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17.September – Eckes Edelkirsch – Odyssee 2023

Wein liebe ich … ja, wirklich … wer sich den ausgedacht hat, verdient einen Orden … mein Kumpel JM macht selber welchen … ich finde das großartig … er hat nicht nur einen grünen Daumen, sondern zehn grüne Finger …

JM ist unser Druide …

eine Art neuzeitlicher, zu Fleisch gewordener Dionysos … Kumpel K ist unser Herold … ein moderner Diogenes Laertios … oder eine Mischung aus Plutarch und Phaidros der Gegenwart … beide leben im östlichen Zweistromland …

in Burdigala, Gallien, nicht Babylon, Mesopotamien …

vielleicht wissen es viele nicht … aber Bordeaux ist weltbekannt für sein süffiges Bier … zum Beispiel in Podensac gibt es welches mit Namen Lillet … weltberühmt … selbst James Bond säuft es … Bier ist das Hauptgetränk in der Region …

ganz im Gegensatz zu Nord-Deutschland …

wo man seit Jahrhunderten Weine anbaut … im weltgrößten zusammenhängenden Anbaugebiet, dem sogenannten alten Land, südlich der Elbe … nee, Moment … ich glaube ich hab da was vertauscht … es ist umgekehrt … in Bordeaux baun‘se Wein an …

und in Norddeutschland Bier …

also … seit Jahrzehnten achtet man in Bordeaux darauf, dass man im Einklang mit der Natur Trauben zieht … keine Chemie verwendet … alles ganz biodynamisch, sauber, gesund & rein, selbst vor Einbußen scheut man nicht zurück …

zu Gunsten guter Qualität …

weiß man doch, dass Natur und wohlbekommende Weine wichtiger sind, als Profit und Gier, die von jeher … man weiß es in Bordeaux nur zu genau … nicht nur die Natur schädigt, sondern die wahren Meister ihres Fachs austrocknet …

wie Kumpel JM …

und vom Markt verdrängt … das diese nur mit Ach und Krach über die Runden kommen … nicht selten unter widrigen Umständen ihr Dasein fristen … was … den griechischen Göttern sei‘s gedankt … zum Glück nicht der Fall ist …

sondern im Gegenteil …

ein Fonds für naturliebende Druiden geschaffen wurde … dessen solidarisches Netz es kleinen Winzern ermöglich … saubere gute Weine herzustellen … da es einen unbürokratischen, leicht in Anspruch zu nehmenden Finanz-Ausgleich gibt …

der verhindert …

dass Industrie und die großen Chateaus allen Gewinn unter sich aufteilen … bis das der letzte kleine Winzer eingegangen ist … diesem Klüngel, der vor Panscherei und anderen Tricks nicht haltmacht, wie das sogenannte …

„Integrieren“ und Aufhübschen …

durch befreundete Nachbar-Appellationen … wie Beispielsweise Bourgogne und Moselle … was unter Fachleuten auch „Schminke“ genannt wird … so, wie das Einsparen von handwerklich sorgfältig hergestellten Eichenfässern … die heute ganz modern …

und nachhaltig …

durch preiswerte Eichenholzspäne ersetzt werden … die unter den kritischen Augen aller Appellationen … nach langjährigen, aber überraschenderweise … erfolgreichen Tests … so wie damals die weltberühmte …

„Shell-Analyse“ von Hamburg …

die ganz überraschend Straßenbahnen verbannte … und Rußpartikel-freundliche Busse empfahl … das quasi das uralte Eichenholzfass eine Art Paris Hilton in Form von Eichenholzspänen zur Freundin bekam …

was von allen Weinkäufern …

ganz persönlich und uneigennützig … „genehmigt“ wurde … das glücklicherwise seitdem die Qualität der kleinen wie großen Weine einen derartigen Aufschwung erlebt, dass man unter Fachleuten … allen voran Parker … von einem neuen goldenen Zeitalter …

großer Bordeaux …

spricht … all den negativen Gier getriebenen Mechanismen hat man Einhalt geboten … wie wunderbar, wenn man aus der Vergangenheit lernt, sich des Besseren besinnt … würde Aristoteles sagen … aber halt … Moment …

Scheiße! …

Ich bin in der Zeile verrutscht … das gilt für Gemüse … wo man endlich auf Glyphosat verz. … nee, auch nicht … das alles gilt nur für Guerilla-Gärtner … die sich unter Mühen abstrampeln .. wie die kleinen Winzer …

in Bordeaux ist alles beim Alten …

Geiz ist geil … Qualität ist egal … Hauptsache Masse statt Klasse … was mit den Kleinen Winzern passiert? Ist uns doch egal … wir fahren Porsche und grillen auch … sonst noch Fragen?

