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5.Juni – Miller und die Anderen – Odyssee 2022

Bin seit einer Woche wieder in Toulouse. Fühlt sich aber schon wie ein Monat an. Sag ich ja immer: Während Mehrheiten sagen, die Zeit vergeht im Flug, ist’s bei mir umgekehrt. Manchmal ist’s regelrecht ermüdend, so intensiv. In der Nacht hatten wir ein Unwetter. Ich liebe die Luft danach. Schon als Kind bildete ich mir ein die größeren Mengen Sauerstoff schmecken und riechen zu können.

Im Momen schreibe ich viel.

Sogar in meiner geliebten Lederschwarte. Wenn ich nicht schreibe, lese oder griechisch lern, schaue ich zur Zeit Dokus über Schriftsteller. Die Beatniks liebe ich, angefangen von Ferlinghetti, Burroughs, Kerouac und Ginsberg, die saftige Brücken zu Bukowski und Henry Miller bauten. Was für befreiende Literatur, nach Blechtrommel, Buddenbrooks, Homo Faber und dem deutschsprachigen Mischwald.

Besonders Miller.

Sein bestes Buch – aus meiner Sicht – ist keiner seiner fleischlichen Romane, sondern seine Reise nach Griechenland. (Der Koloss von Marussi). Doch wenn man Bukowski oder Miller nennt, rollen auch heute noch viele vor 1970 Geborenen mit Augen & Ohren. Aber ich glaub nur, weil die Mehrheit selten hinter die vielen Medien-Fassaden blicken und sich stattdessen von schulischer Eindimensioniertheit haben einhegen lassen. In vielen Dingen geht’s mir nämlich wie Miller. Nicht nur in Empfindungen und Vorlieben für Wein und Frauen.

Sondern vielmehr in Wahrnehmung und Sicht auf die Welt.

Denn das die Welt verrückt ist, muss man keinem erklären – das weiß jedes Kind! Vielmehr ist’s das uniformhafte, angepasste, bürgerliche Leben, mit seinen Ritualen und Pflichten, inklusive Herdentrieb und nie enden wollenden Vergleichen untereinander und gegeneinander. Mehr als das: Alles ist verkehrt herum und zu einer grotesken gesichtslosen Effizienz zusammengezimmert, die sich einzig & allein um Geld dreht.

Wie tragisch, trist – und irgendwie – erbärmlich.

Was wollen wir vom Leben, wenn wir vierzig bis sechzig Stunden für Arbeit investieren? Von insgesamt 168 Stunden pro Woche, bleiben 42 bis 62 übrig, wenn wir acht Stunden für Schlaf ansetzen, inklusive Vor- und Nachbereitung. Im Mittel können wir also von 50 Stunden sprechen, indem wir irgendetwas tun, was wir auf die eine oder andere Art und Weise – Leben nennen – unabhängig davon, ob wir Partner, Kinder, Haustiere oder Aquarien betreuen.

Denn all das findet in genau diesen 50 Stunden statt.

Und nicht vergessen, da sind die Wochenenden mitgezählt. Ist schon beängstigend wenig, findet ihr nicht? Muss man da nicht achtsam mit Zeit umgehen und gut überlegen mit wem man sie teilt?

Natürlich verbringe ich meine Zeit lieber mit Frauen.

Nur wenige Männer unterliegen keinem Alpha- / Macho-Schwachsinn, mit dem sie die Welt seit Jahrtausenden mit Gewalt und Krieg überziehen. All das alberne Gedröhn und Grundrauschen, bei dem es in Wahrheit nur darum geht die genetisch beste Frau für Nachkommen zu finden.

Darum vermutlich fahren Männer Harley und Porsche.

Und machen ungezählte Dinge, über die man bei genauem Hinblicken schmunzeln kann, erst Recht Frau, wenn sie klar bei Verstand ist. Wenn wir dann – teuflisch wie wir sind – das Ganze mit Religion und Prüderie würzen, haben wir unser explosives Gemisch, dass wir in unseren eisernen Gefängnissen ausleben, wo wir uns – nicht selten unter der Schirmherrschaft heiliger Ehe – selber einpferchen,

bis uns Tot und Langeweile scheiden.

Ständig müssen wir was machen und bekommen dann zur rechten Zeit keine gescheiten Sätze heraus, geschweige können über interessante Themen reden, weil wir in unserem Alltag derart von Leere und Desinteresse bis zur Halskrause gefüllt sind, dass wir froh sein können, nicht in ständige Depressionen abzurutschen – die ja bekanntermaßen längst eine der größten Volkskrankheiten geworden ist.

Warum nur? Wo kommt das her?

Geschickte (siehe unten youtube-video) nutzen sie gar als Plattform. Chapeau – kann ich nur sagen. Wo und wann sind uns Unbekümmertheit und Müßiggang verloren gegangen? Wann haben wir begonnen uns zu optimieren? Wann wollten wir das erste Mal mehr aus unsere Zeit herausholen?

Quality-Time – was für ein Scheißwort – zum Kotzen!

Wo sind denn die all die anderen Wissenschaften gewesen, als die Ökonomie uns ihre Eichenpflöcke ins Herz rammte? Wo sind die Soziologen, Philosophen, Dichter und Denker? Gibts niemanden mehr, weil jeder von der fetten Hure Kapitalismus gesäugt wird? Dreht sich wirklich alles um schnöden Mammon? Und sollte es so sein und wir beginnen, unsere Realität anzunehmen, worauf warten wir dann?

Wann beginnen wir endlich etwas zu ändern?

Bon, genug rumgezetert. Ich für meinen Teil warte auf niemanden mehr. Nietzsche hatte Recht. Man muss das Leben tanzen. Am Besten mit Wein, Frau und Gesang. Soll mir keiner erzählen, dass er ständig mit Freude acht Stunden in Bank, Versicherung, Krankenhaus oder sonstwo verbringt, wenn nicht, um im Schweiße seines Angesichts, den Lebensunterhalt zu verdienen. Danach braucht man doch eine Form von Ausgleich und Kompensation.

Aber gebt Acht auf euch.

Wenn Kumpel F. mir erzählt was im Altonaer Krankenhaus abgeht, dann springt man entweder aus dem nächstbesten Fenster, schenkt reichich nach, oder sucht das Weite. Wenn man seriös und ernsthaft wie F. ist, geht man in den Betriebsrat, um was zu ändern, selbst wenn die Chancen gering sind. Nur eins geht nicht – aufgeben. Aufstecken & Seele verkaufen, wie Hank es nannte – ist verboten! Dann stirbst du innerlich,

inklusive Zerstörung deines Körper.

Lieber wütend, erbost, neugierig, lebendig und mit rastloser Unruhe tanzend durchs Leben treiben, idealerweise ausbalanciert mit Müßiggang und produktivem Leben. Verschwende deine Jugend. Verausgabe dich, hol das Beste und Letzte aus dir raus, solange du kannst. Und vor Allem:

Nehm dir Zeit – und nicht das Leben…