Schlagwort-Archive: Suzuki

Spartanischer Regen – Odyssee 2021 CW33

22.August – Seit Donnerstag bin ich wieder in Hellas. Ich landete am Nachmittag und wurde von griechischen Freunden willkommen geheißen; die liebevolle Herzlichkeit haut mich immer wieder um, besonders wenn man teutonische Wurzeln hat; Deutsche lieben es, zum Griechen um die Ecke zu gehen; auch fühlen sich nahezu alle Gemanen in Hellas pudelwohl, weil Griechen bekanntermaßen gastfreundlich und herzlich sind.

Warum Teutonen daraus nicht lernen und selber auftauen – so, wie Deutschland umgekehrt nach der Finanzkrise 2008 erwartete, dass man von Hellas erwartete, deutsche Renten- und Steuertugenden zu übernehmen – entzieht sich genauso restlos meinem Verständnis, wie all die ungezählten anderen Dinge, die ich mit mir rumschleppe und die mir die Arme immer länger ziehen, dass meine Handrücken drohen, auf der Erde zu schleifen…

Wie immer habe ich ein Motorrad von meinem Freund Savvas; seine Firma Motorent zu den Füßen der Akropolis ist meine erste Wahl; nachdem ich mich über das nagelneue Suzuki Touring-Moped freute, knatterte ich aus dem quirligen Stadtzentrum Richtung Korinth; Athen ist für mich die unglaublichste Stadt der Welt!

(da ich unsere alte europäische Welt noch nie verlassen habe, und es nicht so aussieht, dass sich daran etwas ändert, beschränkt sich meine Welt auf Europa.)

Ich habe in vielen anderen Geschichten Ähnliches erwähnt und bekam deswegen eine Menge Leserbiefe, die sich um die Frage drehen, warum ich ausschließlich Europa bereise; daher antworte ich exemplarisch mit zwei Beispielen, warum ich aktuell – das heißt bei mir gestern heute und morgen – nicht verlassen möchte.

Beispiel eins – USA,

Umwerfendes Land, aber fü mich der Ursprung allen modernen Übels, sei es Rassismus und Heuschreckenkapitalismus, der schon vor hundert Jahren große Erfindungen wi z.Bsp. von Nikola Tesla verhinderte, mit dem Selbstverständnis, Weltmacht Nummer eins zu sein; alleine die Arroganz und Selbstherrlichkeit sich „United States of America“ zu nennen ist Witz genug; als würde es kein Kanada und Südamerika, mit dutzenden Ländern geben, als bestünden beide Kontinente aus den USA.

Beispiel zwei – Asien,

China zu besuchen ist mir genauso unmöglich, da ich aus den gleichen ethisch-moralischen Gründen, wie ich die USA nicht bereise, auch den Gegenpol nicht heimsuche, wenngleich es unfassbar viele beeindruckende Dinge in deren Kulturen gibt; ich halte mich an Europa, weil es dort fü mich mehr als reichlich zu sehen und lernen gibt.

Gemütlich schaukelte ich die Autobahn entlang.

Immer wieder sah ich links und rechts vebrannte Bäume, Sträucher und kohl-schwarze Flächen, sowie Qualm am Himmel, was mich daran erinnerte, das Hellas unter aberdutzenden Waldbränden leidet; aus Pietät und Anstand machte ich keine Fotos, weil es einem Stiche ins Herz gibt und solche Fotos genauso wenig angebracht sind, wie von übefahenen Tieren…

Bei knapp vierzig Grad, fühlte ich mich mit Shorts und T-Shirt ausreichend angezogen, wenn man von Helm und Handschuhen absah; als ich über den beeindruckenden Isthmus von Korinth fuhr, hielt ich wie immer die Luft an; es geht da so tief runter, das ich jedes Mal heilfroh bin, wenn er vorüber ist – wachsende Höhenangst sei Dank!

Ich muss gestehen, dass es wirklich nach all dem verfickten Corona-Wahnsinn Balsam für meine freiheitsberaubte Seele ist, quasi nackt mit‘nem Moped duch Hellas‘ zu fahren, dass ich es nicht in Worte zu packen vermag;

heißer Wind auf der Haut, Sonne, der Duft von Meersalz, schwitzende Kiefern, die sich hin und wieder selbstentzünden, dazu die Kräuter und all die vielen Archäologischen Stätten, die sich gefühlt alle 2Km übereinander-türmen, rühren mich zu Tränen, dass es so etwas noch in unserem biederen, geordneten Kontinent gibt.

Aus Solidarität haben meiner Meinung nach alle Akademiker und Gutverdienenden die Pflicht, maximal viel Geld in Hellas zu investieren, wenn man schon nicht hinziehen will! Aber das ist eine eigenen Geschichte – im Grunde ist s ein ganzes verdammtes Buch wert…!

Nach einer Weile ging es weiter Richtung Tripolis; mein Ziel war Sparta und wie immer hatte Lakonien ein iangemessenes Empfangskomitee bereitgestellt; ich spürte es schon, bevor ich‘s sah; bedohlich zog sich der Himmel zu; immer dunkler wurde es; man konnte riechen, das was in der Luft lag; nach dem dritten oder fünften Tunnel bekam ich erste Tropfen aufs Visier geklatscht, dass ich nur noch eins dachte:

Schnell zu nächsten Tankstelle!

Normalerweise gleite ich mit hundert Stundenkilometern über Hellas geschundenen Rücken; nachdem mir aber die ersten Tropfen signalisierten, dass ihre ganze Sippe kommen konnte, gab ich meinem Gauel die Sporen, wie einst Leonidas bei den Thermophylen und segelte mit meinem zweirädrigen Katamaran bei haarstäubenden Winden über den Strom des schwarzen Asphalts.

Endlich das rettende Schild – Tankstelle 15km

Die griechischen Götter sein Dank; unterdessen wurden die Tropfen zahlreicher; dann fing ich an mit Zeus zu reden; ich bat ihn, noch einen klitzekleinen Moment zu warten; und tatsächlich: Er lächelt milde, bis ich unter dem Dach der Tanke stand. Dann spannte ein lakonisches Unwetter seine Muskeln.

Ich dachte an Sintflut.

Mehr hatten die damals garantiert nicht; die Autobahn war ein reißender Strom; innerhalb von wenigen Minuten kühlte es von 37 auf 20 Grad ab; immer noch stand ich in kurzen Hosen und T-shirt rum; schnell legte ich Pulli und Jacke an, da der Wind an Nordsee erinnerte; Berge, die nur wenige hundert Meter entfernt standen, verschwanden im Grau der Wassermassen; die zwei Tankwarte lachten, als sie Fluten, mein Motorrad und meine kurzen Hosen betrachteten.

Es schüttete eine Stunde.

Welch ein Donnerwetter, typisch Sparta, dachte ich und fragte mich, was das eigentlich bedeutete; wenn wir sagen, etwas ist spartanisch, dann nutzen wir das Wort als Synonym für spärlich, genügsam, sparsam, einfach, knapp und hart, genauso wie wir das Wort „lakonisch“ nutzen, dass im Sprachgebrauch ähnliche Vorgänge, Zustände und Eigenschaften beschreibt; woher kommt diese Redensart, wo doch niemand weiß, wie man dort lebte, Wissenschaftker eingeschlossen – Ich nutze sie, weil ich vor Ort bin, so wie ich sagen könnte, Hamburger Nebel, wenn man Nebel in Hamburg beobachtet.

Vielleicht war deren Bildung und Essen immer reichlich?

Weil mir Sparta ‘ne ganze Stunde schenkte, grübelt ich eine Weil herum; ich kaute und kaute und verstand, warum sich so viele Redensarten verselbständigen, ohne dass sie Bezug zur Sache haben; in anderen Sprachen wie Französisch, Spanisch usw. ist das ähnlich; unsere Alltagssprache setzt sich oft aus verfremdeten Begriffen zusammen; auffallen tut das dann meist einem Dazugereisten, der die Lokalpatrioten mit merkwürdigen Fragen malträtiert.

Ein paar Beispiele, um für nachhaltige Verwirrung zu sorgen:

Apokalypse – bedeutet übersetzt, Auf-deckung, oder Ent-Manteln, vom griechischen „kalipsis“, verdecken, verhüllen, kombiniert mit dem griechischen wort „apo“ was veschiedene Dinge, wie zum Beispiel die Umkehrung von etwas bedeutet, je nachdem wo die Betonung liegt, auf „a“ oder „o“ – und doch hat sich die Apokalypse als etwas Negatives eingeprägt, wie das Ende aller Zeiten, das Jüngste Gericht usw.

Oder Selbstbewusstsein.

Umgangssprachlich wird Selbstsicherheit gemeint, jemand hat ein selbstsicheres Auftreten, obwohl es eigentlich das „sich selbst bewusst sein“ oder „sich seinem Selbst gegenüber bewusst sein“ beschreibt; im französischen sind zum Beispiel die „weisen Frauen“ die „sages femmes“, die Hebammen; als Dazugereister hat man da seine Schwierigkeiten, genauso wie mit „oeuf a la coque“, was genau übersetzt „ei mit schale“ heißt, aber man im Alltag ein weichgekochtes Ei meint…..die Liste ist unendlich lang.

Was ist die Moral von der Geschicht?

Das es viele Worte gibt, die Verschiedenes bedeuten, die wir verschieden nutzen, dass man den Eindruck bekommt, dass viele Worte nicht automatisch viel Bedeutung transportieren; ich merke es dann, wenn ein Mensch auf einer anderen Wellenlänge ist, als ich es zum Beispiel gerade bin.

Wenn ich positiv eingestellt bin, kann ich mich erfolgreich mit Händen und Füßen verständlich machen, selbst wenn ich ortsübliche Dialekte nicht spreche, wie uns Taubstumme täglich vorleben, während man mit jemandem, der eine gemeinsame Sprache perfekt spricht, genauso wenig Garantie hat, sich verständigen zu können.

Die Moral könnte vielleicht sein, dass man stets anstreben sollte, positiv den Menschen zugewandt durchs Leben zu gehen, statt nieder-frequent, verschlossen und negativ-pessimistisch den Menschen Energie abzusaugen; doch selbst meine spartanischen Gedanken verstrichen genauso wie lakonische Stunde…..

Schnell kam die Sonne zurück.

Gut gelaunt schwang ich mich auf mein Stahlpferd und ritt nach einer weiteren Stunde durchs dampfende Evrotas-Tal winkend an Sparta vorbei, bis ich abends bei sonnigen 32 Grad reizüberflutet in Gytheio ankam, schwer von der Meerpromenade beeindruckt, weil Gischt hier direkt auf die Straße spritzt, während sich kleine Fischrestaurants wie bunte Perlenschnüre aneinanderreihen, wo man sang und sich zuprostete, bis einem Licht oder Sonne ausging.

Am darauffolgenden Samstag erkundete ich die Umgebung und freute mich über „Dimitrios‘ Schiffswrack“ das am gegenüberliegenden Strand von einem vermutlich spartanischen Sturm erfasst und an Land geworfen wurde, um Attraktion für Strandindianer zu werden; ob Dimitrios der Name des Wracks, des angrenzenden Cafés oder des Kapitäns ist, konnte ich nicht herausfinden; vielleicht heißen alle drei so,

wer weiß das schon so genau…