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Zombie Tomaten – Odyssee 2022 CW04

30.Januar – Kann schon sein, dass es ein Zufall ist, aber ich glaube nicht daran. Wovon ich rede? Nee, nicht von Corona-Verschwörungstheorien oder solch Kram – ich spreche von den Zombies die meinen Kühlschrank bevölkern; genauer gesagt handelt es sich um,

Zombie Tomaten.

Oder ist Tomaten-Zombie richtiger? Ist vermutlich wurscht. Zuerst hatte ich es gar nicht kapiert, was da los ist, aber nachdem ich vor über sechs Wochen eine Plastikschale – ja ich weiß, Plastik ist kacke – von diesen kleinen Cherry-Tomaten kaufte, die aus dem benachbarten Spanien kamen und die mich nach dieser sehr langen Zeit genauso unverändert freundlich wie damals beim Kauf, aus dem kalten Kühlschrank anstrahlten,

fragte ich mich, ob das normal ist.

Ich weiß, dass es auf Mallorca eine Sorte gibt, die man über Monate in kühlen Räumen auf Schnüre aufgehängt lagern kann, aber ich war gänzlich überrascht, dass diese herausragende Spitzenleistung auch diese einfache Standard Cherry-Tomate zu bieten hat. Oder handelt es sich bei ihr bereits um eine genetisch veränderte Frucht?

Keine Ahnung, kann ich da nur sagen.

Ehrlich, halten sich gar alle Tomaten so lange und wir essen sie schlicht nur vorher auf? Oder ist vielleicht alles ganz anders und da steckt ein viel größeres Geheimnis dahinter? Geschmacklich jedenfalls sind sie ziemlich enttäuschend, selbst wenn sie frisch sind. Wenn man seine Augen schließt und reinbeißt dann kommt man nicht zwangsweise auf Tomate. Grüne norddeutsche Stachelbeeren fühlen sich in Haut und Textur ähnlich an. Auch vermisse ich ein großes Maß an echtem Tomaten-Geschmack. Also bei den Stachelbeeren, wie bei Tomaten.

Also sind es nun Zombies,

oder sind am Ende alle Tomaten so geartet, dass sie uns einfach viel länger frisch erhalten bleiben, als andere Früchte? Ich will gar nicht so geheimnisvoll daherkommen, es beschäftigt mich nur, weil es mir auffällt und mich eben – wundert. Deswegen mache ich nicht gleich einen Twitter-Account auf. Auch halte ich Zufälle für viel normaler und häufiger als die Vorsehung, oder gar Gotteswerk,

besonders bei Tomaten.

Ein paar esoterisch angehauchte Freunden geht’s da schon anders; die finden überall Bestätigung ihrer Theorien und Zufall gibt es per Definition schon gar nicht; erst neulich kam eine Freundin auf mich zu und zeigte mit ernstem Gesicht auf die Wanze zu meinen Füßen – sie meinte hinterher, das wäre ein Zeichen, welches wollte sie mir aber nicht verraten – die sich kurz vorher dort auf den Rücken gelegt hatte und in meinem Beisein von uns ging. Ich bin jetzt ein von Wanzen anerkannter

Palliativmedizinischer Begleiter.

Im Ernst, es ließ mich nicht ganz ungerührt, als die Wanze – ich glaube sie war männlich, hatte den Hang zu Übergewicht und trank zu viel, quasi wie wir alle – sich langsam vor meine Füße setzte, zu mir nach oben wie einem Gott aufblickte und versuchte, mir mit letzter Kraft tief in die Augen zu sehen, was bei der Distanz vermutlich eine gewaltige Kraftanstrengung für so eine kleine Wanze ist – nach dem Motto

„Du bist dabei, wenn ich Rübermache – du wirst mich nicht vergessen!“.

Zuerst legte sie sich achtsam auf den Rücken und strampelte dann mit den Beinen. Sie sah ganz zufrieden dabei aus. Dann wurde sie immer langsamer, bis ihre Bewegungen erstarrten. Ich mochte es erst gar nicht glauben. Nun hatte mich ein weiteres Insekt zum Gott und Palliativ-Fachmann auserkoren, was sagte man dazu.

Letzten Sommer war‘s ein dicker Brummer, während ich zu Tisch saß.

Für mich fühlte sich das alles ganz in Ordnung an, besonders das Gottsein. Für so eine kleine Wanze, musste ich mindestens so beeindruckend sein, wie die Titanen für uns Menschen. So tief drin fühlte ich mich immer noch genauso wie vorher, auch wenn mich jetzt Insekten anhimmelten. ISt vielleicht ein gutes Zeichen. Am Ende bleiben sowieso nur Insekten übrig, wenn die Menschen verschwunden sidn. Na jedenfalls – wie komme ich eigentlich von Zombie-Tomaten auf die Geschichte mit der Wanze?

Keine Ahnung!

Seht ihr? Leicht vom Weg komme ich immer noch ab. Oder vielleicht liegt’s heute einfach daran, dass ich letzte Nacht bei Freunden war und zu viel gesoffen hab und daher wirr daherrede; warum ich beim morgendlichen Hangover, wie der moderne Mensch sagt, Brausebrand der Schleswig-Holsteiner, immer rattig bin erschließt sich mir nicht; ich komme immer auf erotische Gedanken, bis ich Kaffe trinke; dann geht die Hitze meistens wieder vorüber, die griechischen Götter sein Dank.

Aber es geht auch anders, soviel ist sicher…

Doch das besprechen wir an anderer Stelle. Erst einmal soll es das für heute wieder mal sein. Ich habe echt die gesamte Wüste Gobi im Mund, dabei habe ich schon Wasser wie ein ganzes Rudel Ziegenböcke gesoffen. Nun ja, früher oder später geht alles vorüber, und wir können uns dann auf den nächsten Tag freuen, wenn es wieder heißt,

Los geht die wilde Fahrt…

PS: Soll kein Klugscheißen sein, aber wie das Wort palliativ zur Medizin kam, ist in Wiki nicht ganz eindeutig für mich erklärt. Pali ist griechisch und heißt einfach „alt“ – viellieicht erklärt es, warum man in dieser Sparte der Medizin viel mit Alten zu tun hat……….

Das schöne Mehr

Glücklich war ich. Richtig schön pleite und glücklich. Für mich sind das gar keine Widersprüche, im Gegenteil. Wenn ich nichts mehr habe atme ich auf. Besitz vereinnahmt bei mir schnell einen viel zu großen Platz. Wenn ich aber wie ein streunender Hund, wie ein glücklicher Zigeuner durch die Welt vagabundiere, dann fühlte ich mich pudelwohl.

In einem Befreiungsschlag mistete ich meinen Kleiderschrank aus und stopfte zwei leuchtendblaue Müllsäcke mit meiner aufgebrauchten Kleidung voll. Ein tiefes Echo erschall aus dem Kleiderschrank, nachdem ich gefragt hatte, ob noch jemand zuhause sei. Totenstille. Ich hatte nur noch die Kleider auf dem Leib, sonst nichts. Ich sah in mein Portemonnaie und auch an anderen Stellen, um das letzte Geld dem Leben entgegen zu werfen. Wenn man nichts mehr hat, sollte man sich neu einkleiden. Ich wollte mit den Basics anfangen. Hosen und T-Shirts. Schnell merkte ich , dass auch Unterhosen dazugehörten. Und Socken.

Ich fuhr an die Ostsee, genauer gesagt nach Neustadt, weil ich zumindest die T-Shirts und Unterhosen bei Trigema kaufen wollte. Ich bin zwar schon Europäer, aber wenn eine Firma darauf besteht, alles im eigenen Land herzustellen, dann nehme ich sie beim Wort und unterstütze das, weil die meisten es ja anders machen. Ich habe mal ein Buch über das Ökonomische Prinzip gelesen und musste feststellen, dass es, ähnlich wie bei religiösen Büchern, entweder nicht verstanden, oder schlicht nicht befolgt wird. Es gibt da 3 Grundprinzipien: Einmal versucht man mit minimalen Mitteln ein festgelegtes Ziel zu erreichen; dann mit festgelegten Mitteln ein bestmöglichen Nutzen zu erreichen und zu guter Letzt, wobei, wenn ich ganz ehrlich bin, die ganze verrückte Welt danach trachtet, das Extremumprinzip, jenes wo man mit minimalen Kosten, den maximalen Nutzen erreicht. Das ist alles legal, glaube ich. Aber manchmal moralisch und ethisch sehr verwerflich wie ich finde. Ich will mich hier nicht als Moralapostel hinstellen, aber wenn Gier stärker als der letzte ökonomische Takt wird, dann werde ich kitschig.

Ich fand 10 T-Shirts und vier Unterhosen. So gut war ich lange nicht mehr ausgestattet, wahrscheinlich noch nie. Das Wetter war toll, alle Dauercamper und Strandurlauber waren schon da, so dass es aussah, als wenn ganz Deutschland friedlich Urlaub machte und das Leben genoss. Auf dem Rückweg fand ich noch ein Geschäft, indem ich 4 neue lange Hosen fand. Ich fühlte mich Kolumbus, als er seine Füße zum ersten Mal auf patagonische Erde setzte. Ich zählte mein Geld durch und musste feststellen, dass ich immer noch was übrig hatte. Ich war in bester Feierstimmung. Mein unbeantwortetes Fragezeichen, schlummerte noch tief und fest.