Rimbaud irrte sich! … Aus seiner Sicht musste ein Poet sich und seine Sinne kennen … Er musste eine Art Seher werden, der seine Sinne durch ausreichende Schärfung im Jetzt wach schaltet, weg vom vorgeformten Selbstbildnis, hin zum unbelasteten, ausgelebten, weil gereinigtem Wahrnehmen
und er-Leben.
Rimbaud irrte sich, weil genau diese, seine Sicht, kann, darf … nicht nur für Poeten vorbestimmt, für talentierte Lyriker gelten, sondern muss zwangsläufig der Weg aller Menschen sein, wollen sie ihr eigenes Leben er-leben und nicht das der der Anderen, was voraussetzt zu wissen, wer man ist, wer man immer war und vielleicht irgendwann
notwendigerweise – wird.
Hierin hat er sich getäuscht, auf den Nimbus der Exklusivität für Schreiberlinge, für den im Jetzt lebenden Sehenden, der sich von Allem Belastenden befreit, gereinigt hat, mag es auch kleinbürgerlich und spießbürgerlich sein, dessen Trennlinie immer schon schwammig verläuft und die vor der Großbürgerlichkeit in keiner Weise
Halt macht,
sondern, im Gegenteil, man gleiche Mechanismen auch dort wiederfindet, lediglich in anderen Zirkeln, angepasst an die etwas größeren Portemonnaies, inklusive gesellschaftlichem und politischen Einfluss … Dies erfahren all jene, die sich eine Weile dort aufhalten und die steifen Stimmungen, verklemmten, unterdrückten Gefühle erleben und
beobachten durften,
sei es auf Champagner-Empfängen, Vernissagen oder sonst welche gut gemeinten Förderzirkel, dessen Interessen immer die Gleichen und Selben sind … Seit der Antike ist die ausgleichende und reinigende Wirkung des Theaters bekannt und genutzt, um Bestimmtes nicht in der Wirklichkeit ausleben zu müssen, um den
ethisch und moralisch
vernunftgetriebenen Lebensweg leichter zu beschreiten … Genau deswegen frage ich mich seit Jahren, wann die Ratlosigkeit und vermeintliche Handlungsunfähigkeit des gemeinen wahlberechtigten europäischen Bürgers sich in Wohlgefallen, oder zumindest in angenehm klingenden Klang und Schall, oder in angenehm
riechenden Buchenrauch
aufgeht, um sich Verantwortung und Gestaltungs-PFLICHT für das eigene Leben wiederzuholen, oder erstmalig zu bestaunen … Schaut euch doch mal um, was da draußen los ist! … Wär es möglich, dass es so ist, WEIL wir nicht eingreifen? Weil wir nicht handeln?
Weil wir nichts ändern?
Ich meine nicht nur an der Wahlurne, nein … Ich meine im Alltag, sei es mein Konsumverhalten, einschließlich meiner Sammelwut, unabhängig, ob es besuchte Konzerte, Autos, Uhren, Besuche in Stadien oder sonst welcher Konsum und wie immer, letztendlich Geld getriebene Hobbys sind, sowie
unsere Leidenschaften,
die sämtlich im Draußen statt im Drinnen stattfinden … Großbürgerliche vertrocknen und verrotten bei lebendigem Leibe genauso in ihren goldenen Käfigen, wie die Armen, deren Hoffnung auf genau all den Komfort genauso in Luft aufgeht, wie das ewige Warten des Großbürgerlichen … Jetzt müsse endlich was Außergwöhnliches,
verdientermaßen geschehen“
Zumindest bewahren sich die Armen udn weniger Reichen eher Mitgefühl und Solidarität, Dinge, die Reiche meist verlernen, oft nicht kennen, da Empathie und das eigene Erleben und Fühlen ein überdurchschnittliches Maß an innerer Reflexion benötigt, was schwierig bleibt für jemanden, der ständig im Draußen …
Erfolg und Wohlstand
präsentieren muss, was nichts daran ändert, dass Wünsche, nicht selten verklemmte Neigungen selbstverständlich genauso unausgelebt bleiben müssen, bei gleichzeitig ausbleibender Kanalisation, was in allen Schichten, da nützt eben all der Wohlstand nichts, oben wie unten, jenen wunderbaren Humus bildet, auf dem nicht nur
sämtliche Neurosen
sprießen und gedeihen, sondern, entgegen dem, was christlich religiöse Denker wie René Descartes und Blaise Pascal, um nur ein paar zu nennen, uns unseren Urahnen in die historischen Aortas spritzten, nämlich die peinlich genaue Trennung von Physis und Metaphysis, unter der unsere Gesellschaft, dank konservativer politischer, sowie
religiöser Einbalsamierer,
ob in Rom, Paris, München, Bonn oder Berlin, die nämlich genau WEGEN ihren gut-gemeinten Intentionen eine derartige Bewegungslosigkeit und Starrheit erzeugten, dass Transformationen, oder Innovationen heutzutage, Monate, wenn nicht Jahre benötigen, bis sich irgendein Amt, oder Minister dazu herablässt, ein oder zwei Augen
zu werfen,
dem selben regulierenden, an Zensur denkenden Motto folgend, wie die Groß-Bourgeoisie auf ihren Champagner-Empfängen, inklusive wie Rockstars gehandelte Universitäts-Professoren, vom Schlage Cédric Villani … Überall der gleiche Verrat am Selbst, gut beschrieben, vom ewig leidenden Arthur Rimbaud, der mit seinem Werk
„Ich, ist jemand anderes“
analen Spielverderbern wie Freud, nicht nur den Wind aus den Segeln nahm, bevor dieser begann zu forschen, sondern ohne Freuds Unterfangen zu kennen, schon damals indirekt und unbewusst als hoffnungslos einschätzte, weil auf eben diesem vermeintlich ritterlichen Weg, aus den wiederkehrenden Gründen auch bei
bei Herrn Freud,
jene altbekannten gleichen Mechanismen zu Tage traten, als sein aufstrebender Schüler Wilhelm Reich glaubte den nächsten Schritt nach Freud herausgefunden zu haben, nämlich, die sofortige Ausgrenzung, inklusive Ausschluss aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft, womit Heinis wie Freud
und Konsorten,
nichts anders taten und noch heute tun, als wie jeder Faschist, ob in Spanien, Italien, Griechenland, oder allen voran, an Gründlichkeit nicht zu übertreffen, die deutschen Nazis, beim Aussortieren vermeintlich „Entarteter Kunst“, frei nach dem gleichen zensierenden, lebensverneinenden Motto,
wie es in den USA
heute, wieder vor aller Augen geschieht: „Gehört nicht in unsere Kultur, in unseren Alltag, kann also weg, auf den Scheiterhaufen, mit etwas Glück wird es lediglich weggeschlossen!“ … Wir könnten also mit eigenen Augen sehen, was von statten geht … tun es aber nicht, weil wir gerade Buntwäsche haben,
ins Stadion
gehen, oder eine Wurst auf dem Grill liegen haben … Nicht falsch verstehen, alle diese Dinge sind nützlich, zuweilen schön, solange man eben, ich rezitiere, recycle Hagen Rether, sich nicht darüber wundert, dass man mit „Insektenvernichtunsgmittel Insekten vernichtet“.
Ob es Schriftsteller
wie Henry Miller, Louis Ferdinand Céline, Charles Bukowski, Jörg Fauser oder Rolf Dieter Brinkmann, sowie viele ungenannte andere waren … sie alle eint endloses fragen, zweifeln und nicht selten – ablehnen … Natürlich ist es kein Wunder, dass etablierte Gestalten, ob im Literaturbetrieb, oder andere Kulturzensoren Vielfalt verhindern, ablehnen,
damit man selbst
auf dem fiktiven Sockel sitzen bleibt und nicht herunter gestoßen wird, weil man sich diese Lebensfalle, zu sehr, zu lange für sich selber gewünscht hat, dass man den Fehler jetzt unmöglich sich selber eingestehen kann, ganz unabhängig, ob aus unterlassener Zuneigung oder Anerkennung, oder sonst welche psychologisch
tiefsitzende Mängel,
oder Zweifel, mit denen wir uns selbst mit der Mistforke vorm Selbst hertreiben, wieder ganz frei, aber vermutlich ein klein wenig wahr nach Rimbauds Motto … „Ich, ist jemand anderes“ … Wer es in uns in Wahrheit ist, der auf Partys ewig lange Monologe hält, anderen, am allerliebsten gegenüber Frauen,
die Welt erklärt,
oder wer uns Extremsport machen lässt, wer in uns eigentlich immer meint Antworten auf Alles zu haben scheint, diese noch dazu herausposaunt, als wären es die universellen wirklich wahre, für alle geltenden Wahrheiten, das wäre es doch wert herauszufinden, wie ich finde.
Wertvoll dürfte es
nicht nur für die Dichter sein, sondern für jeden Menschen, nicht nur, um sicher zu gehen, dass man selber die richtigen Dinge in seinem Leben tut, sondern damit beginnt, was man alles NICHT tun will, in seinem einzigen
eigenenLeben …