05.März – Baals Sprachverwirrung – Odyssee 2023

Meine Freundin wohnt seit ein paar Monaten in einem anderen Haus. Sie hat drei neue Nachbarn. Einer von ihnen, längste gemeinsame Grenze, hat einen kugelförmigen Webergrill. Bei näherer Beobachtung ist mir aufgefallen, dass alle Nachbarn diesen Typ Grill haben. Als ich neulich hinters Haus meiner Freundin schaute,

erblickte ich noch so einen.

Ihre Lang-Grenzen-Nachbarn haben Hund und Katze, keine Kinder. Herr Nachbar ist ungefähr 185 Zentimeter groß und kräftig gebaut, vielleicht Ende Vierzig. Oft steht er auf der Terrasse neben einer großen Holzkabeltrommel, auf der ihr Husky gerne liegt, und geht nach einer Weile in Arbeitshose und Plastikbotten in den Garten.

Dort sieht er nach dem Rechten,

wackelt am Zaun, bückt sich hin und wieder, zupft einen langhalsigen Löwenzahn heraus und  schiebt seinen Grill ein paar Zentimeter nach vorn, hinten, links oder rechts. Viel verändert sich nicht im Garten, aber er sieht danach zufriedener aus.

Vielleicht ist er Bauarbeiter,

Feuerwehrmann, KFZ-Meister oder LKW-Fahrer, bestimmt kein Bankfilialleiter, Notar, Anwalt, oder Zahnarzt. Dafür ist er zu still und unauffällig. Sein wettergegerbtes sommersprossiges Allerweltgesicht, rasiert er gerne selten. Auf dessen Spitze thront eine blonde Mütze, blaue Augen bestaunen die Welt.

Seine Gattin sieht man selten.

Liegt vermutlich an ihren gesundheitlichen Problemen. Sie hat Übergewicht. Es stimmt, dass Französinnen pingelig mit ihrer schlanken Linie sind, dass 5 Kilo eine mittelschwere Katastrophe sind, die man abhungert, oder sonst wie weg macht.

Daher soll hier nur am Rande erwähnt werden,

dass ich im Fall unserer Langgrenzen-Nachbarin von 50, statt 5 Kilo spreche. „Du meine Güte, die Arme!“, höre ich mich regelmäßig sagen, wenn mein ganzes Selbst die Frau Nachbarin erfasst. „Bestimmt eine Stoffwechselgeschichte…“, denke ich noch hinterher. Ausgesucht freundlich ist sie, zu allen, so etwas von zuvorkommend, nein wirklich.

Für Kinder hat sie immer flotte Wort übrig.

Im Vergleich zu den meisten Menschen, die ich im Laufe meines kurzen Lebens beobachten durfte, fallen die Nachbarn meiner Freundin unglaublich auf, weil sie so leise sind und so ganz und gar nicht – auffallen.

Nie hört man sie streiten oder fluchen.

Selbst ihr junges Husky-Weibchen bellt nie. Hin und wieder quiekt sie vor Freude, wenn Herrchen mit ihr spielt. Vor Kurzem hat er Rasen gemäht, erster und einziger Moment, wo es laut wurde. Der Nachbarsgarten meiner Freundin ist nicht sonderlich schön, dafür aber gepflegt. Immer stehen Autos und Mülltonnen akkurat geparkt.

Selten sieht man sie zusammen draußen.

Hund und Katze übernehmen ihre Draußen-Aktivitäten. Oft läuft das Husky-Mädchen vergnügt im Kreis herum, oder buddelt imaginäre Geheimnisse aus, wenn sie sich langweilt. Nebenan fühlen sich alle wohl, Katze eingeschlossen. Wir kennen keine Namen von Mensch und Tier, aber es schein ihnen wichtig zu sein, trotz Zufriedenheit,

unauffällig leise und still leben zu wollen.

Ich finde das angenehm. Auffällig erscheint mir stattdessen, dass die meisten sprechenden Menschen höhere Aufmerksamkeit benötigen, als Lebewesen die wenig, oder gar nicht plaudern. Ich habe mal an ’nem Kommunikationstraining teilgenommen, wo man zeigte, warum sich Taubstumme in multikultureller Umgebung viel erfolgreicher austauschen,

als sprechende Durchschnittsbürger.

Oft denke ich daran, bemerke ich doch immer regelmäßiger, wieviel wachsenden Aufwand es heute bedarf, um sich erfolgreich auszutauschen. Angenehm in Sachen Austausch ist mir zur Zeit die Nachbarskatze. Wir haben sie Fili getauft.

Sie scheint uns zu mögen.

Oft schaut sie vorbei, beinahe täglich. Letztens hat sie ihre erste Nacht bei uns verbracht. Genau wie ihre Besitzer ist auch sie respektvoll und höflich. Mittlerweile kommt sie täglich vorbei. Alle anderen machen viel Lärm. Quietschende Reifen beim Anfahren, lautes reden, rufen und Türen schlagen.

Man parkt Straßen zu,

redet per Lautsprecher ins Handy an der Kasse, reden, um den Kropf zu leeren. Vermutlich gehen wir alle zu wenig raus und treffen zu wenig Leute. Wo findet man zufriedenes Leben und Müßiggang?

Bei den Nachbarn nebenan…..

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