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Zeit – Odyssee 2020 CW40

04.Oktober – gestern hatte D eine bewegende Eingebung; zum Einen ging es darum, dass die Deutsche Einheit ihren dreißigsten und ein Freund seinen fünfzigsten Geburtstag feierte; auf dem Geburtstag ging es natürlich, wie konnte es anders sein, um Zeit; alle schienen sich einig, dass sie im Flug vergehen würde, was Seitens D eine tiefe Grübelei nach sich zog; er begriff, dass er mit kaum einem darüber sprechen konnte, dass es ihm genau entgegengesetzt ging – für D verging die Zeit kaum.

In Wahrheit war es noch viel vertrackter: Sie war für D nicht existent!

Aber was tun, wenn alle Menschen sich ihr unterordnen, wenn die ganze Welt ihr hinterherrennt, wenn sich alles um Zeitoptimierung drehte und es nur noch darum ging, möglichst viel Quality-Time zu haben; wobei sich D schwer damit tat, nachzuvollziehen, was dieser Ausdruck wirklich bedeutete; natürlich war ihm die üblichen Interpretationen und das gesellschaftliche Verständnis geläufig, aber genau das war es ja, was ihn umtrieb:

Musste nicht per Definition JEDE Sekunde Quality-Time sein, wenn man sich auf diese Religion seriös einließ?

Genau erinnern tat sich jedenfalls niemand mehr, wie und wann es dazu an diesem Sonntag kam, dass D von den schönen Musen geküsst wurde, als er seinem sonntäglichen Müßiggang nachgehend, von jenen scheuen Wesen aufgesucht wurde, um ein paar Zeilen in die digitale Matrix zu schreiben.

„Zeit – von Menschen dimensionierter Irrtum,

anfangs wie ein Schatten, bald schon länger werdend, alles verzehrend;

hingen sie doch überall, an Kirchtürmen, an Handgelenken, an verrinnenden Sand erinnernd;

kriechend in den ersten Jahren, bald schon gehend, rennend, ewig hinterherhechelnd – immer zu spät;

Wahrheiten, nackt und versteckt hinter schönen Momenten, wir ständig beiseiteschiebend;

Erfindung der Banken und Wissenschaften, um abzurechnen und zu lehren, ging es tausende Jahre ohne offenbar;

Gestrige lieben sie, Optimistische nehmen sie nie genau, weil ewig leer ohne konstruktives Potential;

Wahrhaftig keine Ahnung haben Natur und Evolution von menschlichen Erfindungen und Wissenschaften;

Wasser statt Sand rinnt durch knorrige Finger – kosmisches Meer, trägst unendlich viele Lebens-Schiffchen, bis gestrandet, auf Grund wir gegangen – ewig gleicher Kapitän, in immer neuen Booten;

Segle solange dich dein schön-geschnäbeltes Schiff trägt, möge deine Reise, Odysseus gleich, ewig dauern;

Manchen Sturm wirst du durchsegeln, bevor du die Sonne erneut wie ein Neugeborenes erblickst;

Natürliche Rhythmen – Musik der Natur, sie brauchen keine Noten und Messungen;

Immer schon sind sie gewesen – vor uns, mit uns und nach uns;

Sei nicht naiv zu glauben, dass du Einfluss nehmen könntest;

Sei froh, lebe intensiv, so lange dein Schiff dich trägt;

Jedes Vehikel, Bäume, Sterne, Säugetiere vergehen;

Ewig wiederkommend – bleib dabei, verzage nie;

Wie konntest du sein, wenn nicht ewig gewesen;

Drum segle weiter, auch mit flatternden Fetzen;

Welt umarmend, lass Herz und Geist schäumen;

Wenn du fühlst, du bist endlich angekommen;

dann schlag geschwind ein Loch ins Schiff;

Poseidon wird geben dir ein Neues;

nie hat Natur von Zeit gehört;

lustiger Irrwitz und Glauben;

nichts ist die Zeit;

alles ist das Meer;

 

Tief Verborgenes – Odyssee 2020 CW38

20.September – vor wenigen Tagen hatte man D gebeten einen Vortrag über Ästhetik und den Einfluss auf die menschliche Kommunikation zu halten, weswegen er sich mit dem Goldenen Schnitt, Fibunacci und Baumblättern beschäftigte und warum es dem Menschen unmöglich ist, bestimmte Merkmale und Verhältnisse zu ignorieren.

