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Johannes-Offenbarung, Joker & Odyssee 2019

Ob ich religiös bin, ob ich an etwas glaube, hat mich gestern eine Freundin gefragt. Natürlich, habe ich geantwortet. Ich glaube an Liebe und an das Universum. Immer noch. Ob das nicht sehr viel Ähnlichkeit, mit einer Gottheit hätte. Vielleicht, antwortete ich. Vermutlich ist es meine innere Ablehnung, Labels auf alles zu kleben, weswegen ich mich schwer tue, dem zuzustimmen.

Vielmehr bewegen tut mich seit einer Woche der Film „Joker“ – für mich ein Meisterwerk, im Ernst! Fotografie, Kamera und natürlich Joachim Phönix. Mein Güte! Zwei Stunden saßen wir gefesselt im Kinositz. Zweimal habe ich danach geträumt. Mit ihm darin. Interessanterweise waren die Träume alle gut. Im Film fühlte ich sehr mit ihm. Häufig entdeckte ich Parallelen aus Schulzeit, Jugend und Erwachsenwerden. Wenn ich es mich trauen würde zu sagen, müsste ich gestehen, dass wir so was wie Blutsbrüder sind.

Natürlich ist es ist nicht das erste Mal, dass ein Film eindrucksvoll zeigt was passiert, wenn ein Mensch genug hat und / oder wenn ihn Bösartigkeit packt. Falling Down, Shining, alle Quentin Tarrantino Streifen, die Liste ist erschöpfend. Überraschend ist für mich allerdings nach wie vor, dass die moderne Gesellschaf, darauf überrascht & schockiert reagiert.

Hier behaupte ich, dass die Mehrheit – wie so oft – darauf unbewusst, mit einer politisch, sozial-gesellschaftlich vertretbaren Konditionierung reagiert, statt mit wahrhaftig Empfundenem. Verantwortung für Kinder, Tiere und Partner hält uns in Wahrheit davon ab, zur Waffe zu greifen. Zuviel haben wir zu verlieren, nicht wahr?

Dabei ist das Ganze ‘ne ganz olle Kamelle. Ich glaube es war ein paar Jahrzehnte nachdem Jesus auferstand, hat der Apostel Johannes seine Offenbarung niedergeschrieben, die berühmte Beschreibung der Apokalypse, in der die „Hure Babylon und der Siebenköpfige Drache“ die Menschen in ihr Armageddon, ihre End-Schlacht stürzen.

Keine leichte Kost, wie finde ich. Aber gut und für meinen Geschmack recht aktuell. Vermutlich ist die Allegorie der Hure B. und Drako 7K (klingt wie ein Computer-Game, wenn ich jetzt darüber nachdenke) den Meisten bekannt, weswegen ich sie nicht mehr im Detail, oder doch? Okay, im Schnelldurchlauf:

Hure B & 7K-Drako = altes Rom, große / machtvolle Städte / Stadtstaaten = heutige Mega-Cities & 7K = 7 Todsünden (Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid & Faulheit) – zusammen Nährboden für….

Alles klar?

Damals, gestern, heute & morgen?

Schnick-Schnack? Klick-klack?

Kapiert? Super. Santé!

Keine Ahnung wie oft, aber während des Films habe ich mehrmals darüber nachgedacht – oder ich sag mal, ist mir der Gedanke im Kopf, wie ein Pilz hochgeschossen (in Wahrheit eher eine im dunklen Schacht gefühlte, archaische Krokodil-Gehirn-Kernkeule) – dass wir uns ganz beruhigt schlafen legen können. Woher all die Aufregung? Wozu all diese Warnungen? Ganz besonders der Kirchen, aller Glaubensrichtungen. Wieso überall der Zeigefinger? Angst vor der Verrohung, Angst vor Untergang…..wieso, in Bal’s Namen sollen wir uns vor der Apokalypse fürchten?

Sie ist doch schon seit Jahren da. Seht euch mal um. Wir sehen nichts weniger, als den totalen Krieg, Arm gegen Reich. Jeder versucht, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen, idealerweise immer ein paar mehr als der Nachbar, der Nachbar-Staat usw. Totale Ausbeutung. Wir fertigen in Billiglohnländern und wundern uns, dass wir Arbeitslose im eigenen Land, haben, wo manche Konzerne nicht einmal Steuern zahlen.

Wir versprühen jahrzehntelang Insektenvernichtungsmittel und wundern uns, dass jetzt die Insekten vernichtet sind und wir ein Problem haben, weil manche irgendwie, Überraschung, für irgendwas nützlich schienen. Vielleicht sollten wir die nützlichen unter Nutztiere gruppieren.

Man dreht Hilfsorganisationen den Hahn zu und wundert sich, dass es Flüchtlingswellen, ganze Tsunamis von ihnen gibt. Wir machen Business mit Jedem, der uns zu Gewinn verhilft, einschließlich Regierungen, obwohl die alle Rechter der eigenen Büre rmit Füßen treten. Kapier ich nicht. Wieso wundert sich irgendjemand über die Zustände?

Wie kann ich Freund von Elon Musk sein, ihn für einen großen Innovator halten, wenn man weiß, wie er mit Menschen, besonders mit Mitarbeitern umgeht. Wieso beklage ich mich über die massenhafte Schließung von kleinen Läden, sei es Gemüse, Buchhandlung usw und über die wachsende Macht der großen digitalen Multis, wie Amazon wenn ich da aus Bequemlichkeit selber kaufe?

Ist ja so praktisch und zeiteffizient. Mehr Quality-Time. Meine Bequemlichkeit kostet mich meinen eigenen Arbeitsplatz. Wir haben den Schuss ja nicht mehr gehört. Bis oben hin voll sind wir von Sünden. Jeden Tag. Wir wachen auf und schon geht’s los. Rein ins Auto. Schön alleine fahren. 1,5 Tonnen Stahlblech, mit 10 Liter Verbrauch, um klimatisiert ins ebenfalls klimatisierte Büro zu bringen.

Energiebilanz? Sicher. Irgendwo hab ich eine. Plasmaschirm aus Korea, Kleidung aus Indonesien, Türkei oder Indien, Tomaten aus Spanien, Bio-Knoblauch aus China, Spargel im Winter aus Afrika. Alles super geil, fair und bio.

Ich selber mache keine Ausnahme. Im Gegenteil. Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Bin sozusagen Qualitäts-Sünder. Wenn schon Qualitäts-Zeit, dann auch Qualitäts-Sünder. Klingt irgendwie konsistent. Erkenne dich selbst. Dann bist du ganz vorne. Qualitäts-Gewinner. Ich zum Beispiel tue mich schwer mit den großen Sieben.

So sehr ich mich auch anstrenge böse zu sein: Nicht alle Todsünden sind für mich gemacht. Ist wie Berufswahl. Oder…genau. Im Service könnte ich zum Beispiel nicht arbeiten. Ich bin einfach nicht nett genug. Nicht mal vorspielen, so tun als ob, halte ich nicht lange genug durch, geschweige zu jedem gleich nett zu sein.

Hochmut und Geiz gehen mir, glaube ich, auch echt ab. Zwar höre ich mich gerne reden, aber eitel & hochmutig würde ich mich nicht nennen. Dafür kann ich manchmal dumm und unwissend wirken & sein. Einverstanden, aber diese Eigenschaften sehe ich eher als Qualitätsmerkmale, statt als Mangel oder Defekt. Neid und Faulheit sind auch nicht meins. Ich wünsche den Menschen wirklich alles Gute, mich eingeschlossen.

Mit Fleiß und seinem Gegenteil, okay, da kenne ich ein paar Menschen, die mich vermutlich als faul bezeichnen dürften. Schade ist das, weil es eher ein Zeichen dafür ist, dass es immer noch viele gibt, die nicht wissen, dass Müßiggang mit Faulheit nichts zu tun hat und viele mich gar nicht Richtig kennen.

Aber von Zorn und Wollust sind meine Gefäße reichlich gefüllt. Da gibt es kein Entkommen. Tapfer sein und in den Spiegel schauen, lautet die Devise – und vor Allem, akzeptieren. So ist es. Nun ist es raus. Und da wir in Sachen Todsünden von Anfang an sehr gründlich in schwarz-weiß kategorisieren, ist man vermutlich nur frei von ihnen, wenn man wirklich keiner mehr nachgeht.

Weil ich aber nur ein kleines Menschlein bin, zähle ich somit zu den Sündern. Inklusive selbstangebrachtem Qualitäts-Siegel. Mir ist nun einmal nichts Menschliches fremd. Ein Glück. Menschsein steht mir irgendwie gut zu Gesicht.

