Jüngstes Gericht – Odyssee 2019 letzte Woche

Langsam und still gleitet das Jahr hernieder, legt sich schlafen, um nie mehr zu erwachen. Wie ist es, jetzt im Sinkflug befindend, den Wirbelschleppen der vielen Wochen und Monate hinterherzusehen, wie sie an uns kleben, wild flatternden Bannern gleich, vom Flug der Welt unaufhaltsam von Dannen geschleppt.

Grund.- und schuldlos geboren als niemand kommen wir, treten ins Licht der Welt, ohne uns selbst, Raum und Natur erkennend, gar verstehend. Wilden Tieren gleich, um unseren kleinen Funken ringend, als wären wir die Sonne selbst, die Furcht vor der großen Dunkelheit bis hinein ins Knochenmark spürend.

Panischer Hase auf der Flucht vor dem bösen Wolf, dem der Magen knurrt. Wie mag des Häschens Welt wohl sein, wenn es während des panischen Hakenschlagens den hungrigen Atem des Wolfes hinter sich spürt? Was mag dem Wolf durch den knurrenden Magen gehen, wenn er an Leben und Jahr denkt? Oder sind wir gar neutrale Beobachter, die diese bezaubernd-schöne Allegorie zufrieden beobachten?

Sind wir Jäger, Gejagter oder Beobachter, am Flusse des reißenden Stromes, den manche Leben nennen? Camus fand die Welt absurd. Satre vermutlich grotesk, als er sich im Nichts verlor. Und wir selbst? Wie finden wir es? Schön? Oder eher nicht? Erwarten wir ein buntes tolles neues Jahr? Wenn ja, wie gefällt uns das Zurückliegende? Ein großer Jahrgang, oder eher ein durchschnittlicher, nicht so angenehmer? Wer hat dominiert, Ying oder Jang?

Wenn man krank ist, wünscht man sich nichts sehnlicher, als Gesundheit zurück. Hat man sie, dauert es drei Monate, bis die Freude darüber längst vergessen und zurückgestellt, in die Regale des Alltäglichen einsortiert. Hüpften wir anfangs noch wie fröhliche Kinder herum, schleichen wir heute längst wieder still durch die grauen Gassen, gefangen im selbstgebauten Getriebe, alltäglicher Einerlei.

Gewaltig groß und mächtig ist 2019. Schwer beladen und bewaffnet, wie ein Flugzeugträger und Kanonenschiff, à la Bismarck. Und genauso, wie das ehemals stolze Schlachtschiff, das in Hamburg bei Blohm & Voss vom Stapel lief, wird 2019 untergehen, im Nebel der jüngsten Geschichte, bis bald nur noch ein vager Schatten schemenhaft erahnen lässt, wie sehr wir gerungen, gekämpft, gefeiert, geliebt und gelitten haben.

Möge die Reise weitergehen, so lange Hufen mein Doppelgespann ziehen mögen, der Kutscher des Lenkens nicht müde und unsere Räder sich mit Freude drehen lassen – mag sie weiterziehen, wohin uns Wind, Sonne, Mond und Sterne leiten mögen – dorthin, wo sich Menschen, Tiere und Natur zuhause fühlen und um die Wette lachen und weinen.

 

 

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