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Genuss – Odyssee 2021 CW42

24.October – Wochenende mit Freunden; so in etwa lautete Plan und Geburtstagsgeschenk für einen Kumpel, der im letzten Jahr nullte und seinen Gutschein am heutigen einlöste; bei 25 Grad, Austern, Weine und die bildschöne Natur in und um St.Germain du Puch zu genießen, wird jedem gelingen; daher schreibe ich darüber auch nicht – langweilig!

Als viel spannender, stellte sich das schlichte Beladen meiner vier Kartons dar; da ich kein Auto besitze, sondern nur Motorrad fahre, schien der Gedanke nahe, ein Auto zu leihen; gesagt getan; am Stadtrand von Toulouse stehend, brauchte ich nur Durchtauschen; mein Plan war, zurück ins Stadtzentrum zu fahren, um die Kartons einzuladen – soweit so gut.

Doch ich machte die Quittung ohne den alten Stadtkern, der mit seinen engen Gassen, jede Warenlieferung zum Großereignis macht – um es kurz zu machen: Wer im alten Toulouser Stadtkern lebt, muss ohne Auto auskommen, oder ist Privatier, der über viel Freizeit und Vermögen verfügt – denn selbst wenn man einen eigenen Parkplatz sein Eigen nennen sollte, wird man nicht über genügend Lebenszeit verfügen, um die üblichen Zerreißproben der menschliche Geduld, erfolgreich bestehen zu können.

Zu schnell kann man für fünf Kilometer bis zu zwei Stunden brauchen.

Mein Plan schien schlicht, um den alten Stadtkern mit Schneckenmethodik zu entern; man meidet alle einspurigen Kleinstraßen soweit es geht, um den täglichen Warenanlieferungen und Straßenreparaturen aus dem Weg zu gehen, die man zwischen neun Uhr morgens und vier am Nachmittag zu erwarten hatte, weil man sonst selbst mit geduldigen Gemüt drohte auszuflippen und ins Lenkrad zu beißen; man stelle sich vor, wie man den Großeinkäufe in den fünften Stock seiner Wohnung, nebst Kleinkindern hievte…

Doch auch mit Schneckentechnik, entpuppte sich das kurze Beladen als leistungssportliche Übung; nach dem ich mich erfolgreich angeschlichen hatte, parkte ich mein Auto mit Warnblinker in zwei Ausfahrten und sprintete dreimal rauf und runter, bis auch der letzte Karton im Wagen verstaut schien; bevor ein Umzugstransporter meine Pläne zunichtemachen konnte schoss ich rückwärts die Einbahnstraße hoch, um gerade noch rechtzeitig aus den engen Gassen zu entschlüpfen – diesmal sollte ich Glück behalten.

Das die anschließende Fahrt durch südfranzösische Landschaften ein Augenschmaus blieb, und die mitgeführte flüssige Begleitung für kulinarische Genüsse sorgte, lasse ich unbeschrieben und halte mich an den Grundsatz, des stillschweigenden Genießers, der aus echter Achtsamkeit seine schwierige Lebenssituation für sich behält, um den Mitmenschen nicht noch zusätzliche Konfliktherde, ins Wohnzimmer, oder sonst wo hinzustellen…

Spuren im Wind – Odyssee 2020 CW42

18.Oktober – D erinnerte sich an den Geburtstag eines Freundes; und daran, dass es Zeit wurde nach Hellas zu gehen; auch daran, dass er davon absehen wollte, die Welt vollständig aufzuklären und für alles eine Antwort zu finden; es sind Werte wie Unsicherheit, Unkenntnis und Optimismus, die Gefühle wie Gelassenheit und Freiheit gedeihen lassen.

Längst hatten Medien und Regierungen die Macht ihrer Worte, sowie die eigene Verantwortung zu Gunsten der Jagd nach der nächsten Empörungswelle, sowie herbstlichen Begleiterscheinungen, missbraucht, weswegen die Berichterstattungen Furcht und Angst in den Bevölkerungen schürten; wo versteckten sich bloß die Erkenntnisse des eigenen Glücks? Lasst uns nicht ins Bockshorn jagen, von Wörterscharlatanen, die auf Züge der unbekannten Zukunft springen.

Ungeachtet der bewegenden Momente der letzten Monate blieb D fröhlich und gelassen; für ihn war klar, dass weder Welt noch Menschheit untergingen, jedenfalls nicht in den nächsten hundert Jahren, weder durch Wahlen, oder sonstige Versuche, eine Form von vermeintlicher Normalität herzustellen; alles blieb was es schon immer gewesen schien – ein ewiges παντα ρεί – alles fließt; Heraklit sei es gedankt, dass sich niemand fürchten muss.

Und so kam es, dass D wieder ein paar poetische Worte vom Baume der Lyrik pflücken durfte, um sich trotz – oder gerade wegen all der Merkwürdigkeiten, die da draußen herumrumorten – seines endlichen Lebens zu erfreuen, mit all den Sagenhaftigkeiten – und so geschah es:

Spuren im Wind

Ein sonniger Spaziergang durch die verwinkelten Gassen der rosa Stadt Toulouse;

Bäckereien, Zigarettenrauch, lebendige Unterhaltungen und Sonnengefunkel in Weingläsern;

Düfte, Geräusche, Farben und Formen durch die ich schwimme, ständig drohe darin unterzugehen;

versuche alles wahrhaftig mit dem Innersten zu berühren, auf Umgekehrtes dabei hoffend;

Blicke die sich kreuzen, taxieren und abwarten, suchend, ohne zu wissen wieso und wonach;

süßer Müßiggang mit mir vorüberschreitend, lasse mich treiben, von der Sonne wärmen;

und bleibe unfähig, meinen überwältigten Sinnen Töne gar Worte zu geben;

versuche eine Melodie zu summen, an deren Klang ist alles zu hören, was ich nie vermochte;

zu sagen, geschweige zu schreiben, mögen alle meine Spuren später für sich selber sprechen;

wenn übrig geblieben, wie unsichtbare Lüfte in Ästen, längst vergangene Worte und Verse;

neblige Netze aus Worten, die versuchten auszudrücken, was ich dachte zu fühlen;

bevor mich das Leben übermannte, dem reißenden Strom entriss und mich ans Ufer setzte;

mögen verblichene Schatten erzählen wer ich war, wenn ich hätte gefunden passende Worte;

niedergeschrieben, nachdem aus dem tosenden Leib gerissen und mir die Haare raufte;

damit Morpheus erneut Rätsel schickte, die ich zu entziffern, zu erinnern wagte udn hochschoss;

um neu unterzugehen im Rausch der Worte und Bedeutungen, dem eigenen Turm zu Babel;

blieb all das doch nur ein Versuch, möge er lange dauern, der Ritt auf dem tosenden Strom;

bis das schöngeschnäbelte Schiff am letzten Morgen mit Rosenfingern mich weckt;

um heimzukehren, nach langer Reise, um zu verschnaufen, bis die Nächste beginnt…

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