Seine Versenktheit hatte viele positive Nebeneffekte, wie damals, als er in Kindertagen stundenlang mit Lego spielte, während Capricio Italiano von Peter Tschaikowski lief, sein Lieblingsstück zu jener Zeit. In seinem Gedächtnispalast gab es verborgene Räume, in denen zur gleichen Zeit, während er spielte, eine Art Spiegelereignis stattfand und etwas Neues entstand. So auch dieses Mal.

Während D munter zwischen einem Sammelsurium von Radien, Kreisen und deren Verhältnisse herumforschte, bildete sich in einer dieser tief verborgenen Kammern erster Buchstaben-Nebel, der langsam aber sicher erste Worte formte, aus denen sich erste Sätze bildeten, die unaufhaltsam neue Rhythmen, Strophen und Bedeutungen erschufen, die D zwischendurch, wie ein überraschter Gärtner bewunderte, weil er ihrer Ordnung und Bedeutung vertraute, als würden sie direkt vom unendlichen Kosmos kommen.

Und so geschah es, dass D am Nachmittag eine kleine Frucht vom Poesie-Baum pflücken konnte.

„Tief Verborgenes,

unverdächtig, die Rituale kleiner Kinder, frühe Früchte innerlich kapselnd, sorgfältig hortend, unbewusst für später beiseitelegend;

wie bunte Bälle fuhrwerkten sie im wachsenden Körper herum, manches Mal auftauchend zum Fragen, Freuen und Luftholen, unbemerkt, noch seltener verstanden;

Jahre später, bloße Blicke, Berührungen, gar Worte, um Ungesagtes, lang Erhofftes, auch schmerzlich Verborgenes zu Tage treten zu lassen, lange heimlich bewacht;

bereit für den Moment, den kosmischen Schlüssel findend, der alle Schächte öffnet, die wir lange geheim-gehalten und niemandem erzählt;

vermeintlich roh behauene Worte, vorschnell für schlicht gehaltene Gemälde, oder einfache Körperdrehungen, Berührungen, kaum spürbar an der Schulter, oder gekreuzte Blicke;

war es möglich, dass Menschen verstanden, wenn wir aufhören zu suchen, damit uns der magische Moment findet und uns wahrhaftig erscheint;

Magisches auslösend, Orchester der Sinnlichkeit, es schien möglich, das Wünsche, Träume und Hoffnungen wahr wurden, die früh verschickt wir hatten;

Weises Universum, hast alles eingerichtet, das den magischen Schlüssel, beim Wandeln durch die Tage, ohne Vorwarnung, wir irgendwann finden;

wenn wir erkennen, dass nie verloren wir waren, dann hat unweigerlich alles Sinn und jede Bedeutung folgt einer höheren Ordnung;

dann ist alles Sein in einem einzigen Moment verdichtet und jener Augenblick ein ganzes Leben wert, auf dass er uns leuchten lässt;

kosmisches Licht, mögest du Wärme, Liebe geben und Licht spenden, eingesponnen ins galaktische Netz;

überwältigt wie Empedokles, vom großen Ganzen, dem Sternentor, den nächsten Vulkan aufsuchend;

oder wieder tief verbergen, bis der Mut irgendwann groß genug, den Schlüssel weiterzugeben

Sprache, Musik, Formen, Berührungen und Geschmäcker,

Sinne – Vehikel und Pforten zugleich!“

 

Nur ein Traum – Odyssee 2020 CW36

06.September – D’s gestriger Zusammenstoß zwischen seinem Motorrad und einem Quad im Toulouser Stadtzentrum verlief gimpflich. Was erwartete man, wenn zwei passionierte Menschen aufeinanderprallten, außer verbogenes Plastik und Metall?

