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Stunde ZERO – Odyssee 2022 CW08

20.Februar – 2019 auf Kreta hatte ich das schon mal. Für ein paar Sekunden wusste ich nicht wo ich und wer ich bin. Nach meinem Geburtstag hatte ich es dann noch einmal, nur viel länger. Es hielt über eine Stunde an, es war sehr gespenstig, so als wenn ich noch mal geboren werde, oder eine bestimmte kritische Masse erreicht habe, nach der es kein

zurück mehr gibt.

Eine Art Kettenreaktion, die etwas Neues unwiderruflich auslöst, in etwa so, als wenn man auf einem vereisten See einbricht und nicht im eiskaltem Wasser, sondern durch irgendeinen verrückten Mechanismus, in warmem Wasser landet, am anderen Ende der Welt an einem unbekannten Strand, neu erwacht.

Chemische Elemente haben ein ähnliches Verhalten.

Kohlenstoff und Platin sind meine Lieblingsstoffe. Nehmen wir Ersteres: Man findet es im sogenanten „Blei“ oder „Graphitstift“ und wenn man die Schwarze Magie stark genug verdichtet, erhält man einen Diamanten. Seine Eigenschaften haben nichts mit dem Ausgangsstoff zu tun, obwohl sie rein chemisch absolut identisch sind. So ging es mir in dieser einen Stunde, die ich

Stunde Null nenne.

Es geschah, als mir meine Freunde ein Fotoalbum überreichten, mit Foto’s und Texten von vielen großartigen Menschen, die ich in den letzten 30 Jahren treffen durfte. Es kam mir vor, wie die kosmische „la quenta“. Sieh mal, das alles bist du, schau nur, was du alles getan hast! Wie in Trance blätterte ich und versink in den Seiten. Wer war das? Es war, als hätte ich keinen Bezug zur Person, die ja ganz offenkundig ich selbst bin, die mich aber nicht mehr innerlich erreicht.

Sprachlos saß ich vor den vielen Bildern.

Natürlich war es nur ein kleiner Extrakt, aber ein sehr schön gemachter. Aber warum, schien mir die Person befremdlich zu sein? Und in diesem Moment geschah es: Nichts nahm ich mehr wahr, weder wer ich bin, noch wo ich war, oder wer mit mir am Tisch, im Restaurant Elkano saß. Ich saß auf meiner einsamen Insel und

wusste – nichts!

Alles war wie weggeblasen, als hätte es meine Vergangenheit nie gegeben. Als hätte jemand heimlich eine neue Software geladen, so wie es Apple mit seiner software „IOS“ tut. Anscheinend luden griechische Götter eine neue Version in meinen Geist, eine Art „Don V.2.0“. Plötzlich hatten bekannte Dinge weniger Glanz als vorher. Speisen und Getränke schmeckten anders, schon noch bekannt, aber weniger beglückend, so, als zwänge mich die neue Applikation, neue Wege einzuschlagen und

unbekannte Dinge zu tun!

Schon früher hatte ich ein paar dieser Anwandlungen. Dann jagte ich irgendeiner neuen Sache, oder Frau hinterher und schon war die Sache geritzt. Was sich heute in mir regte war völlig anders. Regelrecht spüren konnte ich, dass kein Stein mehr auf dem anderen bliebe, wenn ich jetzt losginge. Und so geschah es. Schon durchlebte ich erste Rituale anders, sozusagen in abgewandelter, neuer, mir unbekannter Form, als ich gewohnt war.

Auf einmal fühlte sich mein Puzzle komplett an.

Nun galt es Ausschau halten und sich auf den Weg machen. Nahezu alles findet außerhalb meines Gedächtnispalast statt, doch das Wenige, das in mir vor sich geht, hat sämtliche Code’s gewechselt. Es fühlte sich wie Neuanfang, oder Neustart an. Nicht ohne das Erlebte, sondern mehr darauf aufbauend, ohne ständig daran zu denken.

So wie bei einem Videospiel, wenn man ein bestimmtes Level vollendet und ins Nächste kommt. Dort warten dann neue Aufgaben, mit unbekannten Prinzessinnen und Monstern, auf die ich mich neu einlasse. Schauen wir mal, auf welcher Insel

Kirke auf mich wartet…

Everyone has it’s own Don Tango World – Odyssee 2020 CW39

27.September – am Mittag hatte D ein anregendes Gespräch; wieder einmal ging es um Alles, unter anderem auch um die Frage, was seine Don Tango World auszeichnet:

Was erfreut Leser am Blickwinkel, an den Geschichten, die er schreibt? Was zeichnet seine kleine Welt aus? Ist sie ein Teil der Großen, oder vielleicht ist sie sogar die wirklich Große Welt, während unsere Alltägliche eine künstlich erzeugte ist?

Und so geschah es, dass Frau Dr. Claudia Meyer-Paradiso ihr nächstes Interview genau in diese Richtung lenkte, weil auch sie, diese Frage seit einiger Zeit umtrieb.

CMP: Hi Don, schön dich wieder zu sehen, wie geht es dir?

