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Supermarkt

Seit Tagen hab ich nichts gegessen, dafür umso mehr getrunken und bei Musik geschrieben – The-Wall – fantastisch – bis mir die Zeit heimleuchtete – jetzt knurrt mir der Magen, als würde ein Rudel Wölfe in mir wohnen – hast nichts zu beißen – hilft nichts, du musst aus deinem Tartarus raus, hinaus in die grelle Welt – egal ob Roger noch so schön singt – Daddy, what you left behind for me – rein in den Supermarkt.                                                                                                                                            Durch endlose Gänge geschlichen, alles schnell zusammengeklaubt, wie ein Junkie, oder ein Vamipr, der das Licht hasst, hier ein paar Eier, dort Salat und Brot – sicherlich, Schips und Karottensaft für Seele und Haut, Suppengemüse für den Topf, Fleisch zum Braten – irgendwann braucht jeder Eisen, geschmiedet oder im Magen.

Lange Schlangen an den Kassen, einer der Gründe, warum ich selten einkaufen gehe – warten bekommt mir nicht – dort, das sieht gut aus, nur zwei vor mir – Guten Tag – Tag – können Sie bitte den Kindersitz? – Ja, natürlich, kleinen Moment, so Charlotte und hopp – Klasse, haben sie vielen Dank – Blip – schau dir das mal an, was will die mit all den Vanille-Kerzen – Blip – ne Geburtstagsfeier – Blip – für deine kleine Prinzessin, nicht wahr? – Blip – hattest keine Zeit mehr, zu Ikea zu fahren, – Blip – wo sie da doch viel billiger sind? – Blip – Ärgerst du dich jetzt? Ach, sieh an, ein Repair-Shampoo – Blip – heute gönnst du dir was, viel Zeit bleibt dir im Moment nicht für dich, oder – Blip – man muss Acht geben, dass man sich nicht vernachlässigt, das man sich selbst hin und wieder auch was Gutes tut – bestimmt kommen gleich ihre besten Freundinnen – Blip – ob die wohl Topfschlagen spielen – Blip – so wie du früher? – Blip – Mama, ich will nach Hause – Gleich Charlotte, gleich, wir sind gleich fertig – Blip – Mother do you think they‘ll drop the Bomb? – Bestimmt bekommst du bald ein Pferd – Blip – ja, ganz sicher – Mama, jetzt – Blip – Gleich Charlotte – Blip – nein, natürlich kein Pony – Blip – was richtig Erwachsenes, ich bin mir sicher – Blip – wahrscheinlich wirst du bestimmt – Blip – noch ganz viel – Blip – im Leben bekommen – Blip – vielleicht nicht nur IM, sondern auch VOM – Blip – Mother should I run for President? – Das sind dann 48, 57 – Mit Karte bitte – Gerne – Sammeln sie Treuepunkte? – Mother should I trust the Government? – Oh ja, danke, sehr gerne – Wow, sehr gerne sogar, was mach ich denn sehr gerne? Hm, Wein trinken, Bücher lesen, auf dem Sofa liegen, aber Treuepunkte sammeln? – Hier, bitte – Danke- Brauchen Sie die Quittung? – Hm, ja doch, gerne, danke, Tschüß – Schüß – Schönes Wochenende – Danke, ihnen auch.

-Guten Tag – Moin – Blip – Blip – Blip – Blip – das macht 6,35 – Na, das nenn ich mal ein Mittagessen, vier halbe Liter Bier – Halt, warten Sie, ich brauche noch Zigaretten – Das denke ich auch. Nach dem Ersten bekommst du doch immer-n Schmachter – ich jedenfalls. Aber nach dem Zweiten ist er garantiert unerträglich. Nehm lieber zwei mit – Blip – das macht 12,78 – Warten Sie – Was denn, brauchst du doch noch eine, Kollege? – Die 78 hab ich passend – Was, bitte? Auch das noch, bei deinen Hosentaschen findest du darin doch das ganze Universum, wie willst du jemals 78 Cent passend finden, wir haben Weihnachten, bis du hier fertig bist.

