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Gentechnik und Geographie – Odyssee 2020 CW25

Sonntag der 21.Juni – Spanien hob seinen Alarmzustand auf und öffnete die Grenzen zu den Nachbarn – wie schnell drei Monate vergingen. Gerade trank D seinen ersten Café, als Volotea seinen vierten Flug nach Mallorca stornierte und ihn in einer von Trauer umflorten Email darüber informierte, ohne das D’s Herz beim Lesen auch nur einmal Gefahr lief höheren Puls zu bekommen.

Das lag zum Einen daran, dass D mittlerweile alles als eine Art Wette auf die Zukunft ansah, mochten es Aktien, Flüge, Eier, Wein, oder sonst welche Produkte sein und zum Anderen daran, weil er beim rhythmischen studieren der Flugangebote bemerkt hatte, dass Südfrankreich zwar rein geographisch direkt an Spanien grenzte, was jedoch gegen die leidenschaftliche Liebe der Norddeutschen offenkundig nicht ausreichend punktete, weil man seit dem 15.Juni wieder mehrmals täglich Hamburg – Mallorca fliegen konnte.

Was war geschehen? Hatten die Franzosen Nähe und Liebe zu ihren okzitanischen und aragonischen Brüdern und Schwestern verlernt, gar über COVID-19 vergessen? War es möglich, dass normannische Willensstärke und teutonische Planungsleidenschaft sich gegen physische Nähe und mediterrane Kulturen durchgesetzt hatte? D wusste es nicht – aber war klar, dass er es bald herausfinden musste – er ahnte noch nicht, wie schnell und wie bald!

Alles fing damit an, dass Emmanuel der Erste, König vom Frankenreich, zum Krieg gegen die Coronen ausrief, welcher mit einer leidenschaftlichen Rede am 16.März im Jahre Null, v.Corona. nicht nur begann, sondern zum ersten Mal alle Landsleute mobilisierte und selbst oben, in der weit entfernten Bretagne, das letzte gallische Dorf, mitriss. Überall im Königreich krempelte man Ärmel hoch, was man daran merkte, wie pflichtbewusst die Franken in ihren Häusern blieben, um dieser modernen Pest, um jeden Preis den Nährboden zu entziehen.

Rückwirkend betrachtet konnten sich Wissenschaftler auf drei Monate einigen, was die Geschichtsbücher später bestätigten. Mögliche Erklärung für D war, dass Emmanuel der Erste und seine Getreuen nach dem gewonnen Krieg offensichtlich so viel mit sich selbst zu tun und so viele Apéros nachzuholen hatten, dass man Lichtjahre davon entfernt war, alte und neue Nachbarn wahrzunehmen, oder gar mit Besuchen zu wertschätzen.

Weil die Normannen, Preußen und Teutonen schon seit langer Zeit keinen König mehr hatten, fiel somit mehr Macht auf die einzelnen 16 Stämme und Herzogtümer, die deswegen schneller und zielgerichteter reagierten, während König Emmanuel der Erste noch seine Hafenrundfahrt unternahm, um Getreue und Volk auf seine Linie einzuschwören., was darin mündete, dass manche Fluglinie Emmanuel und sein Frankenreich als geringere Gewinnopportunität ansah, als zum Beispiel Normannen, Teutonen und Preußen.

Doch war dies erst der Anfang – bald schon fiel es D wie Schuppen von den Augen, warum das ganze Frankenland in einer Art glückseligen Dornröschenschlaf fiel, Benommen vor Selbstliebe, als er versuchte sich seine morgendlichen Eier zu machen, die er nur mit Mühe alleine gehoben und durch die Tür getragen bekam, was an den gewaltigen Fortschritten fränkischer Gentechnologie lag, die es Emmanuels Hühnern erlaubten, Eier auszubrüten, die an Gewicht und Größe ihr Selbst überstiegen.

Und – auch diese Erkenntnis, ließ D’s Hand mit lautem Klatschen an seine Stirn schlagen, als er einen weiteren Erfolg fränkischer Zauberkraft überblickte, die sich vor seinen Augen ausbreiteten und in den letzten drei Monaten stattgefunden hatten – was D als wahren und richtigen Schritt in eine geeinigte EU wahrnahm, woraufhin D sofort zum Apéro griff, um auf Europa anzustoßen.

Was war passiert!

Erst nur aus dem Augenwinkel, bald schon für einen ersten konfrontierenden Blick zurecht gedreht, breitete sich D’s Irritation über das Pentagramm in Schockwellen aus, dass König Emmanuel der Erste und Seine Getreuen als fränkisches Gütesiegel auf Produkte und Verpackungen imprägnierten.

Dazu mussten Emmanuel der Erste und seine Getreuen es in nur drei Monaten hinbekommen haben, dass sich die Pyrenäen um mehrere hundert Kilometer vergrößert hatten, oder, wenn sie an Größe und Ort die gleichen geblieben sein sollten, sein Frankenland, durch gewaltige Sandaufschüttungen vergrößert haben, dass sich das bekannte Hexagramm in nur drei Monaten in ein magisch-großes Pentagramm verwandelte.

Auch nach dem hastigen Genuss, mehrerer Gläser Roséweins, änderte sich für D nicht das Geringste, dass er schlussendlich, die griechischen Götter sein Dank, die einzig richtigen Schlüsse zog: Entweder mussten König Emmanuel der Erste und seine Getreuen eine eingeschworene Familie einflussreicher Druiden sein, die über magische Kräfte verfügten, dass ihnen quasi alles gelang, wenn sie nur wollten, was sich durch Foie Gras sehr schön wissenschaftlich bestätigte, dass sie machen konnten, dass Tiere, allen voran Enten und Gäse, mehr fraßen, als sie natürlicherweise bevorzugten.

Oder aber, fränkische Eier Produzenten hatten so niedrige Schulbildung, dass sie nicht bis sechs zählen konnten und sich deswegen tragischerweise zu sehr auf Marketing, statt auf Weiterbildung und Qualität ihrer Produkte konzentrierten und daher unwissend in Kauf nahmen, zuerst eine fränkische, dann eine europäische Revolution dadurch auslösend, weil man mindestens zweimal auf Ursprung und Ort seiner Produkte hinwies, ohne sich der Ungenauigkeit bewusst zu sein, welche verheerende Wirkung ein Pentagramm bei König Emmanuel dem Ersten und seinen Getreuen auslöste.

Glücklicherweise lebte D bereits lang genug in König Emmanuel Frankenland, um gut einschätzen zu können, dass man es hier mit vielen Dingen nicht so genau nahm, was er schon bei den im Freien stehenden Traktoren von Jay-Bee bemerkte, die dort munter vor sich hinrosteten, was mitnichten eine herausragende Gelassenheit Jay-Bees, dafür umso mehr eine grundsätzliche Verhaltensweise aller Winzer aus Bordeaux zu sein schien.

Wieder einmal fühlte D sich bestätigt, alles als eine Wette anzusehen, weswegen er alles mit Wahrscheinlichkeiten abwog, was das Herz und die wahre Natur der fränkischen Freiheitsmethodik zu sein schien – vive la France, vive l’Europe!

 

Freiheit und Schnupfen – Odyssee 2020 CW21

Ein weiterer Sonntag-Morgen, diesmal 8:30. Nachdem D bereits dreißig Minuten wach lag, zog er sich flott um, schlüpfte in seine Laufschuhe und lief in leichtem Trab die Garonne entlang. Schon die ganze Nacht hatte er über ein paar Dinge nachgedacht, wie zum Beispiel, wie hielten es Europäer mit der Freiheit und der damit verbundenen Selbstbestimmung; was bedeuteten für sie Worte wie Risikogruppe und Systemrelevanz, vorausgesetzt, allen schien klar, von welchem System man sprach.

Wie immer, tat D sich schwer mit dem vermeintlich üblichen Gebrauch von Worten, aber vor Allem, tat er sich deswegen schwer Worte und ihre Nutzung zu verstehen, weil ihre Mehrdeutigkeiten und abgeleiteten Gebräuche in exponentielle Interpretations-Varianzen mündeten, dass viele seiner Gedanken lange brauchten, um ihn zu neuen Erkenntnissen zu bringen, oder eben nicht.

Nicht nur, dass sich die Ungenauigkeiten über tausenden von Jahren hinzogen, so gut wie nie korrigiert wurden, sondern, und das wog für D viel schwerer, sich munter weitervervielfältigten, dass selbst erfahrene und verantwortungsbewusste Journalisten sich schwer taten, im Dickicht der komplexen deutschen Sprache noch halbwegs klar zu sehen, geschweige eine wirksame Schneise in den gewaltigen Buchstaben-Dschungel schlagen zu können.