Früher waren es Schwerter, heute Drahtesel.

Nachdem die beiden Großstadtritter sich freundlich nach dem werten Befinden befragten und nichts Bermerkenswertes festellten, nicht mal einen Schreck, wünschten sie sich ein schönes Wochenende und zogen wieder von dannen.

Die leicht verbogene Gabel richtete D erfolgreich an einem Laternenpfahl; die Fußraste reparierte er ebenfalls mit Hausmitteln und bog den Fußbremshebel wieder gerade, weswegen D sich nicht wundertee, als er am Abend noch einen Flaschenöffner zerstörte.

Vermutlich hatten die Griechischen Götter all das angeordnet, weil es D schon länger sehr gut ging – so sendeten sie kleine Aufgaben, damit alles wieder in die Waage kam.

D wusste sofort, dass diese Ereignisse Poesie als Antwort brauchten – und so geschah es.

„Tagtäglich – bahnen wir uns Wege, ohne dass wir Füße nutzen, gar Richtungen spüren;

Früher – klein und rosig, heute erfahren, bedürftig, drehen wir Kreise, schwindelnd strauchelnd;

Gesichter – voll unbekannter Fragezeichen, Weitermachen bleibt als Antwort möglich;

Dummheiten – reihen sich zu Früchte und Erfahrungen, bunte Perlenschnüre bildend;

Mühselig – streifen wir Zwiebelhäute, um zum Kern, unserm Selbst hinabsteigend;

Bemühen – bewusst, offen und frei zu sein, schon drücken Ahnungen aus Poren;

Es bleibt übrig kosmische Freude, unser ernstes Schürfen erträglich machend;

Tage drehen sich und rasen mehr und mehr, Schlaf wird immer länger;

Träume sind unsere Nahrung, um durch Tag und Nacht zu kommen;

Bis alles als Stummfilm davonfließt, durch knorrige Hände rieselnd,

Wieso kamen wir ungefragt hierher, versuchten unser Möglichstes;

Die neugierige Katze im Kopfe fütternd, ständig weiterschreitend;

Tage und Ende nicht bemerkend, ohne die Augen selbst geöffnet;

bald gehen wir verloren, ohne dass wir uns selber je gekannt;

was hinterlassen Träume, mögen sie noch so bunt und lang;

Stirnrunzeln, graue Haare – Kampfes Ernte mit dem Selbst;

Schon fällt der letzte Vorhang, wir hatten noch viele Fragen;

Lächle umso reichlicher – verbreite Freude soviel du kannst;

Verschwende deine Liebe, serviere Tage wie Sterne-Menüs;

Feiere Tage reichlich bunt, mögen die Mahlzeiten gleichen;

göttliche Rechnungen, erleichtert du entgegennimmst;

endlich hat alles ein Ende, schön dass es dich gab;

alles war gut, blieb es auch nur – ein Traum!“

 

Angela Merkel muss sterben – Odyssee 2020 CW34

23.August – seit geraumer Zeit beschäftigte sich D mit dem Tod. Nicht so sehr, weil er ihn suchte, oder Dergleichen, man kann ja oft Dinge all zu leicht missverstehen, gerade in Zeiten, wo er Hochkonjunktur hat, sondern viel mehr deswegen, weil man ihn ausgrenzte. Dabei wollten die europäischen Länder so tolerant und liberal sein und das nicht nur im Gender-Bereich, sondern grundsätzlich. Deswegen entschied D sich der Sache selber anzunehmen.

