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2018 – das neue 1968?

Heut bin ich schon wieder spät aufgestanden – ich glaub es war Mittag oder so. Spät aufstehen finde ich ziemlich in Ordnung. Man geht keinem auf den Wecker – der Vorteil daran ist – auch umgekehrt.

Manchmal frage ich mich, warum ich nicht einfach liegen bleib. In ganz lebendigen Momenten wie heute komme ich sogar richtig ins Sinnieren – eigentlich mag ich dies ewige grübeln und nachbohren nicht – es führt meist sowieso zu nichts, weil man immer am gleichen Punkt ankommt, der einem richtig weh tut, weil man erkennt, zugeben muss, nichts geändert zu haben.

Ich bin ziemlich gut darin nichts zu ändern – geht ja auch so, oder nicht? Muss man alles hinterfragen? Kann man nicht einmal seine Klappe halten und einfach weitermachen? Nein?

Warum muss ich immer Nettes schreiben, oder lustig sein? Warum kann ich nicht sagen – fuck, heute geht es mir scheiße – ich meine so richtig kacke – dass ich keinen sehen will?

-Wie, du willst keinen sehen? Magst du uns nicht mehr, oder was? Wir waren doch für 15:00 Uhr verabredet und auf einmal kannst du nicht? Wie meinst du das, nicht sehen wollen?

– Na, es geht mir halt schlecht, keine Ahnung warum!

Manchmal hat man halt einen Scheißtag – passiert halt – ist nicht schlimm – richtig nervig finde ich nur, dass man das heute nicht mehr sagt – ist nicht mehr akzeptiert – man denkt sich irgendeine Ausrede aus – nee du, ich habe gerade Buntwäsche und muss unbedingt meine Steuer machen – man akzeptiert die Wahrheit kaum noch.

-Nein, ihr Freund / Partner / Kumpel / Bruder / Schwester / Eltern / usw. hat keinen Motorschaden, mit Nichten – er fühlt sich heute halt nicht, verstehen sie? Ist so n Software-Ding – nein, ist nicht schlimm – sie brauchen keinen Fehlerspeicher auslesen – das kommt von ganz alleine wieder in Ordnung – sowas ist nicht akzeptiert – aber, so what?

Ja, ich weiß – ist irgendwie kindisch – aber genau deswegen, ist es mir wichtig – ich hoffe, dass das Kind in mir immer Oberhand über den langweiligen Erwachsenen behält, der ich nach all den Jahren, still und leise, geworden bin!

Das Kind in mir würde sich nämlich über alles aufregen, was es sieht, hört, schmeckt, riecht und liest – über alles!

Was es macht, um nicht auszuflippen und aus dem Fenster zu springen?

(Gut, das war jetzt unpassend – ich habe mich verplappert – es stimmt, es war ein kläglicher Versuch – aber was sollte ich machen? Ich hab darüber geschrieben, im Ernst – ohne Filter – diesmall wollte ich alles rauslassen – ich weiß – gefällt nicht allen – sowas kann man doch nicht schreiben, wenn man sich an den deutschen Literatur-Knigge hält und so alles – hab ich aber trotzdem gemacht – ich wollte was Neues, was Anderes ausprobieren – was ändern)

Also, was macht es? Es schreibt sich alles von der Seele – ohne Filter, mit aller Macht, Liebe und Zorn, zu dem es im Stande ist – danach legt es sich ins Bett und schläft friedlich ein – okay, nachdem es sich zur Belohnung ein paar Gläser Wein gegönnt hat.

Okay, also mache ich wegen dem Schreiben weiter? Oder gibt es was anderes?

Stimmt – Broterwerb ist eine mögliche Antwort. Geld hab ich bitter nötig – für Lebensmittel und Miete und so alles – aber gibt es noch andere Gründe, einen anderen Sinn, sich aufzuraffen?

Als Syd Barrett und Roger Waters Astronomy Dominé live bei der BBC spielten – es war 1967, sie hatten gerade ihre Band mit dem unmöglichen Namen „The Pink Floyd“ gegründet, eine damals völlig neue und unbekannte Band, die den Vertretern des musikalischen Establishments richtig auf den Wecker ging, ein gewaltiger Dorn im Auge war – fegten sie mit ihren sphärischen und organischen Klängen so ziemlich alles in den musikalischen Abfluss des Althergebrachten, dass den Radiosendern, Fernsehanstalten, am Ende den Gesellschafften nichts anderes übrig blieb, als aus ihren muffigen Ecken herauszukommen, nachdem schon die Beatles, Stones und viele andere zum Aufbruch aufgerufen hatten – es ging nicht anders – sie mussten sich bewegen.

Zu revolutionär, schrill und grell leuchtete die Musik dieser Bands, die den Twens und Teenies von damals das Kleinhirn in Technicolour färbten, als würden sie auf einem LSD-Trip sein.

Und heute?

Ich bin zu jung, um mich an die gesamte literarische Zeit von 68 bis heute zu erinnern – wie ist es heute? Oder gestern, oder vorgestern?

Gibt, oder gab es jemals in dieser Zeitspanne eine Revolution, einen reinigenden, literarischen Flächenbrand in Deutschland – Ost, oder West – der kein Stein auf dem anderen ließ, die eine ähnliche nachhaltige und heftige Wirkung hatte, wie die musikalische Revolution der späten Sechziger und Siebziger?

Meines Wissens hat es so eine Zeit nie gegeben – weder in Deutschland, Frankreich, noch sonst wo in Europa – deswegen mache ich weiter, weil ich hoffe, dass 2018 das neue 1968 wird – werden muss!