Schlagwort-Archive: Macron

22.Mai – Hellas – Odyssee 2022

Seit gestern bin ich in Athen. Zwar war ich schon ein paar Male hier, doch umhauen tut mich die Stadt immer wieder! Diesmal wohne ich in Exarchia, was ein Viertel im Stadtzentrum ist, dass am Ehesten ans Hamburger Schanzenviertel, rund um die Rote Flore erinnert.

Nur größer und – wilder!

Von gesetzesfreier Zone zu sprechen ist vermutlich übertrieben; hier residiert und haust alles dicht beieinander; großbürgerlicher Wohlstand und alternative Künstler. Irgendwie funktioniert das überall; zumindest fühlt sich das gutsituierte Bürgertum von den Kreativen angezogen, solange sie keine Seidenschals, Tweetjackets oder Hosenanzüge tragen. Hat man noch genug Punk-DNA in sich, lebt man als Kreativer vorzugsweise in solchen Hotspots.

Wer die Schanze und ähnliche Viertel kennt, weiß was ich meine.

Na jedenfalls – aus mir unbekannten Gründen, haben hellenische Alternative offensichtlich kein größeres Interesse AirBnB-Anfragen zu beantworten. Jene im USA-Stil beworbenene App, die 24h Antworten garantiert, sind in Exarchia jedenfalls nicht gültig; oder man ist viel gelassener, als ich mir das vorstelle. Alle vier Anbieter von ansprechenden, hellen, kompakten, bunten Wohnungen mit Balkon,

reagierten – nicht!

Merkwürdig, dachte ich mir. Eine fünfte meldete sich mit der Nachricht, dass ihre Kreditkarte nicht funktionieren würde, was mich wunderte – sollte ich nicht zahlen? Schnell kam dann heraus, dass sie das Geschäft in Wahrheit viel lieber unter der Hand laufen lassen wollte. Ich schwör‘s bei Zeus, meine Antwort brauchte nicht länger als drei Stunden; aber offensichtlich drückte diese lange Zeit eine Form von Zögerlichkeit bei der jungen Dame aus.

Sie antwortete mir leider nicht.

So wich ich auf Alternativen aus. Soll mir keiner hinterher nachsagen ich hätte es nicht versucht. Ich erhöhte ein wenig das Budget meines Suchfilters. Sofort türmten sich großbürgerliche Appartements und Penthäuser. Waren die Business mehr gewohnt? Oder hatten die Leute engagiert, die wie Schießhunde auf Anfragen warteten? Keine Ahnung. Als ich meine Brieftaube losschickte, hatte ich den Eindruck, dass sie gerade losgeflogen war, als ich

30min später ‘ne Zusage im Briefkasten hatte!

Wir tauschten flott Handynummern aus. Schnell bekam ich eine Whatsapp-Nachricht von einem Mobilfon, das in UK gemeldet ist. Ihr Vater – ganz unverkennbar Grieche, ein Endsiebziger würde ich denken – empfing mich und führte mich durch die sehr geschmackvolle, aufwendig und liebevoll eingerichtete Wohnung. Es roch nach altem Geld und Erfolg. Aber nicht aufgesetzt, geschweige „bling-bling“ oder so.

Schon seriös und glücklicherweise – dezent.

Materialen, Lage, Größe und Stil im Allgemeinen sprachen für sich. Auch Kunst war den Eigentümern wichtig. Ein großzügiger Balkon ließ Blicke auf die Akropolis zu, na sieh einer an, dachte ich. Nach dem der Senior gegangen war, stand ich mit meinem Rucksack noch eine ganze Weile im Salon herum.

Klar würde ich hier gut schlafen – dachte ich – keine Frage.

Warum mir Großbürgerlichkeit bis heute suspekt geblieben ist, kann ich gar nicht genau erklären. Klar ist das alles schön und geschmackvoll – ich selbst bin nicht völlig frei davon. Aber irgendwie drückt dort diese besondere Form von aparten Materialismus unbewusst aus allen Poren.    

Vermutlich mag ich den Raum nicht, dem man Geld einräumt.

Denn Geschmack hat grundsätzlich nichts mit Geldbörse zu tun; zwar kann ich mir mit ‘ner Großen mehr kaufen, aber ohne Geschmack sehen wir ja täglich, was dabei herauskommt. Unzählige Wohnungen habe ich gesehen, die spannend und großartig auf mich wirkten, wo Besitzer Geschmack und Kreativität bewiesen.

Auch ich bin Ästhet – so ist das ja nicht!

Geschmack und ein Gefühl für Formen und Farben hat meine Familie auch; nur irgendwie alles in leise und bescheiden; ist es das vielleicht? Ich meine nicht, denn ich habe ein gutes Gegenbeispiel im engen Freundeskreis. Mein Kumpel T. ist sogar adelig; selbstverständlich würde er sich an dieser Stelle mit Händen und Füßen wehren, was aus meiner Sicht genau daran liegt, dass er nämlich bescheiden, natürlich und er selbst geblieben ist.

Vermutlich schätze ich ihn deswegen auch sehr!

Wie dem auch sei; vielleicht klärt sich das ja noch alles auf: jedenfalls bin ich nicht nach Athen gereist, um über mein Verhältnis zum zentral-euröpäischen Großburgertum nachzudenken, sondern um hellenische Freunde zu treffen und um mir einige Sprach- und Kultur-Infusionen in die Venen zu jagen, um mit wachsender Neugier zu sehen, was das mit mir macht.

Vielleicht werde ich grün und verwandle mich in was Merkwürdiges!

So wie man in Athen jedenfalls Motorrad und Roller fährt, könnte man tatsächlich meinen, dass hier alle crazy sind. Müßiggang suche ich hier seit Jahren vergebens. Männlein und Weiblein erinnern mich – ich versuch‘s mal mit Comic-Figuren – eher an ‘ne Mischung aus „Tasmanischem Teufel“, „Speedy Gonzales“ und dem „Roadrunner“, die bekanntermaßen nicht unbedingt für Ruhe und Ausgeglichenheit bekannt sind.

Jetzt verstehe ich meinen Freund – Diogenes!

Wie er in der düsteren Welt nach einem Menschen suchte; so fühle ich mich auch manchmal, ohne dass ich das jetzt depressiv, melancholisch, oder in irgendeiner Form negativ empfinde; die heutige hektische Zeit lässt wenig Raum für Muße und Zeit fürs Flanieren; doch habe ich das Glück viele tolle Menschen zu kennen.

Aber dazu später mehr – schönen Wochenstart wünsch ich euch allen…  

PS: Ganz klein am Ende der Straße, erhöht & bestrahlt – die Akropolis…

08.Mai – Sieg! Victoire! – Odyssee 2022

Was gibt’s Schöneres, als‘n Kriegsende zu feiern? Richtig – verdammt wenig. Zwar lohnt‘s sich darüber nachzudenken, ob zum Beispiel der Tod/t des King, oder das Ableben anderer künstlerischer Größen / Größinnen so in den Hintergrund treten, jedoch geschieht das, wie wir alle wissen, mehr aus Gründen dekadenter Zerstreuung. Oder in anderen Worten – manche Gedanken ordnen wir ganz bewusst als „vom Luxus des Friedens, kugelrund gesäugten abwegigen Umweg zum Müßiggang“ ein.

„Anti-Krieg“ passt auf jeden Fall immer.

Wer ist schon dafür, außer Kyrill und der neue russische GröFaZ. Wo wir aber heute, am 8.Mai nun einmal schon so feierlich zusammengekommen sind, liebe Gemeinde und uns bei Oblaten und rotem Traubensaft an den Händen fassen und Tränen akkumulierter Rührung aus unseren glänzenden Vogelnestern streichen, während wir über Themen wie Größe, Blut, Leib und Kriechende sinnieren, fällt mir ein, dass der heutige Tach gut zu Thema vier passt. Ihr erinnert euch bestimmt, nicht wahr?