Mehr und mehr bemerkte D, dass er drohte zu verkauzen, wenn er nicht ausreichend Kontakt mit andersdenkenden und lebenden Menschen hatte; immer wieder setzte er kleine Testbojen in seinem Wörtermeer aus, um zu schauen, wie die Mitmenschen reagierten. Apokalypse, war so ein früh misshandeltes und falsch benutztes Wort, dass, wen wunderte es, seit dem Einzug in die christlichen Testamente, im kollektiven Bewusstsein der Alten Welt und ihrer Bürger eingemeißelt blieb, ohne im entferntesten zu erinnern, wofür es ursprünglich stand.

Doch wie sollte Europa seine Bürger in die vollständige Freiheit erneut entlassen, wenn das Verständnis unterschiedlich, Beschneidungen anders wahrgenommen und ihr Fernbleiben nicht registriert, weil der Bürger sich nicht mehr sicher war, was Freiheit eigentlich bedeutete?

Doch es kam aus D’s Sicht noch viel dicker:

Wie sollte man jemandem etwas wiedergeben, wenn er nicht merkte, dass man es entfernt hatte, oder noch besser, wie ging man mit etwas um, das offensichtlich niemand mehr selber verantworten wollte?

Hatten Demokratien ausgespielt? kamen sie nach 2500 Jahren aus der Mode und wenn ja, warum? Weil nur die Dinge uns Menschen Werte gaben, für die wir kämpften? D wusste es nicht.

Glasklar war ihm aber, dass für ihn, als menschliches System, die Freiheit absolut systemrelevant blieb und dass Selbstbestimmung für ihn bedeutete, jederzeit Schnupfen zu bekommen, wenn er zu leicht bekleidet umherrannte, dass er das hausgemachte Risiko erhöhte krank zu werden, wenn er weiter viel trank und rauchte und dass er später, mit Mitte Siebzig weiterhin selbst entscheiden würde, wann er, um welche Uhrzeit vor die Tür ging, weil SEIN Körper, SEIN Leben, SEIN Geist nur IHM gehörten, weswegen ER damit machen konnte was ER wollte – was ER wollte.

Für D hieß Freiheit, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, was hieß, dass er bei Rot nicht die Ampel kreuzen sollte, wenn er nicht sicher war, dass die Straße frei blieb, dass, wenn er mal wieder fernab von asphaltierten Straßen auf Schotterwegen mit seinem Motorrad unterwegs war und diesmal schwer stürzte, nicht so leicht wie auf Kreta vor einem Jahr, sondern so schwer dass er sich ein paar Knochen brach, das er ganz alleine dafür die Verantwortung zu tragen hatte, denn er selbst war es, der sich für diesen Weg entschied.

Das blieb D‘s Lebensprinzip, vollständig von Konstantinos Kavafis wunderbarem Poem „Ithaka“ abgeleitet – war in diesen magischen Zeilen nicht alles enthalten?

Warum dachten so viele Parlamente, dass man Bürgern sagen musste, dass ihr Leben tödlich gefährlich sein konnte, wenn man zu viel wagte? Warum dachten und erwarteten Bürger, dass Regierungen ihnen sagten, was sie zu tun und lassen hatten, wenn ein Virus durch die Straßen fegte?

Wussten sie nicht jeden Tag, dass man jemanden mit schwerer Grippe nicht unbedingt besuchen sollte, wenn man selbst schon alt, oder krankheitsbedingt wacklig auf den Beinen war? Mussten Politiker ihren Bürgern sagen, dass man sich durchzechte Nächte fürs Erste schenken sollte, wenn man mit schwerem Fieber und Schüttelfrost das Bett hütete?

Über dies und vieles Anderes grübelte D, als er über die Pont Neuf nachhause lief, die sonnendurchfluteten Straßen und Häuser dabei betrachtend, um wieder zur Erkenntnis zu gelangen, dass für ihn Freiheit das wertvollste Gut blieb, für das es sich immer lohnte zu streiten und zu kämpfen, besonders dann, wenn ängstliche Menschen in neuralgisch wichtigen Positionen, aus vorschnellem Wohlwollen, sie einzuschränken gedachten, zum Wohle ihrer Bürger, die darüber bitte schön auch weiterhin selber richten wollten, was sie mit wem in ihrem Leben tun wollten.

Vielleicht barg diese merkwürdige Zeit eine Riesenchance für alle, damit wir nach unserem Freiheitsverlust, aufs Neue für sie kämpften und stritten, damit wir sie wieder neu wertschätzen lernten, wie etwas, dass man überraschend verloren hatte und auf einmal, aus dem Nichts, wieder auftauchte – vielleicht lassen wir sie uns beim nächsten Mal nicht noch mal wegnehmen……dachte D und ging, ein paar abschließende Dehnübungen machend in seine Küche, um ein ausgedehntes Sonntagsfrühstück vorzubereiten.

 

Sokrates Satire – Odyssee 2020 CW16

Sonntag, 19.April 2020 – genauer gesagt, Ostersonntag, wenn man gewohnt ist, den griechisch-orthodoxen Ritualen zu folgen; gerade bin ich wach geworden; normalerweise bleibe ich länger im Bett liegen und genieße das langsame auftauen, aber nicht heute. Zu mächtig war mein Traum, an den ich mich vollständig bis ins Detail, erinnere.

Irgendwie habe ich auf einem Berg meditiert, keine Ahnung wo das war, jedenfalls hatte er Wasser-Nähe; es sah eher nach Meer als nach einem See aus; ich meditiere da so vor mich hin, konzentriere mich auf existenzielle Dinge wie den letzten und nächsten Urlaub, sowie den letzten und nächsten Apéro, was einen vor erstaunliche Fragen stellt, jetzt mit dem verlängerten Confinement in La France, als mir auf einmal Sokrates erscheint, aber nicht so flaschengeistmäßig, so halb durchsichtig und so, sondern richtig in echt, direkt vor mir stehend; ich schrecke zusammen und merke, dass ich unsanft auf dem Kissen lande; jetzt steht also der Meister aller Meister vor mir, au Backe!

„Guten Morgen Don, du hattest nach mir gerufen?“ Völlig verdattert komme ich ins Stottern.

„Äh, Meister, äh, gerufen? Vielleicht eine e-mail, aber so mit Pferd und so machen wir das eigentlich nicht mehr….“ Kann man, darf man Sokrates eigentlich widersprechen…?

„Sei es, wie es sei, lieber Don; gestern kam ein Bote geritten, der mir die Nachricht überbrachte, dass du mich zu sprechen wünschest; so habe ich mich aufgemacht; was kann ich für dich tun….?“

Voll krass! Ich kneif mich in die Innenseite meines Oberschenkels, wo es besonders weh tut, um sicher zu sein, dass ich nicht träume; es schmerzt höllisch, verdammt, er steht wirklich vor mir; okay, sammel dich; was könnte ich ihn denn mal; so ein Mist, immer werden Wünsche war, wenn man nicht vorbereitet ist; beeindruckend tiefe Stirnrunzeln hat er; ganz schön lässig, wie er so mit Chiton, dem langen weißen Bart und den lockigen weißen Haaren vor mir steht und darauf wartet, mir, ausgerechnet MIR zu helfen……das glaubt mir niemand!

„Setz dich bitte, ja, du kannst mir tatsächlich helfen…“ Er setzt sich sehr langsam auf einen neben ihm liegenden Stein, wenn er jetzt den Kopf auf einen seiner Arme stützt, werfe ich mich sofort den Berg runter…..

„Ja, ich höre, womit kann ich dir helfen……?“ Er soll das mit der Hilfe lassen, es macht einen ja ganz wuschig; wie soll man sich auf etwas konzentrieren, wenn der große Meister dich besucht und ständig wiederholt, dass er ausgerechnet DIR helfen will; ich habe doch gestern Abend keine Drogen genommen, warum ist der Kerl denn jetzt da; hast du ihn dir herbeigewünscht? Merkwürdig; okay, konzentriere dich, also was könntest du? Ach ja, Corona! Nee, mit so etwas kannst du ihm nicht….oder doch? Ach, frag ihn doch erst einmal…..genau…..

