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Poseidontempel – Odyssee 2020 CW44

01.November – es war überfällig, fand D. Nun war er schon so oft in Hellas, hatte König Minos in Knossos guten Tag gesagt, sowie Zeus` Geburts- und Jugendort aufgesucht, sowie nahezu jede antike Ausgrabungsstelle in Athen besucht und hatte doch all die Zeit einen wichtigen Baustein in der griechischen Mythologie ausgelassen: König Aigeus / Ägäis! Der alte und ehemalige König von Attika.

D’s Hang zum Melancholischen ließ ihn immer wieder bei den Erfindern der Melancholie landen – bei den Griechen und ihren Attischen Tragödien. Solch eine war auch jene von König Ägeus. Und seit einigen Monaten dachte D immer öfter an ihn, warum, war ihm dabei nie so ganz klar, aber dazu später.

Die Geschichte von König Ägeus und seinem Sohn Theseus, der später noch zu unerwartetem Ruhm kommen sollte, als er den Minotaurus besiegte – weswegen sich die natürlich schöne Ariadne in ihn verliebte, was nebenbei noch dazu Minos‘ Tochter war – soll hier nicht weiter ausgerollt werden.

D empfiehlt, die Geschichten über König Minos und seinen Minotaurus in Ruhe durchzulesen, nicht nur weil es sich lohnt, sondern weil sie auch voller Fantasie und schöner Namen sind. (Anm.: Über den Ort das Labyrinths des Minotaurus werden auch heute noch hitzige Debatten geführt, je nachdem, mit wem man darüber spricht)

Im Schnelldurchlauf also – auch wenn manche das als Vergehen gegen die Griechische Geschichte ansehen, was in Wahrheit das Gegenteil ist, aber auch dazu später vielleicht mal mehr.

Also, König Ägeus und sein Sohn Theseus verabredeten, dass er bei Erfolg weiße Segel beim Rückweg von Kreta setzen sollte und schwarze, bei Versagen. Theseus war es leid, dass die Athener, im Besonderen sein Vater, jedes Jahr sieben Jungfrauen und Jünglinge dem Minotauros opfern mussten, weil sie gegen König Minos verloren hatten, weswegen Theseus kurzerhand entschied, diese Kreuzung aus Stier und Mensch selber auszuschalten.

Weil Theseus Erfolg hatte – Schnurspannen, um sich nicht zu verirren konnten wir später noch in anderen Märchen und Geschichten lesen – und deswegen so Siegestrunken war, dass er nur noch Augen für Ariadne hatte, vergaß er doch glatt die weißen Segel zu setzen (Anm: Beim Hinweg hatten sie schon die Schwarzen) so dass der ungeduldige Vater auf dem Poseidon-Tempel in Sounion wartete, bis er plötzlich das schöngeschnäbelte Schiff mit den verräterischen düsteren Segeln sah, der Arme!

Doch statt erst einmal abzuwarten, was es damit auf sich hatte und wie groß Verlust und Niederlage wirklich waren, wie es sich für einen weisen König gehörte, fackelte König Ägeus nicht lange und stürzte sich voller Trauer von der 60 Meter hohen Klippe ins Meer und kam dabei ums Leben. Daher benannte man die Ägäis nach ihm.

Dies und vieles mehr, waren die Gründe, warum D bei sonnigen 23 Grad mit seinem Scooter zu genau diesen Ort fuhr, weil der zusätzlich noch genau gegenüber vom Leuchtturm von Drepano auf Kreta lag, den D bereits im letzten Jahr besucht hatte und dessen Bild er vor zwei Wochen teilte. Angeblich ist von dort auch Theseus losgefahren, wie D Ausgrabungen dort gezeigt haben.

Aus der Sicht von D ist die Geschichte von König Ägeus eine schöne Didaktik für die heutigen Politiker in Zeiten von Corona.

Schon länger ist D der Ansicht, dass selbst, wenn wir ungezählte Kontroll- und Sicherheitsmechanismen installieren, finden Menschen und Leben immer Wege, sich diesen Überwachungsmechanismen zu entziehen – häufig passiert das sogar unbewusst, was für den natürlichen Freiheitsdrang des Menschen spricht.

Während König Ägeus nun so früh wie möglich wissen wollte, ob sein Sohn Erfolg hatte, vergaß dieser das väterliche Frühwarnsystem und löste dadurch einen völlig überflüssigen Selbstmord aus.

Heutzutage würde man ihn vermutlich der Mittäterschaft bezichtigen und sowieso erst einmal einen Corona-Test machen lassen. So einfach über das offene Meer zu fahren wäre heute grob fahrlässig, auch für die Matrosen und besonders die Matrosinnen an Bord. Und dann diese Gedankenlosigkeit gegenüber dem Vater – du meine Güte! Ariadne wär das nicht passiert.

D ist sich da sicher – Männer werden schludrig, wenn sie Siege einfahren; sie nehmen es dann nicht mehr so genau; fünfe gerade sein lassen und so; nennt man heute auch noch so; dass Theseus schlussendlich durch das überraschte Ableben des ängstlichen Vaters eher als gedacht König von Athen wurde und die Demokratie einführte, mag heute in Zeiten, wo eben diese gerade auf allen Kontinenten aus verschiedenen Gründen stark beschädigt wird, besonders zum Nachdenken anregen.

Manch einer könnte auf die Idee kommen, dass die nationalen Reaktionen in Europa eine Art Ablöseprozess beschleunigen, weil genau wie König Ägeus, gute Intentionen dahinter stehen, die aus der Sicht heutiger Psychologen, selten gut sind, ganz nach dem Motto: Gut gemeint, ist selten gut!

Im heutigen C-Fall, geht es um Sicherheit und Gesundheit – die stärksten Argumente überhaupt, weswegen sich niemand traut dagegen zu opponieren – nach Religion und Glauben, wenngleich man hier aus gegebenen Anlass etwas Vorsicht im Wording walten lassen sollte.

Übertragende Botschaft / Didaktik könnte sein, dass sich das Leben nun einmal nicht kontrollieren lässt, weder in die eine, noch in die andere Richtung.

Man kann sich mit Versicherungen überhäufen, und gefühlt gegen alles absichern; alles gefährliche meiden und jedes Risiko ausschalten, oder zumindest minimieren: Am Ende ist man Sklave seiner eigenen Furcht und der abgeleiteten Überwachungsmechanismen und ist weder spontan, noch frei.

Wenn man versucht, sich ein gewisses Maß an Optimismus zu bewahren, nach dem Motto – wird schon irgendwie weitergehen, auch wenn ich gerade nicht weiß wie – dann hat man vermutlich mehr Chancen auf ein sorgenfreieres Leben, mit dem angenehmen Nebeneffekt, sich freier zu fühlen und es auch zu sein.

Was das alles mit Hellas und D zu tun hat?

Vielleicht mehr, als wir auf dem ersten Blick sehen. Es nützt ja herzlich wenig, wenn man die bestmöglichen Hygiene und Gesundheitsmaßnahmen auswählt und man anschließend pleite ist – vielleicht sind die zweit- oder drittbesten Maßnahmen passender, wenn man im Gegenzug wie üblich Arbeit und Freizeit nachgehen kann und man stattdessen regelmäßig prüft, ob man genug Krankenhausbetten hat, egal ob wegen Viren, oder anderer Verletzungen, wenn den Menschen das Geld ausgeht.

D ließ sich jedenfalls seine gute Laune nicht nehmen und erfreute sich an einem griechischen Salat, mit Tsatsiki und Brot, sowie einem Krug Weißwein, den er bei sommerlichen Temperaturen genoss, genauso, wie die Rückfahrt entlang an der wunderschönen Küste nach Athen, vorbei an der Akropolis und hoch nach Kifisia.

Die gesamte Woche war bereits farbenreich und voller schöner Gespräche und Momente – im Besonderen mit Nikolitsa Liantini, ihrer Tochter Diotima Liantini, sowie vielen anderen.

Sollten die Flugverbindungen aufrecht erhalten bleiben, wird D bestimmt nicht wieder ein ganzes Jahr lang warten, um das schöne Hellas zu besuchen.

Dann dürfen wir sicher sein, das er Mittel und Wege findet, um möglichst bald wieder hier zu sein…

 

Nur ein Traum – Odyssee 2020 CW36

06.September – D’s gestriger Zusammenstoß zwischen seinem Motorrad und einem Quad im Toulouser Stadtzentrum verlief gimpflich. Was erwartete man, wenn zwei passionierte Menschen aufeinanderprallten, außer verbogenes Plastik und Metall?

Früher waren es Schwerter, heute Drahtesel.

Nachdem die beiden Großstadtritter sich freundlich nach dem werten Befinden befragten und nichts Bermerkenswertes festellten, nicht mal einen Schreck, wünschten sie sich ein schönes Wochenende und zogen wieder von dannen.

Die leicht verbogene Gabel richtete D erfolgreich an einem Laternenpfahl; die Fußraste reparierte er ebenfalls mit Hausmitteln und bog den Fußbremshebel wieder gerade, weswegen D sich nicht wundertee, als er am Abend noch einen Flaschenöffner zerstörte.

Vermutlich hatten die Griechischen Götter all das angeordnet, weil es D schon länger sehr gut ging – so sendeten sie kleine Aufgaben, damit alles wieder in die Waage kam.

D wusste sofort, dass diese Ereignisse Poesie als Antwort brauchten – und so geschah es.

„Tagtäglich – bahnen wir uns Wege, ohne dass wir Füße nutzen, gar Richtungen spüren;

Früher – klein und rosig, heute erfahren, bedürftig, drehen wir Kreise, schwindelnd strauchelnd;

Gesichter – voll unbekannter Fragezeichen, Weitermachen bleibt als Antwort möglich;

Dummheiten – reihen sich zu Früchte und Erfahrungen, bunte Perlenschnüre bildend;

Mühselig – streifen wir Zwiebelhäute, um zum Kern, unserm Selbst hinabsteigend;

Bemühen – bewusst, offen und frei zu sein, schon drücken Ahnungen aus Poren;

Es bleibt übrig kosmische Freude, unser ernstes Schürfen erträglich machend;

Tage drehen sich und rasen mehr und mehr, Schlaf wird immer länger;

Träume sind unsere Nahrung, um durch Tag und Nacht zu kommen;

Bis alles als Stummfilm davonfließt, durch knorrige Hände rieselnd,

Wieso kamen wir ungefragt hierher, versuchten unser Möglichstes;

Die neugierige Katze im Kopfe fütternd, ständig weiterschreitend;

Tage und Ende nicht bemerkend, ohne die Augen selbst geöffnet;

bald gehen wir verloren, ohne dass wir uns selber je gekannt;

was hinterlassen Träume, mögen sie noch so bunt und lang;

Stirnrunzeln, graue Haare – Kampfes Ernte mit dem Selbst;

Schon fällt der letzte Vorhang, wir hatten noch viele Fragen;

Lächle umso reichlicher – verbreite Freude soviel du kannst;

Verschwende deine Liebe, serviere Tage wie Sterne-Menüs;

Feiere Tage reichlich bunt, mögen die Mahlzeiten gleichen;

göttliche Rechnungen, erleichtert du entgegennimmst;

endlich hat alles ein Ende, schön dass es dich gab;

alles war gut, blieb es auch nur – ein Traum!“

 

Odyssee 2019 – CW41

Broterwerb am Montag – ein unschönes Wort; sein Brot er-werben, was implizit heißt, dass man es tun muss, weil es sonst nichts zu essen gibt; wir verbringen viel Zeit damit – Erschaffung von Schuld & Sühne, welch geniale Idee, Macht durch Wissen auszuüben und das schon so lange. Heute ist Kapital die neue Kirche. Instrument der Macht? Wissen; alte Bekannte im edlen Gewand elitärer Akademien – alte Platte, mögest du ewig weiternudeln, so wie früher!

Dienstag – stülpte ich mein Innerstes nach außen, ohne zu verkleben. Um sieben aufstehen, 30min laufen, ohne Pause – dann ausmümmeln, duschen und Frühstücken, hintereinander, nicht gleichzeitig; dann Broterwerb in Büro-Kaserne; erwäge im nächsten Jahr meine Arbeitszeit zu verkürzen; schönes Wort, Arbeits-Zeit-Verkürzung – wun-wun-wunnaba. Mittag mit „Me-myself-and-Ei“ – mag das zu dritt in der Kantine zu sitzen. Dreibeine sind auch statisch gesehen das Ideal; da kippelt rein gar nichts. Nachmittags, früher Abend schreiben; dann ging die Sonne unter; ich haste in den Supermarkt, Gemüse, Lachs, Brot und Kleinkram; draußen erste Zeichen vom güldenen Eichenlaub – Mitternacht dann heia-bubo.

