03.Juli – Kiel – Odyssee 2022

An diesem Wochenende war ich in Kiel und hab ‘nen Kumpel besucht, der mit Freundin dort lebt. Meine Erinnerungen an die Stadt bestanden aus Regen und grauen Betonklötzen. Was ich dann zu sehen bekam hatte nichts mehr mit sechziger Jahre Tristesse zu tun. Wir machten ‘ne flotte Fahrradtour.

Im Hafen lagen dicke Kreuzfahrtschiffe.

Auf der Hafenpromenade wurde getrunken, gegessen und geflirtet. Die Sonne schien, es war wie Urlaub. Ein Partyschiff fuhr vorbei. Laute Musik und schreiende Menschen. Rollerblades, hier und dort, mit und ohne Musik, dazu Radfahrer in Hülle und Fülle. Tätowierungen stolzierten herum. Auf der anderen Seite lagen graue Kriegsschiffe, inklusie U-Boote und dem Stolz der deutschen Marine.

Die Gorch Fock. Hatte man sie nicht ausgemustert?

Das ganze Wochenende super Wetter mit tollem Essen, Weinen und spannenden Gesprächen. Kiel ist heute unglaublich grün und sauber. Vielleicht liegt das an Robert Habeck. Alles ist aufgeräumt und gut organisiert. Menschen halten bei Rot, tragen Fahrradhelme, reden wenig aber laut und verleben ihre Zeit.

Irgendwie kam mir alles unwirklich, wie inszeniert vor.

Ich hatte das Gefühl, auf ‘ner Bühne zu stehen, als wäre alles eine gewaltige Ausstellung. Irgendwo mussten Kameras stehen. Doch ich fand keine. Aber ich spürte, dass etwas Entscheidendes fehlte. So machte ich mich auf die Suche, ohne zu wissen wonach.

Ich weiß nicht was es ist, aber es fehlt in Deutschland.  

Kann sein dass es Alter, oder leben in Südeuropa ist. Oder beides. Ganz offensichtlich jedoch habe ich mich an Dinge gewöhnt, die mir hier fehlen. Später im Restaurant aßen wir vorzüglich. Ein 2016er La Clape ließ unsere Augen leuchten. Gegen zehn kam die Chefin mit der Rechnung und setzte uns vor die Tür. Wenig los heute – sagte sie – wir sind die letzten Gäste, wir möchten Verständnis haben.

Rausschmiss auf Norddeutsch.

Ich glaube es sind Gründlichkeit und Perfektionismus die mich stören. Dadurch bekommen Sachen mehr Bedeutung als Menschen. Schicke coole Gegenstände stehen im Zentrum. Ihre Anschaffung, Pflege und deren Updates geben digitalen Menschen Bedeutung und Sinn. Ein Gefühl von Kontrolle und Macht. Alles ist dann plötzlich wieder sicher, hygienisch, elektrisch und vegan.

Utopia für die einen – Dystopia für mich.

Wahrscheinlich liebe ich deswegen Hellas. Alles ist unfertig, roh und hoffnungslos. Daran kann man verzweifeln. Ausblenden ist aber auch keine Lösung. Es bedeutet Ablenkung vom Wesentlichen. Kann nett sein, besonders mit gutem Essen und Wein.

Auf dem Rückweg dann noch mal dicke Pötte.

Mittlerweile sind Kreuzschiffe umweltfreundlich geworden, sieh einer an, dachte ich so bei mir. Keine Ahnung wie die das machen. Bestimmt mit Solar, oder Brennstoffzellen und so Zeugs. Wieviel Müll die wohl produzieren. Wo landet der eigentlich? Noch dazu die vielen Toiletten.

Wo landen tonnenweise Scheiße und Pisse?

Sammelt man die in Tanks? Mich jedenfalls bringt niemand auf eine schwimmende Stadt. Überhaupt war das Wochenende irritierend. Dabei kann ich nicht mal sagen warum. Vielleicht ist es diese Leere, die ich überall spüre. Ich kann nicht mal sagen, ob sie draußen, oder in mir ist.

Wie könnte ich?

Alles was ich weiß ist, dass es Dienstag zurück nach Toulouse geht. Darauf freue ich mich. Morgen ein letztes Mal norddeutsche Sachlichkeit. Ich meine das ganz neutral. Bauhaus war auch mal der letzte Schrei. Vermutlich ist es fehlende Lieblichkeit.

Am Ende dreht sich alles um die Sonne…   

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert