rannte zum Kühlschrank,

riss Eiswürfel aus der schlafenden Plastikverpackung, goss Tonic hinzu, leerte das große Cocktailglas in einem Zug, unter den staunenden, größer werdenden Augen des Gatten, der in der Küche still und zufrieden in seiner Zeitung schmökerte,

machte sich sofort

daran ein Zweites zu mischen, hörte im Hintergrund die weihnachtlichen Kirchenglocken, holte tief Luft und tat, was ihr lange überfällig erschien, den Ehemann liebevoll zusammenzuschreien, bevor er wieder ungefragte Tipps und Kommentare zum Besten gab:

„Halt’s Maul!“

24.April – Anti-Nationalismus – Odyssee 2022

„Ich will Präsident werden!“, schrien die Kandidaten. Aus acht oder neun Compatrioten, gefühlt waren es hundert, wählte das deutsche Volk, pardon, die Franzosen der fünften Republik zwei potentielle Endlösungen, um ihr lebendiges Museum und ihre Geschichte in der Gegenwart zu bewahren. Manu bevorzugt ‘ne Wiederholung von 2017 – Marine von 1933.

Menschen lieben Wiederholungen.

Oder lassen sie‘s sich sagen, was sie gut finden sollen? Woher wissen wir, wie alles in Wahrheit ist? Wenn ich denke, ich bin besser als andere, bin ich dann ein guter Christ? Wenn ich denke, meine Nation ist besser als ne andere und dominiere sie, im Stil von Kolonien, oder Lohndumping oder ziehe in ‘nen Krieg, um zu siegen – was macht man mit solchen Heinis?

Was, wenn viele Nationen so sind?

Denken US-Amerikaner nicht ähnlich wie Russen, Chinesen, Franzosen, Spanier und Deutsche, das SIE nun wirklich die Besten und Wertvollsten sind? Haben die alten Perser nicht schon Gleiches behauptet, wie Alexander der Große, Cäsar und andere vorher und nachher? Wesen einer Rasse sollten einander achten, oder nicht? Wenn das Recht des Stärkeren die Oberhand behält und die Vernunft verliert – wie sieht dann unser Dasein aus?

(Boah – welch langweiliges Thema…)

Ein sehr, sagen wir mal – pessimistisches Werk – hat der Philosoph Oswald Spengler geschrieben. „Untergang des Abendlandes“ heißt es. Da ich aber weder Wiederholungen, noch ernste Themen mag, noch dazu solche, die meinen die Zukunft zu kennen, mache ich es, wie die Kinder im Malort von Arno Stern: Ich male einfach drauflos,

gerade so wie‘s mir gefällt!

Neulich kam mir ne existenzielle Frage hoch – im Februar war’s; ich diskutierte ich mit Freunden. Die These geht so: Sind südeuropäische Alkoholiker, unser Fokus lag hier ganz eindeutig auf Südfrankreich, glücklichere Alkis, im Vergleich zu Nordeuropäiern, Beispiel Hamburg? Ist DAS nicht eine wissenschaftliche Studie wert?

Aber sowas von!

Warum trinkt man? Um zu vergessen, um das Leben zu ertragen, oder weil man den leckeren roten Spanier, Italiener oder Côte-du-Rhone gern hat, weil gut schmeckt? Ist Trauer und Frust der Grund, oder Genuss, gar Müßiggang? Und welchen Einfluss haben Arbeit, Essen und Sonne? Was treibt uns an, den Arbeitsalltag zu überstehen? Ist es „die gute Arbeit“ die ich leiste, oder die Vorfreude auf den nächsten Apéro – also die „Nichtarbeit? Wo verdammt noch mal kommt diese Arbeitshuldigung her?

Ich befürchte der Luther Martin war’s!

Wusste ich’s doch. Die Protestanten waren‘s, die uns diesen Mist eingebrockt haben – Büßen, Pflichten ausüben, um Gottesgnade usw. sonst drohen Apokalypse und Hölle….klingt für mich wie eine weitere Wiederholung; schon in der Antike musste man aufpassen, dass einem nicht die Götter zürnten; heute gibt’s stattdessen das Endspiel „arm gegen reich“, was auch eine Wiederholung ist; wenn sich alles im Leben wiederholt, warum nicht wieder Bud Spencer Filme gucken, dazu gute Weine trinken und den ganzen Tag im Frotteehausanzug rumrennen und am Mittelmeer wohnen?

Warum nicht….?

Also statt barmherziger Christ, bin ich lieber Nihilist und Müßiggänger, als Gipfel der menschlicher Schöpfung. Klingt das nicht vernünftig? Man ahnt, warum sich nach 70 Jahren Avignon-Verirrungen, Päpste und Vatikanstaat wieder im Herzen Italiens niederließen…ihr seht? Egal wohin ihr geht, nichts als Wiederholungen…

Nächstes Mal gibt’s dann die Anleitung für Anti-Nationalismus – versprochen!