Mittwoch – Letzter Tag vor Moped-Wanderung; vormittags Mahlzahn mit Brille und Laptop; Nachrichten und Termine mit dem Rechen gehakt, gewendet, getrocknet und zu Heu verarbeitet; ich mag Gras; Lunch mit einem Freund an der Garonne; Wein zum Mittag in der Woche zeigt, dass du alles richtig gemacht hast; kannst du nur keinem sagen; ihr habt Verständnis, ich kenne euch, zumindest tief verborgen, wo es muffig und feucht ist. Abends ein paar Sachen gepackt, dann Lachs mit Toast – guten Abend!

Donnerstag – Wecker um 5:00 Uhr! Heute bring ich meine CBR600, die ich liebevoll Wanze nenne, zurück zur Quelle, droben im Norden, zu Loka; komme pünktlich um sieben am Flughafen an; dort steht sie seit fünf Monaten; lasse den Starter nudeln, nichts; nur ein wenig hüsteln; weiternudeln, schnell macht die Bakterie die Grätsche; dann anschieben, bis die Knie zittern; ein paar Biker helfen, bis unsere Beine weich wie Pudding sind; bald stellt sich heraus, dass die alte Dame in den 5 Monaten 5 Liter Sprit durch die Unterhose hat laufen lassen.

Also los, Kanister gekauft, Sprit rein, geschwind zurückgefahren; hinein mit dem Humpen, frisch löungsgeglüht genudelt und kawumm – bravó-bravó! Und losfahren – merkwürdig, wie schwer die sich lenken und fahren lässt; völlig normal bei 2 Plattfüßen; abenteuerlich, wie ich die erste Autobahnraststätte anlaufe – endlich Luft in die Rueda’s und weiter; im eleganten 200KM-Takt getankt, gepinkelt und weitergefahren; zum Glück regnet es, da trocknet die Erde nicht aus; schön all die Gischt auf dem Visier; gut dass ich Samstag noch Regenkalmotten gekoft hab.

Frankreisch ist schön – Brücken, Berge, Bäume fahren wie ein Quentin Tarantula Streifen vorbei; Reisetempo 120-140, besser iss das; Brive-de-la-Gaillarde crossing; Clemong-Ferrong taucht auf Schildern auf; Hamburg sucht man vergeblich, dafür reichlich Paris; geographisch geht es jetzt radikal rechts-ab, Richtung Cle-Fe; einsam reite ich grüne Berge rauf und schroffe Täler nunter; nimmer-endendes Asphaltband, hin und wieder unterbrochen von Mautstationen; wieder anfahren alle Gänge durchschalten, Affen hinter Cockpitscheibe machen, Beine einrollen und weiter-rauschen; nach Clement geht es durch Vichy, Quellwasserfreaks aufgepasst; dann weiter Richtung Chalon-sur-Sàone; Schafe, Weiden, sympatisch-verlodderde Häuser, Traktoren, klapprige Auto’s; Gemütlichkeit.

Zwischendurch tanken, dann weiter Richtung Nancy und Metz; tanken, pinkeln, weiterfahren; es läuft ganz gut so ohne Pause; dann Luxemburg; endlich Pause beim goldenen M; die Bedienung nimmt keine Bestellungen mehr auf, das machen jetzt Service-Stationen, wo ich mein Kram eintippen darf; nach 15min gebe ich auf; ein junger Franzose zeigt mir die Prozess-Schritte, die ich bis eben gerade nicht hätte wissen wollen; ich bekomme einen Zettel, mit meiner Bestellung drauf, den es nicht geben würde, wenn ich sie wie immer akustisch geteilt hätte; was für ein Schwachsinn; Müll produzieren, um die Effizienz auf Kosten der Kunden zu erhöhen; good-bye Mc-Donalds, wie hast du mir noch nie gefehlt! Natürlich ist nicht alles auf meinem Tablett, als meine Nummer auf dem Bildschirm erscheint – ähnlich wie bei Arbeits.- oder KFZ-Zulassungsstelle – ich suche die Kamera vergeblich; schöne neue Realität.