Leichtes Geklimper, Bargeld wird durchwühlt. Besonnen und gründlich kramt der Mann vor mir die 78 Cent zusammen.

– Wollen doch mal sehen, ich habe es gleich – da bin ich mir sicher – 68, 73 so, fast haben wir es – der redet, als wär er eine Krankenschwester – Jetzt aber, passend, sollte so stimmen – Dankeschön – zwanzig, dreißig, vierzig, sechzig, fünfundsechzig, sechs, sieben, achtundsechzig, 73 und 78, stimmt – Die Renten sind wieder sicher, liebe Freunde – Wiedersehen – Tschüß

– Guten Tag – Hallo – Blip – so, jetzt nur noch kurz zahlen – Blip – Schwarzbrot wolltest du auch noch kaufen – Blip – Mist, Obst hast du vergessen – Blip – na gut, dann beim nächsten Mal – Blip – ist wieder typisch – Blip – an Wein und Tabak hast du gedacht – Blip – Obst und Waschmittel natürlich nicht – Blip – obwohl du es – Blip – auf deine Liste geschrieben hast, du bist aber auch ein Töffel – Blip – man-o-man – können Sie bitte ihre Faltbox hoch – Natürlich – Danke – Gerne – das sind dann 83, 87 bitte – sammeln Sie Treuepunkte? – Nein danke, vergesse ich so wieso. Ich kann bei euch neuerdings Bargeld bekommen, nicht wahr? fühle mich wie Captain Future – Wie viel soll es sein? – 200 – Das macht dann 283,87 – sammeln Sie Treuepunkte? – Mit Karte bitte – kleinen Moment, jetzt können sie  – brauchen Sie die Quittung? – Nein danke, eher nicht, schönes Wochenende – Danke, ebenfalls – Guten Tag – Tag – Blip – Können sie kurz? – Jetzt schnell zurück zu Roger und Nofretete.

 

Es werde Licht, sprach die Zeit

Wenn die Sonne scheint; ganz kräftig und prächtig; wenn Freude arrogant aus der Erde sprießt, als wär seit gestern Frühling, dann vorsicht mit all dem Licht; können niemals alles ernten was wir sähen.

Vielleicht erst gestern.

Nachts kauere ich unter sieben Decken, erfreue mich am Glück von fünfundzwanzig Graden. Doch Obacht, im Garten liegend, alles Baumeln lassend; Sonne hat mehr Kraft als alle Amazonen.

Das Leben hat mich durchgewärmt; fühle mich wie ein Frischling; kratz mir am Bauch, als wärs ne Nabelschnur; Poren öffnen, wie kleine Knospen; erschrocken, wie kalter Kohlenstaub, fliegt Wintermuff vom Aschengrund hinauf.

Wind streicht leicht vom Meer heran, umschleicht mich wie ein Dieb; Violinkonzerte im Hintergrund; vielleicht Mozart, keine Ahnung; offensichtlich hat Es beschlossen, nichts merken ist ein Segen; fühl mich wunderbar; Schafe blöken, Esel röcheln, Ziegen meckern, fange an zu fliegen.

Langsam schmelzen gestrige Schatten dahin, nehmen Angst aus dunklen Schächten an die Hand, gehen auf Wanderschaft, bis der nächste Herbst sie wieder an der Türe klopfen lässt.

Hallo, da seid ihr wieder, wie nie weggewesen; leicht mein Herz, letzte Sorgen versickern in tiefste Krusten meiner hölzernen Seele; Zeit meines Lebens mit Händen und Füßen wehrend, unter dem Druck des Alltagswahnsinns zu versteinern.

Es stimmt, ich ahnte es; man schlüpft, man sieht es, einfach so; warum, weshalb, genaues weiß man nicht; manche erfahren es, manche nie; wenige sind es, viele suchen’s; wandelnde Kaleidoskope, die Licht nicht kennen; scheuen, sich verstecken, wo sie können.

Zu bequem der Schatten, mich wälze, mich selbst nicht sehe, unsichtbar bleib, mich erhole, von Mühen, die nie hatte, kannte, doch oft erhoffte; mein dunkles Loch, du Fröhliches, düstere Kammer meiner Seele, das mich umflort, wie der Mutterschoß, in dem ich reifte, kleine Himmelsfrucht.

All das ist vergessen, zurück unters Bett gedrängt, mit all den Geistern und Gespenstern; denn hell und grell das heutige Licht, versengst mir meine Lieder, wie beim ersten Mal; brauchst heut nicht kühlen meine fragende Einsamkeit.

All die Jahre wieder, branntest kleine Zeichen auf mein Fleisch; langsam röstend, jungen Knochen, die alles wussten, doch Pinsel nicht zu schwingen vermochten.

Alles vergeben und vergessen; der Lenz ist da; bis nächster Herbst und Winter, Gräber, Schächte öffnend, alte Wunden aufreißend, nur zum Zeitvertreib; zu gerne folge ich deinen Lichtern, wie die Abbilder aller Seelen Sinne, strahlend scheinen um die Wette, ohne es zu merken, wie Fische, die Wasser nicht kennen; Vögel, die Luft mögen, jedoch nie getroffen.

Wirbelnde Karusselle, um sich selbst, um alles und nichts herum sich drehen, immer schneller und schneller; nicht innehalten können, sich fürchten, als könnte Bewegung kühlen, ein wenig schützen, vorm schnellen Überhitzen.

Schuldlos schürfend, tiefe Löcher in unsren Boden, auf der Suche nach Erde, ständig hinwegschaufelnd, in Händen haltend, zwischen Fingern reibend, vergeblich spüren. Wassermühlen, die Nasses fürchten, Angst vor Berührung haben; wie viele Kometen brauchen unsere Gärten, bis Augen hören, Ohren sehen, erkennen, dass Natur sie täglich zeigt.

Haben unendlich Zeit, meinen vermessen zu messen; nicht einfach, Offensichtliches zu sehen, Unendlichkeit schwer zu fassen; erfinden ständig Methoden und Apparate, um zu bohren, blind zu sehen, dass durchdringen wir nur uns selbst; vielleicht Glück wir haben zu begreifen, dass alles gemacht aus Sternenstaub.

Bin endlich erfolgreich schlecht geworden, im weltlichen Zeitempfinden; habe sie durchschaut, größte Hure des Universums, sich alle Untertan gemacht; ihr auf den Leim gegangen, weil meinen, zu messen, würde helfen zu verstehen.

Seit gestern ist alles anders; ich weiß, es gibt sie nicht; bis zuletzt brachte sie mich in Verruf, meinte ich würde sie nicht kennen, mich nicht an sie halten.

Je weniger desto mehr, sag ich immer; irgendwann stolperte ich drauf; seitdem ist alles wunderbar; bin frei; mach es wie die Tiere; seit jetzt ist immer Jetzt und Zeit; ständig hab ich Welche.

Zu viel ist nie genug!

 

Geschnittener Film, gewonnene Zeit

Seit Jahren versuche ich es. Nie, wirklich nie, habe ich aufgegeben, obwohl es immer misslang.

Doch seit heute ist alles anders: Heute ist es mir gelungen!

Ich kann die Zeit verlangsamen.

Ich kann machen, dass ich Welche anspare; kann sie mir später zuteilen, sie mir regelrecht auszahlen. Es ist genial. Verdoppeln und verdreifachen kann ich sie. Ach was: Sogar vervierfachen, ohne Probleme!

Es war vorhin. Ich sitze ein wenig müde in der Küche. Am Tresen, dort wo ich am liebsten bin. Ich sehe raus. Ein Vogel fliegt am Fenster vorbei, schlägt träge mit seinen kleinen struppigen Flügeln, als wäre er ein großer starker Adler, der die Welt bewacht, als hätte er Verantwortung, schwere Taschen zu tragen. Er dreht seinen kleinen Kopf, zwinkert mir zu, sagt oder singt etwas, etwas was ich nicht verstehe, was wie tschie-hiep, tschie-hiep klingt.

