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Esel und Prinz – Odyssee 2021 CW14

11.Apil – Nach langer Zeit besuchte der kleine Prinz seinen Freund, den Esel. Wie all die Jahre fand er ihn in seiner kleinen Casita, drunten am Meer, an der Platja. Stahlende Sonne empfang ihn, als der Esel fröhlich von drinnen rief – komm rein, komm rein, es ist offen! – Nachdem sie sich herzlich umarmt hatten, bot der Esel ein Glas Weißwein ein, um gemeinsam anzustoßen.

„Prost, mein Lieber – schön dass du wieder mal vorbeischaust!“

„Ganz meinerseits -zum Wohl!“

Sie tranken einen großen Schluck und freuten sich, nach so vielen Jahren, wieder einander zu begegnen. Nachdem der kleine Prinz sich ein wenig umsah, bemerkte er, wie sehr sich der kleine Stall des Esels verändert hatte.

Überall standen Pflanzen rum, ein paar Vasen mit frischen Schnittblumen prunkten stolz auf einem gläsernen Tisch; auch ihn gab es früher nicht, während der kleine Prinz auch über die vielen Bilder staunte, sowie die vielen Postkarten, bunten Flaschenöffner, Tablettendosen, verschiedene Aschenbecher aus Jade, Granit, Messing und eine große Auswahl von Wanderstöcken und Regenschrimen, die in allen Varianten, Farben und Größen daherkamen.

„Wo hast du denn die vielen Andenken her und vor Allem, wieso bist du hier drinnen, wo draußen so ein schönes Wetter ist?“

„Hast du denn nicht von den gefährlichen Viren gehört, die zur Zeit die Welt da draußen in eine gefährliche Wildnis verwandelt haben?“ Mit offenem Mund stand der kleine Prinz in der bunt geschmückten Casita des Esels und kratzte sich am Kinn.

„Meinst du diese Grippe, von der alle reden?“ Plötzlich fing der Esel zu lachen an, so sehr, dass er sich den Bauch hielt. Nachdem er sich Tränen der Freude aus den Augen wischte, stemmte er stolz die Hufe in die Hüfte und sprach:

„Grippe? Na du machst mir Spaß! Hast du nicht die Nachrichten gehört, wie viele Abertausende Menschen schon gestorben sind? Wie die Fliegen fallen die um, man kommt gar nicht hinterher, sie zu beerdigen, hast du das nicht gehört? Du meine Güte in welcher Welt lebst du denn, kleiner Prinz?“

Ein wenig beschämt blickte der kleine Prinz zu Boden. Er wusste nicht so recht, was er jetzt sagen konnte, entschloss sich jedoch schluss-endlich bei seiner Sicht der Wahrheit zu bleiben.

„Natürlich habe ich davon gehört, aber fliegen nicht ständig irgendwelche Viren in der Luft herum? Also, ich meine heute, jetzt, morgen, aber auch gestern? Willst du denn solange in deiner Casita bleiben, bis jemand Entwarnung ausspricht?“

Schnaubend vor Zorn, scharrte der Esel mit den Hufen und senkte den Kopf, wie ein wilder Stier.

„Es ist gefährlich rauszugehen; ich schütze auch die anderen, wenn ich hier drinnen bleibe…ich bin nicht so gedankenlos und egoistisch, wie du…“

Ohne auf diese Spitze einzugehen, lächelte der kleine Prinz und ging nicht weiter darauf ein, wusste er doch, dass der Esel sehr dickköpfig sein konnte. Stattdessen, nahm er sich vor, ihm ein wenig von seiner Sicht zu vermitteln, denn auch der kleine Prinz wusste von den diesen neuen Viren, die in vielen verantwortungslosen Medien Killer-Viren genannt wurden, weswegen sich der kleine Prinz entschloss, diesem geistigen Gift, keinen Nährboden zu geben.

„Was ist, wenn die Entwarnung nie kommt? Und vor Allem, warum lässt du jemand anderen über deine Freiheit bestimmen? Wie jeder Esel musst auch du hin und wieder raus und frische Luft tanken und dich bewegen; jeden Tag kann dir doch ein Missgeschick geschehen, du kannst einen Fehltritt, unten bei den Klippen machen und stürzt in die tödliche Tiefe.

Auch davor kann dich niemand schützen; ein Risiko, deine Gesundheit zu schwächen hast du doch dein ganzes Leben…“ Auf einmal lächelte der Esel verschlagen, so, als wenn der heilige Gal vor seinen Füßen lag.

„Schau mal, kleiner Prinz; das mag für dich jetzt merkwürdig klingen, aber für Esel wie mich, die schon ihr ganzes Leben draußen waren, ist es eine schöne Abwechslung, jetzt endlich mehr Zeit drinnen verbringen zu können; ich kann mich um meine Inneneinrichtung kümmern, mir endlich Zeit zum Kochen nehmen und endlich mal gründlich aufräumen, so wie ich es seit Jahren schon wollte.

Du glaubst gar nicht, wie befriedigend es sein kann, sich beim Betrachten der vielen Andenken daran zu erinnern, was ich schon alles gesehen habe, ich bin priviligiert, weißt du das eigntlich? Ich habe genug essen und trinken, ein Dach über den Kopf, ein schönes Bett, bin gesund, so werde ich glatt hundert Jahr alt, wenn ich nicht aufpasse…“, worüber sich der Esel kaputt lachte. Nachdenklich sah der kleine Prinz seinen Freund an.

„Dir ist also Sicherheit und Gesundheit wichtiger als Freiheit…?“

„Ja aber natürlich…“ Als der kleine Prinz das hörte fing stattdessen er an zu lachen.

„Dann könntest du ab jetzt den Rest deines Lebens hier verbringen?“

„Aber natürlich, ich habe doch schon alles gsehen…?“

„Und was ist mit den jungen Generationen? Willst du die alle einsperren…?“ Da schwieg der Esel zum ersten Mal und blickte betrübt zu Boden. Seine ganze Freude und Überlegenheit war plötzlich wie verflogen, quasi, als hätte es sie nie gegeben.

„Ich habe Angst…“

„Wovor…?“

„Vor dem Virus und das ich mich anstecke und ganz schnell sterbe…“

„Warum hattest du denn nicht vorher all die Jahre die gleiche Angst, wenn das Leben doch ähnlich gefährlich war…?“

„Keine Ahnung, irgendwie ist mir mein Optimismus abhanden gekommen…“ Da schlang der kleine Prinz seine Arme um den Hals des Esel und umarmte seinen Freund.

„Pass auf, wir beide gehen jetzt zusammen runter ans Meer, so wie früher, du wirst sehen, dass gibt dir Kraft und Zuversicht und im Nu sind deine Sorgen wie weggeblasen; so ein kleines Virus wird doch so einen stolzen Esel wie dich nicht ins Bockshorn jagen, und wenn wir unten sind, suchst du dir etwas Schönes vom Strandgut aus und nimmst es als Andenken mit zu dir in deine Casita…“

Da lächelte der Esel und strahlte über alle vier Backen, dass selbst die Blumen weiter zu wachsen schienen. Gemeinsam trabten sie gemütlich runter ans Wasser, so wie früher und erzählten sich Geschichten von früher und von morgen, weil sie auch schon weitere Pläne für die Tage danach machten…

Und so geschah es…