Trash – Odyssee 2024

Mit meiner Freundin Ina war ich verabredet … Ich war dran mit einladen, dankenswerterweise machte sie ein paar Vorschläge … Neugierig sah ich mir ihre vielen Ideen an … Alle einte anspruchsvolle Küche, worüber ich mich freute … Ich entschied mich für den Laden, mit dem passenden Namen ..

Grill Royal.

Einen Aperetif wollten wir vorher einnehmen … Bald merkte ich, wie groß Vorfreude sein kann … Wir hatten vor, uns auf dem kleinen Xmas-Markt von der Schanze zu treffen … So zwischen 18:30 und 19:00 verabreten wir uns … Erinnerungsschwanger, mit etwas Wehmut streunte ich stundenlang …

durch die Schanze.

Wehmut und Melancholie liebe ich … Sie sind Salz und Pfeffer für die Suppe, die wir auslöffeln, die wir versuchen „Unser Leben“ zu nennen … Nicht im Negativen, Gott bewahre … Im Positiven, konstruktivistisch gesehen … Nicht nach dem Motto, „Ach du liebe schöne vergangene Zeit, oh weh, du bist so lang vorbei“ …

… und so.

Ganz und gar nicht … Mehr aus der Sicht eigener Endlichkeit, die sich mit dem stetigen Wandel konfrontiert sieht … Man will, man versucht Schritt zu halten, tut es irgendwie auch, und doch, bleibt so eine Art Entkoppelung, ein Art von Verloren-Sein, ein Gefühl von „der Welt abhanden gekommen sein“ übrig … So wie

Spuren im Schnee,

denen man beim Schmelzen zusieht … Was völlig Natürliches, und doch … Nun ja, mit diesem warmen Gefühl der Erleichterung im Bauch, dass nämlich alles irgendwann, Kosmos und Natur sein Dank, vorbei sein wird, rannte ich durch Straßen und Gassen … Ein alter Kumpel von früher lief mir über den Weg.

Mensch!

Wie lange ist das bloß her, sagten wir uns … Was machst du? Wo wohnst du? Erzähl doch mal, wie ist es dir ergangen, so in etwa standen wir einige Minuten zusammen … Irgendwie war es schon schön … Was für ein Zufall, man glaubte es kaum … Unglaublich, wie Lotto spielen … Wir wünschten uns ein frohes Fest

und zogen von Dannen.

Meine alte Stammkneipe schien im Umbau zu sein … Ansonsten sah alles aus, wie früher … Ein wenig sauberer und schicker, aber unverkennbar – Schanze … Wenngleich die luxuriösen Autos störten, die es vor 15 Jahren in der Menge so nicht gab, sowie Vieles andere nicht … Man muss sich das mal vorstellen.

Gentrifizierung, sag ich nur.

Langjährige Bewohner werden durch steigende Mieten verdrängt, alles wird ein wenig bling-bling und glitzer-glitzer und schon ist das Herz eines Viertels verschwunden, so wie überall, so wie in Ottensen, wie in jeder Großstadt, wenn zu viel Geld, Tourismus und schlechter Geschmack zusammenkommen.

Zum tausendsten Mal

fragte ich mich, wie, oder ob man sowas aufhalten kann … Anfangs dachte ich das … Natürlich typisch naive Jugend mit den vielen Utopien, die wir in jungen Jahren pflegen … Mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher … Je länger ich die menschliche Natur beobachte, wächts der Zweifel … Kumpel F. und ich hatten uns schon am Vortag in …

Ottensen getroffen

und ähnliche Beobachtungen gemacht … Ina und ich trafen uns pünktlich, schlürften weißen Glühwein und plauderten wild drauf los … Ein Jahr hatten wir uns nicht gesehen … Es war, als hätten wir uns gestern zuletzt getroffen … Wir tranken ein Zweites Heißgetränk … Gegen acht brachen wir auf.

