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26.Juni – Tartaros – Odyssee22

Mein Kumpel Ede ist gestürzt; Ellenbogen und Nase sind verletzt; aus einer Unaufmerksamkeit heraus dachte ich, lag aber woanders dran; seine Frau rief den Notarzt, jetzt liegt Ede im Krankenhaus, Diagnose 2,0 Promille; fand sogar er beachtlich, wie er am Telefon sagte; lange haben wir telefoniert, über eine Stunde; Ede hat ‘ne Menge Kummer und greift deswegen zur Flasche; genau das geht mir an die Nieren; Ede lebt lang genug und hat ausreichend Gründe,

dass es ihm jetzt richtig Scheiße geht.

Nur Ignoranten*innen, Alpha-Vollpfosten*innen und Dummbeutel*innen kapieren‘s nicht. Man kann unmöglich 50 werden, ohne nicht mindestens 10 Mal gezweifelt und 5 Bauchlandungen hingelegt zu haben. Wieviel ist genug? Wieviel zu wenig? Wieviel zu viel? Wie kann man all das wissen, ohne auszuprobieren – ohne – hin und wieder zu scheitern?

Noch dazu ist Ede sensibel und empathisch.

Beides schätze ich sehr an ihm; nie stellt er sich ins Rampenlicht, oder fordert Sachen ein; meist bleibt er konstruktiv, dem Leben zugewandt – meistens, nicht immer; manchmal ist genug einfach genug. Das sein Fass am Überlaufen war, hat er vielleicht nicht flott genug gemerkt, erst nach und nach, vermutlich mehr unterschwellig, so wie eingewachsene Fußnägel, oder Splitter in Fingern, die sich – hin und wieder – bemerkbar machen. Sensibilität als Begriff schon ist komplex.

Nie weiß ich, von welcher man spricht.

Bei Empathie ist‘s einfacher. Man erkennt schnell, wieviel jemand hat. Sprache ist ein gutes Indiz. Je achtsamer jemand spricht, desto respektvoller ist der Umgang mit anderen – und – desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen empathischen Menschen handelt. Deswegen habe ich eine metaphorisch-visuelle Empathie-Skala erfunden. Weit und offen ist sie, wie die Menschen und reicht von

Schmetterling bis Panzer.

Empathie, Takt und Sensibilität sind vermutlich die stärksten Eigenschaften, die Menschen charakterisieren. Spannend hierbei ist, wie die glorreichen drei heranwachsen und ab wann sie ihre Eigenständigkeit zurückgewinnen. Französisch zum Beispiel ist eine recht höfliche und diskrete Sprache, die dennoch

keine Auskunft über die drei Glorreichen gibt.

Oft vermischen Menschen Höflichkeit mit Empathie und Sensibilität. Dabei kann man höchstens Takt in die Nähe bringen. Nicht selbstausgewählte Sprachprinzipien und Methoden stellen keine persönlichen Werte, sondern gutfunktionierende Werkzeuge dar, was zumindest gewaltfreie Kommunikation unterstützt.

Ede hat alles und doch hat’s nichts genützt. Warum?

Es sich einfach machen und zu sagen, dass es eine Verkettung von Schicksalsschlägen ist, plus den üblichen Beziehungsproblemen, ist nicht meine Art. Außerdem würd‘s Ede nicht gerecht werden; daher drehe ich den Spieß um: Was treibt uns an? Was lässt uns leuchten, was lässt unsere Leidenschaft brennen?

Wie können wir Sonne bei all dem Schatten sehen?

Ich glaube Ede muss mal aus-checken, mal irgendwo alleine wohnen, weg vom gewohnten Umfeld, raus aus täglichen Ritualen, hin zu Neuerfindung, mit Natur, Stille, Frieden, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Gilt vermutlich auch für seen Fru. Ich habe gehört, das sich Menschen aus Angst vorm Alleinsein aneinanderklammern, obwohl sie sich nicht gut tun.

Wie erkennt man sowas, bei aller Achtsamkeit?

Fünf Tage steckt Ede im tiefsten Verlies der Unterwelt. Was kann ich tun für ihn? Meine Wohnung hab ich ihm angeboten. Vielleicht hilft‘s ihm den Kopf klarzubekommen. Sowieso sind zur Zeit viele nachdenklich und am Grübeln. Viele versuchen Eigentum loswerden und wollen in den Süden. Würde sowas Ede helfen? Vielleicht erst mal kleine Schritte.

