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02.April – Odyssee 2022

Vom Herzen her bin ich Müßiggänger. Schon als Kind habe ich es geliebt, mich in Gedanken zu verlieren, ohne dabei durch Nichtstun aufzufallen. Später ließ sich die Wahrheit nicht mehr länger verschweigen. Scharf wie ein Damaszener-Schwert kam jene simple, alles zum Schweigen bringende Diagnose daher:

Faulheit!

War das ansteckend? Gar gefährlich? Erwachsene hatten Probleme damit. Auch meine Eltern. Es war wie bei der Pest. Quasi über Nacht wurde man ausgestoßen. „Was, du willst nicht arbeiten? Nichts schaffen und erreichen? Dann bist du nichts wert….!“, genauso, oder so ähnlich lautete der Befund. Über die Medikation schien man sich noch nicht einig. Noch dazu schienen in den

80igern Konzentrationslager aus der Mode gekommen zu sein.

Doch änderte es nichts daran, dass tägliche Disziplinarmaßnahmen nicht locker ließen. Hausaufgaben vorzeigen; vorlesen; zäh wie Leder, flink wie Wiesel und schlau wie Füchse sein, lautete das Erbe, dass die DNA einträufelte. Sportlich und pünktlich sein, sowie andere Drangsalierungen setzte die Gau-Leitung der Grundschule ein, um aus unschuldigen friedlich lebenden Kindern, angepasste, funktionierende Bürger von drei

verschiedenen Gruppen zu bauen.

Einmal war da jenes handwerkende Volk. Man hoffte, dass die Volksschule – später nannte man sie Hauptschule – genügend Nachschub produzierte, um ausreichend Müllwerker, Tischler, Gärtner, Zerspanungsmechaniker, Maurer und Forstarbeiter für das junge Deutschland zu erschaffen. Irgendwie musste man ja die Nation am Laufen halten, oder nicht?

Dumm, wetterfest und stark,

lautete die interne Beschreibung der wichtigsten Eigenschaften der Forstwirte in Schleswig-Holstein. Denken stand nicht zur Debatte. Das war nichts wert. So etwas Weltfremdes stand nur den obersten Chargen zu. Man hatte zu funktionieren und musste abliefern. Produktiv sein blieb oberste Divise im jungen Teutschland. Für Tagträumer gab’s keinen Platz.

Müßiggänger als Beruf gab‘s beim Arbeitsamt nicht.

Was also tun? Ich musste mich durchschummeln. Also blieb ich faul in der Schule, um meinem Prinzip als Müßiggänger gerecht zu werden, aber nur so viel, dass ich es in die nächsthöhere Klasse schaffte. Heute beschäftigt mich diese Sache gewaltig. Wenn ich mich jetzt umsehe hat der Kapitalismus gewonnen. Alle treiben es mit allen. Jeder mit Jedem.

Sogar Russen und Chinesen.

Frieden haben wir deswegen noch lange nicht. Denn weil jeder „mehr“ braucht, hat längst „jeder“ gemerkt, dass die Ressourcen des Planeten nicht langen, um alle gleich glücklich zu machen. Deswgen haben wir’nen Weltwirstchaftskrieg, in dem wir das Spiel „Alle gegen Alle“ ausleben, schön vorgesungen

von der Gruppe Laibach.

Daher wird es ab sofort nicht nur häufiger Beiträge von mir geben, sondern es werden die folgenden Themen-Gruppen abgeackert, bis euch die Zunge aus dem Halse hängt, oder euch das Licht ausgeht. Zurzeit gibt es folgende Hauptgruppen:

1)-Knappheit der Woche

2)-Wenn der Russe kommt…

3)-Strahlenschutz am Beispiel Mehl und Öl…

4)-Du bist nichts wert…….und andere Antimotivationen…

5)-Ratschläge für Existenzgründung…

6)-Für was es sich lohnt zu denunzieren…

7)-Ich. das Kaiserreich und das Bruttosozialprodukt…

8)-Anti-Nationalismus…..oder Völker, die man nicht braucht…

9)-Ziele, die ihr euch für morgen vornehmen solltet…

So, jetzt wisst ihr’s. Ich sag’s ja, es gibt so viel nicht zu tun, man muss sofort anfangen; lasst alles stehen und liegen; hört auf mit der Arbeiterei; bleibt im Bett liegen; trinkt einen Schluck Rotwein, oder zwei;  lest Bücher; macht was Schönes, aber hört mit der Arbeiterei auf – sofort!

Habt ihr kapiert?

Ihr füttert die böse Hure Kapitalismus. Sie wird euch durchvögeln, nach Strich und Faden, bis von euch nichts mehr übrig bleibt, außer ausgefranstem Führerschein und Personalausweis.

