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Wüstentraum

Wankend, fast schwebend, streune ich durch den Sand – hier und da ragt ein Stein aus dem gelb-beigen Mehl heraus. Hitze lässt meinen Gedächtnispalast kochen; ich kann spüren wie Monsieur Thalamus schwitz und erschöpft mit seinen Armen herumwedelt – bestimmt macht er jetzt ein paar Fehler, so wie ich.

In weiter Entfernung sehe ich seltsame stachelige Formen aus dem Sand ragen – keine Ahnung, ob es sich um eine Fatamorgana handelt, oder ob es echt ist. Ich bin an dem Punkt angelangt, wo es mir egal ist. Sand knirscht zwischen meinen Zähnen – das Tuch ist verrutscht. Jetzt drückt feiner Staub durch die Ritzen und droht, alles zu verstopfen.

Eigentlich mag ich das Scheuern unter den Lippen. Es ist ein wenig so, wie wenn man Sand im Getriebe schön findet – mich interessiert, ob es dem Ganzen standhält, ob es trotzdem funktioniert. Vielleicht bin ich deswegen immer ein Grenzgänger geblieben.

Ich blinzle mit den Augen. Erinnerungen kommen mir hoch, so wie schlechtes Essen – von weit weg, als wenn es jemand ganz anderes gewesen ist, der sich verdorbenen Mist reingeschlungen hat.

Ein paar von ihnen rauben mir den letzten Atem, als sie wie Schnellzüge, ohne zu halten, durch meinen Hauptbahnhofdonnern, dass es mich fast von den Beinen holt und ich taumelnd von Einem auf das andere tänzle, um nicht zu Boden geworfen zu werden, so wie es der Wind schon vor Jahrzehnten versuchte, als ich jung und knirpsig mit dem Laufrad unterwegs und mich der ölige Himmel beeindruckte, der heute, ein paar Jahrzehnte später, nichts weiter ist, als ein hellblauer Lichtspiegel, der mir das Mark in den Knochen kocht, das sich mein ganzer Körper wie eine, mit flüssiger Lava gefüllte Marionette des Irrsinns anfühlt, die von innen heraus verkohlt, bis sie zu Asche zusammenfällt.

Noch Minuten später flattern verlorene Zeitungsseiten über den Bahnsteig, als hätten sie Landeverbot.