„Sag mal, wie wir hier jetzt so zusammensitzen, weißt du eigentlich, was zwischen deinem Schluck aus dem Giftbecher und heute alles passiert ist…?“ Jetzt habe ich es! Ich muss seinen Geist geweckt haben, als ich sein Gefängnis im letzten Jahr besuchte; habe da ein paar Sachen vor mich hingemurmelt………

„Finde ich übrigens echt stark, dass du ihr Urteil aus Respekt vor dem Staat angenommen hast, Hut ab, mein Lieber! Da müsstest du heute lange suchen, um so einen zu finden, der aus ähnlichem Holz geschnitzt ist, das kann ich dir sagen…..!“ Aber echt, heute geht es den Herrschenden ja bloß um, ja worum eigentlich? Wissen wir das? Achtung, er lächelt, hör genau hin was er sagt, hörst du…?

„Lieber Don, sei dir gewiss, dass die Hintergründe meiner Urteilsanerkennung und die Verurteilung selbst, nicht ganz so stattgefunden haben, wie ihr es euch heute erzählt; nach so einer langen Zeit und all der furchtbaren Anhimmelung meiner Person, was ich grundsätzlich ablehnungswürdig finde, schlage ich vor, dass wir uns schlicht auf die wenigen geschichtlich wahren Fakten einigen, nämlich dass ich den Schierlingsbecher akzeptierte und ihn daher trank; wie du weißt, bin ich dann verschieden, einverstanden…?“

„Okay-okay, einverstanden…!“ Wie kann man das denn nicht sein? Nein, Sokrates, ich bin dagegen, ich habe einen besseren Vorschlag…? Ist ja lächerlich……

„Gut! Und zugegebener Maßen erinnere ich das ja bald selber schon nicht mehr, wie die Geschichte ging; aber zurück zu dir; womit kann ich dir helfen….?“

Stimmt, wir sind keinen Schritt weiter; was wollte ich ihn eigentlich; man bist du nervös; komm doch mal runter; ach so ja, jetzt hab ich es….

„Ich kann sonst auch später wiederkommen, wenn es dir besser passt…..“

„Nein-nein, bleib wo du bist…entschuldigung, will sagen……ich hab’s schon; also……“

„Ja-ha? Womit kann ich dir helfen, lieber Don…? Der macht mich wahnsinnig, mit seiner unaufgeregten Art und dem ständigen Wiederholen; okay, los doch, konzentrier dich; stell dir vor, er besucht dich nur einmal in deinem lausigen Leben; womit soll, kann, oder muss er dir helfen, was du nicht selber, alleine hier….okay, genau, das ist es…..

„Kannst du machen, dass sich die Menschen mehr mögen? Damit sie weniger Streit und Krieg machen und dieser ganze Kram, wie dem Errichten von Grenzen endlich aufhört? Vielleicht könnten wir dann endlich ein geeintes Europe werden, was meinst du…..?“

„Möchtest du, dass ich dir erst bei deiner Sympathie-Frage helfe, oder möchtest du zuerst meine Meinung zu deinem skizzierten geeinten Europa hören….?“ Boah ist der anstrengend, wie kann man jedes Wort auf die Waagschale legen, da musst du ja höllisch aufpassen, was du sagst; okay, sei dir klar, was du willst.

„Sympathie, zuerst die Sympathie bitte…..!“

„Wie du wünscht, lieber Don…also, zuerst einmal sollten wir zusammen feststellen, was du zwischen den Menschen verbessern möchtest; du sprachst davon, ob ich machen kann, dass die Menschen, ich zitiere dich…“sich mehr mögen“…ist das so richtig wiedergegeben….?“

„Genau, sie sollen einander mehr mögen, sich sympathischer sein…..…..“

„Warte lieber Don, nicht so hastig; lass uns zuerst einmal die Grundlage zusammen festlegen; ich habe dich also richtig verstanden? Das ist ein guter Anfang; meine Antwort ist NEIN.“

„Äh, wie bitte? Wie NEIN….du bist Sokrates, wer DENN, wenn nicht du kann machen, dass….?“

„Sei kein Narr, Don; ich bin lediglich ein alter Mann, der zu viele Fragen gestellt hat; wie im Namen aller griechischen Götter soll ich machen, dass sich alle Menschen; wie viele seit ihr noch? Acht Milliarden? Wie soll ich dir, gar allen Menschen helfen, gar MACHEN, dass sie sich mehr mögen? Abgesehen davon, bin ich nicht gerade bekannt dafür ein besonders sympathischer Mann zu sein, deinen / euren Wortgebrauch ausnahmsweise nutzend; ich verwende übrigens den Begriff und seinen Inhalt, also die Bedeutung des Wortes ganz anders, als ihr das tut; nein, hierbei kann ich dir und den Menschen nicht helfen; was kann ich sonst für dich tun?“