Auf Klo soll ich einen weiteren Automaten mit 70cent füttern; Geld verdienen mit meiner Notdurft, wahnsinn! Wutentbrandt krabble ich unter dem Drehtor durch, beobachtet von einer entsetzten Klofrau; bevor sie die Polizei ruft, hauche ich ihr schneidend-leise zu: „Ich werde nicht in die Hose pinkeln, weil ich vorher meinen Schein kleinmachen muss, iss klar, oder?“ – sie lässt mich gewähren; ich kann es nicht fassen, springe auf meine alte Dame und fahre weiter Richtung Trier; die Dämmerung drückt das Licht zu Boden; bald gleiten wir über A1, dann A48; Ulm geht es ab Richtung Nürburgring, alte Heimat; 10 Jahre Kreisfahren, mit und ohne Kontakt; Etappenziel erreicht, Pension-Müller Herschbroich, Franziskaner-Weizen und Zigarette zum Abschluss; erste Etappe geschafft, gute Nacht.

Freitag – 8:00 Uhr aufstehen, 8:45 „In-der-Dell“, 9:00 Uhr Frühstück bei Rewe in Breidscheid. Um 10:00 Uhr Abfahrt in den Norden; rolle zufrieden an der Ahr entlang; alles heil geblieben die letzten 47 Jahre, mehr oder weniger; zu viele Tränen und Kollateralschäden; manchmal merkt man nicht, dass man die Axt im Wald ist; A61, dann A1; Frankreich war leer, Deutschland ist voll; ich fege durch den Pott, zum Mittag Kamener-Kreuz, dann auf die A2, fluchs durch die Porta Wesfalica, Bückeburg, mit Berg und brauner Vergangenheit; tanken, pinkeln, weiterfahren, nichts hat sich verändert; meinen Knochen geht es wunderbar.

Rasthof Allertal Pause, mit Burger-Krieg, ähem, King; Menschen bedienen mich und das Essen ist besser, ein Glück! Jedoch auch hier 70cent für die Notdurft; ich ziehe das Drehtor ein wenig in meine Richtung; siehst du, da pass ich locker durch, blockiere es bis es brummt und schlüpfe unbeobachtet hindurch; mit meiner Notdurft wird nicht abkassiert – ist ethisch und moralisch verwerflich; gegen Nachmittag endlich Ankunft in Wilstedt-Siedlung bei alten Freunden; hier wird die alte Dame Rente einreichen – feiern, trinken, essen, lachen und schluchzen, alles gleichzeitig, wunderbar; gegen Elch dann Taxi nach Siek – Waidmannsheil!

Samstag – Frühstück, einkaufen, Buchpakete nach Griechenland aufgeben, neue Bücher im Laden abholen; mein Hirn braucht Futter; dann Physiotherapeut zuhause; ächzen und stöhnen; dann schreiben, schreiben schreiben; abends dann Freund mit Rotwein für die Seelen, reden für‘s Leben; es geht um Trennung und Neuanfang, Life is a bitch! Gegen eins ins Bett, gute Macht!

Sonntag – Kaffee, frühstück, Musik, schreiben, schreiben, schreiben – dann Kumpel-Besuch, mit Ente, Wein und Bier, aber nicht zu viel – Zeilen fertig-tippen, korrigieren, hochladen und ab-dafür.

 

Odyssee 2019 – CW39

Mein erster Montag wieder in Toulouse. Körperlich bin ich da; Geist und Seele jedoch nicht. Beim Aufstehen ist es offensichtlich wie ich durch die Gegend schleiche. Was mache ich hier? Erst einmal Kaffee kochen. Ein paar trockene Kekse sollen mein Frühstück sein. Ich gehe zum Briefkasten. Ihm geht es umgekehrt zum Kühlschrank. Brechend voll mit Zeugs platzt er auseinander, als ich ihn aufschließe.

Verdammt, schon wieder eine Nachricht vom Finanzamt. Was wollen die schon wieder? Ich schmeiße eine Maschine Wäsche an; mache eine Einkaufsliste und gehe los. Hab nichts, brauche alles, steht drauf. Wie ein falsch verdrahteter Robocop schlurfe ich zum Supermarkt. Mechanisch rumpeln meine Lebensmittel in den Korb. Keine Ahnung, ob sie von selbst reinhüpfen, oder ob ich das bin, der sie dazu zwingt. Als ich zahlen will, quatsche ich die Kassiererin Griechisch an – habe noch nicht wieder umgeschaltet. Okay, halte besser die Klappe. Stumm zahle ich.