Wir in Bordeaux sind doch nicht raffgierig …

stattdessen stets bemüht, unsere Appelation-Richtlinien an Natur und Wetter anzupassen … wie beispielsweise das obere Alkohollimit von 15% … das wir nach vielen Verhandlungen mit Petrus erreichten …

nicht verwechseln …

Petrus der Wettergott … nicht Petrus, das Teuerste Weingut der Welt … unsere Petrus-Verhandlungen in den Höhlen von Fonvideau verliefen jedenfalls erfolgreich … heute nehmen wir erfolgreich Einfluss aufs Wetter …

damit sich Weltklima und Weltgemeinschaft …

nach unserer alteingesessenen Winzer-Genossenschaft von 1855 richtet … gegründet, gleich nach der großen Reblauskatastrophe, die Trauben wie Grande Vidure vom Bordeaux-Boden vertilgte, bis sie als Carmenère in Chile neu zur Welt kam …

Moment mal …

verdammter Mist … ich hab mich schon wieder geirrt … Ernte 23 … eine unter Kennern berühmt-berüchtigte Zigarettenmarke … muss heute herhalten … denn so wird auch die Weinernte 23 …

in Bordeaux …

100 Jahre nach der berüchtigten Tabakernte … in die Geschichte eingehen … da man Dank Klimawandel … mit amtlichen Alkoholpegeln glänzt, um Likören das Leben schwer zu machen … Dank der NEUEN Alkoholgrenze der neuen Appelation Bordeaux …

die heute bei 30% liegt …

endlich kann man zeigen wer man ist … was man drauf hat … wenn es immer wärmer wird… hört man Winzer im Chor schreien … doch halt … ich bin wieder zu schnell … so weit sind wir noch nicht … alles ist immer noch schön beim Alten in Bordeaux.

Glücklicherweise gab es genug Regen …

dass sich die Trauben in den letzten Wochen volllaufen lassen konnten, damit der Kellermeister nicht wie die Jahre vorher … Wasser zumischen muss, um naturbelassene 15% zu halten … im vorauseilenden Kadavergehorsam, ließ Petrus es regnen …

so sind alle glücklich …

die Winzer, wegen leichterem Wein … den man quasi als modernes Gleisarbeiterfrühstück … Ernte 23 und ein Glas Bordeaux … ab 2024 anbieten kann … die Multis … weil man weiterexperimentiert, bis jedes hausgemachte Tsatsiki …

nach Milram Frühlingsrahm schmeckt …

und Eugen Block, der mit seiner Restaurantkette … den Werbeslogan … „Gerne und Sofort“ prägt … was Hand-in-Hand geht mit den Absatzwünschen und Umsatzzahlen der großen Chateaus … besonders jene, in chinesischer Hand …

darum spreche ich einen Toast …

auf Keynesianismus … der die Welt seit 90 Jahren mit seinen Früchten beschenkt … ich stoße an auf Reichs.- und Wutbürger, sowie Chemtrail-Gläubige … und alle andern, die Tage und Leben verschönern …

Schön, dass es euch gibt …

30.März – Odyssee 2022

Bin heute morgen laufen gegangen. Zum ersten Mal seit fucking Corona die große Runde. Es nieselte, aber nicht hanseatisch. An der Garonne bog ich rechts ab. „Auf geht’s!“, dachte ich. Am Place de la Daurade kam mir ein anderer Läufer entgegen. Männlicher Weiser wie ich. Gleiches Alter, gefühlt vierzig, in Wahrheit fünfzig. Er schnaubte und sah wütend und böse aus.

Auf seinem T-Shirt stand – „Finisher“.

Ich entschied mich, nicht zurückzuschauen, was er geschafft hatte. Vermutlich ‘nen Marathon, Triathlon, oder sich selbst. Menschen die Dinge Abbrechen finde ich spannender. Im Abbrechen finde ich Humanismus. Denn in Wahrheit machen wir – außer dem eigenen Leben – nichts zuende. Und selbst davor haben wir Angst. Wenn jemand mitten drin auf hört, weil er Studium, Job, Beziehung oder weiß der Geier was, doof findet, ist das viel mutiger.

Not-finished, finde ich sympathisch.

So grübelte ich vor mich hin, als ich die Pont Catalan überquerte. Auf der anderen Seite sah ich ein paar Obdachlose, die ihr Hab und Gut unter ’nem Unterstand zusammenrafften. Komisch, dieser Wohlstand. Wenn man ihn hat, nimmt man ihn irgendwann, im schlimmsten Fall, Gott gegeben. Dann geht’s bergab. Man glaubt es steht einem zu.

„Habe ich doch alles verdient, oder etwa nicht, Schatz?“

Merkwürdige Welt. Zur Zeit kommen verstärkt Kriegsbilder ins deutsche Wohnzimmer. Dank digitaler Medien landen zerschossene Körper jetzt in 3D direkt im Vorgarten. Ein reality Splatterspiel. „Soll ich das etwa wegmachen? Ruf die Polizei, Schatz!“ Klar ist das toll, wie den Menschen geholfen wird. Und doch macht es mich nachdenklich. Keine Ahnung ob ihr wisst, was ich meine.

Vielleicht bleibe ich immer unzufrieden. Gut möglich.

Vielleicht nervt mich, dass wir uns immer nur bei Krisen bewegen. Wenn es uns an den Kragen geht, dann werden wir solidarisch. So gesehen, hat die ganze Scheiße was Gutes für sich. Wenn jetzt wieder alle über Freiheit und Wohlstand nachdenken, dann tut es vermutlich mehr weh, wenn wir ihn etwas verlieren. Vielleicht kämpfen wir dann wieder dafür.

Ich werde daher ab heute nicht nur Sonntags schreiben, sondern immer dann, wenn mir was einfällt – egal was es ist. Mal schauen wie ich das finde.

Bis bald…