„Aber Sokrates! Was müsste denn geschehen, DAMIT, die Menschen mehr….?“

„Mein lieber Don; ich kenne die heutigen Menschen nicht; das ging mir schon damals so; kannst du mir sagen, was einen Menschen KENNEN für dich bedeutet? Ich weiß es nämlich nicht….“

„Jetzt hör aber auf, mich auf den Arm zu nehmen, geschätzter Sokrates! Du wirst doch wohl dich und deine Nächsten, Freunde und Familie genauestens…..?“

„Wie könnte ich? Selbst heute, über 2400 Jahre nach meinem Tot, verstehe ich die Mehrheit der Dinge um mich herum nicht; nehmen wir zum Beispiel meine Frau, wie sollte ich sie kennen? Sie kennt sich selbst ja nicht; wie soll ich sie dann…?“

„Moment mal! Du willst mir sagen, dass du deine eigene Frau nicht kennst; dass du nicht weißt, wer sie ist; willst du weiterhin Scherze mit mir treiben, oder können wir….?“ Langsam werde ich sauer; wie selten und geil, sauersein auf Sokrates; ich muss mir das Gefühl irgendwie konservieren und für später aufheben.

„Aber mitnichten, lieber Don; manche kennen sich nicht einmal auf dem Sterbebett; ich kann jemanden sympathisch, dem ursprünglichen Wort nach, finden; also das zugewandte Fühlen zu einer Person hin; ich kann dir sagen, dass meine Frau gut kochen kann, dass sie den Haushalt unheimlich gut organisiert und unser weniges Geld beeindruckend gut zusammenhält; dass sie Geranien lieber als Rosen hat und Wein dem Wasser bevorzugt; das wir uns auch heute, zueinander hingezogen fühlen, aber kennen……“

„Aber Sokrates! Wie können wir Menschen uns weiterentwickeln, wenn wir beide uns schon bei einzelnen Begriffen nicht einig und unterschiedlicher Auffassungen sind? Wie…..?“

„Wenn du die Antwort nicht kennst, lieber Don; wenn ich sie nicht, wenn niemand sie hat, wie denkst du, könntest du vorgehen?“

Ich habe den Eindruck, mehr Fragen als Antworten zu bekommen; das soll Sokrates sein; ist der aber was von anstrengend……

„Na wie schon, indem ich suche……?“

„Dieser Weg erscheint der passende für dich zu sein; suche, lieber Don und nimm es einem alten Mann nicht übel, nicht auf alles eine Antwort zu haben“

„Schon gut, du bist Sokrates, was du nicht weißt und kannst, was sollen wir dann schon….?“

„Ich bin nur ein alter Mann, der dir dabei versucht zu helfen, deine eigenen Erkenntnisse zu gebären; suche, soviel dir möglich ist……..“

„Okay-okay, ich hab’s verstanden; wie lange denn? Wie lange denkst du muss ich…..?“

„Bis du dich selbst erkennst……“ Ich ahnte es….

„Eine Frage habe ich aber noch, geht das…?“

„Nur zu; ich bin hier, weil du mich gerufen hast; womit kann ich dir helfen, lieber Don?“ Wenn er das noch einmal sagt, vergesse ich mich….!

„Warum haben dich die Athener eigentlich wirklich zum Tode verurteilt? Das kann unmöglich der überall nachlesebare Quatsch sein, dass du angeblich die Götter missachtest und zweifelhaften Einfluss auf die Jugend hast; all diese Dinge hatten doch überhaupt keinen Einfluss auf die Stadt und das öffentliche Leben und das Respektieren geltenden Rechts….?“

„Lieber Don…das Leben, mit allem darin ist viel einfacher, als wir Menschen wahrhaben wollen; Menschen zum Nachdenken und Hinterfragen einzuladen ist und bleibst die gefährlichste aber auch schönste Sache im Leben eines jeden Menschen; tun das viele und zeigen diese alle dankend auf dich, wenn man sie nach dem Grund befragt, wird jeder seinen Becher kriegen, mag er auch in unterschiedlicher Gestalt daherkommen…….Mit was kann ich dir noch helfen….?

„Ich glaube für heute langt es; nimm es nicht persönlich; ich spüre gerade eine ziemliche Lehre in meinem Kopf; könnten wir verabreden, dass….?“

„Allen meinen Schülern ging es wie dir; die Mehrheit hat es nicht offen gewagt zu zeigen und auszudrücken, wie du, lieber Don, aber ich kann es euren Gesichtern ansehen, wenn euch die Lust und Neugier vorrübergehend verlässt; entschuldige, ich hatte dich unterbrochen; was wolltest du vorschlagen……?“

„Können wir verabreden, dass ich dich wieder rufe, wenn ich eine Frage habe….?“

„Können wir so machen…..ich habe dir auch einen Vorschlag zu machen…..schreibe alternativ die Dinge auf, die du mich fragen möchtest und versuche, in einem fiktiven Dialog herauszufinden, ob du meine Antworten vielleicht schon kennst, einverstanden….?

„Einverstanden!“ Na da habe ich mir ja was eingebrockt….

„Ich würde mich dann wieder zurückziehen….ist das in Ordnung…?

„Natürlich-natürlich; war schön dich zu treffen, Sokrates. Merkwürdig, irgendwie weiß ich jetzt auch nicht mehr von dir, wie kommt das bloß…..?

„Aus Wiedersehen, lieber Don; hat mich auch sehr gefreut. Siehst du? Schon erlebst du den ersten positiven Effekt; du verstehst etwas nicht und beginnst sofort mit dem Suchen……Mach es gut,…..bis bald…….

„Tschüß……!“

Plötzlich schieße ich hoch und liege in meinem Bett und nicht mehr auf dem Berg. Vielleicht sollte ich jetzt langsam mal aufstehen und mir einen Kaffee machen……

 

Pasquinade #1 – Odyssee 2020 CW15

Sonntag, 12.April 2020 – genauer gesagt, Ostersonntag, wenn man gewohnt ist, christlichen Ritualen zu folgen; unser Proband schläft, während im Draußen eine nie dagewesene Erstarrung des privaten und öffentlichen Lebens stattgefunden hat, weil alle Ebenen der nationalen Politik.- und gesetzgebenden Administrationen, sich in eine multilinguale Trance hypnotisiert haben, dass wir uns alle in der betörenden Harmonie eines absurden Freiheits-beschneidungs-Kanon wiederfinden – getreu dem satirischen Motto:

Freiheit macht frei!

Wir alle können, wo wir so weit weg vom tragischen Epizentrum sind, in Wahrheit nur wenig wissen, über die Wirklichkeit im gebeutelten Italien und Spanien; niemand, der nicht selbst von Etwas betroffen ist, oder zumindest in zweiter oder dritter Reihe, innerhalb der Familie, oder durch Freundeskreise und Kollegium, dem ansteckenden Leiden in den Rachen sieht, kann das wahre mögliche Ausmaß erkennen. Dennoch ändert es nichts daran, dass unser Proband – wir ersetzen an dieser Stelle Namen und Wort „Corona“ durch „Freiheit“ – mit Dingen konfrontiert ist, die ihn schwer irritieren.

Da ist einmal die Tatsache, dass alle Bürger der fünften französischen Republik von ihrem Präsidenten vier Wochen Hausarrest verordnet bekommen haben, um ein weiteres Ausbrechen der Freiheit einzudämmen. Schon heute, ist das Gesundheitssystem nicht mehr im Stande, die Bürger vorm Befall der heimtückischen, brandgefährlichen und hochansteckenden Freiheit zu schützen – Deutschland, Spanien und Italien, sozusagen dem gesamten Herzen der Alten Welt geht es genauso – Experten raten daher zur einzig logischen Option, weswegen man zu Recht selbst einzelne Autofahrer mit Atemschutzmasken durch südfranzösische Landschaften herumtasten sieht, um sich vor der hochansteckenden Unaussprechlichen – wir ersetzen den Namen „Virus“ gegen „Utopie“ – zu schützen.

Warum auf einem Male eine so alte Utopie wie die Freiheit an Attraktivität und Zulauf gewinnen konnte, beschert Experten in allen Ländern tiefgreifende Kopfschmerzen und eben solches Kopfzerbrechen, welches nur mit der reichlichen Einnahme von kräftigen Weinen gelindert wird, wie die grauhaarigen Repräsentanten und Eidschwörer des heiligen Hippokrates bereits mehrfach bestätigen, weswegen es keine Gründe zur Panik, sondern nur wisschenschaftliche Evidenz für die Reproduktion von Altglas und Leergut gibt.