DT: Ganz okay, allerdings treibt mich eine Frage einer Freundin um…

CMP: Was denn? Erzähl…

DT: Es ging um meine Welt…

CMP: Die Don Tango World…?

DT: Genau….

CMP: Wunderbar, genau dazu habe ich diverse Fragen…

DT: Das sagte die Freundin auch…

CMP: Was unterscheidet deine Welt von unserer?

DT: Das ich lebe…während ihr da draußen lediglich nur existiert…

CMP: Wow, starker Text…..

DT: Ich meine das nicht negativ und schon gar nicht wertend, auch wenn es so klingen mag…

CMP: Vielleicht kannst du es dann etwas genauer umschreiben, damit wir uns nicht schlecht fühlen und verstehen, was du meinst, was den Unterschied macht…?

DT: Ich glaube, jeder Mensch trägt die Don Tango World in sich…

CMP: Wie das?

DT: Während des Erwachsenwerdens legen sich all diese Schichten über und auf uns; Kinderstube, Pubertät, Ausbildungen, Universitäten, Erfahrungen, neue Menschen und Impulse, Sprachen und Kulturen, einfach alles…..

CMP: Natürlich! Das gilt ja für alle, warum für dich anders?

DT: Weil ich mich von diesen Schichten befreit habe, weswegen ich wieder lebe und nicht mehr nur existiere…

CMP: Wie hast du das geschafft?

DT: Vielleicht klingt das jetzt zu einfach, aber im Grunde ist es genau so: Ich habe mich erfolgreich zu meinen Sinnen, Wünschen, Bedürfnissen und Leidenschaften vorgearbeitet…

CMP: Wie ist dir das gelungen?

DT: Ich habe von der Karte des großen Lebensmenüs, meine eigenen Gerichte ausgewählt…

CMP: Ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstehe…

DT: Ich sehe den kleinen Marienkäfer am Boden, die bunten Platanen in den Straßen, ich rieche den Duft der Blumen, das Salz des Meeres, den Rotwein zum Abend, ich begreife, während ich mit meinem Motorrad fahre, dass ich überall hinfahren könnte, wohin ich will; ich rieche den Vitamin D, wenn Sonnenstrahlen auf meine Haut treffen, ich schmecke…

CMP: Okay, okay, ich glaube zu ahnen was du meinst…

DT: Wir haben mit der Industrialisierung eine gefräßige Maschine hingestellt, der wir unser eigenes Leben zum Fraß vorgeworfen haben…

CMP: Starke These! Grundsätzlich würde ich sagen…

DT: Du verstehst noch nicht: Um unseren Sinne wieder zu lauschen müssen wir ihnen Raum geben, was ihr jedoch nicht tut, weil ihr ständig Entertainment oder Konsum in die Stille der Zeit kippt, weswegen ihr, ohne zu merken, von einem zum anderen hetzt, womit ihr euer Selbst am Ende verliert…

CMP: Hier stimme ich dir leider zu…

DT: Müßiggang, erinnerst du dich? Nur in ihm entstehen neue und schöne Dinge, unabhängig davon ist er an sich schon schön…

CMP: Wer?

DT: Der Müßiggang…

CMP: Und was rätst du mir, uns?

DT: Fangt endlich mit dem AUFHÖREN an…

CMP: Wie bitte…?

DT: Macht Schluss mit dem ganzen Wahnsinn, den ihr Leben nennt…

CMP: Hast du konkrete Beispiele, oder vielleicht sogar direkt umsetzbare Hilfestellungen…?

DT: Macht nur die Dinge die ihr mögt; esst nur was euch schmeckt; trefft Menschen, die euch gut tun; schaffte alles ab, was euch NICHT gut tut und ablenkt und vom Selbst entfernt…kein Fernsehen mehr, lest Bücher, hört oder macht Musik, oder malt…kein Shoppen als Zeitvertreib, schafft eure Autos ab, wenn ihr nicht genug fahrt; entfernt alles was ihr nicht wirklich braucht; alles belastet uns, selbst wenn es nur in den Schränken und Garagen herumsteht, es behindert euch am Beschwingtsein…fangt sofort damit an, nicht erst morgen…

CMP: Okay…

DT: Nicht okay! Was wirst du konkret wann tun? Zum Beispiel heute…?

CMP: Hm, sollte das nicht ein Interview sein…?

DT: Wenn du willst, dass sich etwas ändert, musst du mit dir selbst anfangen; wenn nicht jetzt, wann dann?

CMP: Ich würde mir das gerne durch den Kopf gehen lassen…

DT: Mach das, es ist dein Leben, du machst damit was du möchtest…aber denk daran; Nur DU kannst die furchtbare Konsum-Maschine anhalten, nicht vergessen, okay? Nächste Woche sagst du mir, mit was du begonnen hast, einverstanden?

CMP: Einverstanden! Vielen Dank wieder einmal für das erhellende Gespräch…ich freue mich schon auf das Nächste.

DT: ich mich auch…bis dann.

D unterbricht die Verbindung und malt ein Bild.