Wieder zuhause mache ich meinen Rechner an, schaue, ob irgendetwas in meiner Abwesenheit passiert ist. Habe ne Menge Nachrichten. Hauptsächlich Rechnungen. Auch mein Verlag meckert rum, wo mein Manuskript bleibt. Was denken die eigentlich? Zwischendurch Wäsche aufhängen; dann eine weitere Maschine starten. Zum Mittag esse ich nur eine Kleinigkeit. Dann wieder e-mails. Ein paar Leserbriefe. Man will wissen, warum ich so und so schreibe. Gefallen tun die Bücher aber. Immerhin was. Doch die Stückzahlen sind Kacke. Ein paar Hundert, sonst nichts. Es kleckert so vor sich hin.

„Du schreibst halt nichts für so zwischendurch, heißt es immer. Wundere dich da nicht, dass du immer der unbekannte Freak bleibst. Versuch disziplinierter zu sein; mach was für die breite Masse, sagen Verlag und Lektorat….“ – na toll denke ich und setzte mich an den Schreibtisch. Gegen Mitternacht wache ich auf. Muss eingenickt sein. Habe ein paar Seiten geschafft, bevor ich eingepennt bin; jetzt aber nichts wie ab ins Bett – für heute langt es.

Dienstag – wie schon am Montag komme ich nur langsam hoch. Bin mit’m falschen Fuß aufgestanden. Mache mir einen Kaffee, zwei weichgekochte Eier auf Toast und lese die Zeitung. In Nahost wird wieder gezündelt. In Kaschmir ist auch Alarm. Sogar die Inder flippen jetzt aus. Ich dachte immer der Hinduismus erzieht zum Pazifismus. Kapiere das nicht mehr. Entweder ist es immer so gewesen und es kommt mir nur mehr vor, weil so viel darüber berichtet wird, oder es ist wirklich eine weitere Epoche, der autokratischen Dumpfbacken und Egoisten-Schweine.

Muss Staub saugen, so wie die Wollmäuse mir aus den Ecken zuzwinkern. Gegen Mittag sitze ich wieder am Schreibtisch, vier Stunden am Stück. Dann Mittagsschlaf. Danach schreibe ich bis Spätabends um Zehn. Habe ganz vergessen zu essen. Gönne mir ein paar Rollmöpse mit Wasser. Muss weniger saufen. Habe in Griechenland mächtig zugeschlagen. Muss wieder mit Sport anfangen. Nachts lese ich die letzten Seiten von Lampedusa’s Gattopardo. Sonst nichts.

Mittwoch, Bergfest – heute muss ich zu meinem Nebenjob; keine Zeit für Rumdödelei. Schwinge mich auf meinen Drahtesel und bretter durch die Stadt. Im Büro angekommen, das gleiche wie zuhause: Noch mehr E-mails, noch mehr Chaos. Wunderbar! Könnte gleich wieder abhauen. Ich nehme alle 600 E-mails und lösche sie ungesehen. Gegen vierzehn Uhr mache ich außerhalb Mittag. Ein paar Kollegen haben mich einladen wollen. Hatte aber noch keine Lust auf das ganze Berichten. Wurschtel mich so durch den Tag. Komme nicht richtig auf Trapp. Abends wieder schreiben. Ich schaffe vier Seiten, es läuft ganz gut.

Spät am Abend Anruf von Frau Mutter. Wie es mir geht, will sie wissen. Ich antworte Mutter-Gerecht und gebe ihr den Ball zurück. Wann ich mal wieder kommen würde. Bald-bald, ganz sicher – verspreche ich. Zehn Minuten später hat sie keine Lust mehr und legt auf. Ist immer noch genauso verschroben wie eh und je. Ich will weiterschreiben, merke aber, dass mir die Augen zufallen. Auch ist es unabwendbar, dass ich eine Lesebrille brauche. So ein Fuck, pöble ich, putze meine müden Zähne, rolle mich ein und segle davon.

Donnerstag – hatte ganz vergessen mein Einschreiben vom Finanzamt bei der Post abzuholen. Schnappe mir nach dem Frühstück meinen Ausweis und renne los. Bin ganz nervös, weil ich erst vor ein paar Monaten schon Strafe für 2017 zahlen musste. Jetzt knallen sie mir gleich das nächste Jahr um die Ohren. Kann mit diesem Admin-Scheiß nicht um; muss ich aber; bin Mitte vierzig und sollte auch meine Ablage im Griff haben. Schweres Kapitel, schwere Kost. Man ermahnt mich höflich, umgehend meine Steuer zu zahlen. Haben mir sogar ein Formular reingelegt, immerhin.