Wollt ihr das?

Ich nicht. Mich interessiert Nichtstun, Muße haben und Müßiggang, sonst nichts. Denkt drüber nach. Wer zweifelt kann sich bei mir melden und bekommt ein „Müßiggang-Paket“ für Anfänger. Eine Art „Müßiggang-Survival-Kit“ zur mentalen Gesundung.

Und wer nicht, der kann ja das Hamsterrad weiterdrehen…auf geht’s….

Schneller, höher, weiter…

Gut ist nicht mehr gut – Odyssee 2021 CW41

17.October – Unser Klima erwärmt sich; Lebensmittel und Benzin werden teurer; bides ist nicht gut; neulich las ich, dass viele Franzosen finden, das der Islam nicht zu Frankreich passt; Plattfüße und Zahnausfall sind nicht gut; ein leeres Glas ist weniger gut als ein volles; zu viel Sonne und zu viel Kälte sind nicht gut; Durchfall findet niemand gut; sind grüne Ampeln besser als rote?

Für – wen – müsste man fragen.

Wenn ich Auto fahre und gerade‘ne rote Ampel habe, dann ist das gut für Fußgänger, oder andere Verkehrsteilnehmer, aber auch für mich? Wenn ich Steuern hinterziehe, habe ich mehr Geld in meiner Tasche; wenn man dich dabei erwischt, bestraft man dich – finde ich das genauso gut, oder nicht? Im ersten Fall profitiere nur ich, im Zweiten die Allgemeinheit, ohne dass sie es merkt.

Ist – GUT – ein Zustand, oder ein Prädikat – ne Art Eigenschaftsbeschreibung?

Wer freut sich in mir, wenn ich rote Ampeln überquere? Wer lässt mich mehr Wein trinken als gut für mich ist? Wer lässt mich Gutmenschen langweilig, aber Lebe-Menschen wie Charles Bukowski großartig finden? Wer freut sich in mir, wenn ich zu schnell fahre? Wer freut sich in mir, wenn ich Recht, Glück, gutes Essen, Wein und Sex habe?

Ist – GUT – eine menschliche, oder gar kosmische Größe?

Oder ist Gutsein etwas natürliches, was allen natürlichen Dingen von Natur aus innewohnt? Wäre dann Gutsein nicht eher etwas nicht menschlich, sondern rein – Natürliches? Und wenn es so sein sollte: Wieso maßt sich irgendjemand an, über Gutsein zu befinden, gar zu urteilen, wenn es eine natürliche Eigenschaft ist?

Wenn das schwache kranke Gnu in der Wildnis von dem starken hungrigen Löwen gefressen wird, ist das der Natur nach – gut. Wenn Spinnen ihre Beute bei lebendigem Leibe aussaugen, oder Schlangen sie ewig lang verdauen, dann ist das naturgemäß ebenfalls – gut.

Blickt da jemand durch…?

In Frankreich will man Nuklearenergie noch mehr fördern, obwohl es 58 Atomreaktoren gibt; angeblich soll sie umweltfreundlicher als Kohlekraft sein; in Deutschland, direkt hinter der Grenze sieht man es genau andersherum – da will man sie abschaffen.

Zur Erinnerung: Verbrauchte Brennstäbe strahlen nach ihrer Nutzung noch viele tausend Jahre und kontaminieren, zerstören lebende Zellen, sprich unsere Lebensmittel, Wasser – letztendlich alles Leben.

In Frankreich ist Atomkraft gut – in Deutschland nicht.

Ist ein unendlich langes Leben gut? Ist der Tod schlecht? Ist eine gute Zeit besser als eine Schlechte? Ist gute Ernährung gleichzusetzen mit – gesunder? Bedeutet ein gutes Leben automatisch, dass man gut isst und gute Weine dazu, danach oder immerzu trinkt? Ist es gut, das Leben zu genießen? Was bedeutet es – und viel wichtiger – woran merke ich, dass ich es wirklich tue?

Entweder gibt es kein – GUT – weil es, je nach Blickwinkel, eine rein subjektive Sache ist; oder es gibt ein Universelles, das sich in eindeutiger, wiedererkennbarer Beziehung zu seiner Umgebung befindet; dann muss es ein Begriff sein, der exklusiv mit ethisch-moralischen Dingen zusammenhängt, weil es zum Beispiel gut ist, dass es keine Sklaven mehr gibt und Frauen seit ein paar Jahren gleichberechtigt sind – in den meisten demokratischen Nationen dürfen sie die gleichen Dinge wie Männer.

Aber macht man sich im Alltag ethisch-moralische Gedanken? Eher nicht. Dann kann es im Alltag kein – Gut – mehr geben. Oder in anderen Worten:

Gut ist nicht mehr GUT…..