In einem weiteren Interview mit Frau Dr. Claudia Meyer-Paradiso stand also der Tod auf der Tagesordnung, der wie schon seit Bestehen der Erde überall zuhause war. D saß mit einem Glas Wasser, sowie seinem Headset vor dem Laptop. Punkt 16:00 wählte sich die Journalistin ein.

CMP: Hallo Don – wie geht es dir?

DT: Gut soweit – dir auch?

CMP: Ja. Ganz ungeduldig habe ich unser heutiges Interview erwartet…..

DT: Wieso denn das? Ist irgendetwas passiert….?

CMP: Nein! Aber den Tod als Thema hat man ja nicht oft. Hast du eigentlich Angst vorm Sterben?

DT: Nein. Ich sterbe ja schon mein ganzes Leben lang…..

CMP: Wie ist das gemeint?

DT: Das Sterben beginnt direkt nach der Geburt. Jeden Tag stirbt man ein wenig mehr, denn wenn du geboren wirst, ist eines sofort klar: Jeder muss sterben, du, ich und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie muss genauso sterben wie mein kläffender Nachbarshund und die uralten Olivenbäume auf Mallorca. Letztere haben in der Tat ein anderes Verfallsdatum. Grundsätzlich aber kann man sagen, dass sekündlich millionenfach gestorben wird. Und DAS verdrängen wir.

CMP: Kann man das den Menschen verdenken? Wer denkt schon gerne an den Tod – du etwa?

DT: Lass es mich mal so sagen: Ich denke nicht jede Stunde an den ihn, aber vielleicht öfter, als die Mehrheit. Vermutlich liegt es daran, weil ich es als natürlichen Teil des Lebens ansehe. Genau jene natürliche Handhabung ist uns seit bald 2000 Jahren abhandengekommen, weil……

CMP: Warte mal, warum seit 2000 Jahren und vor Allem: Wodurch?

DT: Religionen haben den Tod stigmatisiert und dann instrumentalisiert. Ohne in die Tiefe zu gehen, kann man sagen, dass er deswegen heute auch als etwas Negatives gesehen wird, weswegen wir unter Anderem auch gewohnt sind zu trauern, wenn jemand vom Sensenmann heimgesucht wird. Ich behaupte übrigens, der Tod kann auch in weiblich Form erscheinen, nicht nur wegen der Gleichberechtigung.

CMP: Du machst dich über mich lustig, oder wie soll ich das verstehen?

DT: Nein, mache ich nicht! Aber ich nehme das Leben nicht so ernst und weil in meinem Leben, der Tod dazugehört, nehme ich den Tod nun mal genauso wenig ernst.

CMP: Okay, einverstanden, das verstehe ich, aber meinst du nicht, dass du einigen Menschen damit vor den Kopf stößt? Viele haben große Angst vor dem Tod. Viele haben ihre Lieben durch den Tod verloren, meinst du nicht, dass du den Menschen ein rotes Tuch vorhältst?

DT: Ich kann dir ehrlich gesagt nicht sagen, was die Menschen beim Thema Tod denken und fühlen, aber ich finde es merkwürdig, wie sehr sich zur Zeit alles um genau dies Thema dreht, ohne dass man es anspricht. Schau doch nur mal beim ganzen Corona-Thema: Wir sollen uns durch Masken und diverse Maßnahmen schützen, obwohl……

CMP: Warte mal! Wie kommst du denn darauf, dass wir die ganze Zeit indirekt davon reden?

DT: Na hör mal! Alles dreht sich zurzeit um den bestmöglichen Schutz vor einer möglichen Corona-Ansteckung und das, weil wir wissen, dass man daran sterben könnte. Ich stelle dir eine Gegenfrage: Was ist der wahre Grund für unsere Furcht vor dem Tod? Oder konkreter gesprochen: Was ist DEINE ganz persönliche Angst vorm Tod?

CMP: Ich glaube, ich hätte Angst, am Ende meines Lebens zu erkennen, etwas falsch gemacht, oder falsch gelebt zu haben, ich meine falsch für mich, also, nicht das Eigene gelebt zu haben…..