Mein ernstgemeinter Versuch, Schattenseiten ans Licht, nicht hinters, zu führen, beruht darauf, dass man uns die Geschichte falsch erzählt hat. Die Schlange, Eva & Adam, Apfel essen usw. und schon waren wir raus aus dem Paradies. Hier liegt der Fehler verborgen.

Sterblich zu werden, aus dem Paradies verstoßen zu werden. Klingt irgendwie nicht schön. So, als wenn wir’s vermasselt haben. So wie, Klasse wiederholen. Nachmittags nachsitzen und so. Seit ich mich hier unten auf der Erde umsehe, muss ich allerdings gestehen, dass es mir hier sehr gefällt.

Wenn ich, wie es in einem alten Buch geschrieben steht, wegen meiner Sünden, zur Sterblichkeit auf die Erde verbannt wurde, um dort meine schwere Bürde des Menschsein, unter diesen grausamen Mitmenschen alleine zu tragen, und mich anstrengen soll, sündenfrei zu werden, um nach meinem Tod ins Paradies zu kommen, vorausgesetzt, das hohe Gericht lässt das zu und entscheidet zu meinen Gunsten, dann drücke ich mit meinem kleinen Rest menschlichen Stolz, mein Rückgrat durch und erwidere, voller Inbrunst, dass ich mein Schicksal, sowie meine Sünden als Last und Bürde annehme und mein armes karges Dasein hier unten fortsetzen und in keinster Weise Anstalten mache, sündenfreier zu werden, sondern ganz im Gegenteil, genau jene sorgfältig pflege, um möglichst lange hier unten die weltumspannende Apokalypse zu genießen, täglich darauf bedacht, meine dunklen Seiten, durch sorgfältige Kultivierung leuchtender zu machen.

 

Der Sünder

Ich bin es. Ich muss es einsehen. Immer wenn ich denke ich bin es nicht, merke ich, ich bin es. Was soll ich machen? Ich bin doch ich. Wie soll ich etwas ändern? Es ist zum Verzweifeln. Immer wenn ich mich bemühe moralisch und gut zu sein, merke ich, wie ich mich von mir selber entferne. Es ist ein Dilemma. Es schafft mich. Ich komme da einfach nicht raus. Es ist wie Treibsand. Je mehr ich mich bewege, desto schlimmer wird es. Ich habe alles versucht. Wirklich. Aber ich muss erkennen, dass es hoffnungslos ist. Es hat keinen Zweck. Ich muss mich akzeptieren wie ich bin.

Ich bin ein Sünder. Noch dazu einer, der nichts bereut. Das soll nicht heißen, dass ich grundsätzlich noch nichts bereut habe. Das stimmt auch nicht. Ich habe schon bereut. Aber selten. Und zurückblickend zählt es sowieso nicht. Etwas hinterher mit einer neuen Erkenntnis zu bereuen, ist eine Selbst-Täuschung. Das ist eine Lebenslüge. Richtig bereuen kann man nur in dem Moment selbst. Sonst zählt es nicht. Ich kann ja nicht die Frau mei-nes Nächsten begehren, mit ihr in die Kiste gehen und hinterher sagen, ich bereue es. Totaler Bullshit. Bereuen ist unreif. Noch dazu total unsexy. Es bedeutet die Rechnung nicht zahlen zu wollen. Bereuen ist, wie wenn ich in ein fantastisches Restaurant gehe, dort umwerfend gut esse und danach die Rechnung ablehne. Wer bereut, ist ein Zechpreller. Du willst die Frau deines Nächsten haben? Nehm sie dir. Aber sei bereit den Preis zu zahlen und beschwer dich nicht. Hörst du? Nicht beschweren. Einfach Rechnung zahlen und freundlich sein.

Für die Kirche gehört Sünde und Reue zusammen. Wer sündigt, sollte Reue empfinden. Ich sehe das anders. Für mich gilt das alles nicht. Die Kirche selber erschafft Gut und Böse und erzeugt somit erst den Konflikt, den es vorher nicht gab. Ich habe diesen Konflikt nicht. Ich bin einfach ich. Danach bin ich zwar ein Sünder, aber ein Freundlicher. Sünde ist ein gewaltiges Wort. Was ist Sünde? Ich sündige ständig, den ganzen Tag. Immerzu. Ich gehe bei Rot über die Ampel. Und während ich das mache, fühle ich mich gut. Danach auch. Susanna hat mich dafür immer gehasst. Ihre katholische Prägung sah vor, Gutes zu tun. Ob das immer gut war, wage ich zu bezweifeln. Aber Menschen zu treffen, die Böses tun und sich noch gut dabei fühlen, stellten ihren Planeten auf den Kopf. Besonders stark, weil es der eigene Freund war.

Wenn ich töte, sündige ich. Ich habe schon tausende Ameisen in Estellencs getötet. Wirklich. Aber-Tausende. Fliegen und Mücken auch. Seit kurzem fahnden sie nach mir. Herzloser Insektenmörder gesucht. Lebendig oder tot. Die fliegenden Opfer habe ich allerdings nur in Hamburg getötet. Ich bin sozusagen ein rassistischer Killer. Mich selber hat man auch schon öfters mal versucht platt zu machen. Aber irgendwie waren die Versuche erfolglos. Viele sagen mir, ach Ameisen und Fliegen: Komm schon, übertreib nicht Don. Ich denke mir dann immer, wer sie denn sind, dass sie mir das sagen können? Die sind doch nicht die Schöpfung. Wenn ich ein Lebewesen töte, dann töte ich es. Ist ein Kaninchen mehr wert als eine Ameise? Wer bewertet das? Wer darf das?

Ich habe mal 2 Kaninchen überfahren. Ich kam gerade um eine Kurve. Ich glaube es war zwischen Andratx und Estellencs. Gegen Mitternacht. Wir hatten Vollmond. Im Scheinwerferlicht sehe ich dieses Kaninchenpaar. Mitten auf der Straße. Der Rammler hatte seine Vorderläufe schon ziemlich verkrampft um ihre Hinterläufe gekrallt. Ich glaube er war fast fertig. Ich sehe noch, wie sie gleichzeitig in die Scheinwerfer starren. Sie hatte diesen Entsetzten, dann den traurigen Blick. Sie wusste, er würde sie nicht weglassen. So nahm sie das Ende an. Immerhin war sie nicht alleine. Nicht nur das, ihr Hase war ja ganz nah. Sozusagen tief drin. Im Grunde waren sie in dem Moment eins. Ein Kaninchen, statt zwei. Er hingegen, hatte diesen Killerblick drauf. Wahrscheinlich den Gleichen wie ich. Nur saß ich am Steuer und er hockte bei ihr drauf. Er wollte nochmal alles geben bevor der Vorhang fiel und gab richtig Gas. Wie eine Nähmaschine ratterte er sie durch. Stopfen ohne Garn.

Ich war hin und hergerissen. Wenn ich bremsen würde, war es nicht sicher, ob es reichen würde. Mit 70 Stundenkilometern braucht man schon ein paar Meter bevor man steht. Das Quietschen der Reifen würde sie vielleicht erschrecken. Sie könnten genau vor meine Reifen laufen. Und dann würde ich sie beide vielleicht unglücklich anfahren.

Vielleicht nur ihn. Oder nur sie. Und dann? Dann wäre einer von beiden sein Leben lang unglücklich.

(Okay wahrscheinlich nicht. Irgendein anderer Hase, oder eine andere Häsin würde sich schon um den Hinterbliebenen kümmern. Die Natur ist gnädiger als wir Menschen.)

Ich entschloss mich nicht zu bremsen. Sollte er es schaffen sie festzuhalten, könnte es sein, dass ihnen nichts passiert. Vielleicht blieben sie unbeschadet wenn ich über sie drüber hinwegfahre. Wenn nicht, würden sie den sicheren Tod finden. Dafür aber im glücklichsten Moment ihres Lebens. Das war doch was.

Wahrscheinlich finden ein paar das ganz fürchterlich, was ich da gemacht hatte. Wahrscheinlich nennen sie es Sünde. Vor Allem, weil es ein bewusster Entschluss war, in Kauf zu nehmen, dass zwei Lebewesen bewusst getötet werden könnten. Somit bin ich ein Mörder. Ich bin also ein Mörder und Sünder. Aber nicht nur das. Als wäre das nicht schon schlimm genug, bin ich auch noch Hedonist. Alles was mir Lust beschert, liebe ich. Lust und Freude im Allgemeinen. Anstelle für einen Marathon zu trainieren, gebe ich mich doch viel lieber den leiblichen Genüssen mit einer schönen Frau hin. Mir kommt das ziemlich natürlich vor, obwohl ich weiß, dass ich mich wahrscheinlich wieder versündige.