Flapp-Flapp. Jeder Schlag seiner kleinen Flügel hebt ihn höher und höher, als ob er von Ast zu Ast, auf einem unsichtbaren Baum hochhüpft, der ihn höher und höher hebt, ihn immer weiter an meinem Fenster hochklettern lässt. Ich glaube ihn winken zu sehen & muss darüber lächeln.

Sonnenstrahlen tröpfeln vom Dach herab, gleich Teer, der wie bunt schimmerndes Altöl zäh herunterläuft. Langsam fährt meine Hand ans Kinn, wandert weiter, knetet meine Nase, immer weiter hoch hinauf, knautscht meine glänzende Stirn, streiche mir durch mein fettiges Haare. Kratze mich am Nacken, spüre wie Nägel feine Hautschuppen abschaben. Gehe weiter, immer weiter, kurz hinter die Ohren und führe sie zurück zur Nase, rieche an meinen Fingerspitzen, als hätten sie eine Stunde am Busen der Welt gesaugt. Rieche Geschichte, Leben, mich, Fragmente von meinem altmodischen Duft.

Sehe nach rechts an die Wand. Ein Bild hängt dort. Plötzlich springt es vom Nagel. Keine Ahnung warum. Es fällt, Millimeter für Millimeter. Langsam dreht es sich, kippt mit der linken Seite, rutscht weiter, langsam, nahezu andächtig die Wand entlang; unaufhaltsam; bekomme ein beklemmendes Gefühl, weil ich ein paarmal zur Seite sehe und der Bilderrahmen sich kaum weiter bewegt; es ist, als wenn jemand Bilder aus dem Film rausnimmt, ihn aber mit gleicher Geschwindigkeit weiterlaufen lässt.

Klack, klack, klack, ein Diaprojektor.

Könnte einen Tee aufgießen, Buntwäsche machen, Fußnägel schneiden; das Bild fällt bestimmt nicht weiter, ich bin mir sicher; man hat sie angehalten; die Zeit steht still und sieht den Dingen zu, wie sie sich langsam, immer langsamer bewegen. Kaum merklich, aber doch sichtbar, zieht das Bild auf einmal nach rechts. Jetzt kommt alles wieder in Waage, aber immer noch einen guten Meter vom Aufprall entfernt. Höchstens fünf Zentimeter hat es sich bewegt, während Monsieur Thalamus Bilder rausschneidet, sie beiseitelegt, mein Unterbewusstsein füttert, geladen für den Moment wenn ich Ruhe, viel mehr Ruhe habe:

Schlaf.

Das Bild fällt weiter und weiter; meine Freundin steht in der Küche, redet mit mir; ich lächle sie an, fragend blickt sie zurück, hält kurz inne, legt ihren Kopf zur Seite, wie eine Katze, die mit ihrer Beute spielt; lächle tiefer und breiter; fühle mich gut, spüre wie das Bild weiter fällt, Millimeter für Millimeter. Habe Zeit, unendlich viel Zeit; sie fragt mich, warum ich so zufrieden lächle, was ich im Schilde führe; ich denke über eine Antwort nach, wie ich sagen könnte, dass ich so unendlich viel Zeit habe, das ich Zeitmillionär bin, dass das Leben wunderschön ist.

Statt zu antworten blicke ich aus dem Fenster, sehe den kleinen Vogel gerade verschwinden, Sonnenstrahlen bunt herniederströmen, das Bild langsam runterfallen, lege den Kopf auf den Tresen, warte auf den Aufprall, mag es auch ewig dauern.

KAWUMM

Ich schieße vom Tresen hoch, trinke einen Schluck Wasser, schaue nach rechts, reiße erschrocken die Augen auf, als das Bild:

Zu Boden kracht!