DT: Ganz genau! Es ist häufig die Furcht, Dinge verpasst zu haben, oder nicht die richtigen Dinge getan zu haben, die man sich vorgenommen hatte, weil man eben NICHT sein eigenes Leben gelebt hat – es ist schlussendlich die Angst vor der finalen Rechnung.

CMP: Und ist das nicht sehr menschlich und natürlich, deswegen Angst vor dem Tod zu haben?

DT: Nein! Ich finde es im höchsten Maß – unnatürlich!

CMP: Tatsächlich? Erklär bitte, wieso….

DT: Wir hatten es schon letzten Sonntag angesprochen: Wenn ich Angst vor dem Tod habe, sagen wir mal, aus deinen eben genannten Gründen, was hält mich dann davon ab, genau jetzt damit zu beginnen, mich damit auseinanderzusetzen? Dann brauche ich es nicht am letzten Tag tun, wäre das nicht sinnvoller? Du erinnerst dich an das 1-Jahr-Restleben-Diagnose….?

CMP: Ja, natürlich erinnere ich unser Gespräch von letzter Woche, aber du willst mir doch nicht im ernst sagen, dass du dich täglich damit auseinandersetzt?

DT: Ein Vorschlag: Wir haben festgestellt, dass Angela Merkel sterben muss, genauso wie jedes andere Mitglied, der deutschen Bundesregierung. Sie wollen die Bürger vor einer möglichen Corona-Ansteckung schützen, obwohl jeder weiß, wieviel Menschen an anderen Dingen sterben. Natürlich steckt dahinter der Schutz vor einer weiteren Pandemie-Ausbreitung, schon klar, aber wäre es nicht konstruktiver, den Menschen beizubringen, wie sie ihr eigenes Leben führen?

Dann müsste niemand Angst vor dem Tod haben, wäre das nicht ein reizvoller Ausblick? Anstatt sich darüber Sorgen zu machen, sich mit einer eventuell tödlichen Krankheit anzustecken, um möglicherweise daran zu sterben, könnte jeder anfangen sich zu fragen, was er braucht, um zufrieden und glücklich zu leben. Verstehst du, worauf ich hinaus will? Drehen wir doch den Spieß um: Richten wir den Focus auf das Leben und nicht auf ein krankheitsbedingtes theoretisch eher kommendes Ende, wär das attraktiver?

CMP: Doch, natürlich, aber wie soll mir das jetzt konkret helfen?

DT: Stell dir vor, du lebst in den Tag hinein, hast nicht die leiseste Ahnung, wie lange du lebst und auch keine Ahnung, ob du dein eigenes Leben lebst. Erinnert das nicht an Lotterie-Spielen?

CMP: Doch, natürlich, deswegen mag man den Tod ja auch nicht……..

DT: Und wer hält dich davon ab, ab jetzt etwas daran zu ändern?

CMP: Vermutlich nur ich selbst?

DT: Vermutlich ist gut: Ausschließlich du selbst, natürlich! Wenn du so oder so sterben musst, wäre es dann nicht gut, alles dafür zu tun, dass du zufrieden, mit einem erfüllten Leben stirbst?

CMP: Doch, natürlich, aber das versuchen doch alle, oder meinst du nicht?

DT: Da bin ich mir nicht sicher. Erfüllung und Zufriedenheit sind ganz individuelle Empfindungen. Alles Wertvolle ist in Wahrheit meist Immateriell. Vermutlich gibt es Menschen, die lieber frei und gefährlich, dafür vermutlich kürzer, als lang und behütet, dafür aber länger leben.

Diese Freiheit, selber zu entscheiden und zu wählen, haben Regierungen zurzeit stark eingeschränkt und sogar das, behaupte ich, ist reiner Zufall. Absichtlich hat das keiner gemacht; es bleibt nur zu hoffen, dass mehr Menschen ihren Nutzen daraus ziehen und sich die richtigen Fragen stellen…..