Grill-Royal

Mensch was war ich gespannt … Schön edel am Ballindamm gelegen … Schon bei den Fotos im Netz sah man den Glamour aus dem Internet-Auftritt heraus-scheinen … Wie in Sd-Europa gewöhnt, parkte ich den geliehenen Wagen etwas wild auf dem Gehweg, mit der festen Überzeugung, nicht …

abgeschleppt zu werden.

Eintreten mit elektrischer Drehtür … Loung-Musik waberte breitflächig durch den enormen Saal, der in verschiedene Ebenen unterteilt schien … Alle Gäste schwer in Schale geschmissen … Frauen mit eleganten Kleidern und atemberaubenden Heels … Männer in Anzügen und Seidenschals … Man geleitete uns auf

unseren Platz.

Mein Durchlauferhitzer machte sich bemerkbar … Neugierig suchte, fand ich die edle Keramikausstellung, nebst Toilettenfrau aus der fröhlich lächelnden Karibik … Lautlachende Herren kamen mir breitbeinig aus der Herrenabteilung entgegen … Warum haben Erfolg und Geld so negative Auswirkungen auf …

männliches Gehabe?

Wie Seifenblasen stiegen Gedanken an Benjamin von Stuckrad-Barre, Mathias Döpfner und Benjamins neuen Freund, Martin Suter in meinem Geiste auf … Und genauso schnell platzten sie, die Griechischen Götter sein Dank, mit den wie zu erwartenden tränenden Augen … Auf dem Rückweg sah ich mir die

gläserne Küche an.

Karl Lagerfeld suchte ich vergeblich … Die Küche glich eher ’nem Laufsteg … Alle Männer und Frauen waren groß, schlank, tätowiert, gut-aussehend und bewegten sich, als stünden, stolzierten sie auf dem Prêt-a-Porter in Paris und nicht in einer Küche, dem teuersten Grill-Imbiss von der stolzen Hansestadt Hamburg.

Zurück am Platz

kam ein Kellner angeschwebt … „Darf ich Ihnen was zu trinken, vielleicht einen Aperetif bringen?“ … Modischer Hipster-Vollbart, auch bei ihm lugten Tätowierungen aus dem aufgekrempelten weißen Hemd hervor … Wir bestellten Weißwein, fingen an die Karte zu studieren … Wer sich Grill Royal nennt, dürfte, nein, muss …

Spezialist im Grillen sein,

so meine natürlich Annahme … „Eine Frage, bitte“ … ich wollte der Sache auf den Grund gehen … „Ja, gerne“ … seine Höflichkeit nahm ich ihm sogar ab … „Ihr griechischer Katzenfisch, der interessiert mich sehr, ist der gegrillt, wie all euer Fleisch hier?“ … sein wir mal ehrlich, wer jemals frischen gegrillten Fisch …

gegessen hat,

versteht meine Tendenz und Frage nur all zu leicht … „Den bereiten wir tatsächlich, ganz traditionell in der Pfanne zu“ … Olympisch, empfand ich meinen steten Optimismus, der das einladende Wort „Traditionell“ als reine Marketing-Hülsenfrucht identifizierte … Wie bitte? Man nennt sich …

Grill-Royal

und brät Fisch in der Bratpfanne? … Also doch Fleisch, entschied ich mich um … Wir gingen ins Rennen mit Entrecôte und Tinderloin und ein wenig Salat und Gemüsebeilagen … Man brachte mir einen 2018er Clos Baquey, ein Rotwein, der mich mit 17€ für ein 0,15L pro Glas in nacktes …

Erstaunen versetze

Auch die Steak-Preise ließen meinen Atem stocken … 69€ für ein Dry-Aged Entrecôte 350 Gramm, wohlbemerkt, ohne Beilagen, die schlugen mit extra 15€ zu buche … Wir hatten ein Pärchen der Hamburger Bourgeoisie, die kaum miteinander redeten, außer wenn er zu lange, zu intensiv …

