Sand, soweit das Auge reicht. Wind streicht über aberwitzig geformte Dünen-Kämme, verfängt sich an ihren unsichtbaren Schultern, kreist sich, dreht sich immer mehr um sich selbst ein, bis er zu feinem Staub zu Boden rieselt – kleine, große, ein Meer von ihnen, wohin ich auch sehe – in unendlichen Weiten sich verlierende Horizonte – habe die Orientierung verloren, fühle mich wie betrunken.Bin in Seenot geraten, auf hoher See – mitten im Ozean des weiten unendlichen Sandes – bin von Bord gegangen, war nicht mehr einverstanden mit den Rhythmen der menschlichen Gezeiten – hab mich abgewendet – alleine auf hoher See – stampfe gewaltige Wellenkämme empor – wie eingefroren liegen sie da, warten darauf von mir bestiegen, erstmalig erklommen zu werden.Sand umstreicht seidig meine Beine, versucht mich zu verführen, mich abzubringen, vom Pfad den neu ich begonnen – so, wie immer – habe keine Hetze, drehe mich langsam um mich selbst; Leuchtturm auf hoher See, stur reicht mein einsamer Felsen aus dem Wasser empor, auf dem mein Leuchtfeuer ich einst errichtet – nun denn, last uns weitermachen.Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen – alles so neu, als wäre ich ein Neugeborenes, das seine ersten Schritte tut – tapsig, unsicher, ewig schwankend darauf wartend, zu Boden zu gehen und doch weiter voranzutaumeln. Pfeifend zeigt der Wind mir den Weg – blinzelnd schau ich nach vorne – schwer ist der Gang, tief sinke ich ein, schwer ist die See – ich gehe einfach weiter und weiter – wird so schlimm nicht sein und wenn ja, was änderte es.Weitermachen, immer weiter und weiter machen – so wie alle zu allen Zeiten – nicht fragen, einfach annehmen, danken, lächeln und weitergehen – aufrecht, gerade und stolz, mögen sich auch die Weltenstürme noch so sehr an mir abnagen, sattfressen, bis sie zu platzen drohen, vor Freude, Sättigung – dekadenter Langeweile, erste Anzeichen vom nahen Ende, mögen einem die Aasgeier noch nicht aufgefallen sein, wie sie gierig Krallen und Schnäbel blecken – bereit um zuzustoßen.Keine Menschenseele, weit breit – nicht einmal einer ohne – kein Strauch, kein Baum, nur ein unendlich weites sandiges und staubiges Nichts. Komme mir vor wie ein Wüstenschiff – rauf den Wellenberg, bis zur Spitze, endlich drüber, dann wieder hinunter, den langgezogenen Wellenrücken, bis die nächste heranrollt – wieder rauf, kleine Schritte, obacht, nicht wanken – einen vor den anderen Fuß setzen – Sand prasselt hin und wieder auf mich ein, bildet sandige Kokusmakronen in meinen Augenwinkeln, die ich nach und nach weg-blinzle, aus den Ecken rausreibe, wie ungenutzter Blütenstaub.Lange gewartet, nie gebraucht – einen vor den anderen – erstaunlich vielfältig die Struktur der Dünen, all die Formen, quirligen Vertiefungen, Formen und Verwerfungen, die einem erst Sicht und dann Verstand rauben – einfach weitermachen – Hitze lässt Sicht und Herz flimmern – habe aufgehört zu zählen, müssen bereits Dutzende sein, die ich hinaufgekrackselt und hintergerodelt bin – keine Ahnung wie lange es schon so geht – Sekunden? Minuten oder Stunden? Gar Jahre?Niemand weiß es – ist auch nicht wichtig – Neues nicht in Frage stellen – Sonnenstrahlen strömen um mich herum, verhüllen, was schon immer bin gewesen – hab die Vergangenheit losgelassen, kann nun endlich wieder fliegen – keine Last mehr, die mich will halten am Boden, bloß nicht zulassen, dass er wieder aufsteigt – nie wieder ward gesehen.Wann endlich werd Land ich sehen? Bleibt in Wahrheit jeder auf ewig allein? Geh weiter Leuchtturm, bis endlich Land und Frau wirst finden – dann zögere nicht, steige an Land, gehe vor Anker, bestell einen Garten, schlage Feuerholz, streiche Wände, baue Betten und sei bereit, fürs große Ganze.