CMP: Kommen wir noch mal konkret auf den Tod zu sprechen…….

DT: Machen wir das nicht die ganze Zeit? Was ist deine Frage?

CMP: Letzte Woche sagtest du, dass du nicht anders tätest, wenn du nur noch ein Jahr hättest. Du würdest also nichts konkret an deinem Leben ändern?

DT: So lauteten meine Worte, ja. Was ist deine Frage?

CMP: Du würdest nichts vermissen, wenn du so plötzlich gehen müsstest?

DT: Auch wenn ich 100 werden sollte, kann ich unendlich viele Dinge nicht tun. Ich muss mich also von Anfang an ständig entscheiden, was ich will und was nicht, und die Menge der Dinge, die man nicht tun kann ist unendlich viel größer……was unter anderem den Charme des Lebens ausmacht, wie ich finde. Werte wie Zufriedenheit kommen nicht einfach so. Sie entstehen, wenn man sich bemüht zu verstehen wer man ist und danach zu leben versucht. Damit steigt die Chance auf Zufriedenheit gewaltig an.

CMP: Ich verstehe was du sagst, aber es fällt mir schwer, mich so konkret damit auseinanderzusetzen….

DT: Warum?

CMP: Weil ich es irgendwie anmaßend finde, selber über mein Leben zu bestimmen!

DT: Wow, du machst mich sprachlos!

CMP: Warum?

DT: Weil es zeigt, was die größte Herausforderung im Leben und in unsere heutigen Gesellschafft ist….

CMP: Und das wäre?

DT: Verantwortung für sich und sein eigenes Leben übernehmen.

CMP: Mehr nicht?

DT: Mehr nicht! Wenn man diese Erkenntnis gewinnt, dass man NUR und ausschließlich SELBST für sich verantwortlich ist, dann ist man einen großen Schritt weiter. Denn egal ob ich Kinder habe oder nicht: Wir können unser Leben nur selber leben. Wir können es nicht für andere übernehmen. Oftmals habe ich den Eindruck, dass viele die Verantwortung für andere, aber nicht für sich selbst übernehmen. Ich finde das äußerst merkwürdig.

CMP: Warum? Ist das nicht das Normalste von der Welt, sich mehr Gedanken über andere, als über sich selbst zu machen?

DT: Keine Ahnung, wenn du das sagst? Vielleicht ist das der Grund, warum manche mich für egoistisch halten, weil ich mich mit mir auseinandersetze.

CMP: Hast du eine Empfehlung in Sachen Tod?

DT: JA! Wir sollten froh sein, dass es ihn gibt. Ohne ihn gäbe es kein Leben. Ohne ihn hätte nichts einen Wert. Wenn wir quasi unendlich alt würden, verlöre alles seinen wert. Ist in etwa das Gleiche, wie wenn man sehr reich ist und sich alles kaufen kann, was man will.

Ab dem Zeitpunkt verliert alles an Wert, bis alles wertlos geworden ist. An vielen Dingen in der Welt können wir das heute deutlich sehen, doch sehen wir weg. Der Tod ist nicht unser Feind. Er ist eher wie ein guter Freund, des Lebens, der Selbigem durch seine Anwesenheit Wert verleiht.

CMP: Ziemlich schwere Kost, deine Empfehlung!

DT: Nein, es ist das Gegenteil. Erkennen tut man es jedoch nur, wenn man mit der Auseinandersetzung beginnt. Versuch es mal, Claudia.

CMP: Okay, mache ich, versprochen! Vielen Dank für das Gespräch. Was machst du heute Abend?

DT: Danke. Gebe ich gerne zurück. Ich werde Horus zu Ende reinschreiben. Und du?

CMP: Einen Spaziergang mit einer Freundin unternehmen.

DT: Viel Spaß. Hab einen schönen Sonntagabend.

CMP: Vielen Dank. Auf Wiedersehen.