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11.Dezember – 3.Advent – Odyssee 2022

Bin heut‘ Morgen mit Kopfschmerzen wachgeworden…viele Male hab ich mich rumgewälzt, bis ich dann hoch bin…hab Wasser getrunken, aus dem Fenster geschaut und geseufzt…erste Gedanken begannen herum zu sausen, als ich anfing mir einen griechischen Kaffee zu machen.

Kühle Temperaturen sind in Toulouse angekommen.

Weihnachtsdekoration in Fenstern und Straßen, Menschen mit Tüten, Wolken beim Ausatmen…Winter…geschmückte Tannenbäume in Wohnzimmern…Kinder und Menschen mit leuchtenden Augen…2022, bist ein krasses Jahr…wenn ich überlege, was alles…Wahnsinn…

und nicht nur das…

hab mich entschlossen, aufs Ganze zu gehen…wer vom Schreiben leben will, muss zuerst seinen Lebensstandard runtersetzen…muss in 2023 weiterkommen…andere Dinge ausprobieren, warum nicht in Frankreich, einen anderen Markt angehen…

Wenn Sisyphos jeden Tag seinen Stein…

genau dann kann ich…richtig, kannst du, nein musst du…ha‘m heut‘ den dritten Advent…hab mich mit meiner Freundin über Xmas unterhalten…in Frankreich läuft’s ein wenig anders, aber das Prinzip ist ähnlich…..hab ihr erzählt, wie ich Weihnachtsmann gespielt hab‘…..ein einziges Mal…

Jahre später hatten die Kinder noch Angst vorm Fest…

hab damals für eine Firma gejobbt, die Wohnmobile baut….der Chef suchte ‘nen W-Mann und dachte ich wär ‘ne gute Wahl…hat hinterher seine Meinung grundlegend geändert…ich hätte furchteinflößend gewirkt, selbst für ihn und seine Frau…

quasi so, als würde Arthur Fleck die Rolle übernehmen…

hatte ihn gewarnt, erinnere es, als wär’s gestern, „Kommst du kurz in mein Büro?“, wer sagt schon nein, wenn Cheffe d‘rum bittet, „na, klar…“ ich bearbeitete noch eine Küchenschublade zu Ende und ging in sein hell erleuchtetes Büro, dass mit Pflanzen und frischen Blumen gemütlich wirkte…

„Was machst du Heiligabend…?“

Immer schnell zur Sache, so war er… will er das ich arbeite, oder was… „Na, das Übliche halt, Familie eben, Christbaum, zu viel essen und trinken…und Sie?“ damals war siezen angesagt, „Gar nicht unähnlich, nur das meine Kinder…“, schon konnte ich’s riechen und kürzte das Gerede ab: zwar mochte ich ihn, aber wenn er was wollte, blieb er unausstehlich….seine übertriebene Freundlichkeit, wie vieles an ihm……gekünzelt…

„Glauben ihre beiden Zwerge an den Weihnachtsmann…?“

Schon begannen seine Augen zu leuchten, er musste nicht länger hinterm Berg halten, „Genau darum geht’s…“, ich spielte den Überraschten, „Wieso kommen Sie damit zu mir? Schauen Sie mich an, ich bin lang und dünn, eher das Gegenteil von…“, er klatschte erfreut in die Hände, als hätte er einen Witz gemacht den ich nicht verstand…

„Wir woll’n einen drahtigen lustigen Weihnachtsmann,

keinen dicken, gemütlichen, der mit so ‘nem altbackenem „Ho-ho-ho an der Tür steht“, mein Einsatz nahte, wenn ich ihm jetzt nicht reinen Wein einschenkte, wann dann, „Zu Ihrer Erinnerung, ich bin kein Stück witzig und lustig, fragen Sie die anderen…“

„Papperlapp, nun sei nicht so schüchtern….

ist’ne 1L Flasche Gin als Lohn in Ordnung?“ Zuhören war nicht seine Stärke, noch dazu hatt‘ ich keine Lust, vor dem verwöhnten Puttengesicht und Ex-Handballtrainer, seiner schwangeren Frau mit den strahlend blonden Ausstellungskindern den Hampelmann zu spielen, drei Mercedese haben die inner Garage, Bonzen sind das, nein Danke…

„Weihnachtsmänner sind klein und dick, nie finden Sie Klamotten, die…“

Er ließ sich nicht beirren, er war fest entschlossen, dass er meine höflichen Ausreden bewusst oder unbewusst überhörte, mit denen ich versuchte zu sagen, dass ich mich nicht geeignet fand; doch es half nichts. „Mach dir keine Gedanken wegen Kleidung, die gibt’s in allen Größen, besorg ich dir alles…ist 17:00 Uhr okay für dich?“

Nun hatte ich den Salat.