Schon damals, vor 85 Jahren, als man in Deutschland selbst in der heimischen Stube kampferprobt um die gefährliche und hochansteckende Freiheit herumnavigierte, wusste man sich mit genauso ernsthafter Durchschlagskrrraft zu helfen, wie heute, wo man mit aller Beherrrrztheit der glänzenden und gesunden utopielosen Zeit entgegenstürmt, um der tief dem deutschen Vaterland verhafteten und geschundenen Seele Balsam auf die mürben Knochen zu schmieren, damit auch die nächsten tausend Jahre medizinisch blühende Landschaften wachsen und gedeihen, die garantiert frei von schmutziger Freiheit sind und stattdessen sicher, sauber und rein, damit wir ein geordnetes Leben führen können, behütet und beschützt von Vater und Mutter Staat, die uns mit Nächstenliebe, Brüderlichkeit, Einigkeit und abgeschaffter Freiheit alle Entscheidungen abnehmen – zum Wohle unserer Kinder und Kindeskinder.

Täglich kann man mit Erleichterung sehen, wie die Kurve der Angesteckten weiter und weiter abflacht, zum Wohle der Allgemeinheit und der Sicherheit; täglich verkleinert sich die Rate der Verlorenen, hat man doch aus der Erfahrung der Türken, Russen und Chinesen gottlob gelernt, die sich bereits vor unserer brisanten Zeit, um das heutige Osterfest herum, mit aller Macht gegen die Freiheit und deren Utopie gestemmt haben, so dass sie den köstlichen Nektar des Erfolgs trinken konnten, weil es dort heute endlich alle nett und gemütlich in den eigenen vier Wänden haben, mit dem Recht auf Arbeit und einem Gesundheitssystem, dass sich um das Wohl des Individuums nicht nur sorgt, sondern es auch mit tiefster Verantwortung ver-sorgt, bis das der Tot sie scheidet.

Nur hin und wieder blitzen vereinzelte dunkle Erinnerungen hervor, wenn man sich im Traume, oder im heimlichen Dämmerlicht an die gefährlichen Abenteuer erinnert, als man noch des Nachts betrunken und schwer rauchend ziellos umherirrte, auf der Suche nach der nächsten Kneipe, der nächsten Kippe oder einfach dem nächsten Bett. Dann fährt man demütig zusammen, dass die ewige, glücklicherweise zur Geschichte gehörende, Umher-Reiserei einem auch nichts weiter bescherte, als gefährliche unbekannte Eindrücke, Gerüche, Sprachen, Menschen und Speisen, die einem von der wahren Bestimmung des menschlichen Daseins abhielten – Arbeit für Alle und Alle für Arbeit!

Ein weiser Freiheits-Experte, der Selbiger bei einer früheren Utopie-Epidemie nur mit knapper Not entkam, gelang zur beglückenden Erkenntnis, dass nur das Verbrennen alter Schriften, ein Erinnern der Menschen an die tiefsitzende Sehnsucht nach dieser unmöglichen Utopie der Freiheit vernichtet, dass es uns heute, mit etwas Abstand, als befreiende seelische Erleichterung vorkommt, wenn uns der letzte Säuberungs-Schritt in seiner vollen Tragweite vor die Füße fällt, wenn wir uns mit Freude daran erinnern, als man den Verwirrung stiftenden Satz des Aristoteles aus allen Schriften vertilgte, weil er selbst über 2000 Jahre später für den Ausbruch dieser besitzergreifenden Geisteskrankheit verantwortlich ist, weswegen ich ihn hier und heute ein allerletztes Mal, natürlich von meiner Atemschutzmaske geschützt, äußere, zum Schutz für uns und unsere Kindeskinder und in Andacht an die Bedeutung des Osterfestes:

„Wer die Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave.“

Daher rufe ich euch alle auf, um jeglicher Freude, Müßiggang, Leidenschaft und Liebe mit Nachdruck entgegenzuschreiten, damit wir sie gemeinsam restlos vom Planeten Erde vertilgen, getreu nach dem Motte:

Vive l‘absurd! – Vive le con, mes compatriots!