 

Wege und Ringe

Jahresring für Jahresring, eines langsam wachsenden Baumes der nicht weiß, dass er einer ist; Schritt für Schritt, wie ein langsam dahinschreitender Mensch ohne Zuhause, ohne gestern und morgen; Schluchten über Schluchten, wie unschuldig alternde Erde, die man ungefragt zerfurchen ließ; Falte um Falte, wächst das Leben sich bei mir ein, als wäre ich sein Zuhause; Tag für Tag, Meter für Meter zieht alles an mir vorbei. Gleich einem absurden, unendlich langen Traum schleicht es vorbei. Ständig wechselt es seine Kleider, Farben, Formen und Temperatur. Mal kocht es über, mal friert es zu.

Manchmal regnet es, als würden die Götter uns zürnen, uns hinfort spülen wollen, die Menschheit gründlich wie Plankton ertränken, uns mit unserer kleinen Nussschale die wir Leben nennen, untergehen lassen, all unsere Leiber hinfort reißen, weil am Ende ihrer Geduld sie gekommen zu scheinen sind, uns nur schwerlich noch als ihre Schöpfung ertragen können. Immer sehe ich hin, höre zu. Verstanden habe ich nicht. Bis heute. Den Göttern scheint es ähnlich zu gehen. Ist Ihnen am Ende Menschliches gar nicht fremd?

Tage sind wie Wochen, Wochen wie Monate. Jahre? Unendlich lang. Es hört nicht auf. Immer mache ich irgendetwas; dann lege ich mich hin, mit und ohne Wein, allein oder nicht; irgendwann stehe ich wieder auf. Halte ich inne? Manchmal. Wenn ich mich umdrehe, mir den zurückgelegten Weg ansehe, dann weiß ich meist nicht was ich sehe. Was ist es? Ein Leben? Meines? Ist es viel, lang, kurz, richtig, falsch oder gut? Weiß ich das? Oder was? Weiß irgendjemand irgendwas? Ich bekomme keine Antworten, mache weiter. Tag für Tag.

Gefüllt sind meine Taschen, schwer behangen meine Schultern, voll mein Kopf, bis zur Oberkante beladen, doch ich weiß nicht mit was. Manches taugt zum Helfen; manches zum Lächeln, vieles genauso zur Verzweiflung, das ich oft nicht weiß, wer sich mehr vor mir fürchtet: Die anderen oder ich. Für alle ist was dabei.

Verdammt noch mal, alles was Menschen, Pflanzen und Tiere brauchen! Will ich das? Hat mich jemand gefragt? Und wofür? Für die Evolution? Für den Erhalt der Rasse? Weil das Rad sich drehen muss? Nennt man das Entwicklung? Ist es das?

Ständig liefere ich aus, liefere ab. Mit und ohne Erwartungen. Mal mehr, mal weniger. Manches nehme ich mit, Manches hin und Einiges auf. Irgendeiner wird brauchen. Fragen tu ich nicht mehr. Menschen ziehen alles aus mir raus; Manches stecken sie in meine Taschen, in meinen Kopf, gleich einem wandelnden Selbstbedienungsladen, der ungefragt ausgebeutet, abgebrannt, auf.- und umgebaut wird, bis nichts mehr übrig bleibt was ich war gewesen, bis ich am nächsten Morgen erwache und frage, bevor ich jemand anderes werde, der ich noch nicht geworden war.

Pendeln, von Sonnenaufgang bis Untergang. Bald wieder von vorne. Und noch mal. Wieder. Immer zu. Links, dann rechts. Dann zurück. Stille, etwas Ruhe nur am Wendepunkt. Bewegung und Stillstand. Zusammenziehen und Ausdehnen. Immerzu. Nie müde werdend, immer in Unruhe. Wie eine Uhr die sich selber aufzieht, aufziehen lässt. Von Station zu Station, schreite ich weiter, ein Lied pfeifend, die Götter verlachend, das Leben feiernd, gleich einem glücklichen Vagabunden, der nur sich gehört und wartet, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt; wie ein Spieler, der die Sucht der Würfel kennt, sie immer aufs Neue wirft; wie ein Fisch der nicht weiß was Wasser ist, doch das Schwimmen liebt; wie ein Thor der Thorheiten liebt; wie ein Maler der malt, weil er Farben streicheln will, durch Verschmelzung von Leinwand mit Textur erstrahlen lässt; wie ein Bildhauer, der seine Skulpturen aus Gefängnissen befreit; wie ein Musiker der Töne steigen lässt, um die Welt mit Klang zu füllen; wie der brave Schreiber, der seine Zeilen pflichtbewusst in Stille aus dem Herzen schnitt, um seine Seele zu erleichtern und Andere zu füttern. Arbeiten, sich Verausgaben, vom Abend überrascht werden. Schon wieder!

„Es ist spät, gehe zu Bette. Gute Nacht, schlaft gut.“

Dunkelheit. Dann Helligkeit. Schichten über Schichten lassen mich wachsen. Tiefer dringen meine Wurzeln, lassen mich die Dürre länger ertragen, gleich einem älter gewordenem Baum der nicht weiß, dass ein Alter er ist. Wie eine Erinnerung, die seinem Besitzer wie ein Zuhause hinterherschreitet, ohne heute und jetzt. Unschuldiges Meer, Armee ohne Anführer, das erst durch Wind zornig zum Abgrund wird. Berge über Berge, aufgetürmt durch verborgene Platten, die sich heben selten, aber dann. Stürme, die einfallen, da ich selbst sie gerufen, weshalb sie geworden mein Zuhause; Minuten, Stunden die keine sind, schleichen an mir vorbei: Wer soll erkennen, verstehen, gar wollen?

Wo sind all die Weisheiten hin, die gewusst wir haben, bevor wiederholt schon wieder, was wir geschworen, zu vermeiden, um jeden Preis? Hatten wir ausgelassen? Wurde Wissen nicht weitergegeben? Wiederholt sich alles, bis wir anfangen zu ändern? Aufhören zu sehen? Besser fühlen? Habe ich daher nicht verstanden? Scheint es den Göttern ähnlich zu gehen? Ist am Ende uns Menschen nichts Göttliches fremd, wie dem Heimatlosen, der sein Zuhause sucht und nicht weiß, das seines schon immer die Fremde war?

Es geht immer weiter, hört nicht auf. Immer macht man was; dann legen wir uns hin. Irgendwann stehen wir wieder auf. Halten wir inne? Manchmal? Nie? Würden wir wissen, was wir sehen, wenn umdrehen wir uns würden? Was ist Leben? Eine Wiederholung? Bekommen wir Antworten, oder machen wir einfach weiter, Tag für Tag?

Pendeln, von Sonnenuntergang bis Aufgang. Wieder von vorne. Und wieder. Nochmal. Rechts, dann wieder zurück. Stille, Ruhe nur am Wendepunkt. Ausdehnen und Zusammenziehen. Und von vorne. Wie Bäume. Schicht um Schicht. Ring um Ring. Ring für Jahresring, eines langsam wachsenden Baumes der nicht weiß, dass er einer ist; Schritt für Schritt, wie ein langsam dahin schreitende Menschen ohne Zuhause; ohne gestern und morgen; Schluchten über Schluchten, wie unschuldig alternde Erde, die man ungefragt zerfurchen ließ; Falte um Falte, wächst das Leben bei mir ein, als wäre ich ein zuhause; Tag für Tag, Meter für Meter zieht all das an mir vorbei, gleich einem absurden, unendlich langen Traum schleicht es vorbei. Ständig wechselt es seine Kleider, seine Farben und Formen und Temperaturen. Mal kocht es über, mal friert es zu.

Manchmal regnet es, als würden die Götter uns zürnen, uns hinfort spülen wollen, die Menschheit wie Plankton ertränken, uns mit unseren kleinen Nussschalen die wir Leben nennen, untergehen lassen, all unsere Leiber hinfort reißen, weil am Ende ihrer Geduld sie gekommen zu scheinen sind, uns nur schwerlich noch als Schöpfung ertragen können.

Immer sah ich hin, hörte zu. Verstanden habe ich nichts. Bis heute. Göttern scheint es ähnlich zu gehen. Ist am Ende ihnen gar nichts fremd?

Tage sind wie Wochen, Wochen wie Monate. Jahre? Es hört nicht auf. Lege mich hin, mit und ohne Wein. Allein oder nicht. Irgendwann stehe ich auf. Halte ich inne? Manchmal. Drehe ich mich um, wenn ich mir den zurückgelegten Weg ansehe? Weiß ich was ich sehe? Was ist es? Ein Leben? Meines? Ich mache weiter. Tag für Tag.

Voll sind meine Taschen, behangen meine Schultern, voll mein Kopf, bis zur Oberkante beladen. Weiß ich mit was? Manches taugt um zu helfen. Manches zum Lächeln. Vieles zur Verzweiflung, das ich nicht weiß, wer sich fürchtet: Die anderen oder ich? Für alle ist was dabei. Für Alle. Ständig liefere ich pünktlich ab. Mal mit, mal ohne Erwartung. Manches nehme ich mit. Manches hin, Einiges auf. Irgendeiner wird brauchen. Fragen tue ich nicht mehr. Menschen ziehen alles aus mir heraus. Manches stecken sie mir in Taschen, in meinen Kopf, gleich einem Tante-Emma-Laden, ausgebeutet und abgebrannt, bis nichts mehr übrig bleibt was ich war gewesen, bis ich am nächsten Morgen erwache und frage, wer ich war, bevor ich jemand anderes bin.

Pendeln, von Sonnenaufgang bis Untergang. Wieder von vorne. Wieder. Immer wieder. Links, rechts. Zurück. Stille nur am Wendepunkt. Bewegung dann Stillstand. Zusammenziehen dann Ausdehnen. Immer. Immer Unruhe. Eine Uhr die sich aufziehen lässt. Station zu Station, ein Lied auf den Lippen, die Götter auslachend, mein Leben feiernd, gleich einem glücklichen Vagabunden, der nur sich selbst gehört, wartet, was hinter der nächsten Ecke sich verbirgt; wie eine Sucht, die den Spieler würfeln lässt, der immer aufs Neue wirft; wie Wasser das nicht weiß, dass Fische in ihm schwimmen; Weise die Weisheit lieben; Dionysos, der Weinschläuche liebt; Bildhauer, die Skulpturen befreien; Musiker die Töne steigen lassen, die Welt mit Klängen füllen; Schreiber, die Zeilen pflichtbewusst aus dem Herzen schnitten, um ihre Seele zu erleichtern und Andere zu füttern; sich verausgaben, vom Abend überrascht werden. Schon wieder.

„Es ist spät, gehe zu Bette. Gute Nacht, schlaft gut.“

Dunkelheit. Dann Helligkeit. Schichten über Schichten lassen mich wachsen. Tiefe Wurzeln, lassen die Dürre länger ertragen, gleich Bäumen die nicht wissen, dass alt geworden sie sind; eine Erinnerung, deren Besitzer ihr hinterherschreitet. Schuldiges Meer, Armee ohne Anführer. Durch Wind du wurdest zornig und warfst uns in den Abgrund. Berge, aufgetürmte, die sich heben ließen; Sturm, der einfällt, da ich ihn gerufen, weshalb geworden mein Zuhause; Tage, Wochen Stunden schleichen vorbei; wer soll verstehen, gar wollen?

Es geht immer weiter. Pendeln, von Sonnenuntergang bis Aufgang. Dann von vorne. Und nochmal. Stille. Dann von vorne. Wie Bäume. Schicht um Schicht. Ring um Ring.