Schon nahte der große Moment. Ich zog meine schweren Springerstiefel von der Bundeswehr an, Weihnachtsmänner staksen durch Schnee und fahren mit Renntieren rum, da sind Flipflops kaum angesagt; meine schwarze Jeans ging in Ordnung, beim Chef bekam ich dann den Weihnachtsmann-Mantel, sowie Bart und Mütze und eine ansehnliche – Rute!

Was erwarteten die, sollte ich die Bagage durchmöbeln?

Durch die Hintertür kam ich rein…mein Chef freute sich riesig…schon schlüpfte ich in die Klamotten, griff nach dem gewaltigen Sack und zog ihn über den Boden schleifend, wie ein frisch erlegtes Bambi hinter mir her, während ich mit der andern Hand den schlagbereiten Knüppel hielt.

So kam ich in‘s warm und weich

ausgeleuchtete 80 Quadratmeter Wohnzimmer, das einen gewaltigen Weihnachtsbaum neben dem marmornen Kamin stehen hatte…reiche Leute, macht einen auf sozial und scheint doch mit dem Laden deutlich besser abzusahnen, als er zeigt…ein Schlitzohr…schau mal Sohnemann mit Schlips und seine engelsgleiche Schwester mit Rock und Lackschuhen…ich flipp aus…

Achterbahngleich ratterten Gedanken durch mein‘ Kopf.

„Nun, ihr zwei kleinen Menschenkinder…?“, mein Stimme erinnerte an Hannibal Lecter, „wahrt ihr auch schön brav…?“, stummes ängstliches Nicken, selbst Chef-Gattin Susanne rieb sich erschrocken den wachsenden Bauch, in dem Leibesfrucht Nummer drei reifte.

„Warum solltet ihr jetzt all diese Geschenke bekommen…?“

Weit entfernt vom Weinen war das kleine Mädchen nicht; ich sah wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, sie hatte einen anderen Weihnachtsmann erwartet, sie klammerte sich an die kleine Hand ihres Bruders…bist wieder übers Ziel hinausgeschossen….

„habt ihr noch was anderes vorzuweisen, als eure Geburt…?“

das war alles zuviel…schnell fing ich an, die Stimmung einzufangen….noch dazu mit den festlich angezogenen Eltern…ich änderte meine Stimme, sie klang wärmer, versuchte herzlich zu lächeln, räusperte sich, ich kniete nieder und öffnete feierlich den Sack…

„Lasst uns mal schauen, was ich alles für euch habe..:“

Zum Glück blieb Kinderneugier größer, als die Angst vor Unbekanntem; mit leuchtenden Augen kamen sie gerannt, ich überließ ihnen den Sack, trat andächtig zurück und spürte, wie mich mein Chef beiseite zog; fast hektisch drückte er mir die Flasche in die Hand, sein Gesicht war gezeichnet von Schrecken und Freude,

„Danke, so einen Weihnachtsmann gibt’s kein zweites Mal“,

war‘n seine mehrdeutigen Worte und schob mich mit ‘nem Ausdruck größter Erleichterung aus dem Hintereingang, durch den er mich vor wenigen Minuten reingelassen hatte. Noch Jahre später, kam er darauf zurück…

Gegen Weihnachten hab ich nichts…

Es scheint lediglich eine tiefe Abneigung gegen Luxus, Komfort und jede Form von Dekadenz in mir zu wohnen, die sich nahezu reflektorisch gegen alles stemmt, dass unnatürlich, unanständig und falsch daherkommt…

Irgendetwas brennt doch ständig in uns…