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25.Dezember – Fuenfter Advent – Odyssee 2022

Gestern habe ich den Weihnachtsmann totgefahren. Gott sei Dank, nur fast. Sonst wäre das Fescht ja ausgefallen. Aus dem Nichts, schoss er aus dem Wald und rannte mit runtergelassener Hose über die Straße, dabei stolperte er und fiel lang hin; gerade noch so, konnte ich ausweichen.

Er schrie wie am Spieß!

Ich dachte, ich hätt‘ ihn erwischt; doch es war der Schock, der ihn schreien und weinen ließ, bestimmt vor Erleichterung, noch nicht in den Himmel zu fahren, obwohl er da her kommt. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus dem Auto, „Haben Sie sich was getan…?“, „Ah-ah-au, oh mein Gott, oh mein Gott…!“, als hätt‘ er’n Bein verloren, weil ich drübergefahren bin.

„Sprechen Sie mit mir, können Sie mich hören?“

„Ah-ah-au, buh-huh-uuuuuuu…“, er wimmerte jämmerlich, ich bekam keine Antwort; ich machte mein Licht am Smartphone an; seine Weihnachtsmannhose hing ihm noch unterm Arsch; war der Gute etwa im Wald, um einen Haufen zu machen? Ich leuchtete die Umgebung aus, sah aber nur einen Golf. Sein Wimmern wich erleichtertem Aufseufzen, bei uns beiden.

„Na, Sie sind mir ein Weihnachtsmann!“, lachte ich.

„Wem sagst du das, Bruder; ich bin spät dran und hab mir’n Magen-Darm-Virus eingefangen; kann mir doch vor den Kindern nicht in die Hosen machen; Weihnachtsmann verziert Tapete mit Sprühdurchfall – so eine Schlagzeile kann ich mir nicht leisten!“, ich verstand ihn.

W-Mann ist ein undankbarer Job.

Ich wusste wovon er sprach und half ihm auf. „Kommen Sie, so, bewegen Sie sich mal, ist alles dran, tut ihnen was weh?“, ich war immer noch etwas besorgt, „Wahnsinn, ich habe keine Schramm, Mensch war das knapp…!“, wir gaben uns die Hände und umarmten uns, „Wo müssen Sie hin?“, meine Neugier erwachte.

„In den Nachbarort, Rentiere und Schlitten holen…“

Skeptisch sah ich ihn an, wollte er mich auf den Arm nehmen, oder was; entweder war er wirklich der Weihnachtsmann, und wir alle dachten fälschlicherweise, dass es ihn NICHT gibt, oder er war ein „falscher W-Mann“, der mich auf die Schippe nahm; gab‘s noch ‘ne weitere Möglichkeit? Vielleicht, mir fiel sie jedoch nicht ein.

„Vielen Dank für die schnelle Reaktion – hab ein frohes Fest!“

Schon sprang er in seinen alten Golf2, der, wie ich sah, stark verbeult war; „wenn er ähnlich Auto fuhr wie er Straßen überquert“, dachte ich, wunderte mich nichts. Schon ließ er seinen Motor aufjaulen, als trete er ’ner Katze auf den Schwanz, hupte, winkte und preschte mit quietschenden Reifen davon, bis er hinter der Kuppe verschwand.

Ratlos stand ich im Dunkeln.

Nach einer Weil zuckte ich die Schultern und kratzte mich am Kopf. „Hatten wir noch mal Glück gehabt“, murmelte ich und ließ mich erleichtert ins Auto plumpsen; das fehlte noch, den Weihnachtsmann überfahren, das würde aber einen Shitstorm geben, man gut, dass es so glimpflich abgelaufen ist, murmelte ich zufrieden.

Ich startete den Motor und setzte die Fahrt fort.

Überhaupt, zu was ist das Weihnachtsfest verkommen; ‘ne reine Konsum.- Fress.- und Sauf-Orgie; drei Tage hintereinander überfressen und über’n Durst bechern; ist ‘ne schöne Bescherung, die wir jedes Jahr anrichten. Überhaupt, wie man heute lebt, wofür man Geld ausgibt, wie man isst, trinkt, Sport macht, für alles scheint man einen Profi als Coach zu brauchen.

Alles dreht sich um Maximierung.

Besser und kreativer kochen, mehr leisten, mehr Erfolg haben, dabei aber sportlich, spirituell und ein guter Zuhörer sein; Exzellenz, Bedeutsamkeit als Religion; ich kapier’s nicht; etwas einfach nur so aus der Lameng, aus dem Bauch heraus machen, gar Durchschnitt sein, ist heute – bei Weitem – nicht mehr gut genug.

Alles ist heute Lifestyle.

Wie soll man sich heute durch die vielen Dickichte von TMI, TME & TMA (Too-Much-Information / Expectation & Ambition) durchschlagen, wie soll ich denn Meins kennen, finden, priorisieren? Noch dazu, wenn man arbeitet, verheiratet und Vater / Mutter von Kindern ist? Wie? Ich habe keine Ahnung.

Davon aber reichlich….frohes Fest…