Von 2,0 zu 0,2 Promille – könnte ‘n erster Schritt sein.

Hoffentlich bekommt er‘s ohne Hilfe hin. Nostradamus lag auch nicht immer richtig, warum sollte Ede es nicht schaffen – ich glaube an ihn. Und Ede ist nicht allein. Frankreich und Deutschland geht‘s ähnlich. Man ist mit der Gesamtsituation unzufrieden, sieht wenig Licht im Tunnel, will sich nicht verändern, will alles lassen wie es ist und bleibt doch – unzufrieden.

Wie können wir machen, dass alles anders wird…?   

Bald zu Ende, die Odyssee 2019 – CW46

Woche im Gulag. Aufstehen, Frühstücken, Schreiben, Schreiben, Schreiben, Abendbrot, Schlafen. Wieder von vorne. Eine Woche lang. Habe angefangen, ein paar Augenübungen zu machen. Glotze zuviel stumpf gerade aus. Hilft gewaltig. Kann ich jedem empfehlen. „Wladimir Zhdanov – Sehen ohne Brille“ einfach mal bei Youtube suchen & anschauen. Komms‘t aus dem Staunen nicht raus. Man fragt sich halt immer öfter, ob es nicht noch mehr Dinge gibt, wo man mit alternativen Behandlungs-Methoden eventuell preiswertere und bessere Ergebnisse erzielt, als mit der herkömmlichen, limitierten Newtonschen Betrachtungsweise, des Ärzte-Wesens. Habe da so meine Zweifel. Muss jeder für sich selbst entscheiden. Zum Gluck!

Am Ende ist’s oft eher Religion, als Faktenbasiert. Wir beeinflussen die Ergebnisse, mit unseren Erwartungen, sind quasi blind für alles, was davon abweicht. Das geht so weit, dass wir Dinge, die in der realen Welt vor unseren Augen passieren, von uns selbst nicht wahrgenommen werden – umgekehrt natürlich genauso. Spreche hier durchaus aus eigenen Erfahrungen.

Komme gut mit dem dritten Buch voran. Muss mich jedoch unbedingt mit dem Cover auseinandersetzen. Habe mich da noch nicht festgelegt. Auch die Übersetzung vom Zweiten ins Französische kommt langsam, aber stetig weiter. Was in der Welt da draußen von sich geht, entzieht sich allerdings mehr und mehr meinem Interesse.

Nicht, dass ich es nicht kapiere. Nichts leichter als das. Ich bin Utopist. Nahezu alles kapiere ich, was halbwegs schräg und naiv klingt oder ist. Aber der nahezu genetisch vorbestimmte Rechtsruck hin zum Konservativen, scheint uns Menschen irgendwie in die Wiege gelegt zu sein. Haben so viele so viel Angst vor Verantwortung, dem eigenen Leben gegenüber? Brauchen soviele jemanden, der ihnen die Entscheidungen & Verantwortung abnimmt?

Hab das mal ausgerechnet. 6000 Jahre, sind so um und bei 2,2 Millionen Tage. Klingt gar nicht so viel, wie ich finde, bezogen aufs Alter der Erde. So lange, wiederholt sich jetzt schon das Aufkommen und Untergehen von Imperien, Königreichen und Nationen. Vom alten Sumer bis heute, mas-o-menos. Immer schon gab es den Aufschwung, in Richtung liberaler Öffnung, Selbstbestimmtheit und Freiheit und den Abschwung, Richtung Monarchie bis hin zu Diktatur. Stalin und Franco sind altersbedingt verschieden. Ist gar nicht so lange her, wenn wir an die 2,2Millionen Tage denken.

Dennoch ändert das nichts daran, dass ich jeden Morgen mit dem gleichen Eifer, der gleichen Hoffnung und dem gleichen Zorn erwache, dass wieder ein paar Menschen mehr wach werden und etwas ändern wollen. Mag blauäugig und idealistisch klingen, vielleicht. Definitiv jedoch nicht gleichgültig. Nichts, aber auch gar nichts ist mir egal. Wir müssen uns unsere Schauplätze lediglich gut überlegt aussuchen. Dann klappt es auch mit Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit.