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Explosion in der Küche – Odyssee 2021 CW32

15.August – Vorgestern Abend wurde es wieder etwas später. Ich glaub es war so zwei Uhr nachts, als ich mich nackt aufs Bett legte und hoffte, dass Morpheus mich bald heimsucht. Doch so einfach ging das nicht. Wir hatten immer noch 30 Gad und es blies ein solch warmer Wind aus Afrika, dass ich dachte, mich aus Versehen in einen Umluftherd gelegt zu haben.

Ob das Auswirkungen der Klimakrise sind?

Irgendwann steckte ich mir Ohrenstopfen rein, um das Surren und Schmatzen der Insekten nicht mehr zu hören, während sie mich auffraßen. Ab Mitte August ist es nämlich meist schon so lange trocken, dass sich unsere lieben Feunde wirklich auf Alles stürzen, was irgendwie nach Nahung aussah oder duftete.

Zum Glück gibt es eine Müdigkeit, wo das funktioniert, während man sich bei einer Siesta meistens wütend um sich schlägt, bis man entweder erschöpft einschläft, oder voller Verzweiflung aufgibt. Als ich mich dann in der Küche zu schaffen machte, begann ich wie immer mit Tee.

Ich trinke morgens zwei Tassen Tee, bevor ich auf Café wechsle, aber nur wenn ich zuhause in meinem Dorf auf Mallorca bin; wenn ich dann meine in Tee gedippte Madeleines verzehrt habe, wird Stufe zwei gezündet. Immer mache ich italienischen Espresso, mit der alten Alukanne, also ganz klassisch – aber nur in meinem Heimatdorf auf Mallorca.

Ihr seht, wohin man auch sieht – überall Rituale.

Wie immer füllte ich Wasser und Kaffeepulver ein, schraubte das Ganze zusammen und stellte die Kanne auf die Gasflamme – wie immer setzte ich mich dann wieder an den Tisch, weil es in der Regel 10-15min dauerte, bis alles Wasser durch den Steigschacht gedampft ist, was sich mit Fauchen und Zischen ankündigte und einem sagte – du kannst mich bald vom Herd nehmen und das Feuer ausschalten.

So tat ich es und Gott sah, das es……nein, in diesem Fall nicht….!

Wie immer ging ich zum Herd, um nachzuschauen, ob das schwarze Gold sprudelte; in Wahrheit ist nämlich Café das schwarze Gold und nicht Erdöl, aber das ist eine ganz andere Geschicht, die ich im neuen Buch erzähle – heute morgen jedenfalls lief alles wie immer, bis ich kurz den Deckel hob, um reinzusehen und mich gerade umdrehte, als die Kaffemaschine….

explodierte!

Gerade, als ich mich vom Herd wegdrehte – die griechischen Götter sein Dank – gab es einen lauten Knall, wie man ihn am ehesten auf dem Truppenübungsplatz in Munster erwartete, wo man mit richtigen Granaten und nicht mit italienischen Kaffeemaschinen übte – und in seiner Küche erwartet man so etwas schon mal gar nicht!

Warum das Sicherheitsventil nicht funktionierte, weiß ich nicht.

Viel interessanter fand ich das Gemälde, in das das kochende Kaffeepulver meine Küche verwandelte. Alles war mit feinstem schwarzem Pulver überzogen, während um den Bombenkrater eine grobkörnige Druckwelle die weiße Wand, samt Herd, Kücheninstrumente, Geschirr und was noch so alles herumlag, in ein zum Sterben schönes mattschwarz tunkte, dass es eine Wonne war, wie wunderbar dies Stillleben jede Form von Licht verschlang.

Tja – was sagte man dazu?

Man konnte manchmal Glück im Leben haben, oder war es Vorsehung? Wer weiß das schon – meine Freunde im Dorf jedenfalls sagten sofort, dass es ein Zeichen sei – welches sagten sie nicht – auch unser Dorfdruide blickte ernst drein und sah das Ganze als Zeichen des Kosmos und des globalen Wandels.

Vermutlich las er es in den Knochen vom Lamm…..

Als dann noch Internet und Smartphones von 16:00 Uhr bis morgens tot blieben, war für ihn klar, dass es an Feitag dem Dreizehnten oder Blackfriday lag, der die neue Worldorder ausrief, worauf er schon so lang wartete – als dann niemand darüber schrieb und sprach und es so aussah, dass es nur Mallorca betroffen hatt, weil vormittags dutzende Nachrichten aus allen Herren Ländern reintröpfelten, die man unterdessen gesendet hatte, wunderte er sich und sah enttäuscht aus. Schnell wechselte er das Thema auf Corona, um was zum Meckern zu haben.

Manchmal glaube ich, dass Komfort sich wirklich nur negativ auswirkt; ständig nörgelt man an Allem rum; wenn es dann noch still und friedlich ist, muss man ja regelrecht ausflippen oder nicht? Ich sag’s ja immer – ohne Krieg ist der Mensch nicht glücklich und sei es ein Streitgespräch unter Freunden – ich für meinen Teil hatte jedenfalls genug, nachdem sich meine Küche in einen Handgranatenwurfstand verwandelte…..

Zum Glück gab‘s in unserer Dorfbar auch leckeren Café….