Ich finde es viel wichtiger, dass man alles, wirklich möglichst alles, gründlich machen sollte. Man sollte die Dinge mit Liebe und Hingabe tun. Wenn ich ohne Liebe koche, schmeckt man das. Wenn ich mich mit einer Frau unterhalte und von etwas abgelenkt werde, nicht immer ganz bei ihr bin, merkt sie das. Wenn ich mit der U-Bahn fahre und nicht zahle, mache ich das mit Hingabe. Wenn ich schwarzfahre, dann mit Lust und Freude. Wenn man sündigt, sollte man es gründlich machen. Ich würde deswegen immer die Premium-Sünde, der Allerwelt-Sünde vorziehen.

Eine Fliege totzuschlagen, oder die Zeitung meines Nachbarn aus dem Briefkasten zu klauen, sind Alltagssünden. Sogar eher Alltag, als Sünde. Wenn meine Freundin ein guter Mensch ist, sie ihrer besten Freundin helfen möchte, weil die gerade Stress in ihrer Beziehung hat und sie diese für ein paar Wochen zu sich nach Hause holt, wo sie weiß, dass ihre Freundin bezaubernd schön ist, noch dazu sehr sportlich und gierig, dann kann sich meine Freundin als Gutmensch fühlen. Als eine die ihrer besten Freundin Gutes tut. Ob sie sich selber damit Gutes tat, blieb abzuwarten. Heute weiß ich, dass ich damals ein ganz natürlicher Sünder war. Ich habe dafür auch alle Konsequenzen ertragen. Wirklich alle. Aber die anderen nicht. Die machten mich zum Sünder, um weiter munter in ihrer Puppenstube zu leben. Die haben ihre Gelüste, ihr Selbst unterdrückt. Charlotte weniger. Nach ein paar Monaten begrub sie das Kriegsbeil und kam zurück. Sie kannte sich und spürte nur zu gut, was wir für einander waren. Aber Alessandra? Du meine Güte. Die ging zu ihrem Mann zurück und spielte brav ihre Augsburger-Puppenkiste weiter.

Und jetzt, liebe galaktische Lebens-Regie, ein déjà-vu. Wo bleibt es, wo ist es? Da ist es. Na endlich. Giulia. Und natürlich bist du liiert. Und natürlich bist du sogar mehr als das. Natürlich bist du richtig verheiratet. So richtig mit Trauschein, Unterschrift und alles. Mit verheirateten Frauen ist es ein Drama. Immer. Sie fühlen sich sicher und strahlen wunderschön um die Wette.

Und diese eine spielt nun auch noch ein ganz abgefahrenes Spiel. Das Abgefahrenste, was mir je untergekommen ist. Sie spielt eine Rolle, ohne es zu wissen. Mittlerweile ahnt sie es. Und das ist schon eine ganze Menge. Was soll ich sagen: Ich will sie haben. Ganz. Was ich dafür kann? Keine Ahnung. Ich bin nicht schuld. Ich habe sie nicht zu dem gemacht was sie ist. Was soll ich machen? Die Welt ist ungerecht. Sie nimmt keine Rücksicht. Ich habe alles versucht. Warme Umschläge. Meditation, Wein, auch den Entzug von Alldem. Alles. Es ändert nichts. Ich will sie haben. Ja, ich bin ein Sünder und Hedonist. Sie auch, dafür weniger Sünderin. Also bin ich gerade dabei und verstoße nacheinander gegen 2 Tod-Sünden. Erst begehrt man die Frau seines Nächsten und dann raubt man sie. Glatter Diebstahl ist das. Das gelingt natürlich nicht immer. Logisch. Nicht jeder Dieb hat Glück.

Wir wissen beide, was die Stunde geschlagen hat. Es ist wie mit Nitro und Glycerin. Einzeln sind sie unauffällig, völlig harmlos. Zusammen, können sie den ganzen verdammten Planeten hochjagen.

Wir waren essen. Zwei Mal. Es war toll. Jedes Mal. Und es ist schwierig. Wie immer. Wir haben ein paar Themen. Sie hat ihre. Ich habe meine. Sie ist noch in der Verpuppungsphase. Richtig mittendrin. Sie weiß, dass der Prozess unumgänglich, unaufhaltbar ist. Sie weiß es. Davor hat sie Angst. Ich kann sie verstehen.