„Du bist nichts wert und andere Anti-Motivationen…“.

Am zweiten April nannte ich verschiedene Themen; neun insgesamt, passend zu den neun Geboten. Anti – also gegen etwas zu sein, ist, wie ich finde, grundsätzlich attraktiv, solange es kein Automatismus ist. Erwartungsgemäß ist der 8.Mai unterschiedlich besetzt. In Deutschland heißt er „Kriegsende“. Außerhalb Germanias nennt man ihn schlicht „Sieg!“. Oder „Victoire“ Was interessant ist – ‘ne einzelne Nation verliert, damit die Mehrheit gewinnt.

Klingt nach der vom Aussterben bedrohten „Demokratia“.

Wir hatten bereits letzte Woche erste Vorschläge erörtert, wie man anti-national handeln kann; heute folgt daher die komplementäre Übung dazu – „Anti-Motivation“ – passenderweise am Tag des erlösenden Kriegs-Ende von WW2. Lasst uns daher ab sofort alles tun, um richtig unmotiviert und richtig wertlos zu werden. Aber wartet: Vielleicht haben wir Glück und wir sind‘s schon.

Lasst uns also mal schauen.

Wenn man bei Wiki sucht, findet ihr alle Möglichen; da gibt‘s mathematische, ökonomische und eine lange Liste anderer Werte. Auch moralische Wertvorstellungen gibt‘s. Aber anscheinend gibt’s keinen für Menschen, wie beispielsweise bei der Temperatur. Haben wir Menschen etwa keinen Wert? Merkwürdig. Wäre es nicht klasse, wenn man euch ein Messgerät in eine eurer – beispielsweise – Körperöffnungen steckt, um euren WERT zu messen?

Ehrlich gesagt finde ich’s beruhigend, dass es sowas nicht gibt.

Oder doch? Theoretisch, den Wissenschaften nach jedenfalls nicht. (Praktisch schauen wir uns das an einem anderen Tag an!) Philosophen sind sich ungewohnt einig. Nehmen wir als Beispiel den lieben Albert Camus. Wertlos zu sein und ein absurdes Leben zu führen, ist nicht nur möglich, sondern kann erleichtern, wie man am Beispiel Sisyphos‘ sehen kann.

Jene buchstäbliche Schuldunfähigkeit,

die uns die römisch-katholische Kirche anbietet funktioniert zwar anders, kommt aber zum gleichen Ergebnis; von Geburt an culpa haben und minderwertig sein, erlaubt mir bequem meine Verantwortung abzugeben, doch Obacht – warum ist wertlos eigentlich etwas Negatives für uns?

Warum wollen alle etwas wert sein?

Vor Wochen gestand mir ein Kumpel, dass er lieber mit reichen einflussreichen, statt mit armen unbedeutenden Menschen seine Zeit verbringt. Als Begründung nannte er mir, dass der Pöbel keine spannenden Geschichten zu erzählen hat, weil er von Natur aus ein langweiliges Leben führt. Zu seiner Ehrenrettung:

Er schoss den Nebensatz aus seiner ungesicherten Hüfte.

Und doch hinterließ es bleibende Spuren und Gedanken in mir. So wahrnehmend, leuchtete mir ein, warum sich mein Kumpel – vermutlich – ein wenig verirrt hatte. Lange kaute ich darauf herum. Ein paar Wochen später trafen wir uns wieder. Diesmal kam ich gleich zur Sache und sagte ihm, dass ich lieber Diogenes von Sinope, statt Cäsar treffe, wenn ich mir was Derartiges von den griechischen Göttern wünschen dürfte.

Überrascht zog er seine Augenbrauen hoch und begann zu grübeln.

Ich ergänzte, dass Diogenes, in der heutigen Welt, ein Obdachloser sein müsste, der sich noch dazu selbst, „Hund“ nannte, falls alle Überlieferungen stimmen. Ungewöhnlich lange schwieg und sinnierte mein Gegenüber. Ich war in bester Stimmung und schob weitere Argumente hinterher, so in der Art wie,

„Wert ist‘ne Betrachtung, von‘nem Standpunkt aus“.

Oder ist etwas, was ausschließlich im Vergleich zu etwas Anderem entstehen könne; für mich bedeutet wertlos zu sein, völlig frei von Vergleichen und Erwartungen leben zu dürfen, idealerweise es auch zu bleiben. Oder in kürzester Kürze:

Kein Sinn, kein Schein – nur Zeit und Sein.

Was das mit WW2, Anti-Motivation, Wertlosigkeit und Beteigeuze zu tun hat? Und wieso Menschen Sinn suchen, wertvoll, wahrgenommen und geschätzt sein wollen, anstatt, ohne Qualitätssiegel der Anderen zu versuchen sich selbst zu mögen, um ein anti-auffälliges, anti-spannendes, dafür aber zufriedenes Leben zu führen? Keine Ahnung.

Wenn ich will – alles. Wenn nicht – nichts!

Letztendlich – das sage ich euch in aller Deutlichkeit – siegt immer Fleisch, Blut, Hunger, Durst und Zeit. Solange man kauen, trinken, und lieben kann, sollten wir uns aus vollster Brust bis zum letzten Tropfen verschwenden…

Halleluja ruf ich euch durstigen Seelen zu….

Und Proust…!

 

Da-sein – Odyssee 2022 CW13

27.März – Endlich wieder regelmäßig laufen! Meine Güte, wie schnell macht mich ewiges Rumsitzen porös. Ich sach nur – Anima-Sana-In-Corpore-Sano. Mit diesem Motto hat Asics mal‘n schön-sinniges Motto gewählt, wenngleich ich nicht mehr mit denen laufe. Seit ich wieder meine Runden um die Garonne drehe, ist das Happyness-Level höher. Vielleicht liegt es auch an der Sonne, die seit Tagen länger scheint.

Zur Zeit buddel ich mich durch mein neues Buch.

Und bin gerade dabei, alte Geschichten aus tiefem Lebens-Gestein heraus-zu-schürfen, als wieder dies merkwürdige Gefühl des totalen Nichtwissens ausbrach. Wieder saß ich da und wusste nicht wer und wo ich bin. Woher das bloß kam? Es hat nichts Beängstigendes an sich. Eher ist es ein zutiefst merkwürdiges Gefühl, als würde ich hinter einem Vorhang stehen, der wie‘n milchiger Filter zwischen mir und dem wahren Leben schwebt.

Ich kann es nicht besser erklären.

Es ist, als wenn ich in einem unbekannten Leben, auf einem unbekannten Planeten wachwerde. Wie beim re-booten eines Computers, wenn „Es“ noch nicht weiß, was „Es“ geladen bekommt. Schon der alte Siegmund Freud hatte die Erfindung des „ES“ für sich in Anspruch genommen, was allerdings nicht ganz korrekt ist, wenn man pingelig sein will und wie ich glaube, wenn ich rückwärts blickend,

Nietzsche und die alten Griechen richtig verstehe.

Doch wenn grauhaarige Männer mit Pfeife oder Zigarre grimmig und humorfrei aus der Wäsche schauen, dann widerspricht man denen nur unter dem Einfluss von Drogen oder Wein. Wie der arme Wilhelm Reich das alles aushielt, bleibt mir ewig ein Rätsel. Nun, in Wahrheit hat er es ja auch nicht…

Auch Günni Grass kam mit Pip und Tweet-Jacket daher….

Aber worauf will ich eigentlich hinaus? Ach ja: Jedenfalls hat Sigi mit seinem „Das ich und das Es“ eine anständige Schrift hingelegt, was mich vor Jahren einlud, diesen Zustand des totalen „Nicht-Wissens“ mit dem Zustand des „Über-ES“ gleichzusetzen, dass am ehesten das „Äußere / Weltliche / Kosmische“ beschreibt, all das, was nicht Teil meiner Ich-Facetten ist, quasi das große Ganze, minus mir und meiner Natur, das sich wieder mal so stark meiner bemächtigte,

dass es für kurze Zeit Sigi’s 3er-Facette in mir hinfort-wischte.

Ähnlich, wie bei einer tiefen Meditation. Nur das ich ganz klar im „HIER UND JETZT“ und nicht im „ÜBERALL“ zu sein schien. Schon öfter hab ich‘s erlebt. In letzter Zeit allerdings häufigerer, wo ich regelmäßig in Untiefen herumfische und mich mit dem Da-Sein als Solches und Meinem im speziellen auseinandersetze. Da geht es unter anderem ums alltägliche Dasein und wie‘s mit Heisenbergs Unschärferelation zusammenhängt – in anderen Worten:

Warum 100% bewusstes Leben in Wahrheit – unmöglich bleibt!

Es bleibt eine unendlich dichte Annäherung. Vollständige dauerhafte Erlangung ist jedoch nicht drin. Man kann kleine Zeitfenster eines erhöhten Bewusstseins erreichen, Hindu‘s und Buddhisten zeigen das, jedoch bleiben es Inseln des Runter- oder Raufkommens, je nachdem wie man’s sieht. Was das mit mir zu tun hat?

Das versuche ich herauszufinden. Was bedeutet Da-sein – und wie empfinde ich meines, rückblickend und im Jetzt verharrend?

Nun, wir werden sehen…

2022 – Odyssee 2022 CW01

02.Januar – Sylvester in Wilstedt-Siedlung. Neujahr-Mittag dann mein erster Spaziergang, durch’s wohlbehütete Auenland am Tangstedter Forst. Prächtig gepflegte Gärten und Häuser laden zum andächtigen Schweigen und Flüstern ein. Ich fühl mich ganz ähnlich wie in Blankenese, nur dass hier der Hauch von Blockwart noch stärker durch die Gassen weht.

Sogar selbstgebaute Blitzanlagen fordern langsame Tauchfahrt.

Ein Überangebot an privat installierten Verbot-Schildern lassen mich staunen und dutzende Male stehenbleiben, obwohl ich mit einer maximalen Durchshnittsgeschwindigkeit von 2,5km/h eher langsam schlendere, statt anständig gehe. Von „Betreten Verboten“ bis zur ethisch-moralischen Ermahnung,

seinen Hund woanders kacken zu lassen,

ist hier alles vertreten. Selbst hochglanzpolierte Marmorplatten, scheut man nicht bei der Materialwahl zum 1000 Jahre überdauernden privaten Grenz-Zaun auszuwählen, was mich alleine schon daher staunen lässt, weil deswegen Zäune, Gehwege nebst Auffahrt an diesem speziellen Eigenheim so aussehen, als feudelte man sie täglich frisch durch. Nur äußerst vorsichtig möchte ich daran erinnern, dass man sich im Freien befindet…

Sowas gibt‘s nicht mal inner Schweiz…

Doch meine ungeteilte Begeisterung hat der selbstgebaute Blitzkasten, der richtig echt aussieht, wenngleich ein wenig kleiner, als das Original. Trotzdem fährt man bei seinem Anblick erschrocken zusammen und bremst energisch, obwohl man schon längst deutlich unter den erlaubten 30 über den schlafenden Asphalt kriecht. So oder so muss man dem Erbauer neidlos anerkennen –  er hat sein Ziel erreicht.

Doch wie soll ich es mir vorstellen?

Ein x-beliebiger Gatte, sagen wir es gendermäßig korrekt und neutraler – ein Mensch – entschließt eines Tages, etwas für die Straßensicherheit in seiner geliebten Wohnsiedlung zu tun, diskutiert mit Freunden, Nachbarn, vielleicht der Polizei und surft im Internet herum, um sich inspirieren zu lassen und macht ein paar Skizzen und Zeichnungen? Bald spricht er mit seinem Sozialgefährt, während eines sonnigen Juni-Frühstück, dass er sich Gedanken gemacht und eine mutige Entscheidung, von epochaler Tragweite getroffen hat…

So in etwa?

Beim Baumarkt kauft er Stichsäge, Farbe, Pinsel, wasserfest verleimte Sperrholzplatten, Edelstahlschrauben, Lochsäge, sowie ein paar wie Foto-Linsen anmutende Farbscheiben, damit die zwei Überwachungsaugen möglichst echt aussehen. Nach dem Mittag – er hat nach dem Samstag-Frühstück seinen Lieblings-Baumarkt heimgesucht und sein Material besorgt – geht man(n) dann freudig in seinen Bastelkeller und baut seine vollendete Raser-Abschreckung, professionell beschleunigt, indem er mit‘m Heisluftfön den Trocknungsvorgang begleitet.

Doch was denkt seine Gattin?

Sehr brennend interessiert mich, was seine Partnerin wirklich dabei empfindet, wenn ihr Ehemann in seiner Freizeit, ein kleines Holzhäuschen baut, was bewusst einer Blitzanlage gleicht, um Autofahrer zur Räson zu bringen – was? Ist sie stolz? Findet sie es gut, macht er es vielleicht sogar auf ihr Anraten, auf ihr Bitten hin, aus Angst, den gemeinsamen Kindern könnte etwas zustoßen, wenn sie auf der Straße spielen?

Oder ist’s ihr egal?

Spannend finde ich die Partnerin hinter dem Mann – doch halt! Ohne es bewusst zu merken, hat sich der Vorzeige-Bürger als Mann entpuppt – aus irgendeinem Grund, kann ich mir offensichtlich nicht vorstellen, dass diese Aktion die Handschrift einer Frau trägt. Doch vielleicht lieg ich falsch und es ist kein Rüde, sondern ‘ne Hündin? Möglicherweise täusch ich mich und es ist ’ne Lady, die sich in dieser an Insel Mainau erinnernden Siedlung via Bastelkünste verewigte. Doch auch dann die Frage:

Was empfindet der Partner?

Gleicht in einer sagen wir mal, über 15 jährigen Partnerschaft, das Denken sich untereinander so sehr an, dass man wie Synchronschwimmer durchs Leben geht? Wird man klamm-heimlich von Werten und Ansichten des Anderen in Beschlag genommen, dass man gar nicht merkt, dass man nahezu alles gut findet, oder akzeptiert, gar freudig willkommen heißt, was er oder sie sagt, tut, unterlässt, isst, trinkt usw. … ?

Hand auf’s Herz, mal ganz ehrlich:

Würde jeder von uns protestieren, wenn der Partner Dinge tut, bei denen wir innerlich, gar äußerlich mit den Augen rollen? Oder atmet man schlicht erleichtert auf, dass er beschäftigt ist, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt? Was auch immer dieser Satz genau bedeuten könnte, wenn man ihn sich näher zu Gemüte führt…den mir eine verheiratete Freundin als echte Möglichkeit anbot.

Was täten wir selbst in so‘ner Situation?

Während ich schreibe habe ich ein wenig recherchiert. Tatsächlich kann man sogenannte Blitzkasten-Attrappen im Internet kaufen. Sie kosten zwischen 20 und 60€, je nachdem wie aufwändig die Variante sein soll. Doch was kann mir das sagen? Dass sich in Deutschland viele Menschen Blitz-Attrappen zur Abschreckung in ihre Gärten stellten, weswegen sich Firmen auf das Bauen dieses Artikels in 2021 spezialisierten…

Jedenfalls mein Jahr beginnt überrascht und froh…froh, dass wir eine solch große und schöne Vielfalt unter unseren Mit-Menschen haben, dass sich meine Neugier auch 2022 nicht sattsehen wird…ich wünsche daher uns allen ein

spannendes, lebendiges und Gesundes Jahr 2022…