Nachmittags dann Gespräch mit dem Verleger, was denn jetzt mit dem Buch wäre – sag mal, hackt es noch, oder was? Ist ja wie beim Militär. Keine Ahnung, Ende des Jahres, wenn ihr mich in Ruhe lasst, brülle ich ins Telefon und schmeiße den Hörer hin. Für heute haben sie mir die Suppe versalzen. Ich lese ein wenig über alte griechischen Philosophen.

Abends dann Musik mit griechischem Bauernsalat und Wasser, mit einem Spritzer Zitrone. Vier Tage ohne Wein und Raki. Ich meine, so etwas wie stolz zu fühlen, bin mir aber nicht sicher. Zum Schluß lesen, wie üblich Zähne putzen und ab ins Bett. Meine Schulter ist fast wieder okay, denke ich und ziehe die Knie ans Kinn.

Freitag – heute ist Sport angesagt. Schluss mit dem Sumpfen. Ich mache ein paar Übungen. Renne 30min um die Garonne, frühstücke anschließend und bekomme aus heiterem Himmel ein dutzend Whatsapp-Nachrichten von Susanna. Sie würde mich hassen und den Tag verfluchen, wo sie mich kennengelernt hat. Sie nennt mich einen Bastard. Ich wäre ein Monster, dass sie bis ans Ende aller! Tage verflucht. Ich sei verrückt; weggeschlossen gehöre ich. Ich könne niemals genug zahlen, für das was ich ihr angetan habe; sowas und noch einiges mehr. In solchen Momenten bin ich sehr nachdenklich und traurig. Was Männer und Frauen sich gegenseitig antun ist unbeschreiblich.

Ich antworte seit Jahren nicht mehr. Gibt sofort Telefonterror ohne Ende. Sie verdrängte damals die Wahrheit. Zum Glück erinnere ich noch gut. Ihrer Meinung nach ist es unmöglich, mein Antlitz im Spiegel zu sehen. Wie ich das machen würde. Eines dunkles Kapitel. Bin doch eigentlich ganz umgänglich, grüble ich vor mich hin und schlafe gegen 21:00 Uhr ein,

Samstag – fahre nach Clermont-Ferrand, um mit einem Freund einen Roller abzuholen, den er günstig erstanden hat. Wir rauschen durchs Grüne rauf und Nachmittags wieder runter. Frankreich ist ein schönes Land. Wenn man sich genug Zeit nimmt kann man es sogar genießen. Sechster Tag nach Hellas. Bin immer noch in Gedanken dort, denke ich und träume vor mich hin, während wir die Autobahn entlangfahren.

Habe im Auto ein langes Telefonat mit einem Freund aus Bordeaux. Die Weinlese hat begonnen. Ich müsse unbedingt wieder vorbeikommen. Vielleicht klappt es ja nächstes Wochenende. Roadmovies mag ich. Wenn man länger unterwegs ist, hat es immer so einen Abenteueranstrich, besonders, wenn man gemütlich fährt. Gegen Mitternacht kommen wir zurück, da wir uns ein paar kleine Dörfer auf dem Weg angesehen habe. Hatten sternenklaren Himmel. Zuhause angekommen fühle ich mich zufrieden und müde. Gute Nacht.

Sonntag – ich beginne den Tag mit Sport. Danach besuche ich meinen griechischen Freund Adonis; wir genießen unsere griechischen Nachmittage und Abende – wir lachen, singen, tanzen und weinen – vor Freude, Glück und Sehnsucht. Zwischendurch denken wir, komplett überzuschnappen, doch das tun wir nicht, im Gegenteil: Wir erfreuen uns einfach des Lebens. Für viele ist es schwer zu ertragen, geschweige nachzuvollziehen. Ist zu intensiv. Thema meines Lebens. Alles was ich tat, machte ich exzessiv.

Frei nach dem dem Motto, wenn schon, denn schon – doch das ist nur die halbe Wahrheit: Es ist Lebensfreude. Ich finde im Leben gehört beides zusammen; Müßiggang und Leidenschaft. Irgendwann Spätabends komme ich heim. Für einige Stunden dachte ich, wieder in Hellas zu sein. Jetzt im Bett, merke ich, dass es ganz anders ist. Mist! Ich muss noch meine Woche niederschreiben und hochladen. Sofort setze ich mich ran, lade meine Zeilen drei Stunden später hoch und gehe ins Bett. Jetzt habe ich Frieden.