über seine schlechten

Witze lachte und die ganze Zeit versuchte, meinen Blick einzufangen und mir zuzwinkerte, als wolle er um meine Hand anhalten … Seine ausgemergelt aussehende Begleitung mittleren Alters schien eine Essstörung zu haben, wenngleich sie auf schwindelerregenden Absätzen herumstolzierte, während ihre Hände, besonders die Rechte, an …

Bauarbeiter-Pranken

erinnerten, was bedeutete … dass sie entweder Tochter einer Gärtnerei-Dynastie ist, die in ihren ersten zwanzig Jahren in der Erde buddeln durfte, bevor sie das Elternhaus fürs Studium verließ … oder sie ist Zahnärztin, die mit täglich gekrümmtem Rücken in den verwüsteten Furchen menschlicher Existenz herumwühlt, weswegen mich ihre

knotigen Finger,

an Gicht, oder andere Stoffwechselkrankheiten erinnerten, dass ich mir ein süffisantes Schmunzeln nicht verkneifen konnte, als unser Kellner Sylter-Austern Sylter-Austern brachte, die sie genauso mechanisch in sich hineinschaufelten, wie die Unterhaltungen, während die Arme, stets um Konversation bemüht, wieder und wieder versuchte …

robomäßig Speisen

in sich hineinzuschaufeln, was jedoch von ihr Platzhirsch weder goutierte noch bemerkte, sondern stattdessen nach ihren zu leise gesprochenen wenigen Worten ihrerseits, sie rüde unterbrach, ihr über den Mund fuhr, dass Ina und ich uns ansahen und fragten … „What the Fuck?“ … Überhaupt hatte die Mehrzahl der männlich aussehenden Gäste …

Fußballerfrisuren,

mit dazugehörigen drahtigen Extremitäten, die man in mühseliger Fleißarbeit stählte … Oder im Gegenteil sportfrei, wie unser Tischnachbar, der seiner Trachtenjacke nach entweder aus München stammt und sich auf Durchreise oder zum Urlaub befindend durch die Hansestadt schlemmte, oder vor langer Zeit in den Norden zog, um Anwaltskanzlei, nebst Notariat, in Pöseldorf zu gründen,

nebst feudalem Leben.

Diesmal war ich dran mit Zahlen … Noch dazu hatte ich mir das Restaurant selber ausgesucht … Ich schluckte aber dann doch, als ich 275€ für zwei Steaks mit Wein bezahlen durfte, die man im nächsten Blockhouse bekommen hätte, natürlich ohne solch illustre Gesellschaft und machte mir wieder mal …

darüber Gedanken,

wie viele der Gäste hier Fan’s der Kaisermania in Dresden sein dürften und diese regelmäßig besuchen, sowie sich regelmäßig auf Kreuzfahrten verwöhnen lassen … was einer der 1000 und ein weiterer Grund sein dürfte, warum ich in meinem einfachen normalen Leben, keinen dieser Herr.- und Frauschaften treffe.

Ina fuhr ich nachhause.

Gedankenschwer fuhr ich weiter … Sogar in der Restaurant-Landschaft spiegelt sich wieder, was in der Gesellschaft sein Jahren beobachtbar ist … das Erodieren, Absterben des Mittelstandes … Immer mehr wächst der Graben … Entweder trashiger Luxus, mit Louis-Vuitton-Taschen, oder Imbiss-Kultur …

A la Köz-Urfa, Altona,

wo das gemeine Volk speist, während sich die oberen 5% Range-Rover fahrende Bevölkerung, für jede Form von stylischem Outfit, nebst menschlicher Dekoration nicht scheut, überteuerte Preise zu zahlen, in der Hoffnung, hier niemals nicht, auf den wütenden Pöbel zu stoßen. Daher erhebe ich das Glas und stoße an, auf

die nationale Volksbewegung

und was von ihr übrig ist,

Prost.

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahren Sie mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert